Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163663/11/Zo/Jo

Linz, 28.04.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn S G, geb. 1966, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. T T, R, vom 11.11.2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 28.10.2008, Zl. VerkR96-582-2008, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung der Entscheidung am 03.04.2009 zu Recht erkannt:

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z2 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 18.01.2008 um 08.10 Uhr in Weißkirchen auf der A 25 bei Strkm. 8,5 als Lenker des LKW mit dem Kennzeichen , obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt sich nicht davon überzeugt habe, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des KFG entspricht, da festgestellt worden sei, dass die Ladung nicht vorschriftsmäßig gesichert gewesen sei. Das von ihm transportierte Ladegut (Paletten mit Fliesen, Fliesenkleber) sei ungesichert auf der Ladefläche abgestellt gewesen.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit.e KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 15 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung rügte der Berufungswerber vorerst, dass ihm im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens keine Einsicht in die von der Exekutive angefertigten Lichtbilder gewährt worden sei. Er habe deshalb zum Sachverständigengutachten keine fundierte Stellungnahme abgeben können.

 

Die Ladung sei ordnungsgemäß gesichert gewesen und habe nicht über die Bordwand des LKW herausgeragt, weshalb ein Herabfallen von Ladegut ausgeschlossen gewesen sei.

 

Das Sachverständigengutachten beruhe lediglich auf Mutmaßungen und lege nicht dar, welche der Paletten bei welchem Fahrmanöver tatsächlich hätte verrutschen bzw. über die Bordwandoberkante fallen können. Der Sachverständige führe auch nicht aus, worauf sich der von ihm zitierte Prozentsatz von 0,8 g beziehe. Ein schwereres Ladegut verrutsche jedenfalls schwerer als ein leichtes, weil die Reibung bei einem höheren Gewicht ebenfalls höher sei. Es habe sich um Holzpaletten gehandelt und auch der Boden des LKW habe aus Holz bestanden, weshalb der vom Sachverständigen zu Grunde gelegte Reibbeiwert nicht richtig sei.

 

Tatsächlich habe es zu keinerlei Verschiebungen der Paletten kommen können, unabhängig davon, welches Fahrmanöver der Berufungswerber durchgeführt habe.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 03.04.2009. In dieser wurde der Berufungswerber zum Sachverhalt befragt und ein Sachverständigengutachten anhand der im Akt befindlichen Lichtbilder erstellt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den angeführten LKW, wobei er auf der Ladefläche Baumaterialien geladen hatte. Direkt an der Stirnwand des LKW war eine Palette mit Ziegeln und Dachschindeln geladen, welche höher war als die seitliche Ladebordwand. Neben dieser Palette war auf der rechten Seite eine weitere deutlich niedrigere Palette geladen. Nach mehreren weiteren kleineren Paletten befindet sich nach hinten eine Ladelücke von ca. 2 bis 3 m Länge, daran anschließend ist eine Palette mit Fliesen sowie eine weitere Palette mit Fliesenklebern geladen. Diese Paletten überragen die seitliche Ladebordwand nicht.

 

Zur Sicherung der jeweiligen Paletten führte der Sachverständige aus, dass ein Reibbeiwert zwischen Holzpaletten und Holzboden von 0,3 zu Grunde gelegt wird. Entsprechend dem europaweit anerkannten technischen Normen ist die Ladung nach vorne mit einem Wert von 0,8 g (das entspricht 80 % des Ladungsgewichtes) und seitlich mit 0,5 g (das entspricht 50 % des Ladungsgewichtes) zu sichern. Bezüglich der hinteren Paletten ist bei einer Vollbremsung davon auszugehen, dass diese Paletten nach vorne rutschen, wobei es bei einer Vollbremsung durchaus möglich ist, dass diese auch auf die vorderen Paletten aufschlagen und dadurch die Kraft auf die Bordwand übertragen wird. Diese vordere Bordwand muss nach den technischen Bauvorschriften zumindest 40 % der höchsten zulässigen Nutzlast des LKW aufnehmen können, weshalb ein Durchstoßen der vorderen Bordwand aus technischer Sicht nicht anzunehmen ist. Auch auf das sonstige Fahrverhalten des LKW würde sich ein derartiger Stoß durch das Verrutschen der hinteren Paletten nicht wesentlich auswirken.

 

Bezüglich der links vorne geladenen Palette stellte der Sachverständige fest, dass diese mit einem Teil über die seitlichen Bordwände hinausragt. Bei einem seitlichen Verrutschen sind jene Teile, welche über die Bordwand hinausragen nur durch die mögliche Verzahnung der Ladung untereinander bzw. die Wickelfolie gesichert. Zur Reißfestigkeit von derartigen Wickelfolien gibt es keinerlei nachvollziehbare Daten, weshalb solche Wickelfolien entsprechend er EN 12195 nicht als Ladungssicherungsmittel gewertet werden können. Diese Europäische Norm definiert den technischen Stand der Technik zur Ladungssicherung.

 

Zu der links vorne geladenen Palette wurde im Zuge des Berufungsverfahrens anhand der Fotos und der Angaben des Berufungswerbers festgestellt, dass sich rechts neben dieser eine weitere allerdings wesentlich niedrigere Palette befunden hat. Dazu führte der Sachverständige aus, dass unter Berücksichtigung dieser Palette ein seitliches Verrutschen der gesamten linken Palette nicht anzunehmen ist. Je nach Reißfestigkeit der Wickelfolie wäre der obere Teil der Ladung bei einem entsprechenden Fahrmanöver nach rechts auf die dort befindliche Palette gefallen. Ein Herabfallen von Teilen der Ladung vom Fahrzeug wäre jedoch aus technischer Sicht sehr unwahrscheinlich gewesen.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können; dies gilt jedoch nicht, wenn die Ladegüter den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeigneter Ladungssicherungsmittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungssicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist, sofern ausreichend feste Abgrenzungen des Laderaumes ein Herabfallen des Ladegutes oder Durchdringen der Laderaumbegrenzung verhindern. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann durch Verordnung nähere Bestimmungen festsetzen, in welchen Fällen eine Ladung mangelhaft gesichert ist. Dabei können auch verschiedene Mängel in der Ladungssicherung zu Mängelgruppen zusammengefasst sowie ein Formblatt für die Befundaufnahme bei Kontrollen festgesetzt werden.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass neben der linken vorderen Palette rechts eine weitere, allerdings wesentlich niedrigere Palette geladen war. Diese ist auf dem Foto nur sehr schwer erkennbar und konnte erst nach einem Hinweis des Berufungswerbers festgestellt werden. Unter Berücksichtigung dieser weiteren Palette ist ein seitliches Verrutschen bzw. ein Herabfallen von Teilen der linken vorderen Palette von der Ladefläche entsprechend den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Die hinteren Paletten hätten zwar aufgrund der Ladelücke bei einer starken Bremsung nach vorne rutschen können, dies hätte jedoch auf das Fahrverhalten des LKW und damit auf die Verkehrssicherheit keinen wesentlichen Einfluss gehabt.

 

Zusammengefasst war daher eine Sicherung der gegenständlichen Ladung durch zusätzliche Sicherungsmittel nicht erforderlich, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung nicht begangen hat. Es war daher der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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