Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522207/8/Zo/Jo

Linz, 06.05.2009

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn C G, geb., vom 16.02.2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26.01.2009, Zl. VerkR21-854-2008, wegen Anordnung einer Harnuntersuchung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.04.2009 zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber eine Harnprobe binnen zwei Wochen nach Zustellung der Berufungsentscheidung bei der Sanitätsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck abzugeben hat.

 

  1. Der Antrag auf Verfahrenshilfe wird zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG

         iVm §§ 24 Abs.4 FSG sowie 14 Abs.1 und Abs.5 FSG-GV;

zu II.: §§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck forderte den Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid auf, innerhalb zwei Wochen nach Zustellung zur Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens eine Harnuntersuchung bei der Sanitätsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck durchführen zu lassen. Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. In der dagegen eingebrachten umfangreichen Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er wegen keiner gerichtlich strafbaren Handlung angeklagt oder gar verurteilt worden sei. Er habe die Hausdurchsuchung freiwillig zugelassen und habe zum Polizeiposten mit dem eigenen Fahrzeug fahren dürfen, dort habe er dann eine Aussage gemacht, wonach er Cannabisprodukte konsumiert habe. Vor 15 Jahren sei er wegen Brandstiftung, nicht aber wegen Cannabis verurteilt worden. Der Hanfbesitz während der Haftzeit sei nur ein Nebenurteil gewesen. Bereits nach seiner Haftentlassung habe er bei der Wiedererteilung seiner Lenkberechtigung wegen dieses Irrtums Probleme gehabt. Er würde die Untersuchung nicht verweigern, sei jedoch von der Amtsärztin gefrotzelt worden. Er könne die 30 Euro für eine Urinprobe nicht bezahlen. Selbst unter der Annahme, dass er zwischen 2005 und 2008 Cannabis konsumiert habe, könne jedenfalls jetzt keine Gefahr im Verzug vorliegen.

 

Aufgrund seiner angespannten finanziellen Situation und der komplizierten Rechtslage beantragte er Verfahrenshilfe. Er fühle sich der Willkür ausgesetzt und verlangte eine Auskunft, auf welche Weise er sich kostenlos gegen die Behörde schützen könne.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.04.2009. Bei dieser wurde der Berufungswerber gehört sowie die Zustellerin des gegenständlichen Bescheides als Zeugin einvernommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der gegenständliche Bescheid wurde durch Hinterlegung zugestellt, nachdem die Zustellerin an der Hausglocke geläutet, aber niemand geöffnet hatte. Die Zustellerin hatte eine Hinterlegungsanzeige hinterlassen, wonach der negative Zustellversuch am Freitag, den 30.01.2009 erfolgte und der RSa-Brief ab diesem Tag beim Zustellpostamt A zur Abholung bereitgehalten werde. In der Verhandlung führte die Zeugin dazu aus, dass sie nach dem Zurückkommen zur Zustellbasis D die nicht zugestellten Schriftstücke in einen Korb gibt. Diese werden dann im Laufe des Nachmittags durch einen anderen Bediensteten der Zustellbasis für die einzelnen Postämter sortiert und zu diesen Postämtern gebracht. Der gegenständliche RSa-Brief sei mit Sicherheit am Freitag erst nach Postschluss ins Postamt A gekommen, weshalb ihn der Berufungswerber am 30.01.2009 nicht mehr hätte beheben können. Der Berufungswerber hat dann den RSa-Brief am darauffolgenden Montag, den 2. Februar 2009 behoben und am 16. Februar 2009 die Berufung per E-Mail eingebracht.

 

Inhaltlich räumte der Berufungswerber ein, dass er bis September 2008 über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig Cannabis konsumiert habe. Der Konsum von Cannabis sei aus seiner Sicht weniger schädlich als der Konsum von Alkohol. Das Verbot von Cannabis führe lediglich dazu, dass die Produkte illegal erworben werden, was eine entsprechende Kriminalität nach sich ziehe. Seit dem gegenständlichen Vorfall, bei welchem er den Konsum von mehreren kg Cannabis zugegeben habe, stehe er unter ständiger Beobachtung der Exekutive, weshalb es ihm nicht mehr möglich wäre, Cannabisprodukte zu beschaffen. Aus diesem Grund konsumiere er seither auch kein Cannabis mehr. Der Berufungswerber fügte noch an, dass er weder von der Staatsanwaltschaft noch vom Gericht verfolgt worden sei, obwohl er den Konsum von mehr als einem kg Cannabisprodukten zugegeben habe.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. § 17 Abs.3 Zustellgesetz lautet wie folgt: Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Fristen einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen, oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht soweit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die Alkohol, Sucht- oder Arzneimittel abhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Zur Rechtzeitigkeit der Berufung ist darauf hinzuweisen, dass entgegen den Angaben auf dem Rückschein des RSa-Briefes der hinterlegte Bescheid tatsächlich frühestens am 02.02.2009 beim Postamt A behoben werden konnte, weil er am Freitag, dm 30.01.2009 erst nach Postschluss zu diesem Postamt gekommen ist. Entsprechend § 17 Abs.3 Zustellgesetz gilt der Bescheid damit erst mit dem 02.02.2009 als zugestellt und es ist die Berufung vom 16.02.2009 als rechtzeitig anzusehen.

 

Der Berufungswerber räumte ein, jahrelang regelmäßig Cannabisprodukte konsumiert zu haben. Er behauptet zwar, seit September 2008 diesen Konsum eingestellt zu haben, dies allerdings auch nur deshalb, weil er derzeit nicht in er Lage sei, sich Cannabisprodukte zu besorgen. Entgegen der subjektiven Einschätzung des Berufungswerbers ist Cannabis – jedenfalls aus rechtlicher Sicht – als Suchtmittel einzuordnen. Es liegt daher ein gehäufter Suchtmittelmissbrauch iSd § 14 Abs.5 FSG und wohl auch der Verdacht auf eine Suchtmittelabhängigkeit iSd § 14  Abs.1 FSG-GV vor. Die Führerscheinbehörde ist daher gemäß § 24 Abs.4 FSG verpflichtet, ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen durchzuführen. Dazu ist auch die Frage zu klären, ob der Berufungswerber in der letzten Zeit – entgegen seinen Behauptungen – Cannabisprodukte konsumiert hat. Dementsprechend war die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gesetzlich verpflichtet, dem Berufungswerber eine Harnuntersuchung vorzuschreiben. Die Berufung war daher abzuweisen.

 

Da die von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck festgesetzte Frist bereits abgelaufen ist, war eine neuerliche angemessene Frist zu setzen. Diese ist mit zwei Wochen ausreichend lang bemessen, weil kein Grund ersichtlich ist, weshalb es dem Berufungswerber nicht möglich sein sollte, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Berufungsentscheidung eine Harnprobe in der Sanitätsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck abzugeben.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat das Ergebnis des Berufungsverfahrens abgewartet und dem Berufungswerber wurde eine neue Frist zur Abgabe der Harnprobe eingeräumt. Ein gesonderter Abspruch bezüglich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung seiner Berufung ist daher nicht erforderlich.

 

Im Verwaltungsverfahren besteht kein Anwaltszwang, sondern es steht jeder Partei frei, ihre Interessen selber zu vertreten oder sich vertreten zu lassen. Lediglich im Verwaltungsstrafverfahren ist für das Berufungsverfahren die Möglichkeit eines Verfahrenshilfeverteidigers vorgesehen. Eine derartige Möglichkeit besteht jedoch im administrativen Verwaltungsverfahren nicht, weshalb der Antrag des Berufungswerbers auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers zurückgewiesen werden musste.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 


 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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