Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150726/4/Lg/Hu

Linz, 07.05.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn D H, W, N, D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 20.1.2009, BauR96-138-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
26 Stunden verhängt, weil er am 8.1.2008 um 07.06 Uhr ein Kfz mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen mit dem Kennzeichen (D) auf der A1 bei km 157.850, Gemeinde Enns, Fahrtrichtung Staatsgrenze Walserberg, gelenkt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass das Fahrzeuggerät ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen habe und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2.     In der Berufung wird vom Bw vorgebracht, dass die Ersatzmautaufforderung an seine Firma, S B in G, zugegangen sei und der Chef seinen Namen als verantwortlichen Fahrer mitteilen habe müssen. Ein zweites Schreiben, nämlich die Strafverfügung, sei dann direkt an den Bw gegangen. Eine Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut habe den Bw persönlich nie erreicht. Sein Einkommen betrage nach Abzug der Verpflichtungen (Kredite für Wohnhaus, Lebensunterhalt für Ehefrau und drei minderjährige Kinder) 800 Euro.

 

Der Berufung beigelegt sind Kopien der Kontoumsätze.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 25.3.2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach habe die GO-Box ein ungenügendes Mautguthaben aufgewiesen. Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am 25.1.2008 schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Mit Schreiben vom 8.4.2008 benannte die Zulassungsbesitzerin (Firma B T GmbH & Co KG) den Bw als Lenker des Kfz zur Tatzeit.

 

Nach Strafverfügung vom 9.4.2008 brachte der Bw vor, er habe an der Tank- und Rastanlage Donautal-West angehalten, um die Maut zu bezahlen. Nach Bekanntgabe der Zieladresse habe ihm der dortige Bedienstete den Betrag von 226 Euro genannt, den er auch bezahlt habe. Auf dem Hin- und Rückweg habe es stark geregnet und das Radio sei in Betrieb gewesen, so dass es im Fahrzeug relativ laut gewesen sei. Dass er noch einen Betrag von 30 Euro zu entrichten gehabt hätte, sei ihm erst aufgefallen, als der Bußgeldbescheid in seiner Firma eingegangen sei. Dem Einspruch angeschlossen ist die Rechnungskopie  der ASFINAG.

 

Einer Stellungnahme der ASFINAG vom 7.5.2008 sei zu entnehmen, dass offensichtlich im Zuge einer Fahrt auf dem mautpflichtigen Straßennetz das von dem Beanstandeten aufgeladene Mautguthaben beinahe zur Gänze aufgebracht gewesen sei und daher keine Mautabbuchungen mehr vorgenommen werden konnten.

 

In den gesetzlichen Grundlagen sei eine Mitwirkungspflicht des Fahrers verankert. So habe er während der Fahrt auf die von der GO-Box abgegebenen Signal-Töne zu achten. Die GO-Box gebe zwei Signal Töne ab, sobald das Gutachten 30 Euro unterschritten habe und in Folge vier Signal-Töne, wenn das Gutachten gänzlich aufgebracht sei. Sollte dieser Fall eintreten, so sei sofort die nächste Vertriebsstelle aufzusuchen, dort könne die GO-Box mit neuem Gutachten aufgeladen und die geschuldete Maut nachentrichtet werden.

 

Gemäß Bundesstraßen-Mautgesetz treffe den Fahrer eine Mitwirkungspflicht. So habe er sich gemäß § 8 BStMG und Mautordnung Teil B vor, während und nach der Fahrt u.a. von der ordnungsgemäßen Einstellung und Funktionstüchtigkeit der GO-Box zu überzeugen.

 

Da keine fristgerechte Nachzahlung erfolgt sei, kam es wie in der Mautordnung festgelegt zu einem Delikt.

 

Die gegenständliche GO-Box sei am 7.1.2008 um 03.06 Uhr mit einem Bruttoguthaben von 227 Euro geladen worden. Die nächste Aufladung sei erst am 31.1.2008 um 7.34 Uhr mit einem Guthaben von 80 Euro erfolgt. Der Zulassungsbesitzer sei zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden,  dieser Aufforderung jedoch nicht Folge geleistet worden.

 

Beigelegt ist die Einzelleistungsinformation des Tattages.

 

Dazu wurde vom Bw mit Schreiben vom 28.6.2008 wie im Einspruch der Strafverfügung vorgebracht und weiters, dass es eine optische Anzeige über den Stand des Gutachtens nicht gebe. Von einem Vergleich über den Betrag von 220 Euro sei dem Bw nichts bekannt gewesen. Ohne ihn über den Sachverhalt zu informieren bzw. eine Anhörung durchzuführen, sei eine Anzeige erstattet und der Betrag nun auf 300 Euro erhöht worden. Er sei durchaus bereit, die zukünftige Abrechnung der Mautgebühren auf ein Rechnungsstellungssystem umzustellen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung besagt u.a., dass der Kraftfahrzeuglenker im eigenen Ermessen und in eigener Verantwortung für ein rechtzeitiges Wiederaufladen des Mautguthabens zu sorgen hat.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6).

 

4.2. Der Bw lässt den Tatvorwurf unbestritten, dass zum Tatzeitpunkt ein ungenügendes Mautguthaben vorlag. Dem Einwand, dass die Ersatzmautaufforderung an den Zulassungsbesitzer gerichtet war, ist entgegenzuhalten, dass dies der gesetzlich vorgesehenen Vorgangsweise entspricht und die Strafbarkeit nicht vom Zugehen der Ersatzmautaufforderung an den Lenker abhängt.

 

Dem Bw ist somit vorzuwerfen, dass er nicht für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen hat, wodurch es zur Benützung einer mautpflichtigen Strecke ohne Mautentrichtung gekommen ist. Weiters hat er die akustischen Signale der GO-Box (viermaliges Piepsen bei jeder Durchfahrt eines Mautportals bei Nichtentrichtung der Maut bzw. zweimaliges Piepsen, sobald das Guthaben 30 Euro unterschritten hat) nicht beachtet.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Die Nichtentrichtung der Maut hätte dem Bw durch die akustischen Signale der GO-Box bei gehöriger Aufmerksamkeit zur Kenntnis gelangen müssen. Dass der Bw infolge eingeschalteten Radios ein herabgesetztes akustisches Wahrnehmungsvermögen hatte, vermag den Schuldgehalt der Tat nicht herabzusetzen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine möglicherweise vorliegende Unkenntnis der Gebrauchsvorschriften für die GO-Box wirken. Der Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Von Fahrlässigkeit ist auch deshalb auszugehen, weil der Bw nicht für die Hörbarkeit der akustischen Signale der GO-Box vorgesorgt (Radio) bzw. diese nicht beachtet und er nicht für ein ausreichendes Guthaben Vorsorge getroffen hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Die finanziellen Verhältnisse des Bw bilden keinen gesetzlich anerkannten Grund zur Unterschreitung der Mindestgeldstrafe. Mildernd wirkt lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG denkbar wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da die Vorsorge für ein ausreichendes Mautguthaben bei der GO-Box gegenständlich die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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