Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222240/2/Bm/Sta

Linz, 08.05.2009

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn C L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M H, G, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21.7.2008, GZ. 0119542/2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben  und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1951 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz  vom 21.7.2008, GZ. 0119542/2007, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 114 Abs.1 iVm § 367 Z35 GewO 1994,
§ 8 Abs.1 und 2 Oö. Jugendschutzgesetz 2001, verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Der Beschuldigte C L, geboren am , hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma LR G GmbH, welche zum Tatzeitpunkt das Lokal "L L" im Standort  L, W, in der Betriebsart einer Diskothek betrieben hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Im Zuge einer Kontrolle durch die Bundespolizeidirektion Linz, PI..., am 20.08.2007 um 01.30 Uhr wurde der Jugendliche R P, geb., stark alkoholisiert angetroffen.

Bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der erkennenden Behörde am 12.11.2007 gab der Jugendliche R P zu Protokoll, er hat im gegenständlichen Lokal "L L" ca. 3 bis 4 Bier und ein gebranntes alkoholische Getränke konsumiert. Diese alkoholischen Getränke wurden dem Jugendlichen vom Bedienpersonal des Lokals abgegeben. Er wurde weder nach seinem Alter befragt noch musste er einen Ausweis vorzeigen.

Gem. § 114 Abs.1 GewO dürfen weder Gewerbetreibende noch die im Betrieb beschäftigten Personen an Jugendliche Getränke ausschenken, wenn diesen Jugendlichen nach den landesgesetzlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Gem. § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz ist es Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten, alkoholische Getränke zu erwerben und zu konsumieren. Abs.2 leg.cit. normiert, dass an Jugendliche keine alkoholischen Getränke, welche sie im Sinne des Abs.1 nicht erwerben dürfen, nicht abgegeben werden dürfen.

Somit wurden im Lokal "L L",  L, W, in der Nacht vom 19.08.2007 auf den 20.08.2007, ab ca. 21:30 Uhr, an den zum Tatzeitpunkt erst 15-jährigen Jugendlichen R P, geb. , alkoholische Getränke vom Bedienpersonal ausgeschenkt und abgegeben. Dies, obwohl die Abgabe von alkoholischen Getränken an unter 16-jährige nach den Oberösterreichischen Jugendschutzbestimmungen gänzlich verboten ist."

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen anwaltlichen Vertreter innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, dass eine Verletzung des § 8 Abs.2 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 nach der Strafbestimmung des § 12 Abs.1 Z3 vorzunehmen sei. § 12 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 sei anzuwenden, wenn die Tat nicht dem Tatbestand eine in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bilde oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist. Die Strafbestimmung des § 12 Abs.1 leg.cit. weise einen Strafrahmen bis zu 7.000 Euro auf, während dessen die (zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat noch in Geltung stehende) Strafbestimmung des § 367 Z35 GewO, einen Strafrahmen von einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro aufweise. Somit wäre § 367 Z35 GewO als Rechtsgrundlage für den Strafausspruch überhaupt nicht anzuwenden gewesen.

Dem Beschuldigten sei erstmals mit dem Straferkenntnis vom 21.7.2008 vorgeworfen worden, dass er die Verwaltungsübertretung im Lokal "L L", W,  L, in der Nacht vom 19.8.2007 auf den 20.8.2007, ab ca. 21.30 Uhr, begangen habe. In der Aufforderung zur Rechtsfertigung vom 12.11.2007 sei von diesem im angefochtenen Straferkenntnis nunmehr erstmalig vorgeworfenen Tatzeitpunkt noch nicht die Rede. Dies bestätige auch die Aussage des Zeugen R P in der polizeilichen Einvernahme vom 12.11.2007, wonach er am 20.8.2007 um ca. 21.30 Uhr mit Freunden im Lokal "L L" gewesen wäre. Es sei damit das Verfolgungshindernis der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs.1 VStG eingetreten. Während der Verfolgungsverjährungsfrist von 6 Monaten müsse von der Behörde eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt werden. Eine Verfolgungsbestrafung ist nur wegen der Tat zulässig, auf die sich die Verfolgungshandlung bezieht. Die im Straferkenntnis nunmehr vorgeworfene Verwaltungsübertretung zum Zeitpunkt in der Nacht 19.8.2007 auf den 20.8.2007, er sei damit erstmals mit dem besagten Straferkenntnis tauglich im Sinne des § 31 Abs.1 VStG verfolgt und sei damit Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Es werde sohin beantragt, das gegenständliche Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.  

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Weil bereits aus der Aktenlage fest steht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 114 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist.

 

Gemäß § 367 Z35 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen den Bestimmungen des § 112 Abs.5 oder des § 114 Alkohol ausschenkt.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 – Oö. JSchG 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten, Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken verboten.

 

Gemäß § 8 Abs.2 Oö. JSchG 2001 dürfen an Jugendliche keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, welche sie im Sinne des Abs.1 nicht erwerben oder konsumieren dürfen.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2.   die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von 6 Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Aus folgenden Gründen wird vom Bw zu Recht der Eintritt der Verfolgungsverjährung eingewendet.

 

Die als erwiesene angenommene Tat ist im Sinne des § 44a Z1 VStG durch die Angabe der Tatzeit zu präzisieren.

Vorliegend enthält zwar das Straferkenntnis die Angabe der Tatzeit, allerdings fehlt eine solche Konkretisierung der Tatzeit in der Aufforderung zur Rechtfertigung als erste Verfolgungshandlung.

Zwar wurde mit der Aufforderung zur Rechtfertigung auch die Anzeige der Polizei vom 21.8.2007 und die Niederschrift des Zeugen R P vom 12.11.2007 zur Kenntnis gebracht, jedoch fehlt in der Anzeige eine konkrete Tatzeitangabe und wurde in der Niederschrift über die Zeugenaussage die Tatzeit zum Straferkenntnis widersprechend mit 20.8.2007 angegeben.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten das ihm zur Last gelegte Handeln unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z1 VStG in den Spruch des Straferkenntnis aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift näher konkretisieren und individualisieren. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist daraus zu folgern, dass eine Verfolgungsverhandlung einer berichtigenden Auslegung (mag bei der Angabe der Tatzeit auch ein Schreibfehler unterlaufen sein) nicht zugänglich ist (VwGH 5.7.2000, 97/03/0081).

 

Da somit die von der Erstbehörde spruchgemäß als erwiesen angenommene Tat hinsichtlich der Tatzeit nicht Gegenstand einer im Sinne des § 32 Abs.2 VStG tauglichen Verfolgungshandlung war, ist der Bw mit der von ihm erhobenen Verjährungseinrede im Recht.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

 

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