Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-350077/5/Kl/Pe/RSt

Linz, 08.05.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn R G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. K G, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26.3.2009, UR96-26-2008/Pos, wegen Übertretung des Immissionsschutzgesetzes-Luft zu Recht erkannt:

 

I.   Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 36 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 26.3.2009, UR96-26-2008/Pos, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 30 Abs.1 Z4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997 idF. BGBl. I Nr. 34/2006, eine Verwaltungsstrafe von 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 5.12.2007 um 19.48 Uhr als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen     die gemäß § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich im Sanierungsgebiet auf der A1 Westautobahn erlaubte festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h bei Strkm. 156.766 in Fahrtrichtung Salzburg um 45 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu Gunsten des Bw abgezogen worden. Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 30 Abs.1 IG-L, iVm. § 3 Abs.1 der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 in der Fassung LGBl. Nr. 3/2007 angeführt.

 

Überdies wurde der Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 18 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die vorliegende Verwaltungsübertretung auf einer Anzeige der Landesverkehrsabteilung für Oberösterreich vom 12.12.2007 basiere.

 

Die anzuwendende Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl. Nr. 2/2007, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 3/2007 sei ordnungsgemäß verordnet und kundgemacht worden und daher von der belangten Behörde entsprechend zu vollziehen. Es sei zweifelsfrei erwiesen, dass der Bw im konkreten Fall die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen habe.

 

Im Rahmen der konkreten Strafbemessung seien nach Auffassung der belangten Behörde weder strafmildernde noch -erschwerende Umstände zu berücksichtigen gewesen.

 

2. Gegen das Straferkenntnis, zugestellt am 1.4.2009, richtet sich die am 14.4.2009 – und somit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

 

Darin konstatiert der Bw, das gegenständliche Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach anzufechten und führt als Berufungsgründe Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtige Sachverhaltsfeststellung, und unrichtige rechtliche Beurteilung an. Hinsichtlich der Begründung wird vollinhaltlich auf das bisherige Vorbringen verwiesen und ausgeführt, dass die gegenständliche Verordnung des Landeshauptmannes nur dann zulässig sei, wenn es sich um eine Kompetenzmaterie des Landes handle. Da für das IG-L nicht der Landeshauptmann sondern aufgrund der Bundesverfassung der Bund zuständig sei, sei der Landeshauptmann nicht berechtigt, auf Grundlage eines Bundesgesetzes eine Verordnung zu erlassen. Somit habe der Landeshauptmann betreffend der Luftreinhaltung keine Kompetenz und sei die Verordnung gesetzwidrig.

Zur unrichtigen Sachverhaltsfeststellung wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen und ausgeführt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ermittelt worden sei, da zugrunde liegende Rechtsvorschriften nicht eingehalten worden seien. Weiters sei die zugrunde liegende Rechtsvorschrift überhaupt geändert worden, weshalb die ursprüngliche Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h nicht mehr bestehe. Es liege nunmehr eine den Verkehrsverhältnissen angepasste Geschwindigkeitsregelung vor und sei der gegenständliche Sachverhalt auf Grundlage der jetzt geltenden Rechtsvorschriften zu beurteilen. Durch die Beseitigung der Rechtsvorschrift Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h sei auch die rechtliche Grundlage des angefochtenen Straferkenntnisses weggefallen, weshalb das gegenständliche Verhalten nicht mehr strafbar und das Verfahren einzustellen sei.

Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des Sachverhaltes und der beantragten Beweise, das Verfahren entsprechend dem Zweifelsgrundsatz einzustellen gewesen sei.

Abschließend stellt der Bw den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das wider ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde sowie die vorgelegten Schriftsätze. Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z1 und Z3 VStG abgesehen werden, da der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt nicht bestritten sondern lediglich die rechtliche Beurteilung angefochten wird, und die verhängte Strafe 500 Euro nicht übersteigt und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Im Übrigen ist der Sachverhalt ausreichend geklärt und kann der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Mit Eingabe vom 29.4.2009 wurde auf eine mündliche Berufungsverhandlung verzichtet.

 

4.1. Aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Oö. Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Der Bw fuhr mit dem auf die Ö AG, M , 4... W, zugelassenen Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen am 5.12.2007 um 19.48 Uhr in der Gemeinde Enns auf der A1-Westautobahn bei Stkm. 156,766 in Fahrtrichtung Salzburg mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 150 km/h. Die dort durch Verkehrszeichen (samt Zusatztafel) mit der Aufschrift „100 – 5-23 Uhr – Immissionsschutzgesetz-Luft“ ausgewiesene zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 100 km/h. Unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Messtoleranz hat der Bw die zulässige Höchstgeschwindigkeit somit um 45 km/h überschritten.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 30 Abs.1 Z4 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2006 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, wer ua. einer gemäß § 14 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung gemäß § 10 zuwiderhandelt. Mit Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl. Nr. 2/2007 in der Fassung LGBl. Nr. 3/2007 wurde eine solche Anordnung (Geschwindigkeitsbeschränkung) erlassen. Die Kundmachung dieser Anordnung erfolgte – § 14 Abs.6 IG-L iVm. § 3 Abs.1 der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 entsprechend – durch entsprechende Vorschriftszeichen gemäß § 52 StVO 1960 (konkret: „100 – 5-23 Uhr – Immissionsschutzgesetz-Luft“).

 

Auf Grund des festgestellten Sachverhalts ist daher unzweifelhaft davon auszugehen, dass der Bw den objektiven Tatbestand des bekämpften Bescheides verwirklicht hat.

 

Das IG-L sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs.1 VStG zur Anwendung kommt. Gemäß § 5 Abs.1 leg.cit. genügt daher für die Strafbarkeit jedenfalls schon fahrlässiges Verhalten.

 

Der Bw bringt im vorliegenden Fall keinerlei Umstände vor, die an einem schuldhaften Verhalten seinerseits Zweifel zulassen. Aufgrund der entsprechend kundgemachten Vorschriftszeichen (konkret: „100 – 5-23 Uhr – Immissionsschutzgesetz-Luft“) muss die konkrete Geschwindigkeitsbeschränkung durchaus bekannt sein und ist zumindest von fahrlässiger Tatbegehung auszugehen.

 

Die Strafbarkeit des Bw ist daher gegeben.

 

5.2. Die belangte Behörde hat die objektiven und subjektiven Strafbemessungsgründe nach § 19 Abs.1 und 2 VStG herangezogen. Zur Strafbemessung wurde in der Berufung nichts vorgebracht. Die verhängte Strafe ist jedenfalls auch tat- und schuldangemessen. Bei der Festsetzung dieses Strafbetrages blieb die belangte Behörde ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens. Es sind für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates keinerlei Gründe ersichtlich, die ein Abgehen von der verhängten Strafe rechtfertigen würden. Auch sind die Voraussetzungen nach §§ 20 und 21 VStG nicht gegeben.

 

5.3. Die vom Bw in seiner Berufung vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 2/2007 und der Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der die Verordnung, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, geändert wird, LGBl. Nr. 3/2007 teilt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht.

 

5.3.1. Gemäß § 14 Abs.1 Z2 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 können für Kraftfahrzeuge in einem Maßnahmenkatalog im Sinne des § 10 leg.cit. Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden, die gemäß § 14 Abs.6 leg.cit. durch Straßenverkehrszeichen gemäß § 52 StVO kundzumachen sind. Gemäß § 10 Abs.2 Z2 leg.cit. kommt die Zuständigkeit, im Maßnahmenkatalog – der gemäß Abs.1 leg.cit. mit Verordnung zu erlassen ist – ua. auch eine solche Maßnahme im Sinne des § 14 Abs.1 Z2 leg.cit. festzusetzen, dem Landeshauptmann zu.

 

Die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h auf der Richtungsfahrbahn Salzburg von Stkm. 155,096 bis Stkm. 167,360 wurde als Maßnahme im Sinne des § 14 leg.cit. – der Bestimmung des § 10 leg.cit. entsprechend – zum Einen durch entsprechende Verordnungen des Landeshauptmanns von Oberösterreich gemäß § 2 Abs.2 Z1 Oö. Kundmachungsgesetz im Landesgesetzblatt für Oberösterreich – konkret in LGBl. Nr. 2/2007 sowie LGBl. Nr. 3/2007 – kundgemacht. Zum Anderen wurde die Kundmachungspflicht nach § 14 Abs.6 IG-L durch Aufstellen von entsprechenden Straßenverkehrszeichen („100 – 5-23 Uhr – Immissionsschutzgesetz-Luft“) erfüllt.

 

5.3.2. Die genannten Verordnungen wurden „für den Landeshauptmann“ unterfertigt. Wie bereits ausgeführt ist gemäß § 10 Abs.1 iVm. Abs.2 IG-L der Landeshauptmann zur gegenständlichen Verordnungserlassung zuständig. Die Landesregierung kann bei Aufstellung ihrer Geschäftsordnung gemäß Art.103 Abs.2 B-VG iVm. Art.52 Abs.4 Oö. L-VG beschließen, dass einzelne Gruppen von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung wegen ihres sachlichen Zusammenhangs mit Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs des Landes im Namen des Landeshauptmanns von Mitgliedern der Landesregierung zu führen sind.

 

Dem entsprechend normiert § 1 Abs.3 der Geschäftsordnung der Oö. Landesregierung, LGBl. Nr. 24/1977, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 80/1990, dass die Landesregierung im Zusammenhang mit der Geschäftsverteilung beschließen kann, dass einzelne Gruppen von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes im Namen des Landeshauptmannes von Mitgliedern der Landesregierung zu führen sind.

 

Die anzuwendende Geschäftsverteilung der Oö. Landesregierung (Beschluss der Oö. Landesregierung vom 22.5.2006: Zusammensetzung und Geschäftsverteilung der Oö. Landesregierung in der XXVI. Gesetzgebungsperiode; kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung Folge 14/2006) wurde von der Oö. Landesregierung gemäß Art.52 Abs.2 und 4 Oö. L-VG iVm. Art.103 Abs.2 B-VG sowie § 1 Abs.1 der Geschäftsordnung der Oö. Landesregierung beschlossen. Das nach dieser Geschäftsverteilung für Umweltrecht und Umweltschutz zuständige Mitglied der Landesregierung hat im Namen des Landeshauptmannes diese Verordnungen erlassen. Entgegen den Bedenken des Bw sind die beiden Verordnungen LGBl. Nr. 2/2007 sowie LGBl. Nr. 3/2007 somit – nicht zuletzt auch unter Bedachtnahme auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 7642/1975 – sowohl durch verfassungsgesetzliche als auch durch einfachgesetzliche Bestimmungen jedenfalls gedeckt.

 

Aufgrund der somit vorliegenden ordnungsgemäßen Kundmachung sind die genannten Verordnungen gemäß Art.129a Abs.3 iVm. Art.89 Abs.1 B-VG im gegenständlichen Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat – entgegen den vom der Bw vorgebrachten Bedenken – sehr wohl anzuwenden.

 

5.4. Gemäß Art.129a Abs. 3 iVm. Art.89 Abs.2 B-VG hat ein Gericht bei Bedenken gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der Gesetzwidrigkeit den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Auch solche Bedenken liegen nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates hinsichtlich der gegenständlichen Verordnungen allerdings aus den folgenden Gründen nicht vor.

 

5.4.1. Sowohl die Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 3.1.2007, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, LGBl. Nr. 2/2007 als auch die zeitlich unmittelbar darauf ergangene Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 18.1.2007, mit der die Verordnung, mit der eine Geschwindigkeitsbeschränkung für eine Teilstrecke der A1 Westautobahn angeordnet wird, geändert wird, LGBl. Nr. 3/2007 führen – entgegen den Behauptungen des Bw – als ihre gesetzlichen Grundlagen §§ 10 bis 12 und 14 Abs.1 Z2 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 iVm. § 9a Abs.9 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2006 an.

 

§ 9a Abs.9 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2006 (im Folgenden kurz: IG-L 2006) normiert, dass für Grenzwertüberschreitungen, die vor dem 1.1.2005 gemessen wurden, weiterhin § 8 sowie §§ 10 ff dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2003 gelten.

 

§ 10 Abs.1 Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003 (im Folgenden kurz: IG-L 2003) bestimmt, dass zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes im Sinne des § 1 leg.cit. der Landeshauptmann ua. innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung der Statuserhebung (im Sinne des § 8 leg.cit.), längstens jedoch 15 Monate nach Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwerts mit Verordnung einen Maßnahmenkatalog zu erlassen hat. Gemäß § 10 Abs.2 leg.cit. hat der Landeshauptmann im Maßnahmenkatalog das Sanierungsgebiet (im Sinne des § 2 Abs.8 leg.cit.) festzulegen [Z1], im Rahmen der §§ 13 bis 16 Maßnahmen anzuordnen, die im Sanierungsgebiet oder in Teilen des Sanierungsgebiets umzusetzen sind [Z2] sowie die Fristen (im Sinne des § 12 leg.cit.) zur Umsetzung dieser Maßnahmen festzusetzen [Z3]. Weiters ist anzugeben, ob die Maßnahmen direkt wirken oder von der Behörde mit Bescheid anzuordnen sind.

 

Gemäß § 14 Abs.1 IG-L 2003 können im Maßnahmenkatalog (im Sinne des § 10 leg.cit.) für Kraftfahrzeuge oder für bestimmte Gruppen von Kraftfahrzeugen zeitliche und räumliche Beschränkungen des Verkehrs [Z1] und Geschwindigkeitsbeschränkungen [Z2] angeordnet werden.

 

Es ist zutreffend, dass nach § 14 Abs.1 IG-L 2006 dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie sowohl Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben als auch dessen Einvernehmen herzustellen ist. Auch findet sich in § 14 Abs.1 IG-L 2006 nunmehr – im Unterschied zu der vergleichbaren Bestimmung des IG-L 2003 (§ 14 Abs.1 Z2) – die Zulässigkeitsregelung hinsichtlich einer Maßnahme in Form von Geschwindigkeitsbeschränkungen in Z1.

 

Diese Bestimmungen des IG-L 2006 sind allerdings im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden. Der (als Übergangsbestimmung zu qualifizierende) § 9a Abs.9 IG-L 2006 normiert ausdrücklich, dass für vor dem 1.1.2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen weiterhin § 8 sowie §§ 10 ff des I-GL 2003 gelten. Telos dieser Übergangsbestimmung ist den parlamentarischen Materialien (vgl. RV 1147 BlgNR XXII. GP) zufolge, dass damit die Rechtslage betreffend Überschreitungen von Grenzwerten vor dem In-Kraft-Treten des IG-L 2006 klar gestaltet ist.

 

Entsprechend der Regelungsabsicht des Bundesgesetzgebers geht es darum, im Sinn einer Übergangsvorschrift den Anwendungsbereich der verschiedenen Regelungssysteme („alte Rechtslage“ mit Maßnahmenkatalog einerseits und „neue Rechtslage“ mit Programmen sowie Einvernehmenserfordernis andererseits) klar voneinander abzugrenzen. Entscheidend ist, dass dann nach der „alten Rechtslage“ vorgegangen werden soll, wenn Grenzwertüberschreitungen vor dem 1.1.2005 gemessen wurden. Diese noch übergangsweise anzuwendende „alte Rechtslage“ umfasst u.a. die „§§ 10 ff dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 34/2003“. Damit sind augenscheinlich die §§ 10 bis 16 IG-L 2003, dh. also der gesamte 4. Abschnitt des IG-L, der auch § 14 leg.cit. betreffend Maßnahmen für den Verkehr einschließt, gemeint, die in der Fassung des IG-L 2003 aber noch kein ministerielles Zustimmungserfordernis beinhalteten.

 

Es ist daher durchaus nachvollziehbar und aus verfahrensökonomischen Gründen jedenfalls zweckmäßig, wenn der Bundesgesetzgeber durch § 9a Abs.9 IG-L 2006 festlegt, dass bereits nach der „alten Rechtslage“ eingeleitete Verfahren nach diesem „alten“ Regelungsregime des IG-L 2003 weiterzuführen sind. Aus diesen Erwägungen heraus ist davon auszugehen, dass durch § 9a Abs.9 IG-L 2006 auf bereits vor dem 1.1.2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen neben den geänderten (neuen) materiell-rechtlichen Determinanten (zB Programmen iSd § 9a IG-L 2006 [anstelle von Maßnahmenkatalogen iSd § 10 IG-L 2003]) auch novellierte (neue) Verfahrensregelungen (zB Stellungnahmerecht sowie Einvernehmen des Bundesministers iSd § 14 Abs.1 IG-L 2006) nicht anzuwenden sind; weder eine grammatikalische Auslegung des § 9a Abs.9 IG-L 2006 noch eine teleologische Interpretation dieser Bestimmung iVm. § 8 und §§ 10 ff IG-L 2003 ergibt, dass eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der Anwendbarkeit dieser geänderten materiell-rechtlichen und der rein verfahrensrechtlichen Bestimmungen auf vor dem 1.1.2005 gemessene Grenzwertüberschreitungen vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen wäre.

 

Die für die gegenständlichen Verordnungen maßgeblichen Grenzwertüberschreitungen wurden den erläuternden Bemerkungen zu Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 zufolge durch Messungen im Jahr 2003 festgestellt (vgl. Punkt 2.6.; vgl. auch 2.3. und 2.4 der Erläuternden Bemerkungen). Unter Punkt 2.3. dieser Erläuternden Bemerkungen wird unter dem Titel „Grundlagen der Verordnung“ ua. ausgeführt, dass die Ausweisung der Grenzwertüberschreitungen im Jahresbericht über die Luftgüte in Oberösterreich 2003 erfolgte. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Grenzwertüberschreitungen nicht auf einen bloßen Störfall oder eine andere in absehbarer Zeit nicht wiederkehrende erhöhte Emission zurückzuführen waren. In weiterer Folge wurde eine Statuserhebung erstellt.

 

Die maßgeblichen Grenzwertüberschreitungen wurden somit ganz offenkundig vor dem 1.1.2005 gemessen. 

 

Im Ergebnis sind daher die gegenständlichen Verordnungen des Landeshauptmannes von Oberösterreich insofern zu Recht auf der Grundlage der §§ 8 und 10 bis 16 IG-L 2003 erlassen worden, als die den Verordnungen zugrunde liegenden Grenzwertüberschreitungen vor dem 1.1.2005 gemessen worden sind; daher war auch das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hinsichtlich der angeordneten Maßnahme (im Sinne des § 14 Abs.1 IG-L 2006) nicht herzustellen und ist die in den Verordnungen als gesetzliche Grundlage angeführte Bestimmung des § 14 Abs.1 Z2 IG-L 2003 – entgegen der Auffassung des Bw – sehr wohl rechtmäßig.

 

An diesem Ergebnis vermag nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates auch die Überschreitung der durch § 8 und § 10 Abs.1 IG-L 2003 normierten Fristen nichts zu ändern. Gemäß § 8 Abs.1 und Abs.2 IG-L 2003 hat der Landeshauptmann innerhalb von neun Monaten ab der Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes eine Statuserhebung für den Beurteilungszeitraum zu erstellen. Diese Statuserhebung wurde im August 2005 abgeschlossen. Gemäß § 10 Abs.1 IG-L 2003 hat der Landeshauptmann auf Grundlage der Statuserhebung innerhalb von sechs Monaten nach Fertigstellung der Statuserhebung, längstens jedoch 15 Monate nach Ausweisung der Überschreitung eines Immissionsgrenzwertes mit Verordnung einen Maßnahmenkatalog zu erlassen.

 

Eine Fristüberschreitung im konkreten Fall ändert nichts an der Behördenzuständigkeit und auch nichts an der anwendbaren Rechtslage. Aufgrund einer teleologischen Interpretation der gegenständlichen Fristenregelungen (konkret: die zügige und effektive Bekämpfung der Grenzwertüberschreitungen) ist das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Meinung, dass allfällige Fristüberschreitungen im konkreten Verfahren jedenfalls nichts daran ändern, dass für die in Frage stehenden Verordnungen (weiterhin) die §§ 8 und 10 ff IG-L 2003 als gesetzliche Grundlage maßgeblich sind und die Verordnungen erlassen werden durften.

 

5.4.2. § 1 der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 in der Fassung LGBl Nr. 3/2007 normiert als konkretes Verordnungsziel die Verringerung der durch den Verkehr verursachten Stickstoffdioxidemissionen entlang der A1 Westautobahn im Bereich der Städte Ansfelden, Linz und Enns sowie der Marktgemeinden Asten und St. Florian und die damit verbundene Verbesserung der Luftqualität.

 

Die Tatsache, dass der Verordnungsgeber anders als noch in der Verordnung LGBl. Nr. 98/2006 („Stickstoffdioxid- und Feinstaub-Emissionen“) – diese trat mit der Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 außer Kraft – durch die verordnete Geschwindigkeitsbeschränkung allein auf eine Verringerung der Stickstoffdioxidemissionen abzielt, bewirkt entgegen den Behauptungen des/der Bw keine Rechtswidrigkeit der vorliegenden Verordnung, zählt doch das Stickstoffdioxid zu den Luftschadstoffen.

 

Wie bereits dargelegt normiert § 14 Abs.1 Z2 IG-L 2003, dass in einem Maßnahmenkatalog, der gemäß § 10 Abs.1 leg.cit. zur Erreichung der Ziele dieses Bundesgesetzes (§ 1) vom Landeshauptmann zu erlassen ist, ua. auch Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden können. Als Ziel wird ua. in § 1 Z2 IG-L die vorsorgliche Verringerung der Immission von Luftschadstoffen im Sinne des § 2 Abs.1 leg.cit. genannt. Die der vorliegenden Verordnung zugrundeliegende Zielsetzung, die durch den Verkehr verursachten Stickstoffdioxidemissionen zu verringern, liegt somit unstreitig im Rahmen der zitierten gesetzlichen Vorgaben. Dass in dieser Verordnung nicht auch eine Verringerung der Feinstaub-Emissionen als Ziel normiert wurde, liegt demgegenüber – nicht zuletzt unter Bedachtnahme auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit – im Ermessen des Landeshauptmannes als verordnungserlassender Behörde. Dies geht wohl schon aus der „Kann“-Bestimmung des § 14 Abs.1 leg.cit. („Im Maßnahmenkatalog können für Kraftfahrzeuge [...] Geschwindigkeitsbeschränkungen angeordnet werden.“) eindeutig hervor.

 

Überdies war auch die dieser Verordnung zugrundeliegende Statuserhebung in Entsprechung zu § 8 Abs.3 IG-L 2003, demgemäß für jeden in den Anlagen 1 und 2 festgelegten Luftschadstoff (vgl. zB Anlage 1: Luftschadstoff Stickstoffdioxid und Luftschadstoff PM10) gesondert eine eigene Statuserhebung zu erstellen ist, (ausschließlich) auf die Ermittlung der Stickstoffdioxid-Jahresgrenzwertüberschreitungen (an der Westautobahn A1 in Enns-Kristein im Jahr 2003) gerichtet (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zur gegenständlichen Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 unter Punkt 3.2. Statuserhebung). Da der Landeshauptmann gemäß § 10 Abs.1 Z1 IG-L 2003 einen Maßnahmenkatalog auf Grundlage der Statuserhebung im Sinne des § 8 leg.cit. zu erlassen hat, geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates daher davon aus, dass sich die gegenständliche Verordnung sehr wohl auch ausschließlich auf die Verringerung der Stickstoffdioxidemissionen beschränken kann. (Demgegenüber zielt beispielsweise die Verordnung des Landeshauptmanns von Oberösterreich, mit der emissionsmindernde Maßnahmen für die Stadtgebiete Linz und Steyregg erlassen werden, LGBl. Nr. 115/2003 allein auf emissionsmindernde Maßnahmen für die Luftschadstoffe Schwebestaub und PM10 ab.)

 

Des weiteren sind allfällige Bedenken, der Verordnungsgeber hätte nicht berücksichtigt, dass es in den Monaten vor Erlassung der gegenständlichen Verordnung keine Grenzwertüberschreitungen bei Stickstoffdioxid gegeben habe, keineswegs begründet. Einerseits gründet die Verordnung auf Grenzwertüberschreitungen im Sinne des § 9a Abs.9 IG-L 2006, dh. auf Grenzwertüberschreitungen, die überhaupt schon vor dem 1.1.2005 gemessen worden sind. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass es den erläuternden Bemerkungen zu Verordnung LGBl. Nr. 2/2007 (vgl. etwa Tabelle 1 und Abbildung 1) zufolge nicht nur in den Jahren 2003 bis 2005, sondern auch im Jahr 2006 zu Überschreitungen des Grenzwerts für NO2 gekommen ist.

 

5.5 Wenn hingegen der Bw Bedenken hinsichtlich der Änderung der Rechtslage geltend macht, so ist ihm die Bestimmung des § 1 VStG entgegenzuhalten, wonach eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war (Abs. 1). Dies ist zweifelsohne im Grunde der obigen Ausführungen der Fall.

Im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 2 VStG, wonach sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre, ist darauf hinzuweisen, dass sich diese Bestimmung nur auf eine Änderung der Rechtsgrundlage hinsichtlich der Strafdrohung richtet. Bei der anzuwendenden IG-L-Bestimmung ist aber keine Änderung der Strafdrohung eingetreten bzw. gab es hiezu keine Gesetzesänderung.

Es ist – entgegen der Meinung des Bw – die Strafbarkeit auch nicht zur Gänze weggefallen, da auch mit Einführung einer immissionsabhängigen Geschwindigkeitsbeschränkung mit Verkehrsbeeinflussungssystem (§14 Abs. 6a IG-L , BGBl. I Nr. 70/2007, und Verordnung des Landeshauptmannes von OÖ, LGBl Nr. 135/2007 idF. LGBl. Nr. 101/2008) ein Unwert der Tat und unter Strafe gestelltes Verhalten weiterhin aufrecht bleibt.

 

5.6. Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bw weder durch den vorliegenden Strafbescheid, noch durch die einschlägigen generellen Normen in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

 

6. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 36 Euro, vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Änderung der Rechtsgrundlage, Verkehrsbeeinflussungssystem

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 16.07.2010, Zl.: 2009/07/0106-10

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