Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310362/2/Kü/Sta

Linz, 15.05.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau K B, F, M, vom 22. August 2008, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. August 2008, UR96-28-2007, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird und der Berufungswerberin unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. August 2008, UR96-28-2007, wurde über die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z3 iVm § 15 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden verhängt, weil sie am 26.5.2007 um ca. 15.00 Uhr bei der Altstoffsammelinsel in U aus dem Auto mit dem pol. Kennzeichen , Marke S, Abfälle (Kartons) neben den Containern abgelagert hat, obwohl Abfälle außerhalb von genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Berufungswerberin eingebrachte Berufung, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Rechtsansicht der Behörde unrichtig sei. § 15 Abs.3 Z2 AWG spreche eindeutig von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten, nicht aber von Containern oder irgendwelchen Behältnissen. Ein Container sei schon allein begrifflich kein Ort, sondern eine Sammelbox. Unter dem Begriff "geeigneten Orten" sei eindeutig die gesamte Sammelinsel zu verstehen, nicht jedoch der Container.

 

Es gebe keine gesetzliche Bestimmung, die die Bestrafung des Tatbestandes "Abstellen von Kartons neben Containern", jedoch im Bereich von Müllinseln, vorsehe. Für den Fall, dass die Container überfüllt seien, habe die Gemeinde den als Sammelplatz gekennzeichneten Ort abzusperren und die weitere Ablagerung zu untersagen. Eine gesetzliche Bestimmung, dass der Konsument die Abfälle bei Überfüllung der Container wieder mitzunehmen habe, gebe es nicht. Somit habe sie weder gegen die Bestimmung des § 15 Abs.3 AWG noch gegen eine sonstige Bestimmung dieses Gesetzes verstoßen.

 

Hilfsweise würde beantragt, im Sinne des § 21 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen, da ihr Verschulden nur äußerst geringfügig sein könne und auch die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung mit Schreiben vom 27. August 2008 samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da der Sachverhalt grundsätzlich nicht bestritten und nur die unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde und zudem eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde.

 

4.1. Die Berufungswerberin ist am 26. Mai 2007 um 15.00 Uhr mit den auf Herrn C B zugelassenen Pkw zur Altstoffsammelinsel der Gemeinde U gefahren. Im Bereich der Container für die Sammlung von Altpapier hat die Berufungswerberin zwei Schachteln aus Karton vor dem Container am Boden abgestellt, da dieser bereits voll gefüllt gewesen ist.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Videoüberwachung der Altstoffsammelinsel und wurde von der Berufungswerberin grundsätzlich nicht bestritten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1.   deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.   deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

 

§ 1 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.     die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.     Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3.     die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.     die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.     Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.     Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.     das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.     die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.     Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Nach § 15 Abs.3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von

1.   hiefür genehmigten Anlagen oder

2.   für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen.

§ 79 Abs.2 Z3 AWG 2002 lautet: Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs.1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs.1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder eine Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs.2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungs­strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 360 Euro bis 7.270 Euro zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 1.800 Euro bedroht.

 

5.2. Im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen ist eine bewegliche Sache dann als Abfall im subjektiven Sinn anzusehen, wenn beim Besitzer der Sache eine Entledigungsabsicht bestanden hat. Von einer Entledigung im Sinne des § 2 Abs.1 Z 1 AWG (1990) ist nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2001, Zl. 99/07/0177 dann zu sprechen, wenn die Weitergabe der Sache in erster Linie darauf abziele, diese loszuwerden und darin das überwiegende Motiv für die Weitergabe bzw. Weggabe der Sache gelegen sei.

 

Die Berufungswerberin hat im gegenständlichen Fall die Altstoffsammelinsel in der Gemeinde U aufgesucht, um dort Kartonagen loszuwerden. Gegenständlich ist daher davon auszugehen, dass es sich bei den Kartonagen um Abfälle im subjektiven Sinn handelt.

 

Gemäß § 15 Abs.3 AWG 2002 ist die Lagerung von Kartonagen nur innerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen oder für die Sammlung oder Behandlung geeigneter Orte zulässig. Sinn und Zweck der Altstoffsammelinsel in der Gemeinde U ist die getrennte Sammlung verwertbarer Stoffe zu ermöglichen und bereits im Zeitpunkt des Abfallanfalls eine sortenreine Trennung herbeizuführen. Wesentlich ist dabei, dass diese Abfälle in die dafür vorgesehenen Behältnisse gelagert werden. Freilagerflächen für Abfälle sind im Bereich dieser grundsätzlich frei zugänglichen Altstoffsammelstelle nicht vorgesehen. Eine Lagerung von Altkartons im Freien ist daher mit dem Zweck der aufgestellten Sammelcontainer nicht vereinbar. Der im Sinne des AWG 2002 geeignete Ort für die Lagerung von Altpapierabfällen kann im gegenständlichen Fall nur der Container selbst, nicht der Freibereich rund um den Container angesehen werden. In logischer Konsequenz bedeutet dies, dass die Berufungswerberin den Vorschriften des § 15 Abs.3 Z 2 AWG insofern zuwidergehandelt hat, als sie die mitgebrachten Kartonagen vor den bereits gefüllten Sammelcontainern abgestellt hat und diese nicht in die Container (z.B. in zerkleinerter Form) gegeben hat. Der Bereich rund um einen Container stellt jedenfalls keinen für die Sammlung oder Behandlung geeigneten Ort im Sinne des § 15 Abs.3 Z 2 AWG 2002 dar. Indem die Berufungswerberin diese Vorgabe missachtet hat, ist ihr die Erfüllung des angelasteten Tatbestandes in objektiver Hinsicht vorwerfbar.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Die Berufungswerberin verantwortet sich dem Grunde nach damit, dass unter den Begriff geeigneter Ort die gesamte Sammelinsel zu verstehen ist und nicht der Container und führt gleichzeitig aus, dass es keine gesetzliche Bestimmung gibt, nach der die Konsument die Abfälle bei Überfüllung der Container wieder mitzunehmen habe. Mit diesem Vorbringen vermag die Berufungswerberin ihr mangelndes Verschulden nicht aufzuzeigen. Die Berufungswerberin konnte jedenfalls nicht nachvollziehbar darlegen, warum ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift unmöglich gewesen ist. Die Bilder der Überwachungskamera der Altstoffsammelinsel zeigen, dass von der Berufungswerberin kein Versuch unternommen wurde, die Schachteln allenfalls in zerkleinerter Form in die vorhandenen Container zu geben sondern wurden diese direkt vor dem Container abgestellt. Gerade die im gegenständlichen Fall übertretene Norm des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 soll bewirken, dass keine Abfälle in unkontrollierter Weise auch nicht im Bereich vor den Sammelstellen gelagert werden.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30.11.1981, Zl. 81/17/0126, 0127, 0130) ausgeführt hat, vermag die Argumentation mit einer Rechtsauffassung ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen sondern bedarf es vielmehr einer Objektivierung der Rechtsansicht durch geeignete Erkundigungen, wobei wohl insbesondere an eine Rückfrage bei der zuständigen Behörde zu denken ist. Wer dies verabsäumt, trägt das Risiko des Rechtsirrtums. Die Berufungswerberin legt lediglich ihre Rechtsansicht hinsichtlich der von ihr durchgeführten Abfallentsorgung dar, ohne allerdings vorzubringen, dass sie in Kenntnis der maßgeblichen Rechtslage gewesen ist oder entsprechende Auskünfte bezüglich der Vorgangsweise bei vollständig gefüllten Containern einzuholen.

Es ist daher nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates jedenfalls von fahrlässigem Verhalten der Berufungswerberin auszugehen, weshalb ihr die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

5.4. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Von einem geringfügigen Verschulden ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann auszugehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (vgl. VwGH 12.9.1986, Zl. 86/18/0059 ua.). Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die Berufungswerberin die Abfalllagerung im Bereich des Containeraufstellplatzes der Altstoffsammelinsel vorgenommen hat und vor dem betreffenden Container die Kartonagen abgestellt hat. Durch die gegenständliche Lagerung war nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzgüter des AWG als äußerst gering einzustufen. Damit blieb aber das tatbildmäßige Verhalten der Berufungswerberin erheblich hinter dem in der gegenständlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurück, da bei einem sonstigen nicht gesetzeskonformen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen regelmäßig von Beeinträchtigungen der Schutzgüter des AWG auszugehen ist. Mithin ist daher von einem geringfügigen Verschulden der Berufungswerberin auszugehen und hat die Tat keine Folgen nach sich gezogen. Aus diesem Grunde konnte daher von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen werden. Um die Berufungswerberin in Hinkunft zu gesetzeskonformen Verhalten zu veranlassen und ihr die Übertretung des AWG 2002 bewusst zu machen, ist es jedoch erforderlich, über die Berufungswerberin eine Ermahnung auszusprechen. Diese Ermahnung ist geeignet, die Berufungswerberin vor weiteren gleichartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

6. Aufgrund des Umstandes, dass keine Geldstrafe ausgesprochen wurde, entfallen auch die Verfahrenskosten erster Instanz. Weil die Berufung Erfolg hatte waren der Berufungswerberin gemäß § 65 VStG keine Kosten aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

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