Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401007/6/WEI/Se

Linz, 19.05.2009

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der F S, geb. (alias), Staatsangehörige von Guinea, vormals im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wien, R, vertreten durch E D, Rechtsanwalt in 11 W, H, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen

 

II.              Die Beschwerdeführerin hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 29/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II  Nr. 456/2008).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden Gang des Verfahrens und S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin (Bfin), eine Staatsangehörige von Guinea, reiste Ende Dezember 2008 mit Hilfe von Schleppern und einem in Conakry/Guinea am 10. November 2008 ausgestellten Reisepass auf dem Luftweg zunächst nach Casablanca/Marokko. Anschließend sei sie nach Istanbul und mit serbischem Visum nach Belgrad geflogen. Von Serbien gelangte sie dann am 6. Februar 2009 mit dem PKW über einen unbekannten serbisch-ungarischen Grenzübergang illegal (unter Umgehung der Grenzkontrolle; vgl Niederschrift des BAA EASt West vom 17.03.2009) über die EU-Außengrenze nach Ungarn und dann über Budapest nach Österreich und in weiterer Folge nach Deutschland, wo sie sich von 7. bis 10. Februar 2009 aufhielt und wegen illegalen Aufenthalts angehalten wurde. Als Grund für ihre Reise gab sie an, dass in ihrem Heimatland Krieg herrsche. (vgl Erstbefragung der PI Schärding vom 10.02.2009).

 

Am 10. Februar 2009 wurde die Bfin von deutschen Behörden nach Österreich rücküberstellt und von Beamten der Polizeiinspektion Schärding übernommen. Dort stellte sie unter Angabe der Personalien "S F, geb., Staatsangehörigkeit Guinea" einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden nur Asylantrag). Bei der polizeilichen Erstbefragung der Bfin nach dem AsylG 2005 (als Übersetzer fungierte ihre Vertrauensperson M KABA für die Sprache "Malinke") gab neben den angeführten Personalien als letzten ausgeübten Beruf "Hausfrau" an und dass sie über keine Barmittel oder andere Unterstützung verfüge. Noch am 10. Februar 2009 wurde die Bfin von der PI Schärding zur Erstaufnahmestelle West EASt West) gebracht, wo ihr eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen wurde. Da man ungarische Rechnungen gefunden hatte, wurde am 11. Februar 2009 ein Aufnahmeersuchen an Ungarn nach dem Dublinverfahren gestellt. Die ungarische Zustimmung zur Übernahme der Bfin langte am 9. März 2009 via Dublinnet ein, wobei sich Ungarn im Asylverfahren für zuständig erklärte.

 

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamts (BAA) EASt West vom 28. April 2009, Zl. 09 01.732-EAST West, wurde der Asylantrag der Bfin ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und dazu festgestellt, dass für die Prüfung des Antrags gemäß Art 10 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates Ungarn zuständig ist (Spruchpunkt I). Im Spruchpunkt II wurde die Bfin gemäß § 10 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ungarn ausgewiesen. Der Bescheid wurde der Bfin am 29. April 2009 gegen Übernahmebestätigung ausgefolgt. Nach dem aktenkundigen Auszug aus der Asylinformationsdatei langte am 7. Mai 2009 über den Verein Menschenrechte per Telefax ein Rechtsmittelverzicht der Bfin beim BAA EASt West ein.

 

Mit Schreiben vom 8. Mai 2009 ersuchte das BAA EASt West die belangte Behörde entsprechend der Dublin II Verordnung (EG) Nr. 343/2003 und unter Hinweis auf die Beendigung des Asylverfahrens gemäß § 5 AsylG 2005 und eine sofort durchführbare Ausweisung um die ehest mögliche Überstellung der Bfin nach Ungarn.

 

1.3. Im Asylverfahren hatte die Bfin bei ihrer Einvernahme vom 17. März 2009 erstmals entgegen den Daten im Reisepass behauptet, dass sie am 10. Oktober 1992 geboren und damit minderjährig wäre. Sie behauptete dass Männer, die ihr den Reisepass organisierten, ihr Geburtsdatum geändert hätten. Diese hätten gesagt, man müsste sie älter machen. Sie hätte aber in Guinea eine Geburtsurkunde.

 

Beim Parteiengehör am 9. April 2009 gab das BAA der Bfin und weiteren Asylwerbern aus Guinea bei vergleichbarer Sachlage die Ergebnisse der Untersuchung der Reisepässe und die Antwort der Staatendokumentation des BAA bekannt und dass die Asylbehörde von der Volljährigkeit ausgehe. Im Zuge des Parteiengehörs gab die Bfin an, dass sie einen Originalreisepass hätte, und dennoch das Geburtsdatum falsch wäre. Die Männer hätten gemeint, dass man als Minderjährige nicht reisen könne.

 

Auf den Vorhalt der dem BAA erteilten Auskunft der Botschaft der Republik Guinea, wonach Reisepässe nur nach persönlicher Antragstellung ausgestellt werden und die Änderung der Geburtsdaten dabei ausgeschlossen wäre, meinte die Bfin, dass dies nicht ihr Fehler gewesen wäre. Warum sie bei der Erstbefragung das angeblich richtige Geburtsdatum verschwiegen hatte, beantwortete die Bfin damit, dass sie nicht gefragt worden wäre. Die Bfin wollte ihre Geburtsurkunde innerhalb von drei Tagen vorlegen. Sie äußerte dann auch ihren Willen, in Österreich bleiben und nicht nach Ungarn zu wollen. Der im Asylverfahren beigezogene Rechtsberater beantragte zur Klärung der Volljährigkeit die "Originalgeburtsurkunden" einer Untersuchung zu unterziehen.

 

1.4. In der Begründung (auf Seiten 6 f) des zurückweisenden Asylbescheides nennt die Asylbehörde an Urkunden den vorliegenden Reisepass der Republik Guinea Nr. R, ausgestellt am 10.11.2008 auf den Namen S F, geb. am , gültig bis 09.11.2013, und eine beglaubigte Kopie des Geburtsurkundenauszuges Nr. , Beilage zum Untersuchungsbericht der Dokumentenprüferin der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau). Zur Entscheidungsfindung seien auch die niederschriftlichen Einvernahmen, die Mitteilung von Dr. S-S vom Landeskriminalamt der Polizei in Bayern betreffend die Echtheit des Reisepasses, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation des BAA vom 6. April 2009, der Untersuchungsbericht der Dokumentenprüferin der PI St. Georgen im Attergau, die Zustimmung Ungarns gemäß Art 10 Abs 1 Dublin II Verordnung (EG) Nr. 343/2003 und die Länderfeststellungen zu Ungarn herangezogen worden.

 

In der Beweiswürdigung (auf Seiten 16 ff) geht die Asylbehörde davon aus, dass auf Grund des vorliegenden Reisepasses, dessen Echtheit vom Landeskriminalamt der bayerischen Polizei nicht angezweifelt wurde, die Identität und somit auch die Volljährigkeit und Staatsangehörigkeit der Bfin feststehe. Die Kompetenz und Objektivität des Landeskriminalamts der bayerischen Polizei werde nicht angezweifelt. Nach Antwort der Staatendokumentation habe die Botschaft der Republik Guinea die Auskunft erteilt, dass Reisepässe nur nach persönlicher Antragstellung ausgestellt werden und die Möglichkeit der Änderung des Geburtsdatums dabei ausgeschlossen sei. Diese schlüssige und widerspruchsfreie Auskunft aus einer verlässlichen und unbedenklichen Quelle sei glaubhaft. Zur beglaubigten Kopie des Geburtsurkundenauszuges wird auf den schlüssigen Bericht der Dokumentenprüferin der EASt West, Insp. H, verwiesen, dem zu entnehmen ist, dass Hinweise auf das Vorliegen einer Fälschung vorliegen.

 

Nach dem aktenkundigen Bericht vom 23. April 2009 über die urkundentechnische Untersuchung von beglaubigten Kopien von Geburtsurkundenauszügen von insgesamt drei Asylwerbern hat die Dokumentenprüferin Auffälligkeiten wahrgenommen, die für eine Fälschung sprechen. Statt der Ziffer "1" wurde in allen Dokumenten der Großbuchstabe "I" verwendet. Ferner sei bei der Urkunde der Bfin und einer weiteren Urkunde auffällig, dass der Großbuchstabe "A" und die Ziffer "2" jeweils einen Schatten aufweisen, obwohl sich die Ausstellungsdaten erheblich, nämlich um viele Jahre, unterscheiden (17.10.1992 – 20.10.2005). Trotz sehr unterschiedlicher Ausstellungsdaten waren auch alle Dokumente in einem druckfrischen Zustand ohne Gebrauchsspuren. Daneben entspreche auch das äußere Erscheinungsbild dem im Reisepass angegebenen Alter.

 

Die Asylbehörde hält es weiter nicht für nachvollziehbar, warum die Bfin bei der Erstbefragung mit keinem einzigen Wort ihre angebliche Minderjährigkeit erwähnte. Dass sie nicht nach dem Geburtsdatum gefragt worden wäre, sei nicht glaubhaft. Auch habe die Bfin mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit der Niederschrift bestätigt. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sei den Angaben des Asylwerbers bei seiner ersten Befragung grundsätzlich größere Glaubwürdigkeit beizumessen als späteren Vorbringen. Es entspreche nämlich Erfahrungswerten der Behörde, dass Asylwerber bei der ersten Befragung spontan Angaben machen, die der Wahrheit am nächsten kommen.

 

Im Ergebnis stellte daher die Asylbehörde fest, dass die Bfin am 1. Jänner 1983 geboren wurde und somit volljährig ist.

 

 

 

1.5. Nach Zustellung des Asylbescheides wurde die Bfin im Auftrag der belangten Behörde zur Erlassung eines Schubhaftbescheides festgenommen. Mit Mandatsbescheid vom 29. April 2009, Zl. Sich 40-1380-2009, verhängte die belangte Behörde gegen die Bfin die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 1 iVm § 80 Abs 5 FPG. Die Bfin hat den Bescheid noch am gleichen Tag persönlich übernommen. Sie wurde in weiterer Folge zum Vollzug der Schubhaft in das PAZ der Bundespolizeidirektion Wien, R, überstellt.

 

Die belangte Behörde führt im Schubhaftbescheid begründend aus, dass die Bfin nach unrechtmäßiger Einreise in den Schengen-Raum illegal durch die Mitgliedstaaten Österreich und Ungarn gereist war, bevor sie in Deutschland wegen illegalen Aufenthalts angehalten wurde. Sie habe sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörden entzogen und offensichtlich ursprünglich nicht die Absicht gehabt, einen Asylantrag in Österreich zu stellen. Da ihr Asylantrag nunmehr wegen Unzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen und sie aus dem Bundesgebiet ausgewiesen wurde, erscheine die Annahme gerechtfertigt, dass sie gleich ihrem bisherigen Verhalten im Schengen-Raum versuchen werde, sich durch Abtauchen in die Illegalität dem Zugriff der Fremdenpolizei erneut zu entziehen. Sie habe bereits in der Vergangenheit durch ihre ausgedehnten illegalen Reisebewegungen und die damit einhergehenden illegalen Grenzübertritte im Schengen-Raum zu erkennen gegeben, dass sie nicht gewillt ist, die Rechtsordnung des Gastlandes zu respektieren.

 

Die Bfin sei im Bundesgebiet und in der Europäischen Union völlig alleinstehend. Sie werde keine Arbeitsbewilligung und kein geregeltes Einkommen und ebenso wenig die Mittel für die fortlaufende Finanzierung ihres Aufenthaltes erlangen. Sie sei daher in keiner Weise integriert und ihr Verhalten habe gezeigt, dass sie an keine Örtlichkeit gebunden sei. Sie sei in ihrer Lebensgestaltung flexibel und bereit, in die Illegalität abzutauchen und sich in der Anonymität aufzuhalten Es sei daher zu befürchten, dass sie sich auf freiem Fuß belassen dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde. Deshalb sei zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft an Stelle gelinderer Mittel erforderlich. Die Verhängung der Schubhaft sei auch verhältnismäßig, weil dem Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit das überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüberstehe.

 

1.6. Mit der per Telefax am 12. Mai 2009 um 17:37 Uhr außerhalb der Amtsstunden beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Eingabe erhob die Bfin durch ihren Rechtsvertreter Schubhaftbeschwerde mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft und beantragte die kostenpflichtige Rechtswidrigkeitserklärung. Der unabhängige Verwaltungssenat hat die Beschwerde am 13. Mai 2009 an die zuständige Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit dem Ersuchen um Aktenvorlage und Einladung zu einer Stellungnahme weitergeleitet. Noch am gleichen Tag erstattete die belangten Behörde auf elektronischem Wege eine Gegenschrift und legte ihren Fremdenpolizeiakt mit dem Antrag vor, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

1.7. Nach Mitteilung der belangten Behörde vom 15. Mai 2009 wurde die Bfin auf dem Landweg über den Grenzübergang Nickelsdorf/Hegyeshalom nach Ungarn abgeschoben bzw zur Durchführung des Asylverfahrens im Sinne des Dublinverfahrens überstellt.

 

2.1. In der Schubhaftbeschwerde wird zum Sachverhalt vorgebracht, dass im Asylverfahren der Bfin hervorgekommen wäre, dass sie einen echten Reisepass mit dem falschen Geburtsdatum "" besitze. Die Bfin habe ihre Originalgeburtsurkunde vorgelegt, nach der sie am  geboren und damit minderjährig wäre. Trotz Antragstellung ihres Rechtsberaters im Asylverfahren am 9. April 2009 wäre der vorgelegte Auszug aus dem Geburtsregister keiner Überprüfung unterzogen worden, sondern die Eintragungen zu ihrem Alter im Reisepass als glaubhafter beurteilt worden.

 

Dies sei wohl zu Unrecht geschehen, weil dem BAA hätte bekannt sein müssen, dass in Guinea wie fast in allen afrikanischen Ländern ein Reisepass auf Grund der vom Passwerber gemachten Angaben ausgestellt werde und dazu auch regelmäßig "Bakschisch" erforderlich wäre. Damit liege eine formal echte aber inhaltlich unrichtige Urkunde vor. Dies treffe im Übrigen auch für Geburtsurkunden (und Kopien von Registerauszügen) zu, weshalb das österreichische Außenministerium Urkunden nur nach Vor-Ort-Überprüfung durch die österreichische Botschaft überbeglaubigte. Deshalb hätte das BAA nicht ohne weitere Erhebungen wie die Überprüfung durch die österreichische Botschaft Dakar oder auch fachärztliche Begutachtung von der Volljährigkeit ausgehen dürfen.

 

Der Bescheid hätte nicht an die (minderjährige) Bfin, sondern an den Rechtsberater zugestellt werden müssen, weshalb das Asylverfahren noch in erster Instanz offen wäre. Für das Asylverfahren wäre Österreich zuständig gewesen, weil die minderjährige Bfin in Ungarn keinen Asylantrag gestellt hatte.

 

Die belangte Behörde habe im Schubhaftbescheid die Haftvoraussetzungen des § 76 Abs 2 Z 1 FPG dargelegt, weil eine durchsetzbare Ausweisung erlassen worden wäre. Dies sei mangels Vorliegens eines an den Rechtsberater zugestellten Asylbescheides schon formal unrichtig. Darüber hinaus wäre die Inschubhaftnahme auch nicht notwendig gewesen, weil die Bfin ohnehin in Grundversorgung des Bundes untergebracht war und nichts darauf hindeutete, dass sie sich dem Verfahren entziehen werde. Zumindest hätte die Schubhaft durch ein gelinderes Mittel ersetzt werden können.

 

2.2. Die belangte Behörde ist der Beschwerde entgegen getreten und hat zur Widerlegung der Behauptung, im echten Reisepass wäre das falsche Geburtsdatum eingetragen, auf das Asylverfahren und den ergangenen Bescheid des BAA EASt West vom 28. April 2009 verwiesen. Auch aus den Dokumentenüberprüfungsbericht der PI St. Georgen im Attergau gehe hervor, dass es sich bei der vorgelegten Geburtsurkunde um eine fälschliche Ausstellung handle. Die Entscheidung der Asylbehörde sei auch am 7. Mai 2009 rechtskräftig geworden. In Vollstreckung der Ausweisung sei die Überstellung der Bfin am 14. Mai 2009 am Landweg nach Ungarn beabsichtigt. Die Schubhaft sei nach wie vor verhältnismäßig und notwendig, um die gebotenen Ziele eines geordneten Fremdenwesen zu erreichen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Die in Oberösterreich festgenommene Bfin wurde vom 29. April bis zur Abschiebung am 14. Mai 2009 in Schubhaft angehalten. Ihre rechtsfreundlich eingebrachte Beschwerde vom 12. Mai 2009 wegen Anhaltung in Schubhaft ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Nach § 76 Abs 6 FPG kann die Schubhaft aufrecht erhalten werden, wenn ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vor, gilt die Schubhaft als nach dieser Gesetzesstelle vor. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft nach Abs 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

4.3. Im gegenständlichen Fall ist der maßgebliche Sachverhalt bis auf die Frage der Minderjährigkeit der Bfin unstrittig geblieben. Da nach dem von der belangten Behörde vorgelegten Ausdruck aus der Asylinformationsdatei des Bundesministeriums für Inneres am 7. Mai 2009 von der Bfin im Wege des Vereins für Menschenrechte ein Rechtsmittelverzicht erklärt wurde, liegt inzwischen nicht nur eine im Sinne des § 36 Abs 1 und Abs 4 AsylG 2005 durchsetzbare Entscheidung, sondern eine rechtskräftige und sofort vollstreckbare Zurückweisungs- und Ausweisungsentscheidung der Asylbehörde vor. Damit ist auch die in der Schubhaftbeschwerde aufgeworfene Vorfrage der Minderjährigkeit der Bfin und die damit korrespondierende Frage der (behaupteten) Pflicht zum Selbsteintritt Österreichs in ein inhaltliches Asylverfahren bei der Bfin verbindlich und endgültig entschieden worden. Der Oö. Verwaltungssenat hatte diese Fragen grundsätzlich nicht mehr aufzuwerfen, verweist aber darauf, dass gemäß Art 3 Abs 2 der Dublin II Verordnung (EG) Nr. 243/2003 an sich ohne inhaltliche Vorgaben nur ein Selbsteintrittsrecht jeden Mitgliedsstaates besteht. Auch die humanitäre Klausel des Art 15 der Dublin II-Verordnung scheint auf denen gegebenen Sachverhalt nicht anwendbar zu sein, weil eine Zusammenführung von Familienmitgliedern bei der Bfin, die keinerlei Angehörige in der Europäischen Union hat, nicht in Betracht kommt.

 

Der erkennende Verwaltungssenat hält im Übrigen die Beweiswürdigung des BAA EASt West im Zurückweisungsbescheid vom 28. April 2009 für überzeugend. Die Behauptungen der Schubhaftbeschwerde sind nicht stichhältig. Dass der Originalreisepass, der auch von bayerischen Landeskriminalamt für echt gehalten wird, in Bezug auf das Geburtsdatum falsch sein soll, wurde von der Bfin bei ihrer Befragung im Asylverfahren nur damit erklärt, dass das irgendwelche Männer, die ihr die Ausstellung des angeblich echten Passes organisierten, sie älter machen wollten. Die im Asylverfahren von der Staatendokumentation des BAA eingeholte Auskunft der Botschaft der Republik Guinea spricht gegen diese Darstellung der Bfin, weil danach in Guinea eine Originalreisepass nur nach persönlicher Antragstellung ausgestellt wird und eine Änderung des Geburtsdatums nicht möglich sei.

 

Außerdem hatte die Bfin nicht von Anfang an, sondern erst seit 17. März 2009 behauptet, minderjährig zu sein, weil sie sich davon offenbar Vorteile im österreichischen Asylverfahren versprach. Ihre Einlassung war in keiner Weise glaubhaft. Es trifft auch die Behauptung der Beschwerde nicht zu, dass der von ihr einigen Wochen später vorgelegte Auszug aus dem Geburtsregister keiner Überprüfung unterzogen worden wäre. Vielmehr fand tatsächlich eine urkundentechnische Untersuchung statt. Bei der beglaubigten Kopie des Geburtsurkundenauszuges Nummer 430 aus Guinea handelt es sich nach der schlüssigen Darstellung der Dokumentenprüferin der PI St. Georgen im Attergau höchstwahrscheinlich um eine Fälschung (näher unter Punkt 1.4.)

 

Die allgemeine Beschwerdebehauptung, wonach Reisepässe und Geburtsurkunden in Guinea, wie in fast allen afrikanischen Ländern, nur nach den Angaben der Ausstellungswerber und gegen "Bakschisch" (Schmiergeld) ausgestellt werden, erscheint geradezu abenteuerlich und ist nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats nicht geeignet, den guinesischen Reisepass der Bfin konkret als "Lugurkunde" darzustellen Selbst wenn es Missstände in Afrika häufiger als in Europa geben mag, kann damit noch kein genereller Pauschalverdacht begründet werden. Außerdem müsste diese Beschwerdelogik wohl auch für den von der Bfin vorgelegten Auszug aus dem Geburtsregister gelten, der dann möglicherweise auch nur von korrupten Beamten allein nach den inhaltlichen Wünschen der Bfin gegen "Bakschisch" ausgestellt wurde. Schließlich läuft die Argumentation der Beschwerde sinngemäß darauf hinaus, das die Bfin bei der Passaustellung in Guinea von vornherein bewusst unrichtige Angaben gemacht hätte, die ungeprüft übernommen worden wären. Warum sie das getan haben sollte, kann freilich nicht ganz nachvollzogen werden.

 

Auch wenn man nur die im Asylverfahren von der Bfin angefertigten Lichtbilder betrachtet, gewinnt man vom äußeren Erscheinungsbild her den sicheren Eindruck, dass sie nicht mehr jugendlich wie ein Teenager aussieht, sondern schon deutlich über 20 Jahre alt sein dürfte. So gesehen passt das Geburtsdatum des Reisepasses auch viel besser zu ihrem Aussehen. Schließlich trifft auch das Argument der Asylbehörde zu, wonach den Angaben bei der ersten Befragung größere Glaubhaftigkeit beizumessen sind, weil sie erfahrungsgemäß der Wahrheit näher kommen, als spätere Einlassungen, die womöglich erst nach mittlerweile tatsächlich gewonnenen oder vermeintlichen rechtlichen Einsichten entwickelt wurden. Die Bfin hat offenbar weder vor der deutschen Polizei, noch bei der Erstbefragung durch die PI Schärding ein Wort über ihre Minderjährigkeit verloren. Ihre Behauptung, sie wäre bei der Erstbefragung nach dem AsylG 2005 durch einen geschulten Beamten der PI Schärding nicht danach gefragt worden, ist nicht glaubhaft. Dies umso weniger, als ihr Reisepass dem Beamten gar nicht vorlag, sondern sich noch beim Landeskriminalamt der bayerischen Polizei zur Echtheitsprüfung befand (vgl Erstbefragung vom 10.02.2009).

 

4.4. Im Ergebnis ist davon auszugehen, dass der Zurückweisungs- und Ausweissungsbescheid der Asylbehörde der volljährigen Bfin rechtswirksam zugestellt werden konnte und dass die Verhängung der Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs 2 Z 1 FPG möglich war. Die belangte Behörde hat nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats auch den Sicherungsbedarf zutreffend begründet. Die Bfin hat durch ihre illegalen Reisebewegungen in Verbindung mit den rechtswidrigen Grenzüberschreitungen in drei EU-Ländern erkennen lassen, dass sie die Fremdenrechtsordnungen nicht respektiert. Sie ist nach den gegebenen Umständen sehr flexibel und kann jederzeit in die Illegalität abtauchen. Im Hinblick auf den ergangenen asylrechtlichen Ausweisungsbescheid und die mangelnde Bereitschaft der mittelosen Bfin, ihr Asylverfahren in Ungarn abzuwarten und dorthin freiwillig auszureisen, kann der erkennende Verwaltungssenat der belangten Behörde nicht entgegen treten, wenn sie die Schubhaft für erforderlich gehalten und gelindere Mittel im Interesse einer zuverlässigen Umsetzung der asylrechtlichen Ausweisung für nicht zielführend gehalten hat.

 

Da aus den dargelegten Gründen die gegen die Bfin verhängte Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung als rechtmäßig und verhältnismäßig anzusehen war, ist die Schubhaftbeschwerde unberechtigt und war als unbegründet abzuweisen. Der Ausspruch gemäß § 83 Abs 4 FPG hatte zu entfallen, weil die Bfin im Zeitpunkt dieser Entscheidung bereist nach Ungarn überstellt worden war und eine Feststellung zur Fortsetzung der Schubhaft nicht mehr in Betracht kam.

 

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß § 79a Abs 2 AVG der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist gemäß dem § 79a Abs 3 AVG die belangte Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach § 79a Abs 6 AVG ist Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Ein solchen allgemeinen Antrag hat die belangte Behörde gestellt.

 

Nach der am 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr.456/2008) beträgt der Ersatz für Vorlageaufwand 57,40 Euro und für Schriftsatzaufwand der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro. Die Bfin war daher zum Aufwandersatz von insgesamt 426,20 Euro an den Bund als den Rechtsträger, für den die belangten Behörde tätig geworden ist, zu verpflichten.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

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