Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110923/2/Kl/RSt

Linz, 15.05.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn J W, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 17. März 2009, VerkGe96-66-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird statt gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 17. März 2009, VerkGe96-66-2008, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 363 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs.1 Z2 iVm § 6 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 verhängt, weil er, wie am 30.9.2008 um 9.05 Uhr im Zuge einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durch Organe der Polizeiinspektion A auf der B 123 auf Höhe Straßenkilometer 2,200 im Gemeindegebiet von St. Valentin festgestellt wurde, eine gewerbsmäßige Güterbeförderung mit dem für sein Güterbeförderungsunternehmen zugelassenen Lastkraftwagen, Marke MAN, 19.362FAK, behördliches Kennzeichen    , Sattelanhänger, Marke Primezhofer,    , behördliches Kennzeichen    , durchgeführt und keine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder einen beglaubigten Auszug aus dem Gewerberegister im verwendeten Kraftfahrzeug mitgeführt hat.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und dargelegt, dass der Bw nicht immer mit diesem Fahrzeug fahre und bei Inbetriebnahme die Mappe mit den Genehmigungen und Zulassungsscheinen nur durchblättere. Es seien mehrere Züge Schotter von Mauthausen nach Asten auf eine Baustelle zu transportieren gewesen. Da nach Fertigstellung der Baustelle nach Naarn gefahren wurde, sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, den Beamten in Windpassing die Abschrift vorzuweisen. Es wurde die Einstellung des Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Spruch des Straferkenntnisses nicht.

 

Gemäß § 6 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl Nr. 553/1995 idF BGBl I Nr. 153/2006, hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug während der gesamten Fahrt eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder ein beglaubigter Auszug aus dem Gewerberegister mitgeführt werden.

 

Gemäß § 6 Abs.3 GütbefG hat der Lenker in jedem zur Ausübung des Güterverkehrs verwendeten Kraftfahrzeug eine beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde oder einen beglaubigten Auszug aus dem Gewerberegister mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z2 und Abs.4 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mind. 363 Euro bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer § 6 Abs.2 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 23 Abs.2 Z1 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu ahnden ist, wer als Lenker § 6 Abs.3 zuwiderhandelt.

 

4.2. Im Grunde des im Straferkenntnis vorgeworfenen Tatverhaltens ist nicht ersichtlich, ob das Verhalten dem Bw als Unternehmer oder als Lenker vorgeworfen wird. Eine Unterscheidung ist jedoch, wie aus den Gebotsnormen des § 6 Abs.2 und des § 6 Abs.3 GütbefG ersichtlich ist, erforderlich. Entsprechend ist auch das gebotene Verhalten unterschiedlich unter Strafe gestellt. Der Unternehmer hat "dafür zu sorgen", dass die beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde mitgeführt wird. Der Lenker hingegen hat das Dokument "mitzuführen und den Aufsichtsorganen auf Verlangen auszuhändigen". Entsprechend sind auch die Strafnormen unterschiedlich geregelt, nämlich hinsichtlich des Unternehmers in § 23 Abs.1 Z2 mit einer Mindeststrafe und einer wesentlich höheren Höchststrafe, und hinsichtlich des Lenkers nach § 23 Abs.2 Z1, ohne dass eine Mindeststrafe vorgesehen ist.

 

Wenn nunmehr dem Bw vorgeworfen wird, dass er einen näher umschriebenen Transport "durchgeführt" und keine beglaubigte Abschrift "mitgeführt" hat, so lässt dies im Sinn des § 6 Abs.3 GütbefG auf die Eigenschaft als Lenker schließen, weil nur der Lenker die Pflicht zum Mitführen und Vorweisen hat. Allerdings ist die entsprechende Strafbestimmung in § 23 Abs.2 Z1 GütbefG zu finden. Darüber hinaus ist aber zu beachten, dass bei Begehungsdelikten, zu welchen auch die Übertretung des Lenkers zählt, Tatort jener Ort ist, wo das unter Strafe gestellte Verhalten gesetzt wurde, also konkret am Betretungsort, nämlich im Gemeindegebiet von St. Valentin. Da dieser Tatort nicht im Sprengel der das Straferkenntnis erlassenden Behörde liegt, war die belangte Behörde hinsichtlich dieser Tat unzuständige Behörde. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als einziger Tatort der genannte Betretungsort St. Valentin aufscheint.

 

Da weder das besondere Tatbestandsmerkmal als Lenker im Spruch aufscheint, noch die Zuständigkeit der bescheiderlassenden Behörde gegeben war, war das Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der Behörde sowie wegen mangelnder Tatkonkretisierung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

4.3. Hinsichtlich eines Tatvorwurfes gemäß § 6 Abs.2 iVm § 23 Abs.1 Z2 GütbefG allerdings fehlt dem Tatvorwurf schon das wesentliche Tatbestandsmerkmal "als Unternehmer" und fehlt auch der entsprechende Tatvorwurf gemäß § 6 Abs.2 GütbefG, nämlich dass der Beschuldigte "nicht dafür gesorgt hat", dass während der gesamten Fahrt die beglaubigte Abschrift der Konzessionsurkunde mitgeführt wird.

 

Im Gegensatz zu den vorstehenden Ausführungen handelt es sich aber beim Nichtsorgetragen um ein Unterlassungsdelikt, wobei das Verhalten bei Unterlassungsdelikten im Unterlassen der vom Gesetz erforderlichen Vorsorgehandlungen liegt und unter Strafe gestellt ist. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, also der Ort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Für Unterlassungsdelikte hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass Unterlassungsdelikte bei Unternehmen im Zweifel am Unternehmenssitz begangen werden, nämlich dort, wo sich die Unternehmensleitung befindet und daher die erforderlichen Vorsorgehandlungen hätten getroffen werden müssen. Dies ist am Standort des Unternehmens, nämlich in Grein und daher im Zuständigkeitsbereich der belangten Behörde. Allerdings ist dazu anzumerken, dass der Tatort Grein weder in der Strafverfügung noch im Straferkenntnis während der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen wurde.

 

Es war daher auch ein Tatvorwurf an den Beschuldigten als Unternehmer im Sinn des § 44a Z1 VStG mangelhaft und daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Tatort, Tathandlung, Lenker oder Unternehmer, Tatkonkretisierung

 

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