Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231040/2/SR/Sta

Linz, 18.05.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des C L-L, geboren am , Z, Z,  gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 24. März 2009, GZ. Sich96-154-2009, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben.        

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm §§ 24, 44a und 45 VStG 1991;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 24. März 2009, GZ. Sich96-154-2009, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und ermahnt:

 

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Tatort:        Z,  Z

Tatzeit:       26.02.2009

 

Sie haben als Unterkunftgeber der Meldepflichtigen A und A Z die Mitteilung an die Meldebehörde unterlassen, dass die Meldepflichtigen die An/Abmeldung nicht durchgeführt haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 22 Abs. 2 Z. 5 iVm § 8/2 Meldegesetz 1991, idgF.

 

Spruch

Es wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und Ihnen eine Ermahnung erteilt.

Rechtsgrundlage: § 21 des Verwaltungsstrafgesetzes"

 

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des einschlägigen Gesetzestextes aus, dass die Voraussetzungen zutreffen. Um den Bw von einer weiteren strafbaren Handlung gleicher Art abzuhalten, hätte eine Abmahnung ausgesprochen werden müssen.

2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 27. März 2009 zu eigenen Handen zugestellt wurde, richtet sich rechtzeitig zur Post gegebene Berufung.  

 

In seiner Berufung führt der Bw aus, dass laut Auskunft des Meldeamtes vom
27. März 2009 die Abmeldung von Amts wegen am 8. Februar 2009 erfolgt sei. Erschließbar wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. 

 

3. Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Verwaltungsstrafakt Sich96-154-2009 vorgelegt und auf die nachträglich eingeholte Stellungnahme der Markgemeinde F a. H. hingewiesen.  

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Vorlageakt.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat Oö. geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Der Bw hat A Z, geboren am  in I, laut Aktenlage Staatsangehöriger von "S und M" und A Z, geboren am  in I, laut Aktenlage Staatsangehöriger von "S und M", in  F, F, Unterkunft gewährt. Wann die ordnungsgemäße Anmeldung erfolgt ist, kann dem Vorlageakt nicht entnommen werden.

Die genannten Unterkunftnehmer haben am 8. Februar 2009 den angeführten Hauptwohnsitz aufgegeben, die Abmeldung unterlassen und zu diesem Zeitpunkt das Bundesgebiet verlassen.

In der Anzeige vom 27. Februar 2009, GZ A1/4839/01/2009, teilte die Polizeiinspektion F H der belangten Behörde mit, dass es der Bw jedenfalls bis zum 26. Februar 2009 unterlassen habe, der Meldebehörde die Aufgabe der Unterkunft mitzuteilen, obwohl er Grund zur Annahme hatte, dass die Unterkunftnehmer ihre Meldepflicht nicht erfüllt haben.   

Nach "Erörterung der aktuellen Sachlage" mit der belangten Behörde sah sich die Meldebehörde Anfang März 2009 veranlasst, von Amts wegen die Abmeldung der beiden Unterkunftnehmer mit 8. Februar 2009 vorzunehmen.

Von der Einleitung eines Strafverfahrens gegen die Unterkunftnehmer hat die belangte Behörde gemäß § 45 Abs. 3 VStG abgesehen.

Ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gegen den Bw erlassen.

3.2. Abgesehen von der apodiktischen Feststellung in der Anzeige vom
27. Februar 2009 lässt sich dem Vorlageakt nicht einmal ansatzweise entnehmen, dass der Bw Grund zur Annahme hatte, dass die beiden Unterkunftnehmer ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen sind. Ob der Bw im Zuge der Anzeigeerstattung mit dem verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf konfrontiert wurde, lässt sich nicht erkennen. Fest steht, dass der Bw keinerlei Stellungnahme abgegeben hat. Da auch kein Ermittlungsverfahren durchgeführt worden ist, kann nicht unter ausschließlicher Bezugnahme auf die Anzeige vom 27. Februar 2009 von einem tatbestandsmäßigen Verhalten ausgegangen werden. So zeigt auch die als "Einspruch" bezeichnete Berufung deutlich auf, dass der Bw selbst zum Zeitpunkt der Rechtsmittelergreifung nicht einmal andeutungsweise erkannt hat, welches Fehlverhalten ihm zur Last gelegt wird. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise auf die Spruchformulierung "... die An/Abmeldung nicht durchgeführt haben." zu verweisen. 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 22 Abs. 2 Z. 5 Meldegesetz 1991 (BGBl. Nr. 9/1992, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 45/2006) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 360 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen, wer als Unterkunftgeber gegen § 8 Abs. 2 verstößt.

 

Hat der Unterkunftgeber Grund zur Annahme, dass für jemanden, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die Meldepflicht bei der Meldebehörde nicht erfüllt wurde, so ist er verpflichtet, dies der Meldebehörde binnen 14 Tagen mitzuteilen, es sei denn, die Meldepflicht hätte ihn selbst getroffen. Von dieser Mitteilung hat der Unterkunftsgeber nach Möglichkeit auch den Meldepflichtigen in Kenntnis zu setzen (§ 8 Abs. 2 Meldegesetz 1991).

 

4.2.1. Gemäß § 44a  Z. 1 VStG hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. (Siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, Seite 969).

 

Ziffer 1 stellt somit klar, dass der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt mit allen rechtserheblichen Merkmalen konkretisiert umschrieben werden muss.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z.1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1996, 1522).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl. u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.2.2. Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird den gesetzlichen Voraussetzungen nicht gerecht. Abgesehen davon, dass sich der nicht alle Tatbestandsmerkmale umfassende Spruch ausschließlich auf die verba legalia beschränkt, wurden dem Bw auf den Tatzeitpunkt bezogen zwei einander ausschließende Verwaltungsübertretungen (argum.: "die An/Abmeldung") vorgeworfen.

 

Da, wie im Folgenden ausgeführt wird, dem Bw die ihm "angelastete Verwaltungsübertretung" auf Grund der Aktenlage auch nicht vorgeworfen werden kann, war eine Spruchverbesserung nicht vorzunehmen.

 

4.3. Wie bereits unter den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargelegt, lässt sich dem vorliegenden Sachverhalt nicht einmal ansatzweise entnehmen, dass der Bw Grund zur Annahme hatte, dass die Meldepflichtigen ihrer Meldepflicht nicht nachgekommen sind. Selbst im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels war der Bw noch der Ansicht, dass die Abmeldung seiner beiden Unterkunftnehmer rechtzeitig am 8. Februar 2009 erfolgt ist.  Die auf einem Formular basierende Anzeige, die mittels "gelieferten Lückentexten" ausgefüllt wurde, gibt im Wesentlichen den Gesetzestext wieder und wurde nicht einmal vollständig auf den Bw angepasst. Wie der Anzeiger zu der Erkenntnis gelangte, dass der Bw Grund zur Annahme hatte, dass "der/die UnterkunftsnehmerIn seine Meldepflicht" nicht erfüllt habe, ist nicht nachvollziehbar. Mangels entsprechender behördlicher Ermittlungen kann dem vorliegenden Sachverhalt daher kein tatbestandsmäßiges und schuldhaftes Verhalten des Bw entnommen werden.     

 

Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Die bescheidmäßige Ermahnung setzt ein Verschulden des Bw voraus. Da dem Bw nicht einmal ein tatbestandsmäßiges Verhalten vorgeworfen werde kann, war die belangte Behörde auch nicht berechtigt, eine Ermahnung auszusprechen.

 

5. Im Ergebnis war daher aus Anlass der vorliegenden Berufung der angefochtene Bescheid  aufzuheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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