Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231041/2/SR/Sta

Linz, 19.05.2009

 

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der A L, geboren am , W, L, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 22. Dezember 2008, GZ S-21.669/08-2 SE, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen weiteren Beitrag in Höhe von 14 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­ver­fahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 22. Dezember 2008, S-21.669/08-2SE, wurde die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben am 26.05.2008, um 03.15 Uhr das von Organen der BPD Linz am 20.05.2008 verhängte Betretungsverbot missachtet, indem Sie in die Wohnung in L, W zurückkehrten.

Übertretene Rechtsvorschrift:       § 38a Abs. 2 SPG

Strafnorm:                                 § 84 Abs. 1 Z. 2 SPG

Verhängte Geldstrafe:                  Euro 70

Ersatzfreiheitsstrafe:                   48 Stunden

Verfahrenskosten:                       Euro 7

Gesamtbetrag:                           Euro 77"

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die der Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zweifelsfrei erwiesen sei. Im Ermittlungsverfahren habe sich die Bw zum verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf nicht geäußert. Es stehe daher fest, dass sich die Bw entgegen dem Betretungsverbot am 26. Mai 2008 in der Wohnung in L, W aufgehalten habe. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden. Mildernd habe sich die bisherige Unbescholtenheit ausgewirkt. Da die Bw die persönlichen Verhältnisse nicht dargelegt habe, sei die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 800 Euro ausgegangen. 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 7. April 2009 zu eigenen Handen zugestellt worden ist, richtet sich die vorliegende und rechtzeitige Berufung (Poststempel vom 8. April 2009).  

 

In der Berufung führte die Bw wie folgt aus.

 

"So Grüß Gott – die Herrschaftn vom der Polizeidirektion Nietzstr.

Ich, L A, möchte möchte, gegen diese 2 Strafbescheide, was sich nu dazu verg. Jahr, abgespielt habn, vehement, eine Berufung einreichn. Nochdazu, für so vabaln, Angelegenheitn mit sovieln, Paragrafescheiß formiertn, komischn Begründung so hohe Beträge, vom 77 Euros + 140 Euros, glaubts ihr leicht dauntn, v. Posten Nietzstr. ich habe, das Geld, von der kargen Frühpension, so leicht, für solche Scheiß zum rausschmeißn, könnts Euch, meine Herrschaften aufd Wand, oder am Buckl aufzeichnen, einstweiln, denn wenn so, Begründungen nodazu vom Mai 2008, dabei sand, ist fast nach, 1 Jahr uninterrsant.

Ich, hoffe, daß, diese Berufung dagegen, eine Wirkung hat, wenn nit, dann, werdn wirs, einen gut Bekanntn, einem ausgeklügltn Rechtsanwalt, vehement, übergebn.

Diese, komische Behauptung die vom 16. Febrar abgesandte Post, oder was der Käse bedeutet, ist versäumt wordn ist mir nichts bekannt."

 

3. Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 legte die Bundespolizeidirektion Linz die Berufung samt dem zugrundeliegenden Verwaltungsakt zur Berufungs­entscheidung vor.  

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.   

   

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem ent­scheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

3.2.1. Am 20. Mai 2008 kam es um ca. 05.40 Uhr zu einem Streit zwischen der Bw und dem Mitbewohner F A. Dabei bedrohte die Bw den Mitbewohner. Bei der Auseinandersetzung hielt die Bw ein Messer in Händen. Im Zuge der Amtshandlung wiesen die einschreitenden Beamten die Bw aus der Wohnung, nahmen ihr den Haustorschlüssel ab und sprachen ihr gegenüber ein Betretungsverbot aus. Als räumlicher Schutzbereich wurde das "Objekt  L, W" bezeichnet.

 

3.2.2. Die örtlich zuständige Sicherheitsbehörde hat am 21. Mai 2008 die gemäß § 38a Abs. 6 SPG vorgesehene Überprüfung vorgenommen und dabei festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anordnung weiterhin bestehen.

 

3.2.3. Auf Grund des Ersuchens des F A wurden am 26. Mai 2008 um 03.05 Uhr Polizeibeamte in seine Wohnung beordert. Dabei stellten die einschreitenden Beamten fest, dass sich die Bw trotz des aufrechten Betretungsverbotes in der Wohnung in  L, W aufhielt.

 

Mit dem verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf konfrontiert gab die Bw zu ihrer Rechtfertigung an, dass sie hier wohne und sich nicht einfach aus der Wohnung schmeißen lasse. Sie werde sowieso wieder kommen. Nach der Verständigung über die Anzeigeerstattung wurde die Bw aus der Wohnung gewiesen. Über Befragen gab der Mitbewohner an, dass sich die Bw bereits seit dem 24. Mai 2008 in der Wohnung befunden habe. 

 

3.2.4. Am 21. Juli 2008 erließ die belangte Behörde gegen die Bw eine Strafverfügung und verhängte über die Bw eine Geldstrafe von 70 Euro.

Innerhalb offener Frist hat die Bw dagegen Einspruch erhoben und folgende handschriftlichen Vermerke auf der ihr übermittelten Strafverfügung vorgenommen:

 

Vorderseite der Strafverfügung: der Spruch samt dem Strafausspruch wurde durchgestrichen und handschriftlich vermerkt:

"Blem – Blem, könnts Euch aufmalen   00000"

 

Rückseite der Strafverfügung:

"So, meene Hr. Inspektoren, von der Nietzstr. Posten,

Indem, man das Recht hat, Einspruch zu erheben, möchtn, wir beide, u. die L A, heißts jetzt, da sie diese scheißdeppertn 70 Euros jetzt, nie bezahlen kann, müßts wartn, bis zum Jahre Schnee oder aufd Deckn aufimalen, denn, so rennt, der Scheiß nit, wies ihr glaubts, Geld fällt, vom Himml nit, runter, bei uns, da, sie hat, andre, weit, wichtigere Zahlungen,

 

3.2.5. Der Bw wurde im Verfahren mehrmals die Möglichkeit zur Mitwirkung eingeräumt, sie hat jedoch davon Abstand genommen und die ihr vorgehaltene Verwaltungsübertretung unwidersprochen gelassen. 

 

3.3. Unstrittig steht fest, dass die Bw während eines aufrechten Betretungsverbotes in die Wohnung in L, W zurückgekehrt ist. Gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten hat die Bw die Verwaltungsübertretung nicht bestritten und angemerkt, dass sie das Betretungsverbot auch weiterhin nicht beachten werde (argum.: "werde sowieso wiederkommen").  

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Wer gemäß § 84 Abs. 1 Z. 2 SPG ein Betretungsverbot nach § 38a Abs. 2 SPG missachtet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 360 Euro zu bestrafen.

 

§ 38a Abs. 1 SPG lautet:

Ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.

 

 

§ 38a Abs. 2 SPG lautet:

Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten eines nach Abs. 1 festzulegenden Bereiches zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Betretungsverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet, ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen. Sofern sich die Notwendigkeit ergibt, dass der Betroffene die Wohnung, deren Betreten ihm untersagt ist, aufsucht, darf er dies nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes tun.

 

4.2.1. Wie unbestritten feststeht, hat die Bw trotz des aufrechten Betretungsverbotes die Wohnung der gefährdeten Person betreten. 

 

Die Bw hat sich somit tatbestandsmäßig verhalten. Rechtfertigungsgründe wurden  weder behauptet noch sind welche im Verfahren hervorgekommen.

 

4.2.2. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bw initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht aus (VwGH 24.5.1989, 89/02/0017, 24.2.1993, 92/03/0011, 20.9.2000, 2000/03/0181; siehe auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 2003,   Seite 1217).

 

Das Verhalten und Vorbringen der Bw zeigt auf, dass ihr das Vorliegen des Betretungsverbotes bewusst, sie jedoch nicht gewillt war, sich daran zu halten. Selbst als ihr die einschreitenden Beamten mitteilten, dass gegen sie die Anzeige erstattet werde, hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie auch weiterhin nicht bereit sei, das Verbot zu beachten und sich rechtskonform zu verhalten. Es ist daher von einem zumindest bedingt vorsätzlichen Verhalten der Bw auszugehen.

 

Die Bw hat somit tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.

 

4.2.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milde­rungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestim­mungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

Da weder dem Vorlageakt noch dem angefochtenen Straferkenntnis Erschwerungsgründe entnommen werden können, ist von einer absoluten Unbescholtenheit in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht auszugehen.

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist die Bw darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat.

 

Wie aus den einzelnen Schriftsätzen (Einspruch und Berufung) zu erkennen ist, zeigt sich die Bw nicht einmal ansatzweise einsichtig. Ohne sich näher mit dem Tatvorwurf auseinanderzusetzen, zieht sie die behördlichen Schritte und Erwägungen ins Lächerliche. Weiters ist ihrem Vorbringen zu entnehmen, dass sie im vorliegenden Fall kein Unrechtsbewusstsein hat und sie davon auszugehen scheint, dass die verhängte Geldstrafe im Hinblick auf ihr geringes Einkommen keinesfalls vollstreckbar ist.     

 

Die Begründung der belangten Behörde in Bezug auf das von ihr festgesetzte Strafausmaß erweist sich als nachvollziehbar und mit den Strafzumessungs­kriterien des § 19 VStG im Einklang stehend. Sowohl aus Gründen der Generalprävention als auch der Spezialprävention bedürfte es einer Bestrafung, um Übertretungen in vergleichbaren Fällen hintan zuhalten.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hält die verhängte Geldstrafe jedenfalls für ausreichend, um die Bw in Hinkunft von einer gleichgelagerten Verwaltungsübertretung abzuhalten.

 

Der zu beurteilende Sachverhalt bot keine Anhaltspunkte für geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen. Da das Tatverhalten der Bw keinesfalls hinter dem typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung  zurückbleibt, war auch die Rechtswohltat des § 21 VStG nicht in Erwägung zu ziehen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Bw gemäß § 64 VStG für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind 14 Euro, zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

 

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