Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252112/2/SR/Sta

Linz, 26.05.2009

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Christian Stierschneider über die gegen die Höhe der verhängten Strafen erhobene Berufung der A S, geboren am , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G G, K, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3. April 2009, GZ. 0005682/2009, betreffend die Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes (ASVG) zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der eingeschränkten Berufung wird das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang aufgehoben und von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

II.              Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 3. April 2009,     GZ 0005682/2009, wurden über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) Geldstrafen von insgesamt 1.460 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 224 Stunden) verhängt, weil sie als Dienstgeberin Herrn K A, geboren am  und Herrn S K, geboren am , am 9. Dezember 2008 auf der Baustelle in A, V NB (Einfamilienhaus, Grundstück Nr. , KG A, Bauwerber B S und die Bw) in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt mit Grabarbeiten entlang der Kellermauer beschäftigt habe, ohne diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Voll- und Teilversicherte), die nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen sind, vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 2/2008 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb sie gemäß § 111 ASVG mit insgesamt 1.460 Euro zu bestrafen gewesen sei.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die der Bw vorgeworfenen Taten auf Grund entsprechender Feststellungen von Organen des Finanzamtes Grieskirchen Wels und der Aktenlage als erwiesen anzusehen und der Bw insoweit zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.     

 

Zur Schuldfrage führte die belangte Behörde aus, dass "die gegenständliche Verwaltungsübertretung" auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen sei. Darauf abstellend hat sie die "Mindeststrafe pro Beschäftigten" verhängt.

  

2. Gegen dieses der Bw am 17. April 2009 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, durch den Vertreter der Bw rechtzeitig bei der belangten Behörde  eingebrachte Berufung gegen die Strafhöhe.

 

Begründend brachte der Rechtsvertreter vor, dass das Straferkenntnis hinsichtlich der Höhe bekämpft werde, da diese nicht tat- und schuldangemessen sei. Im gegenständlichen Fall hätte die belangte Behörde mit einer Ermahnung das Auslangen finden müssen.         

 

3. Mit Schreiben vom 7. Mai 2009 übermittelte das Magistrat Linz den Akt        GZ 0005682/2009 dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären lies, konnte im Übrigen gemäß
§ 51e Abs. 3 Z. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.  

 

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Am 9. Dezember 2008 haben Organe des Finanzamtes G W auf der Baustelle in A, V NB, Bauwerber B und A S, eine Kontrolle nach dem AuslBG und dem ASVG vorgenommen. Im Zuge der Kontrolle wurden u.a. S K und K A bei Grabungsarbeiten entlang der Kellermauer angetroffen. Über Befragen gaben diese an, dass dies der erste Arbeitstag sei und sie seit 09.00 Uhr für B S arbeiten würden. Diese Angaben wurden auch in die Personalblätter eingetragen.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle arbeiteten weitere 5 Personen auf der Baustelle, die bei der Firma S B GmbH,  G, M, beschäftigt sind und Maurerarbeiten am Erdgeschoß des Neubaus durchführten. Der Baustellenleiter der Firma S gab bei der niederschriftlichen Befragung am 9. Dezember 2008 an, dass er S K und K A nicht kenne, diese am 9. Dezember 2008 erstmals auf der Baustelle erschienen seien und ihm vom Ehemann der Bw gesagt worden sei, dass 2 Leute aus seiner Verwandtschaft kommen und die Erde vom Rohbau des Hauses wegschaufeln würden, damit Arbeiter der Firma S den Bitumenanstrich anbringen können.

 

3.2. Unbestritten steht fest, dass S K und K A zum angeführten Zeitpunkt auf der Baustelle Grabungsarbeiten für B S durchgeführt haben und die vom ihm Beschäftigten vor Arbeitsantritt nicht zur Krankenversicherung angemeldet worden sind. Dem gesamten Vorlageakt kann nicht entnommen werden, dass die Bw die angeführten Personen beschäftigt hat. Abgesehen von der Anzeige des Finanzamtes G W vom 2. Februar 2009, FA-GZ. 054/76017/1/2009, wo die Bw als Tatverdächtige bezeichnet wird, tritt sie zu keinem Zeitpunkt als Dienstgeberin in Erscheinung.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs. 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

"Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. §°27 Abs. 1 VStG.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern
beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

4.2. Da die Bw lediglich gegen den Strafausspruch berufen hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Schuldfrage ist dem Oö. Verwaltungssenat daher verwehrt.

 

4.3. Trotz des vorliegenden Sachverhaltes, aus dem eindeutig zu ersehen ist, dass die Bw die ihr angelastete Tat nicht begangen hat, ist im Hinblick auf die Teilrechtskraft des angefochtenen Straferkenntnisses von einem schuldhaften Verhalten auszugehen. 

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milde­rungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestim­mungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann dem Beschuldigen jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Der Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG steht – wie der erkennende Senat bereits ausgesprochen hat (VwSen-251999/2/Gf/Mu/Ga vom 22. Dezember 2008; …)    – § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG nicht entgegen (argumentum: "Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991").

 

Auch wenn auf Grund der Teilrechtskraft des angefochtenen Straferkenntnisses von einem schuldhaften Verhalten der Bw auszugehen ist, kann es aber dem entscheidenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht verwehrt sein, das Verschulden im vorliegenden Fall als äußerst gering zu bewerten.   

Die Bw ist in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht absolut unbescholten, einsichtig und es liegen keine Erschwerungsgründe vor. Wie bei der Kontrolle am
9. Dezember 2008 von Organen des Finanzamtes festgestellt worden ist, wurden die baulichen Tätigkeiten auf der bezeichneten Baustelle – abgesehen von der geplanten zwei- bis dreistündigen Beschäftigung der beiden im Spruch genannten Personen – von ordnungsgemäß angemeldeten Firmenmitarbeitern durchgeführt. Im vorliegenden Fall waren unvorhergesehen kurzfristig unabdingbare Vorleistungen notwendig. Um die vertraglich vereinbarten Arbeiten der beauftragten Firma nicht zu gefährden, hat der Ehemann der Bw, ohne diese in Kenntnis zu setzen, die beiden Personen kurzfristig beschäftigt.    

Auf Grund des geringfügigen Verschuldens sowie der unbedeutenden Folgen des Beschäftigungsverhältnisses ist nach Ansicht des erkennenden Senats die Anwendbarkeit des § 21 VStG geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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