Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164004/6/Zo/Se

Linz, 28.05.2009

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn C E, geb. , V, vom 20.3.2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 20.2.2009, Zl. VerkR96-219-2008, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.4.2009 zu Recht erkannt:

I.     Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 18 Euro zu bezahlen (das sind 20% der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

Zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 16.12.2008 um ca. 11.20 Uhr in Linz auf der Rudigierstraße von der Mozartkreuzung kommend im Bereich der Kreuzung Rudigierstraße/Seilerstätte, als wartepflichtiger Lenker des Pkw mit Kennzeichen  durch Einbiegen auf der Kreuzung als entgegenkommender Linkseinbieger einem geradeaus fahrenden die Fahrtrichtung beibehaltenden Fahrzeug nicht den Vorrang gegeben und dieses dadurch zu unvermitteltem Bremsen genötigt habe. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.5 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenkostenbeitrages in Höhe von 9 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass er sich überzeugt habe, beim Abbiegen kein entgegenkommendes Fahrzeug zu behindern. Die Kolonne am Fahrstreifen des Gegenverkehrs sei zu diesem Zeitpunkt gestanden und eine Lenkerin habe ihm deutlich zu erkennen gegeben, dass sie auf den Vorrang verzichte. Auf der Busspur habe er kein herannahendes Fahrzeug erkennen können. Er habe den Abbiegevorgang eingeleitet und sich überzeugt, dass er keine Fußgänger gefährde. Er habe auch seine Geschwindigkeit entsprechend angepasst.

 

Nach dem Abbiegen sei seine Blickrichtung nicht seitlich, sondern geradeaus in Fahrtrichtung. Daher habe er zum Zeitpunkt des Unfalles bereits in Richtung Einfahrt der Tiefgarage geblickt und das auf der Busspur fahrende Fahrzeug nicht mehr wahrnehmen können.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.4.2009. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen. Die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen Pkw von der Mozartkreuzung kommend auf der Rudigierstraße in Richtung Westen. Er wollte in die Tiefgarage Seilerstätte nach links abbiegen, wobei dies vorerst nicht möglich war, weil auf dem Fahrstreifen für den Gegenverkehr eine Fahrzeugkolonne bis über die Zufahrt zur Tiefgarage zurückreichte. Nachdem die Ampel bei der Mozartkreuzung auf Grünlicht umschaltete, setzte sich diese Fahrzeugkolonne in Bewegung und die Lenkerin eines Passat gab dem Berufungswerber zu erkennen, dass sie auf ihren Vorrang verzichtet. Er leitete daraufhin den Linksabbiegevorgang ein, wobei er nach seinen Angaben auch auf einen allfälligen Verkehr auf dem Busfahrstreifen, welcher sich rechts neben dem Fahrstreifen in Richtung Mozartkreuzung befindet, geachtet hat. Auf diesem Busfahrstreifen konnte er keinen Gegenverkehr wahrnehmen, weshalb er den Abbiegevorgang fortsetzte. Als er bereits mit den Vorderrädern auf dem Gehsteig war, verspürte er plötzlich den Zusammenprall. Ein Fahrzeug des Arbeitersamariterbundes, welches den Busfahrstreifen benutzt hatte, war mit ihm zusammengestoßen, wobei sich der Anstoßpunkt bei seinem Fahrzeug im Wesentlichen im Bereich der B-Säule befunden hat. Dieses Fahrzeug hatte der Berufungswerber beim Beginn seines Linksabbiegevorganges noch nicht gesehen.

 

Entsprechend der im Akt befindlichen Übersicht des im Fahrzeug des Arbeitersamariterbundes eingebautem Unfalldatenspeichers hielt dieses Fahrzeug auf den letzten 80 Metern vor dem Zusammenstoß eine ziemlich konstante Geschwindigkeit von 35-40 km/h ein.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.7 StVO darf der Wartepflichtige durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

Gemäß § 19 Abs.5 StVO haben Fahrzeuge, die ihre Fahrtrichtung beibehalten oder nach rechts einbiegen, sofern sich aus Abs.4 nichts anderes ergibt, den Vorrang gegenüber entgegenkommenden, nach links einbiegenden Fahrzeugen.

 

5.2. Der Berufungswerber bog bei der Zufahrt zur Tiefgarage Seilerstätte nach links ab. Er hatte daher gemäß § 19 Abs.5 StVO Wartepflicht gegenüber dem entgegenkommenden geradeaus fahrenden Fahrzeug des Arbeitersamariterbundes, welches sich auf der Busspur näherte. Der Umstand, dass eine Lenkerin, welche sich auf dem Fahrstreifen für den Gegenverkehr befand, auf ihren Vorrang verzichtete, ändert nichts daran, dass sonstige Fahrzeuglenker, welche dem Berufungswerber auf dem Fahrstreifen für Omnibusse entgegen gekommen sind, weiterhin Vorrang hatten. Ein Fahrzeuglenker kann aus nachvollziehbaren Gründen immer nur auf seinen eigenen Vorrang verzichten, nicht jedoch auf den Vorrang eines anderen Fahrzeuglenkers. Dementsprechend konnte die Lenkerin des Passat nicht auf den Vorrang des Fahrzeuges des Arbeitersamariterbundes verzichten.

 

Der Berufungswerber war daher verpflichtet, trotz des Vorrangverzichtes der Passatlenkerin auf einen möglichen Gegenverkehr auf dem Fahrstreifen für Omnibusse ebenfalls zu achten. Aus der täglichen Verkehrspraxis ist bekannt, dass in derartigen Situationen für den Linksabbieger der aus seiner Sicht zweite Fahrstreifen des Gegenverkehrs nur schwer eingesehen werden kann, weshalb auf diesen besonders Acht gegeben werden muss. Wenn durch die auf dem (aus seiner Sicht) ersten Fahrstreifen stehenden Fahrzeuge die Sicht auf den rechten Fahrstreifen des Gegenverkehrs verdeckt ist, ist es sogar erforderlich, den Linksabbiegevorgang zu unterbrechen und sich so weit nach Vorne zu tasten, bis ausreichende Sicht auch auf den rechten Fahrstreifen des Gegenverkehrs besteht.

 

Der Berufungswerber hat nach seinen eigenen Angaben zwar auf den Verkehr auf dem Busfahrstreifen geachtet, dabei aber das Fahrzeug des Arbeitersamariterbundes nicht gesehen. Wenn man berücksichtigt, dass es sich dabei um einen VW der Type LT, also ein relativ großes Fahrzeug, gehandelt hat, bleibt nur der Schluss übrig, dass der Berufungswerber einen möglichen Gegenverkehr auf der Busspur nur sehr flüchtig – jedenfalls aber nicht ausreichend – beachtet hat. Dieses Fahrzeug näherte sich der Unfallstelle mit einer Geschwindigkeit von 35-40 km/h, also 10-12 Meter pro Sekunde, an, wobei die Geschwindigkeit auf ca. 80 Meter annähernd konstant war. Es ist daher auch ausgeschlossen, dass das Fahrzeug des Arbeitersamariterbundes aus der stehenden Kolonne auf dem „normalen“ Fahrstreifen ausgeschert und auf der Busspur nach vorne gefahren ist. Es muss zumindest in den letzten fünf bis acht Sekunden vor dem Zusammenstoß auf dem Busfahrstreifen gefahren sein. Dort war es wegen des geraden Fahrbahnverlaufes auch leicht wahrnehmbar. Der Berufungswerber war daher diesem Fahrzeug gegenüber wartepflichtig und hat die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Zum Vorbringen des Berufungswerbers, dass das Fahrzeug des Arbeitersamariterbundes den Fahrstreifen für Omnibusse gar nicht hätte befahren dürfen, weil es sich nicht um eine Einsatzfahrt gehandelt hat, ist einerseits darauf hinzuweisen, dass ein Fahrstreifen für Omnibusse gemäß § 53 Z25 StVO unter anderem von Krankentransportfahrzeugen benützt werden darf. Selbst wenn dieses Fahrzeug die Busspur zu unrecht benützt hätte, würde dies an der Beurteilung der Vorrangsituation nichts ändern. Nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird nämlich der Vorrang durch ein vorschriftswidriges Verhalten des Vorrangberechtigten nicht verwirkt (siehe z.B. VwGH vom 22.1.1982, Zl. 81/02/0285).

 

 

 

Bezüglich des Verschuldens des Berufungswerbers ist davon auszugehen, dass er das entgegenkommende Fahrzeug übersehen hat. Ein derartiges Übersehen ist auf Fahrlässigkeit – nämlich in aller Regel auf nicht ausreichende Aufmerksamkeit – zurückzuführen. Für die Strafbarkeit genügt bereits fahrlässiges Verhalten. Es wird dem Berufungswerber keinesfalls vorgeworfen, dass er die gegenständliche Vorrangverletzung vorsätzlich begangen hat, sondern eben nur der Umstand, dass er das entgegenkommende Fahrzeug übersehen hat.

 

Soweit sich der Berufungswerber dagegen verwehrt, dass ihn am gegenständlichen Unfall das Alleinverschulden treffen soll, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Verwaltungsstrafverfahrens ist, die Frage des Verschuldens am gegenständlichen Verkehrsunfall im Detail zu klären. Der Berufungswerber hat eine Vorrangverletzung begangen und damit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung verwirklicht. Ob allenfalls auch der Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges ein Fehlverhalten gesetzt hat, welches ein Mitverschulden am Unfall begründen würde, ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen. Diese Frage wäre allenfalls Gegenstand eines gerichtlichen Schadenersatzprozesses.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO beträgt die gesetzliche Höchststrafe für derartige Übertretungen 726 Euro.

 

Einen wesentlichen Strafmilderungsgrund stellt die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers dar. Auch die bloß fahrlässige Begehung ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Andererseits darf nicht übersehen werden, dass Verstöße gegen die Vorrangsregeln zu den schwerwiegenden Verkehrsdelikten gehören und immer wieder – so auch im gegenständlichen Fall – zu Verkehrsunfällen führen. Es bedarf daher sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen spürbarer Strafen, um sowohl den Berufungswerber selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der Vorrangregeln im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Der Berufungswerber verfügt als Student über kein eigenes Einkommen, sondern lediglich über ein Stipendium im Höhe von 400 Euro. Trotz dieser ungünstigen persönlichen Verhältnisse scheint die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe unter Abwägung aller Umstände durchaus angemessen, der gesetzliche Strafrahmen wird nicht einmal zu 15% ausgeschöpft. Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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