Linz, 04.06.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn B P, M, vertreten durch RAe Dr. F R und Dr. H H, M, vom 24. April 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 14. April 2009, GZ 09/103565, wegen Abweisung des Antrages auf Wiedererteilung der Fahrlehrerberechtigung für die Klassen A und B, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) auf Wiedererteilung der Fahrlehrerberechtigung für die Klassen A und B gemäß §§ 109 Abs.1 lit.b und g, 117 Abs.1 und 116 Abs.2a KFG 1967 abgewiesen.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 22. April 2009.
2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Fahrlehrerberechtigung sei ihm mit Bescheid des Amtes der Oö. Landesregierung (gemeint wohl: des Landeshauptmannes von Oberösterreich) vom 2. Juli 2001, VerkR280.614/13-2001, rechtskräftig entzogen worden, wobei dieser Entzug auf die Anzeige der PI A betreffend eine Fahrt am IKEA-Parkplatz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gestützt worden sei. Ihm sei aufgrund dieser Übertretung die Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit für vier Monate entzogen worden.
Zwischenzeitig sei die Verkehrszuverlässigkeit wiederhergestellt und der Führerschein wieder ausgefolgt worden. Es habe seinerseits keine Alkoholauffälligkeiten mehr gegeben und seien ihm keine Verkehrsdelikte vorgeworfen worden. Das ggst Alkoholdelikt stehe in auffallendem Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten und sei als singuläres Fehlverhalten zu interpretieren. Es liege keine Alkoholproblematik vor und eine daraus resultierende Gefährdung könne ausgeschlossen werden. Die Frage der Vertrauenswürdigkeit sei in Relation zu seiner Berufsausübungsfreiheit zu setzen. Das Lenken in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sei außerhalb der Fahrlehrertätigkeit geschehen. Die Vertrauenswürdigkeit sei durch die Einmaligkeit des Vorfalls, die inzwischen vergangene Zeit und sein Wohlverhalten wieder gegeben, sodass "im Hinblick auf die zu berücksichtigende Berufsausübungsfreiheit von Vertrauenswürdigkeit auszugehen" sei. Weitere vertrauensschaffende Maßnahmen könne er nicht ergreifen und jede weitere Verweigerung der Erteilung der Fahrlehrerberechtigung wäre Willkür. Beantragt wird, dem Antrag, in eventu nach Verfahrensergänzung, stattzugeben, in eventu Rückverweisung an die Erstinstanz.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie weitere Erhebungen.
Demnach hat der Bw am 12. Dezember 2007, 0.35 Uhr, den Pkw in Ansfelden, IKEA-Parkplatz, ca 50 m in Richtung Ausfahrt gelenkt, obwohl sein AAG 0,80 mg/l betragen habe. Ihm wurde die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für vier Monate entzogen und ein Lenkverbot gemäß § 32 FSG ausgesprochen. Der Bw hat eine Nachschulung absolviert und nach anfänglicher gesundheitlicher Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 wurde im März 2009 die Lenkberechtigung wieder ausgedehnt.
Die Erstinstanz begründete ihre Entscheidung vom 14. April 2009, den Antrag auf Wiedererteilung der Fahrlehrerberechtigung abzuweisen, damit, Vertrauenswürdigkeit sei nicht mit Verkehrszuverlässigkeit und gesundheitlicher Eignung gleichzusetzen, sondern gehe darüber hinaus. Auf bestimmte Berufsgruppen im Straßenverkehr, wie zB Fahr(schul)lehrer oder Taxilenker, müsse man sich besonders "verlassen" können, weil ihnen Fahrschüler bzw Fahrgäste anvertraut seien und daher ein besonderes öffentliches Interesse darin bestehe, dass Ausbildungs- bzw Fahrpersonal die Verkehrsvorschriften strikt einhalte. Die seit 12.12.2007 vergangene Zeit sei für die Wiedererlangung der Vertrauenswürdigkeit des Bw noch nicht hinreichend.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 117 Abs.1 KFG 1967darf die Berechtigung, als Fahrlehrer an einer Fahrschule praktischen Fahrunterricht zu erteilen, nur Personen erteilt werden, die die im § 109 Abs.1 lit.b und g angeführten Voraussetzungen erfüllen.
Gemäß § 109 Abs.1 KFG 1967 darf eine Berechtigung nur Personen erteilt werden, die ... lit.b vertrauenswürdig sind und ... lit.g ua nicht wegen schwerer Verstöße gegen kraftfahrrechtliche oder straßenpolizeiliche Vorschriften bestraft worden sind.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl E 28.9.1993, 93/11/0101, betreffend Entziehung der Fahrlehrerberechtigung bei Bestrafung gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960) ist die Vertrauenswürdigkeit mit der Begehung eines Alkoholdeliktes nicht mehr gegeben, zumal diese zu den schwerwiegendsten Übertretungen im Straßenverkehr zählen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Alkoholdelikt im Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand oder in der Verweigerung einer Atemluftprobe liegt, weil in Ansehung der charakterlichen Einstellung zu den von der StVO 1960 geschätzten Werten für alle Übertretungen gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 dasselbe gelten muss. Dass der Beschwerdeführer bis zur Begehung des in Rede stehenden Deliktes in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht völlig unauffällig blieb, ist unerheblich, weil bereits eine einzige Straftat die bis dahin bestandene Vertrauenswürdigkeit in Wegfall bringen kann. Das hat bei Alkoholdelikten in Ansehung höherer Anforderungen an die Vertrauenswürdigkeit als an die Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des § 7 FSG, die bei Begehung eines Alkoholdeliktes ebenfalls nicht mehr gegeben ist, jedenfalls zu gelten. Es kann auch nicht zugunsten des Beschwerdeführers ins Gewicht fallen, dass er das Alkoholdelikt nicht in Ausübung seines Fahrlehrerberufes begangen hat, weil sich die Vertrauenswürdigkeit auch durch Verhaltensweisen im privaten Lebensbereich zu erweisen hat. Dass berufliche und damit existentielle Belange des Fahrlehrers schwerwiegend beeinträchtigt werden, wenn ihm die erforderliche Berechtigung entzogen wird, hat ebenfalls außer Betracht zu bleiben. Hält man sich aber vor Augen, dass (im do Anlassfall) eine Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers gemäß KFG 1967 nur für vier Wochen in Betracht gekommen ist, ist die Annahme der Vertrauensunwürdigkeit für ca 1,5 Jahre, in denen nach der Aktenlage nichts gegen ihn Sprechendes vorgefallen ist, unangemessen.
Der VwGH hat im Erkenntnis vom 17. Februar 1999, 98/03/0178, im Zusammenhang mit der Abweisung des Antrages auf (Neu-)Ausstellung eines Taxilenkerausweises gemäß § 6 Abs.1 Z3 der Betriebsordnung für den nicht linienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) nach rechtskräftiger Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 – was einen BAG von 1,6 %0 bzw einen AAG von 0,8 mg/l indiziert – ausgesprochen, dass seit der Begehung des Alkoholdeliktes erst ein Zeitraum von rund acht Monaten verstrichen war, sodass im Hinblick auf die Kürze der seit der Tat verstrichenen Zeit auch ein allfälliges Wohlverhalten noch nicht so ins Gewicht fällt, dass die Annahme der Wiedererlangung der Vertrauenswürdigkeit gerechtfertigt gewesen wäre.
Der Bw hat ein Kraftfahrzeug mit 0,80 mg/l AAG (oder umgerechnet 1,6 %o BAG) gelenkt, was seine Verkehrsunzuverlässigkeit gemäß § 7 FSG und damit die Entziehung der Lenkberechtigung für eine gesetzlich angeordnete Mindestdauer von vier Monaten nach sich gezogen hat.
Die Alkohol-Fahrt des Bw erfolgte am 12. Dezember 2007, dh vor nunmehr 18 Monaten, sodass aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit davon auszugehen ist, dass nichts gegen die Annahme spricht, dass beim Bw, der mittlerweile auch die Verkehrszuverlässigkeit und die gesundheitliche Eignung für Gruppe 2 wiedererlangt hat und gegen den keine weiteren Verfahren anhängig sind und keine sonstigen Vormerkungen aufscheinen, auch die Vertrauenswürdigkeit wieder besteht. Insbesondere sollte dem Bw nun sein Verhalten aus dem Jahr 2007 samt der daraus gewonnenen Lebenserfahrung in einem anderen Licht bewusst geworden sein, nämlich nicht nur in Form einer möglichen "praxisnahen" Vermittlung der unausweichlichen Konsequenzen eines derartigen Alkoholdeliktes als Lenker eines Kraftfahrzeuges aufgrund eigener Erfahrung sondern vor allem in Verbindung mit realen finanziellen Konsequenzen, die über die Bezahlung einer bloßen Verwaltungsstrafe hinausgehen und sein zukünftiges Wohlverhalten zu unterstützen geeignet sind.
Zu erwähnen bleibt aber, dass aus der Sicht des UVS die vom Bw angeführte "Berufsausübungsfreiheit" absolut kein Argument für die Wiedererteilung nach einem derartigen Alkoholdelikt sein kann, weil auszubildende junge Menschen einen besonderen Schutz genießen, sodass das damit verbundene öffentliche Interesse in jedem Fall Vorrang gegenüber einer nebulosen "Berufsausübungsfreiheit", die sich sicher nicht auf eine Lehr- und damit Vorbildfunktion beziehen kann, haben muss.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Fahrlehrerberechtigung schon 19 Monate nach Alkoholdelikt gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO wiedererteilt.