Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150711/13/Lg/Hu

Linz, 02.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 14. April 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des K H, L, G, D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 1. September 2008, Zl. BauR96-241-2008, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Die Ersatzfreiheitsstrafe wird jedoch auf 34 Stunden herabgesetzt.

II.              Ein Beitrag zu den Kosten vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
120 Stunden verhängt, weil er mit dem Kfz mit dem Kennzeichen am
14. Mai 2008 um 11.00 Uhr die mautpflichtige A8 bei km 75.150, Gemeinde Suben, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert worden sei.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass eine ausreichende Begründung seinen Schreiben vom 2. und 22. August 2008 (in Kopie der Berufung beigelegt) zu entnehmen sei und er drei Zeugen habe, welche beweisen können, dass er seit Jahren die Mautgesetze respektiere und immer eine Jahresvignette ordnungsgemäß am Fahrzeug angebracht habe. Als Beweisgrund habe der Bw bis heute die Windschutzscheibe nicht erneuern lassen. Beantragt wurde die Einstellung des Verfahrens, da Mautprellerei nie seine Absicht gewesen sei und er auch eine gültige Jahresvignette besessen habe.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 20. Mai 2008 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz die Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert worden sei. Als Zusatz zur Anzeige wurde angegeben: "Lenker hatte die Vignette JV2008 mit Tixo angebracht! Bevor ich ein Foto machen konnte, entfernte der Lenker das  Tixo und klebte die JV2008 original! Meine Kollegin () sah es auch, dass die Vignette mit Tixo angebracht war!".

 

Nach Strafverfügung vom 23. Mai 2008 rechtfertigte sich der Bw dahingehend, dass er zur fraglichen Zeit mit dem gegenständlichen Fahrzeug unterwegs gewesen sei. Aus den beigelegten Bildern sei  zu ersehen, dass die Mautvignette jährlich gekauft und ordnungsgemäß angebracht worden seien. Da die Mautvignette am 21.12.2007 für das Jahr 2008 gekauft (Kopie der Quittung sowie Kopie der Jahreskarten-Gutschrift für Tunnel Nutzungsentgelt 2008 mit der Nummer 462892385786) und angebracht worden sei, seien keine Rechtsvorschriften verletzt worden. Die Gutschrift für die Tunnelkarte läge noch deswegen vor, da die alte Tunnel-Jahreskarte noch bis September 2008 ihre Gültigkeit habe und erst dann die Gutschrift eingelöst würde. Das gegenständliche Fahrzeug gehöre seiner Bekannten, Frau M P, welche öfters nach S fahre, weswegen sie auch immer eine Jahresvignette kaufe.

 

Mit Schreiben der Erstbehörde vom 12. August 2008 wurde dem Bw mitgeteilt, dass die Bestrafung nicht erfolgt sei, weil die gültige Vignette nicht an der richtigen Stelle angebracht gewesen sei, sondern die Vignette vor der Kontrolle mit Tixo und nicht wie vorgeschrieben mit dem originären Vignettenkleber befestigt worden sei. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung des Lenkers gehe dahin, dass nach dem Kauf der Vignette diese mit dem originären Kleber (Abzug der Folie) an der Windschutzscheibe anzubringen gewesen wäre, um eine missbräuchliche Verwendung hintan zu halten. Sei eine Vignette korrekt angebracht, könne diese ohne Beschädigung der Sicherheitsmerkmale nicht abgelöst werden. Der Tatbestand der Mautprellerei sei bereits dann erfüllt, sofern die Vignette nicht entsprechend der Mautordnung gemäß angebracht sei.

 

Dazu brachte der Bw mit Schreiben vom 22. August 2008 vor, dass er versucht habe, der Beamtin zu erklären, dass die Windschutzscheibe defekt sei und er nur aus diesem Grund die Plakette nicht komplett fest angebracht habe. Ein Bekannter des Bw habe sich die Windschutzscheibe erneuern lassen und die Vignette nicht ersetzt bekommen, auch ein Kunde an der Mautstelle in Salzburg habe nach der Erneuerung der Windschutzscheibe eine neue Vignette kaufen müssen. Dies habe er vermeiden wollen und nur deshalb die Vignette nicht komplett fest angebracht. Diesen Sachverhalt habe er der Beamtin erklären wollen, doch diese habe ihn nicht zu Wort kommen lassen und dies können drei Zeugen bestätigen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, er habe die Vignette mit Tixo befestigt und zwar deutlich sichtbar, mithin ohne Täuschungsabsicht. Der Grund dafür sei in einem bevorstehenden, sich aber verzögernden Windschutzscheibenwechsel gelegen, wobei der Bw die Möglichkeit der Erlangung einer Ersatzvignette gekannt habe, er diesen Weg aber wegen der Kompliziertheit des Verfahrens (er wohne in Slowenien) nicht gegangen sei.

 

Die Zeugin M P, Eigentümerin des gegenständlichen Kfz, bestätigte, dass der Bw im Jänner die Vignette gekauft habe, er aber schon damals wegen der kaputten Windschutzscheibe, die Vignette "nicht ganz" angebracht habe. Der Zeitraum zwischen Jänner und Mai (Tattag) erkläre sich durch Lieferverzögerungen der Windschutzscheibe. Der Bw habe das gegenständliche Fahrzeug für Fahrten zwischen D und S nur dann benutzt, wenn er wegen eines Transports ein größeres Auto benötigt habe.

 

Der Bw beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass er in Bezug auf den Windschutzscheibenwechsel und das vorläufige Anbringen der Vignette nicht gewusst habe, dass er etwas falsch mache. Außerdem habe er sich bisher immer korrekt verhalten und verspreche dies auch in Zukunft zu tun.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt, dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen).  

 

Gemäß Punkt 8 der Mautordnung stellt jenen Fällen, in denen die Ungültigkeit bzw. Zerstörung der Vignette durch Umstände erfolgte, die im Verantwortungsbereich des Vignettenproduzenten liegen, die ASFINAG Maut Service GmbH bzw. deren Bevollmächtigte kostenlos eine Ersatzvignette aus. Dies gilt auch für den Fall, dass die Windschutzscheibe, auf der die Jahresvignette angebracht ist, zerstört und erneuert wird, sofern kein Anspruch gegenüber Dritten gegeben ist. Bei Inanspruchnahme sind nachfolgende Nachweise vorzulegen:

-         Kopie der Reparaturrechnung der Werkstatt für die ersetzte Windschutzscheibe (bei Firmenfahrzeugen ist auch der Fahrzeuglenker anzuführen),

-         abgelöste Vignette samt unterem Vignettenabschnitt (Quittungsallonge), sowie

-         Formular für Vignettenersatz (ausgefüllt und unterschrieben, bei Firmen mit Stampiglie).

Wird ein Kraftfahrzeug, auf dem eine Jahresvignette angebracht ist, infolge eines Unfalls oder infolge höherer Gewalt derart beschädigt, sodass eine Teilnahme am Straßenverkehr mit diesem Kraftfahrzeug nicht mehr möglich ist (technischer Totalschaden), ist der Jahresvignettenbesitzer berechtigt, bei der ASFINAG Maut Service GmbH kostenlos eine Ersatzvignette zu beantragen, sofern kein Anspruch gegenüber Dritten besteht. Bei Inanspruchnahme sind nachfolgende Nachweise vorzulegen:

-         abgelöste Jahresvignette bzw. ausreichend vorhandene Vignettenteile samt unterem Abschnitt (Quittungsallonge bzw. Trägerfolie),

-         Bestätigung einer Werkstatt, eines Verschrottungsunternehmens samt Verschrottungsbestätigung oder eines Automobilclubs, dass ein technischer Totalschaden des Kraftfahrzeuges vorliegt,

-         Abmeldebestätigung des Kfz-Zulassungsstelle, sowie

-         kurze Stellungnahme zum Sachverhalt.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Die Mautaufsichtsorgane sind ermächtigt, anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 mündlich den Lenker zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Die Organe der Straßenaufsicht sind ermächtigt,
anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 Abs. 1 den Lenker mündlich zur Zahlung  einer  Ersatzmaut  aufzufordern.  Der Aufforderung

wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

5.2. Der Bw bestreitet nicht, dass die Vignette mit Tixo (d.h. ohne Ablösen der Trägerfolie), also nicht ordnungsgemäß befestigt war. Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersicht sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend wird insbesondere die eventuelle Rechtsunkenntnis des Bw, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch für ausländische Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten; dies gilt auch speziell im Zusammenhang mit dem BStFG (vgl. u.a. VwGH 97/06/0224 v. 18.12.1997). Der Bw hätte sich daher – vor Benützung der mautpflichtigen Strecken – über das Bestehen der Mautpflicht und die ordnungsgemäße Anbringung der Vignette zweckentsprechend informieren müssen. Dass er dies nicht tat, begründet Fahrlässigkeit.

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Mildernd wirken lediglich die (bei ausländischen Lenkern häufig gegebene) Unbescholtenheit und das (in Anbetracht der Beweislage wenig ins Gewicht fallende) Tatsachengeständnis. Die Rechtsunkenntnis des Bw beruht auf Fahrlässigkeit und kommt einem Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungs­grund nicht gleich. Auch das Wohlverhalten nach der Tat fällt nicht ins Gewicht. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind daher nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, musste dem Bw doch nicht nur die korrekte Anbringungsweise der Vignette an sich bekannt sein, sondern auch die Unzulässigkeit einer "provisorischen" Anbringung auf andere Weise auch im Fall eines Windschutzscheibenwechsels, zumal er um die Möglichkeit der Erlangung einer Ersatzvignette wusste und zwischen dem Kauf der Vignette und der gegenständlichen Betretung ein Zeitraum von mehreren Monaten lag. Der bloße Mangel einer Täuschungsabsicht ändert daran nichts. Die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe erspart dem Bw die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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