Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164061/11/Sch/Ka

Linz, 03.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn M H, geb., K, N, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. G W, A, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.3.2009, Zl. VerkR96-12652-2006, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29.5.2009, zu Recht erkannt.

 

I.                   Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Im Übrigen (Faktum 2.) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und einer Ermahnung erteilt wird.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 45 Abs.1 Z3 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Straferkenntnis vom 13.3.2009, Zl. VerkR96-12652-2006, über Herrn M H, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. G W, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 4 Abs.2 erster Satz StVO 1960 und 2.) § 4 Abs.2 2. Satz StVO 1960 Geldstrafen von 1.) und 2.) jeweils 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) und 2.) jeweils 39 Stunden verhängt, weil er am 25.6.2006 um 18.15 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kz.: es in Gmunden, Kreisverkehr nächst E, B,

1.) unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und bei dem Personen verletzt worden seien, unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen, und

2.) unterlassen habe, nach dem erwähnten Verkehrsunfall die nächste Polizeidienststellen sofort zu verständigen.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von  insgesamt 20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3.  Eingangs ist festzuhalten, dass das erstbehördliche Verwaltungsstrafverfahren ganz offensichtlich eine überlange Dauer genommen hat. Der hier relevante Verkehrsunfall hat sich immerhin bereits am 25.6.2006 ereignet.

 

Die Erstbehörde hat nach Beeinspruchung der ursprünglich ergangenen Strafverfügung vom 24.10.2006 noch Verfahrensschritte gesetzt, nach Einlangen der Stellungnahme des Rechtsvertreters des Berufungswerber im Rahmen der Wahrung des Rechtes auf Parteiengehör vom 2.3.2007 allerdings nichts mehr unternommen. Das gegenständliche Straferkenntnis ist erst mit 13.3.2009 datiert, der Verfahrensakt hat also etwa zwei Jahre bei der Erstbehörde "geruht".

 

Der Akt ist am 8.4.2009 bei der Berufungsbehörde zur Entscheidung über die rechtzeitig eingebrachte Berufung eingelangt und wurde in der Folge für 29.5.2009 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt. Dieser Termin kam dem Berufungswerber insofern ungelegen, als er bereits eine Urlaubsreise gebucht hatte. Aufgrund der überlangen Verfahrensdauer bei der Erstbehörde und der damit anstehenden Strafbarkeitsverjährung konnte dem Vertagungsgesuch des Berufungswerbers vom 6.5.2009 keine Folge gegeben werden und war ihm deshalb eine Teilnahme an der Berufungsverhandlung faktisch verwehrt.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat sich zu der in Gmunden stattgefundenen Berufungsverhandlung entschuldigt.

 

Anlässlich dieser Verhandlung wurde der entscheidungsrelevante Sachverhalt eingehend erörtert. Der zeugenschaftlich einvernommene zweitbeteiligte Fahrzeuglenker konnte sich hiebei im Wesentlichen noch an die Vorgänge erinnern. Demnach ist er als Lenker eines Motorfahrrades – am Sozius befand sich ebenfalls eine Person – wegen eines von seitlich hinten erfolgten Anstoßes durch den PKW des Berufungswerbers in dem erwähnten Kreisverkehr zu Sturz gekommen. Hiebei zogen sich beide Motorfahrradbenützer Verletzungen in Form von Hautabschürfungen zu.

 

Unbestritten ist, dass sich der Berufungswerber nach dem Unfall um die beiden gekümmert hat, es kam auch zum Identitätsnachweis der Unfallbeteiligten.

 

Zu Faktum 1.) des Straferkenntnisses ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass ohne Zweifel bei dem Verkehrsunfall Personen verletzt wurden. Allerdings hat das Ermittlungsverfahren angesichts der gegebenen Verletzungen nicht zweifelsfrei ergeben, dass es im Sinne des § 4 Abs.2 2. Halbsatz StVO 1960 für den Berufungswerber geboten gewesen wäre, unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Diese Verpflichtung besteht nämlich subsidiär nur dann, wenn die Hilfeleistungspflichtigen, also in diesem Fall der Berufungswerber, nicht zur Hilfeleistung fähig gewesen wären. Der bei der Berufungsverhandlung einvernommene Zweitbeteiligte hat diesbezüglich ausgesagt, dass er seine Hautabschürfungen durchaus durch Hilfeleistung seitens des Berufungswerbers, etwa durch Verbinden der Wunden, für versorgbar gehalten hat. Er hat letztlich deshalb das Krankenhaus aufgesucht, weil er – auf Ratschlag seiner von ihm an die Unfallstelle gerufenen Eltern – eine professionelle Begutachtung der Hautabschürfungen für zweckmäßig erachtet hat, um spätere Komplikationen hintanzuhalten.

 

Das von der Berufungsbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren hat daher den von der Erstbehörde erhobenen Tatvorwurf nicht stützen können.

 

Hinsichtlich Faktum 2.) des Straferkenntnisses ist auszuführen, dass diese Übertretung seitens des Berufungswerbers zweifelsfrei gesetzt wurde. Der Motorfahrradlenker und sein Beifahrer hatten augenscheinlich Schürfwunden erlitten, die der Berufungswerber aufgrund der sommerlichen Kleidung der Beiden ohne Weiteres wahrnehmen konnte. Dieser Umstand ist aber ohnehin unbestritten. Damit hätte für ihn die Meldepflicht bei der nächstgelegenen Polizeidienststellen bestanden und hätte er sich nicht mit einem Identitätsnachweis, wie er bei Verkehrsunfällen mit bloßen Sachschaden grundsätzlich ausreicht, begnügen dürfen.

 

Andererseits ist dem Berufungswerber aber zugute zu halten, dass auch seitens der anderen Unfallbeteiligten kein Interesse an einer Unfallsmeldung, wie sie im Gesetz vorgesehen ist und naturgemäß nicht zur Disposition der Beteiligten steht, vorgelegen ist. Er konnte also davon ausgehen, dass eine Unterlassung der Meldung nicht gegen deren Interessen verstoßen würde, offenkundig war der erhebliche Sachverhalt ohnedies klar und der Berufungswerber auch zum Schadenersatz im Wege seiner Haftpflichtversicherung bereit (inzwischen ist es dazu, wie die Berufungsverhandlung ebenfalls ergeben hat, schon längst gekommen). Auch kann gegenständlich keinesfalls von einer "Fahrerflucht" im eigentlichen Sinn die Rede sein, immerhin verblieb der Berufungswerber am Unfallort und war auch entsprechend kooperativ.

 

Schließlich ist seit dem Verkehrsunfall geraume Zeit verstrichen, sodass es nach Ansicht der Berufungsbehörde insbesondere aus spezialpräventiver Sicht heraus nicht mehr geboten ist, noch mit einer Verwaltungsstrafe vorzugehen.

 

Der hier zu beurteilende Sachverhalt kann unter die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG – geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Tat – subsumiert werden, sodass bei der Berufungsentscheidung entsprechend vorzugehen war.

 

Der Ausspruch einer Ermahnung erschien aber doch geboten, um den Berufungswerber darauf hinzuweisen, dass bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden, unabhängig vom Willen der Beteiligten, jedenfalls neben der Hilfeleistungssicht auch eine Meldepflicht bei der nächstgelegenen Polizeidienststelle besteht.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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