Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251633/18/Lg/Ba

Linz, 25.05.2009

 

 

E R K E N N T N I S

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des R D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. F G, Dr. S S, Dr. M  P, W, E, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 1. Oktober 2007, Zl. BZ-Pol-76052-2007, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2008 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber zwei Geldstrafen in Höhe von je 500 Euro bzw. zwei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 17 Stunden verhängt, weil er am 2.7.2007 die türkischen Staatsangehörigen B M und Y M auf der Baustelle R., Gst.Nr., W, beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papier vorgelegen wären.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 26.7.2007, die Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 4.9.2007 sowie auf eine Stellungnahme des Finanzamtes G W vom 20.9.2007.

 

Die Tat sei auf Grund des angeführten Sachverhaltes (Angaben in der Anzeige des Finanzamtes G W) als erwiesen anzusehen und sei vom Beschuldigten auch nicht geleugnet worden. Die Tat sei auch verschuldet, da dem Beschuldigten die Pflicht getroffen hätte, sich mit den auf dem Gebiete seines Berufes erlassenen Vorschriften laufend vertraut zu machen.

 

Hinsichtlich der Strafhöhe wird zur Anwendung des § 20 VStG angeführt, strafmildernd sei die Unbescholtenheit des Berufungswerbers, Straferschwerungsgründe lägen nicht vor.

 

2. In der Berufung wird dagegen im Wesentlichen vorgebracht, die beiden gegenständlichen Ausländer hätten unentgeltliche Gefälligkeitsdienste geleistet. Näherhin wird ausgeführt, der Berufungswerber sei Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft und errichte darauf zusammen mit seiner Tochter und seinem Schwiegersohn seit dem Frühjahr 2007 ein Zweifamiliewohnhaus, und zwar vorwiegend in Eigenregie. Es würden Arbeiten von Mitgliedern des Familienbereiches erbracht. Es hätten auch Personen, mit denen seit längerer Zeit enge familiäre und freundschaftliche Beziehungen bestehen, fallweise, und zwar üblicherweise immer nur für wenige Stunden, geholfen. Dies ausschließlich als Gefälligkeit und unentgeltlich. In dieser Form hätten auch die beiden gegenständlichen Ausländer am 2.7.2007 kurzfristig mitgeholfen. Zwischen diesen und der Familie des Berufungswerbers, insbesondere der Tochter und dem Schwiegersohn, aber auch mit dem Berufungswerber, bestehe seit längerem eine enge familiäre und freundschaftliche Beziehung. Beide Ausländer hätten ohnedies nur jeweils wenige Stunden gefälligkeitshalber, d.h. freiwillig und vereinbarungsgemäß unentgeltlich mitgeholfen. Diese Personen hätten auch keinerlei Verpflichtungen getroffen und seien seitens des Berufungswerbers auch keinerlei Weisungen erteilt worden. Dazu wäre der Berufungswerber nicht berechtigt gewesen. Mithin sei keinerlei Beschäftigungsverhältnis begründet worden.

 

All dies habe der Berufungswerber bereits in seiner Rechtfertigung vom 27.8.2007 vorgebracht.

 

Aus den Personenblättern der beiden Ausländer seien keine gegenteiligen Beweisergebnisse ableitbar. Wenn die der deutschen Sprache nicht mächtigen Ausländer den Berufungswerber als Chef bezeichnet hätten, so habe dies nichts mit einem Dienstverhältnis oder sonst einer Über- und Unterordnung zu tun.

 

Was die Bezugnahme des angefochtenen Straferkenntnisses auf § 28 Abs.7 AuslBG betreffe, so sei festzuhalten, dass die gegenständlichen Arbeiten nicht im Rahmen eines Unternehmens geleistet worden seien.

 

Es wird auch darauf hingewiesen, dass der Berufungswerber bloß Angestellter sei und es nicht seinen Beruf darstelle, ein privates Eigenheim zu errichten.

 

Alternativ wird vorgebracht, der Berufungswerber sei in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befangen gewesen, wobei der Rechtsirrtum zumindest als Milderungsgrund zu werten sei.

 

Mit der Wendung "bis zur Kontrolle" habe das angefochtene Straferkenntnis die Taten in zeitlicher Hinsicht ungenau umschrieben, sodass der Berufungswerber der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt sei.

  

3. Zur Berufung nahm die belangte Behörde dahingehend Stellung, die Anwesenheit der beiden Ausländer auf der Baustelle sei auf Grund der ausgefüllten Personenblätter und der Fotos erwiesen. B M sei amtsbekannt. Die Behauptung der freundschaftlichen und familiären Beziehung zwischen dem Beschuldigten und den Ausländern sei nicht zuletzt aus diesem Grunde als Schutzbehauptung zu werten. Was das Strafausmaß betreffe, so sei ohnehin § 21 VStG angewendet worden.

 

4. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt der Strafantrag des Finanzamtes G W vom 26.7.2007 bei. Demnach seien bei einer Kontrolle die beiden Ausländer im Obergeschoss mit dem Errichten einer Ziegelmauer beschäftigt gewesen. Sie hätten in den Personenblättern den Berufungswerber als Chef angegeben.

 

Dem Strafantrag liegen die Personenblätter bei. Y M gab an als "moura" für die Firma "R D" zu arbeiten. Er sei seit "houte-9" beschäftigt. Die Felder "Lohn" und "Essen/Trinken" sind durchgestrichen. Als Chef ist "R D" angegeben.

 

B M gab im Personenblatt an, er sei "seit.8.uhr" als "Helfin" beschäftigt. Das Feld "Über Lohn nicht gesprochen" ist angekreuzt. Im Feld "Tägliche Arbeitszeit" ist angegeben: "houte 5-sutunte Arbet one gelt". Als Chef ist angegeben "R".

 

Weiters liegen der Anzeige diverse Fotos bei.

 

Im Schreiben vom 27.8.2007 rechtfertigte sich der Berufungswerber im Wesentlichen wie in der Berufung. Er beantragte die zeugenschaftliche Einvernahme der beiden Ausländer sowie von T Ö.

 

Im Schreiben vom 20.9.2007 stimmte das Finanzamt G W dem Vorschlag der Anwendung des § 20 VStG wegen der Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Berufungswerber dar, er baue mit seinem Schwiegersohn Ö T das gegenständliche Zweifamilienhaus. Dabei würden ihnen zahlreiche Freunde und Bekannte helfen. Diese würden ständig wechseln, der Bau schreite nicht rasch voran. Die beiden gegenständlichen Ausländer hätten am Kontrolltag das erste Mal auf der Baustelle geholfen. Sie hätten ihre Mithilfe spontan angeboten. Y M kenne der Berufungswerber schon seit 17 oder 18 Jahren. Seit zwei Jahren sei Y wieder in Österreich, da habe ihm der Berufungswerber vielfach geholfen. B M's Schwiegervater kenne er seit 30 Jahren. Ihm habe der Berufungswerber bei der Ausrichtung der Hochzeit und auch sonst geholfen. In beiden Fällen handle es sich um bekannte Familien. Es sei von vornherein klar gewesen, dass die Ausländer keine Entlohnung bekommen würden, sie hätten auch keine erwartet. Essen habe es auf der Baustelle nicht gegeben.

 

Ö T sagte aus, B M könne man als Freund des Berufungswerbers bezeichnen. Bei Y M sei er auf der Hochzeit gewesen. Die beiden Ausländer seien ohne Entlohnungserwartung auf die Baustelle gekommen. Sie hätten "vorbei geschaut" und sich spontan dazu entschlossen, ein wenig mitzuhelfen. Der Zeuge wisse dies wegen der bestehenden Freundschaft. Die Ausländer hätten nur am Kontrolltag mitgearbeitet. Eine Dauer der Mitarbeit sei nicht vereinbart gewesen, weil die Mitarbeit von vornherein nicht vereinbart gewesen sei.

 

B M sagte aus, er habe seinen Freund T auf der Baustelle besuchen wollen. Aufgrund dieser Freundschaft habe er sich entschlossen, selbst zuzulangen. Er habe im Endeffekt auch dem Berufungswerber geholfen, den er ja auch kenne. Er habe nicht vorgehabt, länger als zwei bis drei Stunden zu arbeiten. Er habe keine Bezahlung dafür erwartet. Auf der Baustelle habe es Cola gegeben, das der Zeuge jedoch nicht konsumiert habe. Hinsichtlich des Vorhandenseins von Essen auf der Baustelle habe der Zeuge lediglich eine positive Vermutung.

 

Der Ausländer Y konnte mangels bekannten Aufenthalts nicht geladen werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Strittig ist, ob im gegenständlichen Fall von einem unentgeltlichen Freundschaftsdienst ausgegangen werden kann. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind dafür erforderlich: Ein persönliches Nahever­hältnis (spezifische Bindungen), Kurzfristigkeit der Tätigkeit, Freiwilligkeit der Tätigkeit und Unentgelt­lichkeit.

 

Das Vorliegen eines persönlichen Naheverhältnisses ist aufgrund der Zeugenaussagen im Zweifel zu bejahen. Kurzfristigkeit ist schon aufgrund der Kürze des im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Tatzeitraums gegeben. Ansatzpunkte, dass die Mithilfe nicht freiwillig geschehen sein sollte, sind nicht hervorgekommen. Entgeltlichkeit war nicht vereinbart. Im Hinblick auf § 1152 ABGB ist – ebenfalls entsprechend den Behauptungen des Berufungswerbers und den Zeugenaussagen (vgl. auch die Eintragung von B M im Personenblatt: "one gelt"; bei Y M ist "Lohn" durchgestrichen) – anzunehmen, dass übereinstimmend (konkludent) von Unentgeltlichkeit ausgegangen wurde. Die Vermutung des § 28 Abs.7 AuslBG greift wegen des privaten Charakters der Baustelle nicht ein.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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