Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720250/3/Gf/Mu

Linz, 29.05.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des tunesischen Staatsangehörigen M H A, L, vertreten durch RA Dr. H B, L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 12. November 2008, Zl. 1031572/FRB, wegen der Erlassung einer Ausweisung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 12. November 2008, GZ 1031572/FRB, wurde der Rechtsmittelwerber aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen.

 

Begründend wurde hiezu im Wesentlichen ausgeführt, dass er trotz seines zweijährigen Aufenthalts in Österreich nur einen völlig unzureichenden Studienerfolg nachweisen könne. Außerdem lebe er erst seit sehr kurzer Zeit mit einer slowakischen Staatsbürgerin zusammen, sodass im Falle einer Ausweisung kein nenneswerter Eingriff in sein Privat- und Familienleben resultiere. Dem gegenüber sei die Ausweisung im Interesse eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten, da er sein Studium offenbar nicht einmal ansatzweise ernsthaft betreibe, sondern dieses nur einen Vorwand zur Erreichung einer Aufenthaltsgenehmigung bilde.

 

1.2.1. Gegen diesen ihm am 14. November 2008 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 28. November 2008 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Beschwerde.

 

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass sein mangelnder Erfolg auf eine Augenerkrankung zurückzuführen sei, die ihn gerade bei seinem Studium der Mechatronik besonders behindere; darüber hinaus leide er auch an einer Konservierungsmittelallergie, die lange Zeit hindurch nicht diagnostiziert habe werden können. Nach nunmehr erfolgreicher Behandlung seiner Augenerkrankung werde er aber voraussichtlich in kurzer Zeit den erforderlichen Studienerfolg nachweisen können. Außerdem sei er durch seinen langdauernden Aufenthalt bereits gut in Österreich integriert und strafrechtlich bisher in keiner Weise auffällig in Erscheinung getreten.

 

Daher wurde beantragt, den angefochtenen Ausweisungsbescheid aufzuheben.

 

1.2.2. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 8. Mai 2009 hat der Beschwerdeführer unter Vorlage einer entsprechenden Heiratsurkunde mitgeteilt, dass er am 28. Februar 2009 eine rumänische Staatsangehörige geehelicht habe.

 

1.3. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2009, GZ St 270/08 u. E1/17299/2008, – also erst nach dem Ablauf der in § 73 Abs. 1 AVG festgelegten Maximalfrist von sechs Monaten – hat die belangte Behörde diese Berufung dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz 1031572/FRB; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben und fremdenpolizeiliche Angelegenheiten nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte von vornherein nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen (vgl. z.B. die Nachweise bei J. Meyer-Ladewig, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Baden-Baden 2003, RN 9 zu Art. 6), konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 4 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 29/2009 (im Folgenden: FPG), können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, u.a. dann mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.

Nach § 86 Abs. 2 FPG ist ein begünstigter Drittstaatsangehöriger – d.i. gemäß § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG u.a. auch der Ehegatte eines EWR-Bürgers, der sein Recht auf Freizügigkeit bereits in Anspruch genommen hat – u.a. dann nach § 54 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 29/2009 (im Folgenden: NAG), auszuweisen, wenn ihm ein Niederlassungsrecht deshalb nicht zukommt, weil er entweder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit darstellt oder keinen urkundlichen Nachweis über das Bestehen der Ehe vorlegen kann.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer erstmals zwar erst im Berufungsverfahren, jedoch im Hinblick darauf, dass das AVG kein Neuerungsverbot kennt, dennoch rechtzeitig eine vom Magistrat der Stadt Linz am 28. Februar 2009 zu GZ 71/2009 ausgestellte „Heiratsurkunde“ vorgelegt, aus der hervorgeht, dass er an diesem Tag in Linz eine rumänische Staatsangehörige geehelicht hat. Weiters ergibt sich aus dem Umstand, dass die Trauung im Bundesgebiet stattfand, dass seine Ehegattin damit offensichtlich ihr Recht auf Freizügigkeit auch bereits tatsächlich in Anspruch genommen hat.

 

Im Zuge der Berufungsvorlage wurde von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang insbesondere weder die Echtheit der Urkunde selbst bzw. ihres Inhalts bezweifelt noch vorgebracht, dass es sich insoweit um eine bloße Scheinehe handeln würde.

 

Somit kommt dem Rechtsmittelwerber einerseits die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen i.S.d. § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG zu. Da er andererseits – allseits unbestritten – keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit bildet und zudem den nach § 54 Abs. 2 Z. 1 NAG erforderlichen urkundlichen Nachweis des Bestehens der Ehe vorgelegt hat, kann er sohin auf Grund dieser zwischenzeitlich eingetretenen Änderung der Sachlage gemäß § 86 Abs. 2 FPG schon von vornherein nicht mehr ausgewiesen werden.

3.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG mit der Maßgabe stattzugeben, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 20,40 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

 

VwSen-720250/3/Gf/Mu vom 29. Mai 2009

 

§ 86 Abs. 2 FPG; § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG; § 54 Abs. 2 Z. 1 NAG

Legt der Beschwerdeführer – wenngleich erstmals erst im Berufungsverfahren – eine Heiratsurkunde vor, aus der sich ergibt, dass er zwischenzeitlich an diesem Tag in Linz eine rumänische Staatsangehörige geehelicht und diese ihr Recht auf Freizügigkeit auch bereits tatsächlich in Anspruch genommen hat, so kommt ihm nunmehr die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen i.S.d. § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG zu. Weil er den nach § 54 Abs. 2 Z. 1 NAG erforderlichen urkundlichen Nachweis des Bestehens der Ehe vorgelegt hat und zudem keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit bildet, kann er sohin auf Grund dieser zwischenzeitlich eingetretenen Änderung der Sachlage gemäß § 86 Abs. 2 FPG schon von vornherein nicht mehr ausgewiesen werden.

 

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 26.01.2012, Zl. 2009/21/0193-11

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