Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251810/2/WEI/Eg

Linz, 10.06.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des H K, T, vertreten durch Mag. A H, Steuerberater, F, gegen Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. April 2008, Zl. 0155590/2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Umfang des Schuldspruchs nach § 33 Abs 1 iVm § 111 ASVG aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren insofern gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt.

 

II.              Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 15. April 2008, Zl. 0155590/2007, wurde der Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma K H, L, zu verantworten, dass von dieser Firma im Lokal V-I, L, vom 15.10.2007 bis 17.10.2007 die georgische Staatsbürgerin B L, geboren     , als Hilfskraft beschäftigt wurde,

1. obwohl Ihnen für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde und die Ausländerin weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besaß und

1. obwohl diese von Ihnen nicht zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung spätestens bei Arbeitsantritt angemeldet wurde.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

         1. § 3 (1) iVm § 28/1/1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975

         2. § 33/1 iVm § 111 ASVG idF vom Oktober 2007

 

III. Strafausspruch:

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

1.       € 1000,00              1.       34 Stunden                      1. § 28/1 AuslBG 1975

2.       €   730,00              2.     112 Stunden                       2. § 111 ASVG

         € 1730,00                      146 Stunden"

 

Als Verfahrenskosten wurden dem Bw pauschal 173 Euro (10 % der Gesamtstrafe) vorgeschrieben. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens nach dem ASVG beträgt 73 Euro.

 

1.2. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Ausländerin bei einer Kontrolle am 17. Oktober 2007 beim Wegräumen von verschmutztem Geschirr hinter der Theke von Organen des Finanzamtes Linz, KIAB, angetroffen und dieser Sachverhalt der Behörde angezeigt wurde. Der Anzeige angeschlossen war eine Niederschrift vom 17. Oktober 2007 mit dem Bw, nach der er angab, dass die Ausländerin seit 15. Oktober 2007 im Imbisstand für Essen und Trinken ca. 2,5 Stunden aushelfen (Teller abräumen usw.), aber kein Geld bekomme würde. Eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung zur Arbeitsaufnahme habe er nicht vorweisen können. Ein Personenblatt in russischer Sprache habe die Ausländerin nicht ausgefüllt. Aus dem Versicherungsdatenauszug der Ausländerin sei ersichtlich gewesen, dass diese vom Bw nicht zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung spätestens bei Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben angemeldet worden war.

 

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. November 2007 sei gegen den Bw wegen der im Spruch dargestellten Verwaltungsübertretung das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Mit Schriftsatz vom 3. Jänner 2008 habe der Bw (vertreten durch seinen Steuerberater) im wesentlichen vorgebracht, dass es sich bei der Ausländerin um eine persönliche Bekannte der Familie handle und die Familie die Ausländerin und auch deren Mutter unterstützen würde. Der Bw habe die Ausländerin in den Imbisstand zu Besuch eingeladen und ihr dort etwas zu Essen gegeben. Daraufhin habe die Ausländerin darauf bestanden, aus Dankbarkeit Geschirr abzuräumen, was der Bw nicht als Arbeit angesehen habe.

 

Gemäß § 37 AVG sei der Anzeigenleger um Stellungnahme zu den Rechtfertigungsangaben ersucht worden und habe sich dieser im wesentlichen dahingehend geäußert, dass die Übertretung zumindest für den in der Niederschrift angegebenen Zeitraum nicht bestritten werde. In der Folge wurde der Bw vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, eine Äußerung seinerseits sei jedoch unterblieben. Für die erkennende Behörde sei der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage und des Ergebnisses des Beweisverfahrens erwiesen.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde an, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Einen Schuldentlastungsbeweis habe der Bw nicht erbringen können. Das Vorbringen des Bw, die Ausländerin sei lediglich zu Besuch gewesen und habe dort gegessen und aus Dankbarkeit Geschirr weggeräumt, müsse als Schutzbehauptung gewertet werden, da es jeglicher Lebenserfahrung widerspreche, dass eine Person dies drei Tage hintereinander ausübe. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung sei daher auch hinsichtlich der subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen. Hinsichtlich der Strafhöhe habe die belangte Behörde mit der Mindeststrafe das Auslangen gefunden, strafmildernd und –erschwerend wurden keine Umstände gewertet; hinsichtlich der Vermögens-, Einkommens- u. Familienverhältnisse ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 700 Euro und Sorgepflichten für 4 Kinder aus.

 

2. Gegen dieses dem Bw am 21. April 2008 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, durch seinen Steuerberater eingebrachte Berufung vom 14. Mai 2008.

 

Begründend bringt der Vertreter des Bw vor, dass der Bescheid dem Bw direkt zugestellt worden sei, obwohl ,wie aus der Aktenlage hervorgeht, eine aufrechte Zustellbevollmächtigung der Behörde bekannt gegeben wurde. Der Bw habe ein Exemplar des schriftlichen Straferkenntnisses an den Zustellbevollmächtigten am 2. Mai 2008 übermittelt. Erst damit sei es zugestellt. Die Berufungsfrist von zwei Wochen sei damit eingehalten. Mit diesem Vorbringen ist der Bw im Recht. Die Berufung ist entgegen dem Vorlageschrieben der belangten Behörde als rechtzeitig anzusehen, weil der ausgewiesene Rechtsvertreter des Bw nicht hätte übergangen werden dürfen.

 

Zum Tatvorwurf selbst wird in der Berufung angeführt, dass Frau B beim Bw nicht beschäftigt gewesen sei. Sie sei gelegentlich von der Familie des Bw unterstützt worden und habe gelegentlich Essen und Trinken bekommen. Ein Arbeitsplatz habe ihr nicht zur Verfügung gestellt werden können, weil im Würstelstand kein Bedarf bestanden habe. ca. ein Monat nach der Kontrolle habe der Bw die einzige Beschäftigte gekündigt, weil sich bei der betriebswirtschaftlichen Analyse gezeigt habe, dass weder genug Arbeit noch genug Geld für ihre Bezahlung vorhanden sei. Zum Zeitpunkt der Kontrolle seien neben dem Bw noch seine Ehefrau und sein Sohn Christoph anwesend gewesen. Es seien schon drei Personen anwesen gewesen, obwohl nur für ein bis zwei Personen Arbeit vorhanden sei. Im konkreten Fall, wo die von der Familie des Bw, insbesondere von dessen Ehefrau, privat unterstützte Frau B die Familie besucht habe und als Gegenleistung für das angebotene Essen mithelfen wollte, bedeute dies, dass zwei der Anwesenden daneben standen und aus Arbeitsmangel nur zugesehen haben. Dazu komme, dass für mehr als zwei Personen im Arbeitsbereich des Würstelstands kein Platz vorhanden sei. Auf einer Fläche von 2 x 1,5 m könnten sich zwei Personen gerade noch arrangieren, ohne sich gegenseitig zu behindern. Der Bw habe weder vor noch nach der Kontrolle eine Arbeitskraft gesucht, da der Würstelstand dafür nicht genug Geld und Arbeit habe. Es sei kein Arbeitsplatz besetzt gewesen, sondern lediglich eine Gefälligkeit vorgelegen, wo jemand nur für Essen und Trinken eine Gefälligkeit getan habe.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung wird in der Berufung angeführt, dass keine Schädigung des Rechtsgutes des AuslBG bzw. des ASVG vorgelegen sei, da überhaupt kein Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden sei. Für den Fall, dass dennoch eine Rechtsverletzung erkennbar sein sollte, sei die Strafe insofern zu hoch, weil es bei den Milderungsgründen weder die oben angeführte Tatsache, noch die Tatsache, dass von Anfang an für den Sachverhalt ein Geständnis vorlag, berücksichtige. Es komme zu einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe (als einziger Milderungsgrund sei die Unbescholtenheit gewertet worden), daher wäre die Strafe gemäß § 20 VStG auf die Hälfte zu reduzieren.

Zum ASVG wird in der Berufung ausgeführt, dass mangels Dienstnehmereigenschaft das ASVG nicht anzuwenden sei. Nach den gleichen Grundsätzen wie oben sei auch hier vorzugehen. Vorsichtshalber, wegen der Rechtsunsicherheit, habe er seinen Steuerberater gebeten eine Anmeldung vorzunehmen, obwohl die Dame weder vorher noch nachher bei ihm beschäftigt gewesen sei. Wegen dieser rechtzeitigen Anmeldung liege nach § 111 ASVG überhaupt keine Strafbarkeit vor. Abschließend wird beantragt von der Strafe abzusehen. Weiters wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Einvernahme der Ehefrau und des Sohnes als Zeugen beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 übermittelte die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat eine Ausdruck ihres elektronischen Aktes mit der Geschäftszahl 0155590/2007. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idF vor dem SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) begeht u.A. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 730 bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 bis zu 3.630 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen

 

wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 oder § 36 Abs 2 ASVG der ihr auf Grund des ASVG obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt oder in den Meldungen Anzeigen und Auskünften unwahre Angaben macht.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden, wobei diese Anmeldeverpflichtung gemäß § 33 Abs 1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden kann, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummer bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs 2 leg.cit. eine modifizierte Regelung.

 

4.2. Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs 2 ASVG gilt als Dienstnehmer iSd ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Anhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 4 Abs 4 ASVG stehen Dienstnehmern iSd § 4 Abs 2 leg.cit. Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

 

1.     einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebs, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2.     eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen und Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

 

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass wiederum bestimmte in lit a bis d näher umschriebene Ausnahmen (bereits nach GSVG oder FSVG versichert, Nebentätigkeit eines Beamten, freiberufliche oder künstlerische Tätigkeit) vorliegen.

 

Nach § 5 Abs 1 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht u.A. – unbeschadet einer eintretenden Teilversicherung - ausgenommen:

 

1.     ...

2.     Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs 4 gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs 1 Z 6 genannten Personen, wenn das gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen);

3.     ...

 

Ein Beschäftigungsverhältnis gilt gemäß § 5 Abs 2 leg.cit. (idFd Kdm BGBl II Nr. 532/2006 für das Jahr 2007) als geringfügig, wenn es

 

1.     für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 26,20 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 341,16 Euro gebührt oder

2.     für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 341,16 Euro gebührt.

 

4.3. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs 1 ASVG beginnenden Verweisungskette, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als „Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger“ bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie z.B. Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen würden, nämlich, dass

 

         1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-

             mächtigten bestellt hat (vgl. § 35 Abs 1 und 3 ASVG),

         2. einen Dienstnehmer

         3. in einem Verhältnis persönlicher und

             wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl. § 4 Abs 2 (und 4) ASVG

         4. gegen Entgelt (vgl. § 49 ASVG)

         5. beschäftigt hat,

         6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

             der

                   a) vollversichert (vgl. § 4 Abs 1 ASVG) oder

                   b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                       grenze des § 5 Abs. 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl § 7

                       Z 1 und § 8 Abs 1 Z 1 ASVG) und

         7. nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen ist  

         und

         8. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

             in einem oder in zwei Schritten (vgl § 33 Abs 1a ASVG) – entweder

                   a) nicht erstattet oder

                   b) falsch erstattet oder

                  c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl. § 33 Abs 1 ASVG).

 

Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

Wenn nun § 44a Z 1 und Z 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis – und zwar auch nicht in Verbindung mit der zu dessen Auslegung allenfalls heranziehbaren Begründung - schon deshalb nicht gerecht, weil insgesamt insbesondere keinerlei Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs 1 und 2 ASVG, § 33 Abs 1 ASVG, § 33 Abs 1a ASVG sowie in § 35 Abs 1 und 3 ASVG positivierten essentiellen Tatbestandselemente enthalten ist.

 

Allerdings ist festzuhalten, dass zwar wesentliche Tatbestandselemente vom Wortlaut des im vorliegenden Fall gewählten Spruchtextes, der sich lediglich an  § 33 Abs 1 und § 111 ASVG orientiert, implizit umfasst sind; die obgenannten weiterführenden Gesetzesbestimmungen stellen teils eine Vertiefung der in § 33 Abs 1 und § 111 ASVG angeführten Tatbestandselemente dar. Im Sinne einer konkreten Tatbeschreibung nach § 44a Z 1 VStG kann die Anführung dieser – je nach dem zu beurteilenden Sachverhalt - deskriptiven Tatbestandselemente dann – und nur dann – in der im gegenständlichen Fall gewählten impliziteren Form erfolgen, wenn die o.a. Tatbestandselemente hinreichend in der Begründung korrespondierend zum Spruch erschöpfend erläutert und gerechtfertigt werden.

 

Dies gilt aber wohl nicht für die u.A. in § 5 ASVG normierten Ausnahmebestimmungen von der Versicherungspflicht. Dieses Tatbestandselement (vgl. Punkt 7 in der oben getroffenen Darstellung) ist aus dem Wortlaut des § 33 Abs 1 ASVG nur im Umkehrschluss abzuleiten und somit per se als fraglos konstitutives Tatbestandselement jedenfalls stets im Spruch anzuführen. Das Fehlen eines Tatbestandselements im Spruch kann nicht durch bloße Feststellungen in der Begründung "geheilt" werden.

 

 

4.4. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw als Gewerbeinhaber der Firma K H nur pauschal angelastet, dass er es zu verantworten habe, dass von dieser Firma im Lokal V-I, L, von 15. bis 17. Oktober 2007 die georgische Staatsbürgerin B L, geb.    , als Hilfskraft beschäftigt wurde, obwohl diese nicht zur Pflichtversicherung in der Krankenversicherung spätestens bei Arbeitsantritt angemeldet wurde. Im Lichte der obigen Darstellungen gebricht es dem Spruch also schon daran, dass keinerlei Hinweis auf ein Nicht-Vorliegen von Ausnahmen von der Meldepflicht angeführt wird. Eine Übertretung des § 111 Abs 1 ASVG kann dem Bw jedoch nur dann angelastet werden, wenn sämtliche Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind.

 

Mit dem Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses wurde somit der Bw im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

 

4.5. Außerdem ist nach der Aktenlage in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen durchaus zweifelhaft, ob Frau B überhaupt in einem Beschäftigungsverhältnis zum Bw stand, da sie angeblich aus Nächstenliebe wegen ihrer Flüchtlingseigenschaft vom Bw und seiner Familie mit Essen und Trinken gelegentlich unterstützt worden sei und sich dafür nur durch freiwillige Mithilfe im Würstelstand (wie Geschirr wegräumen) bedanken habe wollen. Diese Verantwortung wurde nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats von der belangten Behörde nicht widerlegt. Auch die mit dem Bw von der KIAB aufgenommene Niederschrift vom 17. Oktober 2007 spricht nicht gegen diese Deutung. Aus ihr geht hervor, dass Frau B nur 150 Euro pro Monat von der Caritas bekommt und dieses Geld für künstlerische Zwecke (Ankauf von Farben) dringend benötigt. Der Bw kenn sie schon seit vier Jahren und leistet auch ihrer Mutter öfters Gesellschaft. Demnach dürfte tatsächlich ein persönliche Nahebeziehung vorliegen und erscheint glaubhaft, dass die sozial bedürftige Frau B vom Bw im Rahmen seiner Möglichkeiten als Betreiber einer Imbisstube aus Freundschaft unterstützt wird. Es handelt sich daher höchstwahrscheinlich nur um einen Gefälligkeitsdienst und nicht um eine Gegenleistung, wenn Frau B bei Geschirr gelegentlich mithilft.

 

Selbst wenn man aber von einer geringfügigen Beschäftigung (objektiviert sind je 2,5 Stunden in drei Tagen) ausgehen wollte, für die Frau B nicht einmal ein Entgelt, sondern lediglich Essen und Trinken zum Selbstkostenpreis erhalten hat, läge offenkundig eine bloß geringfügige Beschäftigung iSd § 5 Abs 1 Z 2 iVm Abs 2 ASVG und damit eine Ausnahme von der Vollversicherungs- und Krankenversicherungspflicht nach § 4 ASVG vor. Der von der belangten Behörde erhobene Tatvorwurf in Bezug auf eine Krankenversicherungspflicht ist demnach auch aus diesem Grund verfehlt.

 

5. Aus den angeführten Gründen war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis im Umfang des Vorwurfs nach den §§ 33 und 111 ASVG (Spruchpunkt 2; im Spruch einmal offenbar irrtümlich als 1 bezeichnet) aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren mangels einer erwiesenen und zutreffend angelasteten Verwaltungsübertretung und infolge Ablaufs der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Pflicht zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  W e i ß

 

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