Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163996/11/Zo/Jo

Linz, 08.06.2009

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des C F, geb. , L vom 11.03.2009, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 20.02.2009, Zl. VerkR96-17862-2008, wegen zwei Übertretungen der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.05.2009 zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24,51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z1 VStG;

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 13.05.2008 um 15.50 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen 

1) in Oftering auf der Paschinger Landesstraße bei km 9,5 in Fahrtrichtung Pasching die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 14 km/h überschritten sowie

2) in Hörsching auf der Paschinger Landesstraße bei km 8,300 in Fahrtrichtung Pasching die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 10 km/h überschritten habe.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zwei Verwaltungsübertretungen nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn Geldstrafen in Höhe von jeweils 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 24 Stunden) verhängt wurden. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5,80 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er die erlaubte Geschwindigkeit nicht überschritten habe. Es fehle jeglicher Beweis und er sei der Willkür der Polizei ausgeliefert. Weiters sei auch der Tacho des Dienstfahrzeuges nicht geeicht. Auch im Ortsgebiet habe er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h nicht überschritten, auch hier fehle jeglicher Beweis.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 14.05.2009. Bei dieser wurden der Meldungsleger, GI W und GI U als Zeugen einvernommen.

 

 4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit seinen PKW auf der Paschinger Landesstraße aus Richtung Oftering kommend in Richtung Pasching. Dabei fiel er dem Polizeibeamten W auf, weil er eine augenscheinlich überhöhte Geschwindigkeit einhielt. Der Polizeibeamte nahm daraufhin die Nachfahrt auf, wobei er nach den Angaben in der Anzeige von km 11,5 bis km 9,5 in einem gleichbleibenden Abstand nachfuhr und dabei eine Geschwindigkeit von 135 km/h vom Tacho abgelesen hatte. Im Ortsgebiet von Breitbrunn zwischen km 9,150 bis 8,300 fuhr er ebenfalls in gleichbleibendem Abstand nach, wobei er vom Tacho des Funkwagens eine Geschwindigkeit von 75 km/h ablas. Der Berufungswerber wurde in weiterer Folge angehalten, wobei er von Anfang an die Geschwindigkeitsüberschreitung bestritt.

 

Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wurde der Zeuge am 20.06.2008 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einvernommen, wobei er im Wesentlichen die Angaben in der Anzeige bestätigte. Weiters führte er aus, dass bei dieser Amtshandlung sein Kollege Insp. H anwesend gewesen sei.

 

Es wurden daher sowohl der Meldungsleger als auch Insp. H zur öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vor dem UVS geladen, wobei Insp. H anführte, dass er bei der gegenständlichen Amtshandlung sicher nicht dabei gewesen sei, weil er sich in dieser Zeit im Urlaub befunden habe. Es habe Herr GI U an der Amtshandlung teilgenommen. In der mündlichen Berufungsverhandlung hatte der Zeuge W an den Vorfall keinerlei konkrete Erinnerung sondern konnte lediglich auf die Angaben in der Anzeige verweisen. Er konnte auch nicht mehr mit Sicherheit angeben, ob sein Kollege U bei dieser Amtshandlung tatsächlich dabei war oder er die Amtshandlung allenfalls auch alleine geführt hatte. Warum er bei seiner Einvernahme vor der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land angegeben hatte, dass sein Kollege H bei diesem Vorfall anwesend gewesen wäre, konnte er nicht mehr erklären, vermutlich handelte es sich um einen Irrtum. Der ebenfalls als Zeuge geladene GI U führte aus, dass er sich an diese Amtshandlung überhaupt nicht erinnern könne, wahrscheinlich sei er bei dieser nicht dabei gewesen.

 

4.2. Dazu ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

 

Das Nachfahren hinter einem anderen Fahrzeug in gleichbleibenden Abstand durch ein Polizeifahrzeug, wobei die dabei eingehaltene Geschwindigkeit vom Tachometer abgelesen wird, stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus ein geeignetes Mittel zur Geschwindigkeitsmessung dar. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass es bei dieser Art der Geschwindigkeitsmessung im weiteren Verfahren keine objektiv nachprüfbaren Daten gibt. In diesem Verfahren kommt den Aussagen der Polizeibeamten sowie des Betroffenen entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Es ist daher für ein rechtsstaatliches Verfahren notwendig, dass die Zeugen die Nachfahrt so konkret wie möglich schildern, um aus dieser Schilderung auf die Richtigkeit ihrer Angaben schließen zu können.

 

Im konkreten Verfahren hatte der Meldungsleger im Berufungsverfahren überhaupt keine Erinnerung mehr an die Nachfahrt und es konnte nicht einmal festgestellt werden, ob er die gegenständliche Amtshandlung alleine oder gemeinsam mit einem Kollegen durchgeführt hat. Bei seiner Einvernahme vor der Erstinstanz hat er die Nachfahrt zwar nachvollziehbar dargestellt, allerdings gleichzeitig behauptet, dass sein Kollege H bei der Amtshandlung anwesend gewesen sei. Dabei handelte es sich allerdings offenbar um einen Irrtum, weshalb auch seine sonstigen Angaben in dieser Aussage nicht ohne weiteres der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können.

 

Unter Abwägung all dieser Umstände erscheint es zwar durchaus möglich, dass der Berufungswerber die erlaubte Höchstgeschwindigkeit tatsächlich entsprechend dem Vorwurf im erstinstanzlichen Verfahren überschritten hat, allerdings bestehen daran doch Zweifel, welche nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit ausgeräumt werden können.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde, dann ist gemäß § 51i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in der Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs.5 VStG entfallen ist.

 

5.2. In § 51i VStG ist das sogenannte "Unmittelbarkeitsprinzip" festgelegt. Dementsprechend kommt es bei der Berufungsentscheidung des UVS ganz wesentlich auf das Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung an, während sonstige Aktenteile nur unterstützend herangezogen werden können. Unter Berücksichtigung dieses Prinzips sowie der oben angeführten Beweiswürdigung ist im konkreten Fall nicht mit ausreichender Sicherheit bewiesen, ob der Berufungswerber die ihm vorgeworfenen Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen hat. Es war daher nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" der Berufung stattzugeben und das Straferkenntnis aufzuheben.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

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