Linz, 17.06.2009
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 29. Jänner 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des L F, vertreten durch Rechtsanwälte W & Partner, S, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13. März 2008, Zl. 0115643/2007, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 3 x je 200 Euro (insgesamt: 600 Euro) zu leisten.
Rechtsgrundlagen:
Zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;
zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber drei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro bzw. drei Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von je 33 Stunden verhängt, weil er als Landwirt in L, P, am 3. September 2007 den somalischen Staatsangehörigen A A, den somalischen Staatsangehörigen H I und den afghanischen Staatsangehörigen G A beschäftigt habe, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papier vorgelegen seien.
In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 20. September 2007, die Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 23.10.2007, die Stellungnahme des Finanzamtes Linz vom 23.11.2007 und die Stellungnahme des Berufungswerbers vom 26.2.2008.
Beweiswürdigend ist festgehalten, dass für die erkennende Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen gelte. Hinsichtlich der Schuld wird auf die Regelung des § 5 Abs.1 VStG verwiesen. Da der Berufungswerber weder geeignete Maßnahmen zur Einhaltung der arbeitsmarktrechtlichen Bestimmungen getroffen habe noch sich selbst entsprechend informiert habe, habe er fahrlässig gehandelt.
2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:
3. Aus dem Akt ist ersichtlich:
Laut Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 20.9.2007 erfolgte am 3.9.2007 um 14.00 Uhr im landwirtschaftlichen Betrieb des Berufungswerbers eine Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz. Dabei seien die gegenständlichen Ausländer bei der Beschäftigung als Erntehelfer (Einsammeln von Fallobst) betreten worden.
Der Berufungswerber habe durch seine niederschriftliche Aussage bestätigt, dass er die Asylwerber A, H und G zumindest am 3.9.2007 von 10:00 bis 13:30 Uhr beschäftigt habe und er des Weiteren geplant habe, sie noch am folgenden Tag für den Zeitraum eines halben Tages zu beschäftigen. Der Berufungswerber habe weiters zugegeben, für die geleistete Arbeit einen Stundenlohn von 5 bis 6 Euro bezahlen zu wollen.
Beigelegt ist die Niederschrift mit dem Berufungswerber vom 3.9.2007:
Der weiters angetroffene staatenlose B S N gab niederschriftlich einvernommen an, bei den drei gegenständlichen Ausländern handle es sich um Mitbewohner im SOS-Heim R , L. Der Berufungswerber habe B gefragt, ob er jemanden kenne, der bei der Ernte mithelfen könne. Daraufhin habe B die drei Ausländer am heutigen Tag um 10.00 Uhr mit zur Arbeit gebracht. Sie seien mit dem Bus gekommen.
In den Personenblättern gaben die Ausländer im Wesentlichen an, seit 3.9.2007 als "farmer help" zu arbeiten. Ein Stundenlohn ist nicht angegeben.
Nach Aufforderung rechtfertigte sich der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 23.10.2007 wie folgt:
Mit Schreiben vom 23.11.2007 nahm das Finanzamt Linz wie folgt Stellung:
Mit Schriftsatz vom 26.2.2008 nahm der Berufungswerber wie folgt Stellung:
A G sagte aus, die Ausländer hätten gefragt, wie viel Geld sie bekämen, woraufhin B 5 Euro pro Stunde zugesagt habe. Von einer Probezeit sei nicht die Rede gewesen. "Für diese Arbeit braucht man doch keinen Test". Mit dem Berufungswerber habe der Zeuge nicht gesprochen. Der Zeuge habe für vier Stunden Arbeit vom Berufungswerber 20 Euro erhalten.
I H sagte aus, B habe von einem Test gesprochen und in Aussicht gestellt, dass im Fall des Entsprechens "der Boss" eine Arbeitsgenehmigung besorgen würde. Wegen der Aussicht auf die Arbeitsgenehmigung sei der Zeuge mitgegangen. B habe gesagt, der Zeuge werde für den Test nur wenig Geld bekommen. Der Zeuge habe glaublich für vier Stunden Arbeit 10 Euro erhalten. Mit B habe der Zeuge auf Englisch gesprochen, da beide diese Sprache "ein wenig" sprechen.
A A sagte aus, B habe ihm gesagt, es gäbe Arbeit und er werde 10 Euro pro Stunde bekommen. Tatsächlich habe der Zeuge für vier Stunden Arbeit 20 Euro erhalten. B habe von Probearbeit gesprochen und für den Fall des Entsprechens eine Dauerarbeit in Aussicht gestellt. Dann würden die Ausländer entlohnt. Nochmals befragt präzisierte der Zeuge, dass B für den Tag der Probearbeit 20 Euro Entlohnung in Aussicht gestellt habe.
N B sagte aus, er habe "den Leuten von der R" gesagt, dass es sich um einen Test handeln würde. Von Geld sei nicht die Rede gewesen. Der Berufungswerber habe gesagt, dass bezahlt werde, wenn der Test in Ordnung sei. Der Zeuge wisse aber nicht, ob das die Leute so verstanden haben, dass sie für den Probearbeitstag kein Geld bekommen. Mit den Ausländern habe er in deutscher und englischer Sprache gesprochen, was schwierig gewesen sei.
Der Berufungswerber wies darauf hin, dass er für G und H im Nachhinein eine Beschäftigungsbewilligung erhalten habe und diese Ausländer auch für die gegenständliche Arbeit bezahlt habe. Hingegen bestritt er, dass das Geld, das A erhalten hatte, von ihm stammte. Der Vertreter des Finanzamtes wies darauf hin, dass mit 28.9.2007 auch für A ein Beschäftigungsbewilligungsantrag gestellt worden sei.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:
Die Arbeit der gegenständlichen Ausländer am vorgeworfenen Tattag für den Berufungswerber ist ebenso unbestritten wie der Umstand, dass es der Berufungswerber versäumte, die arbeitsmarktrechtlichen Papiere der Ausländer vor der Arbeitsaufnahme zu überprüfen. Dem Berufungswerber ist darin zu folgen, dass er diese Arbeit als Probearbeit ansah und im Fall der "positiven Absolvierung" die Meldung zur Sozialversicherung plante. Fraglich erscheint, ob diese Perspektive des Berufungswerbers zu den Ausländern durchgedrungen war. Dies schon wegen der Sprachprobleme (bei sämtlichen Beteiligten erscheinen, wie sich auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zeigte, die Fremdsprachenkenntnisse dürftig), vor allem aber auch im Hinblick auf Zeugenaussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung (vgl. die Aussage G, wonach von Probearbeit nicht die Rede gewesen sei). Geht man dennoch davon aus, dass in allen Fällen eine Probearbeit vereinbart war, so ergibt sich daraus keineswegs der Ausschluss einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG. Voraussetzung dafür wäre die Unentgeltlichkeit. Diese müsste im Hinblick auf die im Rahmen des AuslBG Anwendung findende Bestimmung des § 1152 ABGB im Vorhinein vereinbart gewesen sein.
Eine diesbezügliche Vereinbarung ist nicht hervorgekommen. Nicht einmal B konnte bezeugen, dass die Ausländer von einem Verständnis ausgingen, welches die Unentgeltlichkeit implizierte. Vor allem aber weisen die Aussagen der gegenständlichen Ausländer in die gegenteilige Richtung: Alle drei Ausländer gingen vor Arbeitsaufnahme davon aus, dass ihre Tätigkeit (als Probe aufgefasst oder nicht) entlohnt würde. Der Berufungswerber selbst räumte ein, dass er im Fall einer positiven Beurteilung die Probearbeit bezahlt hätte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass noch in der Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 23.10.2007 von einer Unentgeltlichkeitsvereinbarung keine Rede war. Aus diesen Gründen ist von einer Entgeltlichkeit der Tätigkeit der Ausländer und mithin von einer Beschäftigung auszugehen.
Die Taten sind daher dem Berufungswerber in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist im Zweifel Fahrlässigkeit (und nicht bedingter Vorsatz) anzunehmen. Unter den gegebenen Umständen – Offensichtlichkeit der Möglichkeit des Erfordernisses arbeitsmarktrechtlicher Papiere und von Kommunikationsschwierigkeiten – erscheint die Nichtüberprüfung der rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der Arbeitsaufnahme der Ausländer als gravierender Sorgfaltsverstoß: Sollte der Berufungswerber davon ausgegangen sein, dass Probearbeit als solche nicht dem AuslBG unterfällt, so wäre dieser Rechtsirrtum nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorwerfbar, da es der Berufungswerber versäumt hat, sich beim zuständigen AMS diesbezüglich zu informieren. Sollte der Berufungswerber von einer (durch B vermittelten) Unentgeltlichkeitsabrede ausgegangen sein, so wäre es ihm oblegen, das diesbezügliche Verständnis der Ausländer zu überprüfen. Dasselbe gilt für die allfällige Annahme, dass die Ausländer (etwa wegen des Zutreffens einer Ausnahmebestimmung, des Vorliegens eines Befreiungsscheines, die Innehabung der österreichischen Staatsbürgerschaft udgl.) zur Arbeitsaufnahme berechtigt gewesen wären. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Verschuldensgrad durchaus erheblich ist.
Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzustellen, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzliche vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Dies erscheint im Hinblick auf die Kürze der Beschäftigungsdauer und den Verschuldensgrad durchaus angemessen. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Die Unbescholtenheit des Berufungswerbers reicht für die Anwendung des § 20 VStG nicht aus. Dies auch nicht im Zusammenhang mit dem Umstand, dass im Nachhinein Beschäftigungsbewilligungen erlangt wurden und die diesbezüglichen Voraussetzungen offenbar gegeben waren. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Von den kumulativen Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ist jedenfalls – aus den oben dargelegten Gründen – das Erfordernis der Geringfügigkeit des Verschuldens nicht gegeben.
6. Die Kostenentscheidung gründet in den zitierten gesetzlichen Bestimmungen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. Ewald Langeder