Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 25.06.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufungen von Herrn K und Frau P I, des Herrn J und der Frau A I, Herrn F und Frau R P, der b I GmbH sowie der B Ö GmbH, sämtliche vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H L, L,  L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.3.2009, Ge20-113-2008, betreffend Widerruf bescheidmäßig verfügter einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufungen werden als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 8, 17, 56, 63 und 66 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), § 359a und § 360 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18.3.2009, Ge20-113-2008, wurde die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 22.12.2008, Ge-20-113-2008, verfügte einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme im Grunde des § 360 Abs.6 der Gewerbeordnung 1994 widerrufen.

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegenden vom anwaltlichen Vertreter der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im Wesentlichen wird diese Berufung damit begründet, dass die b I GmbH und die B Ö GmbH im Rahmen des anhängigen Zivilverfahrens wegen UWG, Rechtsbruch, beim Landes- als Handelsgericht Linz zu 5 Cg 48/09t zwischen B Ö GmbH und b I GmbH einerseits und P B GmbH andererseits im Rahmen einer Äußerung zur von den Bw beantragten einstweiligen Verfügung von den Rechtsvertretern der P B GmbH den gegenständlichen Bescheid als Beilage zur Äußerung übermittelt bekommen. Diese Äußerung samt Beilagen sei beim Rechtsvertreter der Bw am 17.4.2009 eingelangt; somit sei der Bescheid dem Rechtsvertreter der Bw mit 17.4.2009 im Sinne des AVG zugestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt beginne die Frist für die Berufung zu laufen und sei die Berufung daher rechtzeitig binnen offener Frist erfolgt.

 

Die Bw seien durch den bekämpften Bescheid der belangten Behörde direkt betroffen, zumal dieser entscheidende Auswirkungen auf das anhängige Zivilverfahren vor dem Landesgericht habe. Die Bw seien Mitbewerber der P B GmbH und hätten daher wegen unlauteren Handlungen der P B GmbH eine Klage nach dem UWG beim Landesgericht Linz eingebracht. Die P B GmbH setze mit ihrem konsenslosen Betrieb der Betriebsanlage einen lauterkeitsrechtlich geltend zu machenden Rechtsbruch, da sie gesetzliche Bestimmungen und behördliche Anordnungen ignoriere und sich darüber in nicht gerechtfertigter Weise hinwegsetze. Dies zumindest bis zum bekämpften Widerrufsbescheid. Aus diesem Rechtsbruch ziehe die P B GmbH ungerechtfertigte Vorteile und Ersparnisse gegenüber rechtstreuen Mitbewerbern, die sie den Bw gegenüber insbesondere im Preiswettbewerb lauterkeitsrechtswidrig ausnütze, indem sie Kunden der Bw zu sich umlenken und damit den Umsatz der Bw beeinträchtigen wolle.

 

Die P B GmbH setze sich zumindest bis zum bekämpften Widerrufsbescheid über die Bestimmungen der Gewerbeordnung hinweg und begehe damit einschlägige Verwaltungsübertretungen. Ausgehend von dieser Rechtslage setze die P B GmbH einen Rechtsbruchtatbestand, der ihr einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verschaffe. Dieser Rechtsbruch sei spürbar, weil sich die P B GmbH im Gegensatz zu gesetzestreuen Mitbewerbern diverse Umbauarbeiten, schalldämmende Maßnahmen und einen beträchtlichen administrativen Aufwand erspare. Damit werde der Wettbewerb zum Nachteil rechtstreuer Mitbewerber nicht nur unerheblich beeinflusst. Diese ungerechtfertigte Ersparnis führe zu einem ungerechtfertigten Vorteil im Wettbewerb gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern.

 

Aus diesen Gründen sei es für die Bw erforderlich, gegen den genannten Widerrufsbescheid mit Berufung vorzugehen, da sie davon direkt betroffen und in ihren Rechten massiv beeinträchtigt seien. Darüber hinaus seien die Verstöße der P B GmbH gegen das geltende Betriebsanlagenrecht sowie der ungerechtfertigte bescheidmäßige Widerruf auch von Amts wegen wahrzunehmen.

 

2.2. Hinsichtlich der Bw I und P wird in der Berufung zur Rechtsmittellegitimation vorgebracht, dass die Bw durch den bekämpften Bescheid der belangten Behörde direkt betroffen seien, zumal dieser entscheidende Auswirkungen auf ihre Nachbarrechte habe. Die Bw seien betroffene Nachbarn der P B GmbH und würden Parteistellung in diversen diesbezüglichen Verfahren vor der BH Freistadt, dem UVS und dem VwGH haben.

 

Die P B GmbH setze mit ihrem konsenslosen Betrieb der Betriebsanlage einen Rechtsbruch, da sie gesetzliche Bestimmungen und behördliche Anordnungen ignoriere und sich darüber in nicht gerechtfertigter Weise hinwegsetze. Dies zumindest bis zum bekämpften Widerrufsbescheid.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt werde der für die Bw unbekannte Schließungsbescheid der BH Freistadt vom 22.12.2008 zu Unrecht widerrufen. Der Widerrufsbescheid werde daher wegen Verfahrensfehler und unrichtiger rechtlicher Beurteilung zur Gänze angefochten.

 

Der Schließungsbescheid habe die unverzügliche Einstellung des Betriebes der Betriebsanlage der P B GmbH verfügt, da bestimmte Auflagen nicht eingehalten worden seien. Es handle sich dabei um die gewerbetechnischen Auflagen Nr. 17 und 18 des nicht rechtskräftigen Genehmigungsbescheides vom 15.12.2008. Da beide Auflagen nicht erfüllt worden seien, sei der Schließungsbescheid erlassen worden. Wie im angefochtenen Bescheid festgehalten, seien bereits mehrere Messungen durchgeführt worden. Keine dieser Messungen habe der P B GmbH die Einhaltung der geforderten maximalen 40 dB nachweisen können.

 

Tatsächlich liege noch immer keine Abnahmemessung vor.

 

Trotzdem sei der Schließungsbescheid widerrufen worden.

 

2.3. In weiterer Folge wird in der Berufung ausgeführt, weshalb die Bw die Notwendigkeit einer amtswegigen Schließung der in Rede stehenden Betriebsanlage sehen.

 

2.4. Abschließend wird von den Bw der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat möge eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen, der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid vom 18.3.2009 dahingehend abändern, dass der Widerruf der behördlichen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen zurückgenommen wird und der ursprüngliche Bescheid der belangten Behörde vom 22.12.2008 wieder hergestellt wird, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Verwaltungsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

 

2.5. Die Bw regen darüber hinaus die sofortige bescheidmäßige Schließung der Betriebsanlage an.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den verfahrensgegenständlichen Verfahrensakt der Erstbehörde (einschließlich der vorgelegten Schriftstücke der Nachbarn).

 

Eine mündliche Verhandlung konnte entfallen, da der Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage ausreichend geklärt ist und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Gemäß § 360 Abs. 6 GewO 1994 hat die Behörde, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 2. Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vorliegen und zu erwarten ist, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 1 2. Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 1 2. Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.

 

5.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20.10.1992, 92/04/0176 unter Bezugnahme auf die dort zitierte Judikatur dargelegt hat, berechtigt und verpflichtet die Bestimmung des § 360 Abs.1 GewO 1994 die Behörde bei Vorliegen der dort angeführten Tatbestände die jeweils notwendigen Maßnahmen von Amts wegen zu setzen.

 

Auf die Handhabung der nach dieser Bestimmung der Behörde zustehenden Zwangsgewalt zur Durchsetzung öffentlicher Interessen hat jedoch niemand einen Rechtsanspruch, der mit Mitteln des öffentlichen Rechtes verfolgbar wäre.

 

Bei den Maßnahmen nach § 360 Abs.1 GewO 1994 handelt es sich um solche, die zu treffen vom Gesetzgeber der Behörde bei Vorliegen der angeführten Tatbestände aus öffentlichen Interessen aufgetragen wurde und deren Nichtergreifen eine Verletzung der Amtspflichten der Behörde darstellen würde.

 

Somit ergibt sich aus dem Gesetz, dass dem Nachbarn weder ein Antragsrecht zukommt, das Verfahren nach § 360 Abs.1 GewO 1994 einzuleiten, noch dass ihm ein Anspruch auf Setzung eines behördlichen Verwaltungsaktes bestimmten Inhaltes eingeräumt wäre. Dies trifft nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch für den Fall eines Widerrufes auf eine nach § 360 Abs.1 GewO 1994 gestützte Maßnahme zu.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Nachbarn in einem Verfahren § 360 GewO 1994 – weder im Hinblick auf die Einleitung eines Verfahrens bzw. auf die Setzung von Maßnahmen noch im Fall eines Widerrufes einer auf § 360 Abs.1 leg.cit. gestützten Maßnahme – Parteistellung zukommt, weshalb die Berufung der Bw mangels Berufungslegitimation als unzulässig zurückzuweisen ist.

 

5.3. Im Hinblick auf die gleichzeitig mit der Berufung vorgebrachte Anregung auf die sofortige Schließung der Betriebsanlage gemäß § 360 GewO 1994 wird auf die obigen Ausführungen im Hinblick auf die Amtswegigkeit der Verfahren nach § 360 leg.cit. hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

Beachte:


Beschwerden gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 06.10.2009, Zl.: 2009/04/0228-3;

VwGH vom 06.10.2009, Zl.: 2009/04/0229-3;

 

 

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