Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163865/10/Bi/Se

Linz, 29.06.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn R P, P, vertreten durch Herrn RA Dr. G B, L, vom 30. Jänner 2009 gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Linz-Land vom 9. Jänner 2009, VerkR96-30361-2008/Bru/Pos, wegen Übertretungen der StVO 1960, des KFG 1967 und des FSG, aufgrund des Ergebnisses der am 17. Juni 2009 durch­geführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straf­erkenntnis in allen fünf Punkten behoben und das jeweilige Verwaltungsstraf­verfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskosten eingestellt.   

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 2 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2c Z9 StVO 1960, §§ 16 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, 3) §§ 97 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 4) §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.2a FSG und 5) §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) und 2) je 200 Euro (je 92 Stunden EFS), 3) 70 Euro (35 Stunden EFS), 4) und 50 je 30 Euro (15 Stunden EFS) verhängt, weil er am 8. April 2008 um 16.07 Uhr in Linz, M bis ggü Nr., stadtauswärts fahrend bis zum Anhalteort M als Lenker des Kfz      nachstehende Verwaltungsübertretungen begangen habe:

1) Er habe die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h über­schritten, weil die Fahrgeschwindigkeit 95 km/h betragen habe, wobei die Über­schreitung mit einem Messgerät festgestellt und die Verkehrsfehlergrenze bereits ab­ge­zogen worden sei. Hinweis: Diese Verwaltungsübertretung habe einen Führ­er­­scheinentzug zur Folge.

2) Er habe ein Fahrzeug überholt, obwohl ein entgegenkommender Fahrzeug­­­lenker gefährdet und zu einer Vollbremsung genötigt worden sei, um einen Zu­sammen­stoß zu vermeiden. Das Überholmanöver sei daher unter besonders ge­fähr­lichen Verhältnissen (Gegenverkehr) und mit besonderer Rücksichtslosig­keit (Vollbremsung des entgegenkommenden Fahrzeuglenkers) gegenüber anderen Straßen­benützern durchgeführt worden.

3) Er habe das Haltezeichen – rechter nach oben gestreckter Arm – eines Stra­ßen­­auf­sichts­organes nicht befolgt.

4) Er habe auf der Fahrt den vorgeschriebenen Führerschein und

5) den vorgeschriebenen Zulassungsschein nicht mitgeführt.

Gleichzeitig wurde ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 53 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 17. Juni 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. G B, des Zeugen Meldungsleger RI G W (Ml) und des technischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing R H durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz ist entschuldigt nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich ver­kündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz vertrete ungerecht­fertigter Weise die Ansicht, das von ihm damals gelenkte Begleitfahrzeug sei kein Einsatzfahrzeug im Sinne des § 2 Abs.1 Z25 StVO, weil es nur über Blaulicht, nicht aber über ein Folgetonhorn verfüge. Gemäß § 26 StVO dürften Lenker von mit Einsatzwarnvorrichtung ausgerüsteten Fahrzeugen unter bestimmten Voraus­setzungen Einsatzwarnzeichen abgeben und sobald ein solches Einsatzwarn­zeichen abgegeben werde, gelte das Fahrzeug als Einsatzfahrzeug. Dabei reiche die Verwendung eines Einsatzwarnzeichens aus, also Blaulicht oder Folgetonhorn. Gemäß § 26 Abs.1 letzter Satz StVO dürf­ten Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht aus Gründen der Ver­kehrs­sicherheit auch am Ort der Hilfe­leistung oder des sonstigen Einsatzes oder bei einer behördlich vorgeschriebenen Transportbegleitung verwendet werden. Dabei müsse entgegen der Meinung der Erstinstanz keine Gefahr im Verzug vorliegen, weil schon die Transportbegleitung an sich eine Einsatzsituation begründe.

Die Obere Donaulände zwischen Römerbergtunnel und M sei beson­ders schmal, sodass ein Passieren eventueller Lkw zugleich mit dem Schwer­transport nicht mög­lich gewesen sei. Da bei der Fahrt zum Anschlussturm ein Lkw entgegenge­kommen sei, habe der Transport beim Tunnel angehalten und er habe bei der Vor­ausfahrt ein Fahrzeug überholt. Vom Haus M (?) bis zum An­schluss­turm sei die B129 auf über 600 m bestens einsehbar. In M sei er vorschriftsmäßig mit Blaulicht in der Fahrbahnmitte gefahren und habe beim linken Seitenfenster den Anhaltestab auf- und abbewegt, was von den entgegen­kommenden Lenkern verstanden worden sei, die mit normaler Betriebsbremsung abgebremst hätten. Er habe bei der Vorausfahrt nicht gegen ein Überholverbot verstoßen und auch den entgegenkommenden Fahrzeuglenker weder gefährdet noch behindert. Schon dass der Ml dem Gegenverkehr, der dann vom 2. Begleit­fahrzeug abgefangen werden musste, eine Weiterfahrt gestattet habe, belege, dass der Ml die Situation weder überblickt habe noch bereit gewesen sei, sich mit den Gründen seiner Handlungen auseinanderzusetzen.

Im Übrigen habe der Ml seine rechte Hand nie nach oben gestreckt gehalten, sondern ihm mit beiden Händen durch eine Auf- und Abbewegung signalisiert, er möge langsamer fahren. Er habe seine Geschwindigkeit auch unmittelbar danach verringert, als er den Gegenverkehr angehalten habe.

Es sei auch unrichtig, dass er zur Vorlage von Führerschein und Zulassungs­schein aufgefordert worden sei und diese verweigert habe. Er habe die Papiere selbst­verständlich bei sich gehabt und keinen Grund, die Herausgabe zu ver­weigern. Den Dienstausweis habe er unverzüglich vorgelegt. In seinem Fall sei die behauptete Aufforderung unterblieben. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt, der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und auf dieser Grundlage und anhand des von ihm aufgenommenen Videos von den Sichtverhältnissen an der Örtlichkeit ein Gutachten durch den kfztechnischen Sachverständigen erstattet wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw ist Inhaber eines Transportbegleitunternehmens und war als solcher am 8. April 2008 als vereidigtes Straßenaufsichtsorgan laut Bescheid des Landes­hauptmannes von Oberösterreich vom 7. April 2008, VerkSO-452.492/1499-2008-Auk, für einen Schwertransport von der Staatsgrenze Wullowitz bis Leonding (Sattelkraft­fahrzeug mit 36t Gesamtgewicht und 5,25m Breite, Ladung: 1 Heiz­haube, Fahrstrecke: Wullowitz – B310 – Auffahrt Unterweitersdorf auf die A7 – Abfahrt Linz, Hafenstraße – Untere Donaulände – Obere Donaulände – B129 – L1386 – L1388 – Fa E in L, Fahrzeit von 8.00 bis 16.00 Uhr) zuständig. Insgesamt waren beim Schwertransport der Stufe 4 vier Begleiter anwesend, von denen drei vor dem Schwerfahrzeug und einer dahinter fuhren. Der Bw als hauptverantwortliches und für die Leitung der Begleitstufe 4 befähig­tes Straßenaufsichtsorgan war ermächtigt, im Zuge der Transportabsicherung durch­gehend Blaulicht zu verwenden, und lenkte das erste Begleitfahrzeug in Linz auf der Strecke von der Autobahnabfahrt Hafenstraße über die Untere und Obere Donaulände bis zum Römerbergtunnel, wo der Schwertransport anhielt, weil die Obere Donaulände für ein Passieren des Schwertransports zugleich mit entgegenkommenden Lkw zu schmal war. Der Bw fuhr mit eingeschaltetem Blau­licht nach M weiter und beabsichtigte, beim Parkplatz beim "Anschlussturm", wo eine weitere Anhaltemöglichkeit für das Schwerfahrzeug bestand, den für ihn im Gegenverkehr von weitem sichtbaren Lkw anzuhalten. Der vom Bw gelenkte Pkw      war mit einem Aufbau ("Sondertransport") mit blitzen­dem Blaulicht als Transportbegleit­fahr­zeug erkennbar.

Auf Höhe des Hauses M Nr. stand der Ml zusammen mit zwei weiteren Polizeibeamten neben einem als solches erkennbaren Polizeifahrzeug und führte Lasermessungen auf den aus Richtung Linz kommenden Verkehr durch. Dabei blickte der Ml nach eigenen Angaben in der Berufungsverhandlung durch die Visiereinrichtung des Lasergeschwindigkeitsmessgerätes auf die vor­deren Kennzeichen der zu messenden Fahrzeuge und führte beim vom Bw gelenkten Pkw, der sich zu diesem Zeitpunkt als überholendes Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen der zweispurigen Fahrbahn befand, eine Geschwindigkeits­messung durch, die laut Anzeige 95 km/h auf 201,4m Entfernung ergab. Der Bw erklärte die Geschwindigkeit damit, er habe im Gegenverkehr einen Lkw erkannt und diesen noch im Parkplatz­bereich des Anschlussturmes anhalten wollen, weil sonst die Fahrbahn beim Passieren des Schwertransports zu schmal geworden wäre.

In der Verhandlung gab der Ml an, er habe zunächst in der Visiereinrichtung nur auf das Kennzeichen des Pkw geschaut und diesen bei seinem Standort anhalten wollen. Der Pkw sei trotz Gegenverkehr im Überholen begriffen gewesen und der Pkw im Gegenverkehr habe so gebremst, dass die Reifen gequietscht hätten. Er habe daher dem Lenker mit nach oben gestrecktem rechtem Arm ein Zeichen zum Anhalten gegeben. Er könne aber nicht sagen, ob der Lenker dieses Zeichen auch gesehen habe; dieser habe das Überholmanöver beendet und sei auf der rechten Fahrspur weitergefahren. Daraufhin habe er sich in das Streifenfahrzeug gesetzt und sei dem Bw nachgefahren, der den Pkw ca auf Höhe des Hauses Nr. auf dem linken Fahrstreifen quergestellt habe, um den Gegenverkehr anzuhalten. Er sei daher rechts stehen­ geblieben und habe zwar nach dem Erscheinungsbild des vom Bw gelenkten Pkw vermutet, dass es um einen Schwer­transport gehen müsse, jedoch trotzdem eine Lenker- und Fahrzeugkon­trolle begonnen, indem er vom Bw Führerschein und Zulassungsschein verlangt habe. Daraufhin habe ihm dieser seinen Dienstaus­weis ausgehändigt, der ihn als vereidigtes Straßenauf­sichts­organ für eine Schwertransportbegleitung ausge­wiesen habe, und mitge­teilt, der maßgebende Bescheid liege in einem anderen Begleitfahrzeug, worauf der Ml sich die wesentlichen Daten notiert und beschlossen habe, die Amts­handlung rasch zu beenden. Der Bescheid sei ihm später mit Fax übermittelt worden. Da sich im Gegenverkehr die Lenkerin des ersten vom Bw angehalten Pkw aufgeregt habe, habe er ihr und dem Pkwlenker dahinter die Weiterfahrt gestattet.

 

Von den in der Anzeige eindrucksvoll beschriebenen Emotionen bei der Amthandlung war in der Berufungsverhandlung keine Rede mehr. Vielmehr wurde geklärt, dass beim Überholmanöver des Bw, das der Ml zunächst als Übertretung gemäß § 16 Abs.1 lit.a StVO "Gefährden von ande­ren Verkehrs­teil­nehmern beim Überholen" (zusammen mit 15 weiteren Übertre­tungen) angezeigt hat, der Bw bereits im Wiedereinordnen begriffen war und das Fahrzeug im Gegenverkehr etwas in Richtung Linz versetzt vor dem Ml (fast) zum Stehen kam. Zur Geschwindigkeit des Gegenverkehrs und zum Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen beim Wiedereinordnen des Bw konnte der Ml nichts sagen. Der Gegenverkehr habe wegen des Gehsteiges keine Möglichkeit gehabt, weiter rechts zu fahren. Zum angezeigten Vorgang führte der AmtsSV gutachterlich aus, dass die Sichtverhältnisse vor Ort (Sichtweite mehrere 100m) grundsätzlich für ein unge­fährliches Überholen ausreichenden, jedoch sei der Tiefenabstand entschei­dend, um besonders gefährliche Verhältnisse zu beurteilen und fest­stellen zu können, ob der Gegenverkehr zu einer Bremsung, einer starken oder sehr starken Abbremsung gezwungen gewesen sei, und aufgrund der vorliegenden Unter­lagen und Anknüpfungspunkte könne dieser Tiefenabstand nicht beurteilt werden. Gehe man davon aus, dass sich der Gegenverkehr zum Zeitpunkt der Lasermessung in etwa auf Höhe des Polizisten befunden habe – sonst hätte der Ml seine Beobachtungen nicht machen können - so habe sich der Gegenverkehr rund 200 Meter vom überholenden Pkw des Bw entfernt befinden müssen. Gehe man davon aus, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers daher nur mehr den Einschervorgang durchführen musste, um die Fahrspur für den Gegen­verkehr frei zu geben, so sei bei Unterstellung eines üblichen Einscher­vorganges mit einer Zeit von ca. 2 Sekunden davon auszugehen, dass das Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit von rund 25 m/sec dafür ca. 50m benötigt habe. Unterstelle man den Gegenverkehr mit einer Geschwindigkeit von ca. 15 m/sec (das sind etwas mehr als 50 km/h), so ergebe sich, dass der Gegenver­kehr in dieser Zeit eine Wegstrecke von rund 30m zurücklege, dh bei einem ursprünglichen Abstand von 200m sei der Gegenverkehr, nachdem das Fahrzeug des Bw wieder auf die rechte Spur eingespurt eingeschert habe, noch ungefähr 120 Meter entfernt gewesen.

 

Der Ml hat in der Verhandlung ausgeführt, er habe dem Bw nur einmal ein Zeichen zum Anhalten gegeben, das Nichtbeachten dieses Zeichens aber unter zwei Blickwinkeln angezeigt, nämlich einmal nach § 97 Abs.5 StVO und einmal aufgrund des vom Bw vorgelegten Bescheides bzw der diesem beiliegenden Dienstan­weisung aus dem Jahr 2003, in der unter "Punkt 7. Allgemeines" ange­führt sei, dass die Anordnungen der ausführenden Organe der Bundes­sicher­heitswache unverzüglich zu befolgen seien.

Der Ml bestätigte, der Bw habe ihm seinen Dienstausweis gezeigt, worauf er nur die wesentlichen Daten notiert und die Amthandlung rasch beendet habe. Ob er, nachdem er den Dienstausweis ausgehändigt erhalten hatte, zusätzlich nochmals Führer­schein und Zulassungsschein verlangt habe, konnte der Ml nicht sagen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Im § 26 Abs.1 StVO 1960 ist unter der Überschrift "Einsatzfahrzeuge" ausge­führt, dass die Lenker von Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vor­richtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden ver­schieden hohen Tönen ausgestattet sind, diese Signale nur bei Gefahr im Ver­zuge, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes verwenden dürfen. ... Die Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht dürfen aus Gründen der Ver­kehrssicherheit auch am Ort der Hilfeleistung oder des sonstigen Einsatzes oder bei einer behörd­­­lich vorgeschriebenen Transportbegleitung verwendet werden.

Gemäß Abs.2 ist (außer in den - hier nicht zum Tragen kommenden - in Abs.3 angeführten Fällen) der Lenker eines Einsatzfahrzeuges bei seiner Fahrt an Ver­kehrs­verbote oder an Verkehrsbeschränkungen nicht gebunden. Er darf jedoch hiebei nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

 

Gemäß § 20 Abs.1 lit.d KFG 1967 dürfen bei Fahrzeugen, die von gemäß § 97 Abs.2 StVO beeideten Straßenaufsichtsorganen zur Begleitung von Sondertrans­porten verwendet werden, sofern die Verwendung von Blaulicht im Bescheid ua gemäß § 104 Abs.9 als Auflage zur Transportabsicherung vorgeschrieben wurde, für die Dauer dieser Transportbegleitung Scheinwerfer und Warnleuchten mit blauem Licht verwendet werden.

Der den ggst Schwertransport bewilligenden Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. April 2008, VerkSO-452.492/1499-2008-Auk, schreibt vor, dass das hauptverantwortliche und für die Leitung der Begleitstufe 4 befähig­te Straßenaufsichtsorgan (Ausweis) ermächtigt ist, im Zuge der Trans­port­absicherung durchgehend Blaulicht zu verwenden.

Der Bw war eben dieser Hauptverantwortliche und vom Ml wurde bestätigt, dass gut sichtbar blitzendes Blaulicht beim vom Bw gelenkten Pkw, der für Sonder­trans­porte erkennbar ausgerüstet war, eingeschaltet war, was er aber offenbar erst beim Vorbeifahren erkannt hat.

 

Nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates war der Pkw des Bw bei eingeschaltetem Blaulicht als Einsatzfahrzeug anzusehen, selbst wenn er nicht über ein Folgetonhorn verfügte und im § 26 Abs.1 StVO von "Fahrzeugen, die nach den kraftfahrrechtlichen Vorschriften mit Leuchten mit blauem Licht oder blauem Drehlicht und mit Vor­richtungen zum Abgeben von Warnzeichen mit aufeinanderfolgenden ver­schieden hohen Tönen ausgestattet sind" die Rede ist. Da im § 26 Abs.1 unter der Überschrift "Einsatzfahrzeuge" ausdrücklich die Zu­läss­ig­keit der Verwendung von blauem (Dreh-)Licht bei einer behördlich vorge­schriebenen Transportbegleitung aus Gründen der Verkehrssicherheit geregelt ist, besteht kein Zweifel, dass der vom Bw gelenkte, nach behördlicher Anord­nung ordnungsgemäß ausgestattete Pkw bei der Verwendung von Blaulicht am 8. April 2008, 16.07 Uhr, als Einsatzfahrzeug anzu­sehen war.

Für die Qualifikation eines Fahrzeuges als "Einsatzfahrzeug" ist erforderlich, dass blaues Licht oder Folgetonhorn tatsächlich verwendet wird; es genügt die Ver­wen­dung eines dieser Signale; ein Fahrzeug ist auch dann ein Einsatzfahrzeug, wenn diese Signale widerrechtlich verwendet werden (vgl OGH 20.12.1988, 2 Ob 157/88). Dieser Ansicht hat sich auch der VwGH angeschlossen – vgl E 19.11. 2004, 2002/02/0068.

 

Daraus folgt, dass gemäß § 26 Abs.2 StVO 1960 der Bw als Lenker des beschriebenen Einsatzfahrzeuges an Verkehrs­verbote und Verkehrsbeschrän­kungen nicht gebunden war, dh nicht an Ge­schwin­dig­keits­beschränkungen und nicht an Überholverbote – sofern nicht eine Gefährdung von Personen oder eine Beschädigung von Sachen damit verbunden war.

Das im Berufungsverfahren durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Bw mit einer vom Ml nach eigenen Angaben festgestellten, allerdings mangels jeglicher Daten des verwendeten Lasermessgerätes nicht nachvollzieh­baren Überschreitung der im Ortsge­biet erlaubten Höchstgeschwindigkeit einen Überholvorgang eingeleitet hat, bei dem er ein im Gegenverkehr befindliches Fahrzeug zu einer etwas stärkeren Bremsung veranlasst habe. Die Angaben des Ml in der Verhandlung waren zur Geschwindigkeit dieses Fahrzeuges und zum Abstand beim Einschervorgang des vom Bw gelenkten Pkw äußerst nebulos und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das am ordnungsgemäß ausge­statteten Pkw des Bw vor­handene Blaulicht laut Ml "gut sichtbar geblitzt" hat, davon auszugehen, dass der Gegenverkehr bei besten Sichtverhältnissen bei geradem Straßenverlauf der Oberen Do­nau­lände in M das Entgegen­kommen des Einsatzfahrzeuges von weitem erkennen musste, nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit eruierbar, aus welchem Grund der Gegenverkehr letztlich gebremst hat, wobei auch aus den Ausführungen des SV keinerlei Gefährdung des Lenkers des im Gegenverkehrs befindlichen Fahrzeuges und auch keine "besondere Rücksichts­losigkeit" des Bw, bezogen auf diesen, nachvollziehbar waren. Abge­sehen davon blickte der Ml beim Lasermessen durch die Visiereinrichtung auf das anzu­visierende Kennzeichen eines überholenden Fahrzeuges und übersah dabei nicht nur das das Blaulicht, sondern hörte auch nur die Reifen des entgegen­kommen­den Pkw quietschen, ohne konkrete Angaben in Bezug auf die Bremsung machen zu können. Der Ml beschrieb das von ihm nach Weglegen des Laser­mess­gerätes erfolgte "Haltezeichen", wobei er jedoch selbst einräumte, er könne nicht sagen, ob der an ihm vorbeifahrende Bw dieses überhaupt noch sehen konnte, und auch unklar blieb, wie lange der Ml zum Weglegen des Gerätes samt den verwendeten Schulterstützen gebraucht hat; daher ist auch die inhaltliche Verwirklichung des Tatvorwurfs im Punkt 3), abgesehen von § 26 Abs.2 StVO, nicht mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit anzunehmen.

Der Ml hat in der Verhandlung bestätigt, er habe vom Bw bei der "Anhaltung" – der Bw blieb in Ausübung der ihm behördlich aufgetragenen Aufgaben quer auf der linken Fahrspur stehen, um den Gegenverkehr aufzu­halten – Führerschein und Zulass­ungs­schein verlangt, jedoch aufgrund des vom Bw sofort ausge­händigten Dienstaus­weises, der ihn als gemäß § 97 Abs.2 StVO beeidetes Straßen­aufsichtsorgan auswies, in Verbindung mit dem als Sonder­trans­port mit eingeschaltetem Blau­licht ord­nungs­gemäß gekennzeichneten Pkw (auch ohne den zugrundeliegenden Bescheid gelesen zu haben) den Schluss gezogen, es müsse sich hier um eine Transport­begleitung handeln und es wäre günstig, diesen nicht zu lange anzuhalten. Er konnte in der Berufungsverhandlung nichts mehr dazu sagen, ob er nach Einsichtnahme in den Dienstausweis und Notieren der Daten nochmals ausdrücklich auf der Aushändigung von Führerschein und Zulassungsschein bestan­den hat. Damit ist aber die Verant­wortung des Bw, er habe, wie auch den Dienstausweis, beide Papiere selbstverständlich mitgeführt, diese seien aber nicht verlangt worden, durchaus glaubwürdig – beide Tatvor­würfe bezogen sich auf ein "Nichtmitführen", nicht auf ein "Nichtaushändigen".

 

Am Rande zu erwähnen ist, dass dem Ml zwar (leider) nicht zu widersprechen ist, wenn er meint, dass es auch falsche Polizisten gibt und auch einem Trans­portbegleiter die Lenkberechtigung entzogen worden sein kann, und Bedenken hegt, ob Einsatzfahrzeuge auch berechtigterweise als solche unter­wegs sind. Andererseits hatte der Bw einen Dienstausweis (der unter den Voraussetzungen des § 7 FSG auch entzogen wird), sind Einsatzfahrzeuge nicht ohne Über­legungen von vielen Bestimmungen der StVO ausge­nommen und ist der Sinn und Zweck einer Einsatzfahrt von einem uninfor­mierten Außen­stehenden auch nicht jederzeit klar und unzweifelhaft erkenn­bar. Der geradezu als "Anzeigeexzess" anzusehende Vorwurf von insge­samt 16 Über­tretungen allein gegen den Bw ist aber selbst mit dieser Argumentation letzt­endlich, auch im Hinblick auf die oben zitierte Judikatur, nicht logisch erklärbar, noch dazu, da der Ml die Anzeige erst nach Kenntnisnahme vom zugrunde­liegenden, ihm nachträglich per Fax über­mittelten Bescheid erstattete.

 

Im Hinblick auf die zwischenzeitlich von diesen 16 noch verbliebenen fünf Punkte des Straf­erkennt­nisses war aber spruchgemäß zu entscheiden, was naturgemäß den Entfall jeglicher Verfahrenskostenvorschreibungen zur Folge hatte.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

Transportbegleiter mit eingeschaltetem Blaulicht – Einsatzfahrzeug -> Einstellung

 

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