Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251994/37/Fi/Hue

Linz, 30.06.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung der S P, L, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. K Z, H, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5. März 2008, GZ. 0163967/2007, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2009 und 17. Juni 2009 – mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 66 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5. März 2008, GZ. 0163967/2007, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil sie es als Gewerbeinhaberin der Firma P S, Cafe T, T, zu verantworten habe, dass von ihr die slowakische Staatsbürgerin S J, geb.    , und die kroatische Staatsbürgerin B B, geb.     , vom 30. August 2007 bis 3. September 2007 im oa. Cafe beschäftigt worden seien, obwohl sie diese nicht zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet habe.

Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 33 Abs.1 iVm § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) angeführt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt am 1. April 2008, richtet sich die vorliegende, am 15. April 2008 abgesendete – und somit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag.

Darin wird von der Bw das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten. Die beiden Damen seien Gäste im Lokal und nicht dort beschäftigt gewesen. Im gesamten Akt befinde sich keine Niederschrift mit den beiden Frauen, in welchem sie ein Beschäftigungsverhältnis bestätigt hätten. Zum damaligen Zeitpunkt sei als Kellner Herr E C tätig gewesen. Aus diesem Grund habe die Bw keinen Verstoß gegen das ASVG zu vertreten. Darüber hinaus sei kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, da die beiden Damen nie förmlich und niederschriftlich befragt worden seien.

Daher wird die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die schuld- und tatangemessene Herabsetzung der Strafe beantragt.

2. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vorgelegt. Da eine 2.000 Euro nicht überschreitende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG).

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2009 und 17. Juni 2009.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 111 ASVG, BGBl.Nr. 189/1995 idF BGBl. I Nr. 67/2001, begehen Dienstgeber und sonstige nach § 36 meldepflichtige Personen (Stellen), im Falle einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs.3 oder § 36 Abs.2 die Bevollmächtigten, die der ihnen aufgrund dieses Bundesgesetzes obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen bzw. zur Übermittlung von Meldungsabschriften an den Dienstnehmer nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, die Erfüllung der Auskunftspflicht verweigern, den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit keine Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind, gewähren oder in den ihnen obliegenden Meldungen, Anzeigen und Auskünften unwahre Angaben machen, wenn die Handlung nicht nach anderer Bestimmung einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 2.180 Euro bis 3.630 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

Nach § 33 Abs. 1 ASVG, BGBl.Nr. 189/1995 idF BGBl. I Nr. 132/2005, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie die Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die Beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit. c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

3.1.2. Aus der Zusammenschau der mit § 111 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als „Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger“ bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie z.B. Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen. Unter anderem ist erforderlich, dass eine Beschäftigung gegen Entgelt erfolgte.

3.2. Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegt, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis schon deshalb nicht gerecht, weil darin insbesondere keinerlei Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs. 1 und 2 ASVG, § 33 Abs. 1 ASVG, § 33a Abs. 1 ASVG sowie in § 35 Abs. 1 und 3 ASVG positivierten essentiellen Tatbestandselemente enthalten ist.

Im gegenständlichen Fall wurde der Bw vielmehr nur pauschal angelastet, dass sie vom 30. August 2007 bis 3. September 2007 die slowakische Staatsbürgerin S J, geb., und die kroatische Staatsbürgerin B B, geb., im Cafe T, T, als Kellnerinnen beschäftigt habe, ohne diese beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben. Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht jedoch hervor, ob hiefür ein (die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG übersteigendes) Entgelt vereinbart war. Auch sind diesbezügliche Erhebungen aus dem erstbehördlichen Akt nicht ersichtlich.

Eine Übertretung des § 111 ASVG kann der Bw jedoch nur dann angelastet werden, wenn sämtliche essentiellen Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind.

Mit dem Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses wurde somit der Bw im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

3.3. Schon aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Im Hinblick auf die bereits verstrichene Verfolgsverjährungsfrist war auch die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

Beschlagwortung:

 

Mangelnde Spruchkonkretisierung

 

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