Linz, 23.06.2009
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau
Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer, sowie die ausgesprochenen Verbote auf vier (4) Monate ermäßigt werden.
Die Anordnung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme und die Anordnung der Nachschulung wird behoben.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG, § 7 Abs.1, Abs.3 Z1, Abs.4 u. Abs.6, § 24 Abs.1 Z1, § 26 Abs.1 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 8.5.2009 die Vorstellung über ihren Mandatsbescheid vom 22.04.2009 (gleiche Aktenzahl), nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren abgewiesen und ihren Bescheid in gesamtem Umfang bestätigt.
Darin wurde betreffend die Lenkberechtigung des Berufungswerbers (Führerschein, ausgestellt von der Bundespolizeidirektion Linz vom 25.08.1993, Zahl: VerkR-0501/584/1993) für die Klassen "A (V), B" entzogen und folgendes ausgesprochen:
"Die Bundespolizeidirektion Linz entzieht die von ihr am 6.12.2005, unter ZI. F 5898/2005, für die Gruppe B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 7 Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides.
verbietet ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer von 7 Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides.
à ordnet die Absolvierung einer Nachschulung des folgenden Kurstyps an:
□ Nachschulung für alkoholauffällige Lenker.
Die Nachschulung ist spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung zu absolvieren.
à verlangt spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über Ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gem. § 8 FSG, sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme.
à Aberkennt das Recht von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
à Der Führerschein ist unverzüglich der Behörde abzuliefern."
Gestützt wurde der Bescheid auf §§ 7, 24, 25, 29, 30, 32 FSG des Führerscheingesetzes-FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008 und 57 AVG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009).
Der Berufung wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung nach § 64 Abs.2 FSG aberkannt.
1.2. Die Behörde erster Instanz führte begründend aus:
2. Der Berufungswerberin tritt dem angefochtenen Bescheid fristgerecht mit folgenden Ausführungen entgegen:
3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Das Beweisverfahren wurde im Einvernehme mit dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin mit dem die Vorfrage indizierenden Verwaltungsstrafverfahren, dessen Straferkenntnis wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 am 4. Juni 2009 erlassen und vom Rechtsvertreter mit der heute vorgelegten Berufung angefochten wurde, auch auf das Verwaltungsstrafverfahren bezogen (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung der erstinstanzlichen Aktenlage beider Verfahren. Die polizeiliche Anzeige befand sich dem Führerscheinakt angeschlossen. Die den Atemlufttest durchführende Polizeibeamtin Inspin. D A wurde als Zeugin einvernommen. Im Vorfeld wurde die zur Nachtrunkerantwortung erforderliche präsumtive Trinkmenge der genannten Haustropfen von Amtsarzt Dr. G errechnet.
Die Berufungswerberin wurde als Verfahrenspartei gehört. Die Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung nicht teil.
Letztlich gestand die Berufungswerberin den Konsum von fünf Achtel Rotwein zum Mittagessen bis knapp vor der Unfallfahrt.
Die darauf gestützte Rückrechnung erfolgte über h. Ersuchen abermals durch den Amtsarzt Dr. G mittels Alkorechner, sowie seitens des Verhandlungsleiters durch zwei zusätzliche Berechnungsprogramme (AS 8a).
4. Sachverhaltslage:
Die Berufungswerberin verursachte am 15.4.2009 um 14:30 Uhr einen Verkehrsunfall mit Sachschaden. Sie streifte einen in der Klausenbachstraße 80 abgestelltes Kraftfahrzeug an dessen linken Seite und verschuldete dem zur Folge den Verkehrsunfall auch. Sie hielt folglich an der Unfallstelle nicht an, sondern erst etwa 50 m weiter und begab sich zu ihrer von dort etwa 500 entfernt liegenden Wohnung. Wegen Übelkeit konsumierte sie die Montana Haustropfen in wohl nur mäßiger jedoch nicht exakt feststellbarer Menge.
Nach intensiven Recherchen über den Unfalllenker wurde die Berufungswerberin um 16:10 Uhr an ihrer Wohnadresse in 4020 Linz, Leonfeldnerstraße 304 angetroffen. Der von 16:39 bis 16:42 Uhr durchgeführte Atemlufttest führte zum Ergebnis eines Atemluftalkoholgehalts von 0,80 u. 0,84 mg/l.
Die Berufungswerberin verantwortete sich bereits gegenüber dem einschreitenden Polizeiorgan als auch im Rahmen der noch am Unfalltag aufgenommenen polizeilichen Niederschrift (Ende 17:05 Uhr) sinngemäß mit dem Konsum einiger Stamperl "Montana-Haustropfen", welche sie wegen plötzlich auftretender Übelkeit nach dem Unfall eingenommen habe. Den Unfall habe sie wegen der schon zu diesem Zeitpunkt verspürten körperlichen Schwächezustand nicht verständigt. Sehr wohl sei ihr bewusst geworden ein anderes Fahrzeug gestreift gehabt zu haben.
Diese Trinkverantwortung erschien insofern nicht glaubwürdig, weil laut amtsärztlicher Berechnung zum Erreichen einer Alkoholisierung von 0,8 mg/l AAK unter der Voraussetzung der vollständigen Resorption und ohne Berücksichtigung einer eingetretenen Alkoholelimination, der Genuss von mindestens 124,6 ml Monatana Haustropfen notwendig gewesen wären.
Laut Angabe Firma Pharmonta enthält ein kleines Gebinde im Handel 50 ml. Die therapeutische Dosierung beträgt im Normalfall bis zu 2 Esslöffel.
Geht man nun davon aus, dass beim Alkotest nahezu schon zwei Stunden seit dem behaupteten Nachtrunk verstrichen waren, wären demnach bereits 0,15 mg/l an Alkoholgehalt abgebaut worden. Demnach müsste der behauptete Nachtrunk noch deutlich höher gewesen sein.
Auch die von der Berufungswerber durch Vorweisung des teilweise geleerten Trinkgebindes und des verwendeten Stamperls, welches sie viermal mit 4 cl u. einmal mit 2 cl befüllt haben wollte, konnte in die Flasche nicht zur Gänze rückgefüllt werden.
Nach Hinweis auf den hier vorgetragenen völlig sinnlosen und vor allem lebensfremden Konsum eines Heilmittels, räumte die Berufungswerber letztlich aus freien Stücken ein, zum Mittagessen bis kurz vor Fahrtantritt im Zeitraum von 1 ½ Stunden fünf Achtel (Rot-)Wein konsumiert gehabt zu haben.
Diese Darstellung ist den Denkgesetzen und Lebensnähe folgend glaubhaft. Aber auch der bereits in Verbindung mit der Atemluftuntersuchung gegenüber der Zeugin Insp. Arnolndner unmittelbar angeführte Nachtrunkbehauptung von Montana Haustropfen ist nicht unglaubwürdig. Bei lebensnaher Beurteilung ist ein solcher Konsum in dessen exakten Menge im Nachhinein wohl kaum erfassbar, sodass es nicht sachgerecht wäre, einen derart getätigten Nachtrunk in noch fehlender Kenntnis dessen nachfolgenden Bedeutung, für den Einzelfall mit dem bloßen Hinweis auf die Judikatur, wonach dieser eben exakt [gemeint wohl nachvollziehbar] bei sich ehest bietender Gelegenheit erwähnt werden muss, schlichtweg zu ignorieren.
Daher ergibt sich unter der Annahme des im Rahmen der Berufungsverhandlung von der Berufungswerberin eingeräumten Alkoholkonsums eine zum Lenkzeitpunkt erwiesene Beeinträchtigung durch Alkohol um Umfang von mehr als 0,4 aber weniger als 0,6 mg/l.
Dieses Ergebnis wurde mittels drei Berechnungsvarianten, zuletzt mit der sogenannten Atemalkoholformel nach Wermuth / F., welche unter Berücksichtigung der physischen Parameter der Berufungswerberin (50 kg Körpergewicht, 165 cm Körpergröße, Zeit 1,5 Stunden) zu einem Ergebnis von etwas über 0,43 mg/l (entspricht etwa 0,86 Promille) führt.
Der Berufungswerber bzw. deren Rechtsvertreter wurden die Ergebnisse zur Kenntnis gebracht. Diesem wurde nicht entgegen getreten.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs.1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
Durch § 26 Abs.1 FSG (Sonderfälle der Entziehung) wäre für den Fall einer erstmaligen Begehung einer Übertretung gem. § 99 Abs.1b StVO 1960 – von einer solchen ist gemäß dem Beweisergebnis auszugehen – die Lenkberechtigung für die Dauer von einen Monaten zu entziehen. Wenn jedoch nach § 26 Abs.1 Z2 FSG einen Verkehrsunfall verschuldet hat – und dies steht hier unstrittig fest – hat nach § 25 Abs.3 zweiter Satz die Entzugsdauer mindestens drei Monate zu betragen.
Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird,…
Nach § 7 Abs.3 leg.cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat;
…
Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind gemäß § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Da hier einerseits bereits ein Vorentzug wegen eines inhaltsgleichen Deliktes (Entzug v. 15.10.2004 bis 15.2.2005) vorliegt und weil es im gegenständlichen Fall zusätzlich zu einem ohnedies eine Mindestentzugsdauer von drei Monaten bedingenden verschuldeten Verkehrsunfall mit Fahrerflucht gekommen ist, kann mit der Mindestentzugsdauer das Auslangen nicht gefunden werden.
Dennoch scheint auf Grund des bisherigen Wohlverhaltens der Berufungswerberin in Verbindung mit der letztlich offen und nachdrücklich bekannte Einsicht über die Problematik des Trinkens und Fahrens, bereits nach dem Ablauf von vier Monaten wieder prognostizierbar.
Von der Anordnung von Maßnahmen kann ebenfalls abgesehen werden.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r