Linz, 22.06.2009
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. W P, A, vertreten durch RAe Mag. W D und Mag. V F-B, L, vom 12. September 2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding vom 14. August 2008, VerkR96-2352-2007-Mg/Hs, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 18. Juni 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 102 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG
zu II.: § 64 VStG
Entscheidungsgründe:
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.2c Z9 StVO 1960 eine Geldstrafe von 510 Euro (9 Tage EFS) verhängt, weil er am 15. August 2007, 10.22 Uhr, in der Gemeinde Altmünster, L544 bei Strkm 4.555, mit dem einspurigen Motorrad die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 89 km/h überschritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden sei.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 51 Euro auferlegt.
2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 18. Juni 2009 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters Mag. R G, des Vertreters der Erstinstanz Dr. J H, der Zeugen Meldungsleger RI U G (Ml) und Insp P S (Insp S) und des technischen Amtssachverständigen Dipl.HTL-Ing R H durchgeführt. Der Bw war entschuldigt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.
3. Der Bw beantragt die "Einholung eines SV-Gutachtens bzw Durchführung eines Lokalaugenscheins unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bereich der Messtechnik und des Eichwesens" zum Beweis dafür, dass das Messgerät zur Geschwindigkeitsmessung eines Motorrades über eine Strecke von 300 m nicht geeignet sei. Außerdem sei es bei den örtlichen Gegebenheiten und der genannten Entfernung unmöglich, die Geschwindigkeit eines Motorrades zu messen. Die Erstinstanz habe ihre Feststellungen über die Möglichkeit der Messung auf die Zeugenaussagen der Polizisten gestützt, aber es sei nicht nachvollziehbar, woher die Zeugen ihre Erkenntnisse zur Verwendungsmöglichkeit des Lasermessgerätes hätten. Die Erstinstanz habe weder die Betriebsanleitung noch Verwendungsbestimmungen geprüft und auch kein Gutachten eingeholt. Es sei auch nicht geklärt worden, ob der Messbeamte ein Dreibeinstativ zur Verfügung gehabt habe. Die Einhaltung der Verwendungsbestimmungen habe von der Behörde nicht klargelegt werden können. Die angefochtene Entscheidung weise wegen eines unzureichenden Ermittlungsverfahrens, unzureichender Begründung und Nichtaufnahme von Beweisen sowie inhaltlichen Mängeln Verfahrensmängel auf. Beantragt wird Verfahrenseinstellung.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung bei km 4.860 der L544, bei der beide Parteien gehört und beide Polizeibeamte zeugenschaftlich befragt wurden.
Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Der Ml und Insp S führten am Feiertag, dem 15. August 2007, ab 10.15 Uhr Geschwindigkeitsüberwachungsdienst auf der L544 im Bereich des Parkplatzes beim Sportplatz bei km 4.860 Uhr durch. Die L544 verläuft von dort aus in Richtung Altmünster gesehen auf eine Strecke von jedenfalls über 600 m gerade und übersichtlich, daneben befinden sich Wiesen. Gegenüber der Einfahrt zum Parkplatz sind mehrere Hauszufahrten und laut Aussage des Ml finden dort wegen Anrainerbeschwerden regelmäßig Geschwindigkeitsmessungen statt. Nach dem Parkplatz in Richtung Neukirchen gesehen beginnt eine 70 km/h-Beschränkung.
Beide Polizeibeamte sind für die Geschwindigkeitsmessung mit Lasermessgeräten der Bauart 20.20 TS/KM-E geschult und aufgrund regelmäßiger beruflicher Tätigkeit geübt. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens wurde ein Lasermessgerät dieser Bauart mit der Identifikationsnummer 5568 verwendet – der Eichschein und das Messprotokoll wurden bereits der Erstinstanz vorgelegt. Laut Eichschein war das Lasermessgerät zur Vorfallszeit ordnungsgemäß geeicht (letzte Eichung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen am 19. September 2006 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2009).
In der Verhandlung wurde geklärt, dass die Zeugen an der ersten Parkplatzausfahrt aus Richtung Altmünster gesehen standen – ihr Fahrzeug war hinten am Parkplatz abgestellt – und um 10.15 Uhr, wie im Messprotokoll ausgeführt, Insp S mit den Messungen begann, nachdem er die vorgeschriebenen Einstiegstests ordnungsgemäß durchgeführt hatte. Bei Einschalten führt das Gerät einen Selbsttest durch und zeigt auf dem Display die Ziffern "8.8.8.8.", dann wird ein ruhendes Objekt horizontal und vertikal anvisiert und eine Null-km/h-Messung durchgeführt. Auf der Parkplatzseite ist die L544 uneingeschränkt einsehbar, auf der linken Seite der L544 befinden sich ein Verkehrzeichen und ein Wegweiser, die für den Messbeamten Insp S von hinten sichtbar und zur Null-km/h-Messung geeignet sind. Insp S führte an diesem Tag die Messungen durch und der Ml hielt die gemessenen Lenker an. Da sehr wenig Verkehrs war, wollten beide die Messungen schon beenden, als das Motorengeräusch eines Motorrades zu hören war, worauf zugewartet wurde. Aus Richtung Altmünster kam ein Motorrad von der in diese Richtungen einsehbaren Fahrbahnkuppe, passierte die darauffolgende leichte Kurve und fuhr schließlich auf die Gerade, wobei die Geschwindigkeit von Insp S so gemessen wurde, dass er nach eigenen Angaben das Motorrad oberhalb des Scheinwerfers mit dem in der Visiereinrichtung sichtbaren roten Laserpunkt anvisierte und so oft die Messung durchführte, bis er einen Messwert erzielt hatte, was durch den Piepston des Gerätes feststellbar war, der zugleich anzeigte, dass die eingestellte Geschwindigkeit – das waren 120 km/h – überschritten worden war. Der Ml führte daraufhin eine Anhaltung des Motorradlenkers, des Bw, durch, der nach Aussagen beider ohne Schwierigkeiten bei der Parkplatzausfahrt stehenbleiben konnte. Der Ml setzte den Bw von der ihm von Insp. S mitgeteilten gemessenen Geschwindigkeitswert von 195 km/h, dh nach Toleranzabzug von 3% 189 km/h, in Kenntnis, worauf der Bw den Wert nicht in Zweifel zog und erklärte, er besitze die Maschine, eine BMW K1200 R Sport, noch nicht lange und habe sie ausprobieren wollen. Er wollte laut Ml auch gleich eine Strafe bezahlen, was aber vom Ml aufgrund des hohen Geschwindigkeitswertes, bei dem kein Organmandat mehr zulässig sei, abgelehnt und eine Anzeige angekündigt wurde.
Der Ml erklärte in der Verhandlung, er habe den Piepston des Lasergerätes beim Messen gehört und Insp S habe ihm den Geschwindigkeitswert zunächst für die Amtshandlung mündlich mitgeteilt; danach habe er die Displayanzeige auch selbst gesehen.
In der Verhandlung wurde erläutert, dass zum einen laut Zulassung (Zl.43427/92/1, Amtsblatt für das Eichwesen Nr.3/1994) Lasergeschwindigkeitsmessgeräte der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E mit einem Zoom ausgestattet sind, die eine Messentfernung von 30 bis 500 m zulassen, dh die ggst Messentfernung von 305 m (Standort bei km 4.860, daraus wurde der Messort bei km 4.555 errechnet), die beim Umschalten von der Geschwindigkeit am Display zu sehen ist, lag innerhalb der zulässigen Messentfernung. Zum anderen ergibt sich beim Abgleiten des Laserstrahls von der anvisierten Fläche während des Messvorgangs kein Geschwindigkeitswert, sondern am Display eine "Erroranzeige", die aussagt, dass keine Messung zustandegekommen ist. Ein "falscher" Wert ist demnach ausgeschlossen. Insp S bestätigte aus der Topografie völlig nachvollziehbar, er habe wegen der Länge der einsehbaren Strecke ausreichend Zeit für die Messung gehabt und der von ihm gemessene Wert sei eindeutig und ohne jeden Zweifel dem Motorrad des Bw zuzuordnen, ein anderes Fahrzeug habe sich nicht im Messbereich befunden, auch kein Gegenverkehr, und die Geschwindigkeit des Motorrades sei von weitem erkennbar hoch gewesen. Die ggst Geschwindigkeitsmessung erfolgte daher ohne Zweifel ordnungsgemäß; es ergab sich kein Hinweis auf einen technischen Fehler des Gerätes oder des Messvorgangs und wurde ein solcher in der Verhandlung nicht einmal mehr behauptet. Ebenso bestand aufgrund der Einsehbarkeit und der Länge der Messtrecke wie auch dem Umstand, dass es bei einem Motorrad im Frontbereich sehr wohl senkrechte, für eine Lasermessung geeignete Stellen zum Anvisieren gibt, kein Zweifel, dass der dafür geschulte und geübte Messbeamte nicht ausreichend Zeit oder die Möglichkeit für die Messung gehabt hätte. Die Lasermessung erfolgte im Freien, es besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die in der Zulassung genannten Voraussetzungen für das Zustandekommen eines als Grundlage für den Tatvorwurf heranziehbaren Messwerts nicht vorgelegen hätten. Aus all diesen Überlegungen erübrigte sich auch die ausdrückliche Einholung eines SV-Gutachtens, nachdem vom Rechtsvertreter ebenso wie vom Vertreter der Erstinstanz auf ausdrückliche Frage der Verhandlungsleiterin nach weiteren Beweisanträgen auf ein solches verzichtet wurde. Auch besteht keinerlei Anhaltspunkt für eine Unmöglichkeit in technischer Hinsicht, mit dem vom Bw gelenkten Motorrad eine derartige Geschwindigkeit auf der in Rede stehenden Strecke zu erzielen, und wurde eine solche nie behauptet.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeugen, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.
Auf der Grundlage des Beweisverfahrens ist ohne jeden Zweifel davon auszugehen, dass der Bw eine Geschwindigkeit von nach Toleranzabzug 189 km/h (vom Messwert 195 sind 3% aufgerundet, dh 6 km/h, abzuziehen) auf einer Freilandstraße eingehalten hat, wobei die in der Zulassung des verwendeten geeichten Lasergeschwindigkeitsmessgerätes enthaltenen Voraussetzungen sowohl beim Messbeamten als auch beim Gerät eingehalten wurden. Der Bw hat bei der Anhaltung den ihm vom Ml mitgeteilten Geschwindigkeitswert auch nicht angezweifelt oder gar bestritten. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, das der errechnete Wert in technischer Hinsicht nicht ordnungsgemäß zustandegekommen sein könnte. Die Behauptung des Bw in der Berufung, die Strecke, der Beamte und/oder das Gerät seien ungeeignet, die Geschwindigkeit eines Motorrades zu messen, geht daher ins Leere.
Im Übrigen sind Lasergeschwindigkeitsmessgeräte der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E taugliche Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit und ist einem mit der Geschwindigkeitsmessung mit einem derartigen Messgerät vertrauten Beamten aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten (vgl VwGH 8.9.1998, 98/03/0144; ua).
Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel, dass der Bw mit dem in Rede stehenden – von ihm selbst bei der Anhaltung auch nicht bestrittenen – Geschwindigkeitswert die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit wesentlich insofern überschritten hat, als der im Spruch angeführte nach ordnungsgemäßem Toleranzabzug nachvollziehbar richtig errechnete Geschwindigkeitswert auch über der im § 99 Abs.2c Z9 StVO angeführten Überschreitung um mehr 50 km/h lag. Der Bw hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand ohne jeden Zweifel erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.2c StVO 1960 von 72 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von 24 Stunden bis sechs Wochen reicht.
Wie die Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausgeführt hat, wurde die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw bereits als mildernd gewertet und die in Ermangelung konkreter Angaben geschätzten finanziellen Verhältnisse des Bw (2.000 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten; diesbezüglich wurde auch in der Berufungsverhandlung nichts anderes geltend gemacht oder nachgewiesen) den Überlegungen zur Strafbemessung zugrundegelegt.
Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem hohen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung – bei einer Überschreitung um 89 km/h ist zweifellos von Vorsatz auszugehen, wenn der Bw ein Motorrad "ausprobiert", auch wenn die Straßen-, Witterungs- und Verkehrsbedingungen dafür bestens "geeignet" waren und die Freude über sein Motorrad grundsätzlich nachvollzogen werden kann – wobei der Umstand, dass seine Übertretung keine nachteilige Folgen hatte, nicht zur Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG führen kann. Mildernd war auch die längere Verfahrensdauer beim UVS zu berücksichtigen; jedoch ist angesichts des Ausmaßes der Überschreitung eine Strafherabsetzung nicht gerechtfertigt, weil einem Motorradlenker, der seit 1981 eine Lenkberechtigung besitzt, zum Austesten der technischen Möglichkeiten seines neuen Motorrades unter Umständen die Fahrt auf deutsche Autobahnen, aber in Österreich jedenfalls ausreichende Selbstbeherrschung zuzumuten ist.
Die Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zur Beachtung der Geschwindigkeitsbestimmungen anhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
zu II.:
Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Lasermessung Motorrad 189 km/h – 510 € - Bestätigung