Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390271/2/Kü/Ba

Linz, 19.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn Ing. F B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M M, L, L, vom 12. Februar 2009 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. Jänner 2009, EnRo96-3-2006, wegen einer Übertretung des Elektrotechnikgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5. Jänner 2009, EnRo96-3-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw), wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 3 Abs.1 und 2, 9, 12 Abs.2 und 17 Abs.1 Z 1 lit.a Elektrotechnikgesetz 1992 eine Geldstrafe von 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als Bürgermeister der Gemeinde P und Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Gemeinde P zu vertreten, dass wie von Organen der Energiebehörde anlässlich eines Lokalaugenscheines am 21.7.2006 festgestellt wurde, von der Gemeinde P im Gemeindeamt P, L,  P, trotz entsprechender Aufforderung der L AG S GmbH vom 22.5.2006, Zahl A/1-0417-06, zumindest von 22.5.2006 bis 21.7.2006 ein Personenlift errichtet wurde, wodurch die mit Bescheid En(Wa)-717/2-1974/Eg elektrizitätsrechtlich bewilligte elektrische Anlage/Trafostation geändert wurde,

1.     indem direkt über den Abluftöffnungen der Trafostation die Zubringung der Transformatoren wesentlich erschwert bzw. unmöglich wird

2.     sowie der im Elektrotechnikgesetz § 3 Abs. 1 sowie § 3 Abs. 2 ETG 1992 geforderte sichere Betrieb der elektrischen Anlage nunmehr durch die Gestaltung nicht mehr gegeben ist und dadurch eine Gefährdung von Personen besteht, indem durch die Errichtung des Personenliftes der Bereich unmittelbar vor der östlich gelegenen Jalousientür durch die Errichtung einer Zugangstür in das Kellergeschoss zum abgetrennten Gangbereich geworden ist und sich im Falle eines Störlichtbogens daher im Vergleich zum genehmigten Zustand eine unmittelbare Gefährdungsmöglichkeit von Personen im Einstiegsbereich des Liftes im Kellergeschoss und im Erdgeschoss ergibt,

 

obwohl die nicht gewerbsmäßige Änderung von elektrischen Anlagen nur solchen Personen gestattet ist, welche die hiezu erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen oder die Arbeit wenigstens unter der Aufsicht solcher Personen durchzuführen ist und wurde anlässlich des Lokalaugenscheines am 21.7.2006 durch Organe der Energiebehörde in Wahrung der elektrotechnischen Sicherheit entsprechend ÖVE-EH 1 die sofortige Außerbetriebnahme der Haltestellen im Kellerschoss und Erdgeschoss aufgetragen."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der das Straferkenntnis vollinhaltlich angefochten wird.

 

Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass der Vorwurf an den Bw, wonach durch die Errichtung eines Personenliftes die Zubringung der Transformatoren zur Trafostation wesentlich erschwert bzw. unmöglich gemacht würde, keinesfalls ein strafrechtlich relevantes Verhalten im Sinne des Elektrotechnikgesetzes darstelle. Zu diesem Faktum würde darauf hingewiesen, dass die elektrizitätsrechtlich bewilligte Anlage (Trafostation) keinesfalls verändert oder geändert würde. Ob nunmehr die Zubringung der Transformatoren beeinträchtigt sei oder nicht, habe nichts mit der elektrischen Anlage an sich zu tun. Insbesondere würde auf die Definition einer Ver- bzw. Abänderung im Sinne des § 1 Abs.3 Elektrotechnik­gesetz verwiesen. Es sei auch festzuhalten, dass weder in der Verhandlungs­schrift zu EnRo-107.788-2006 vom 16.11.2006 noch in der Verhandlungsschrift vom 21.7.2006 Bezug auf eine diesbezügliche Beeinträchtigung der Anlage genommen würde. Die Anlage würde daher an sich durch die Errichtung des Liftes (im Hinblick auf die Ein- und Ausbaubarkeit der Transformatoren) nicht geändert.

 

Die gesetzlichen Definitionen von elektrischem Betriebsmittel und elektrischer Anlage seien äußerst unklar. Ausgehend von diesen Definitionen sei die Trafostation als elektrisches Betriebsmittel und als elektrische Anlage zu werten, der Personenlift hingegen nicht. Sollte die Errichtung des Personenliftes als Herstellung oder Errichtung eines elektrischen Betriebsmittels oder einer elektrischen Anlage im Sinne des Gesetzes gewertet werden, wäre der Tatvorwurf unrichtig. Die Behörde stelle als Tatvorwurf auf eine Beeinträchtigung der Trafostation ab.

 

Unter Bezugnahme auf § 17 Abs.1 Z 1 lit.a Elektrotechnikgesetz sei ausdrücklich festgehalten, dass weder seitens der Gemeinde P noch seitens des Bürgermeisters der Gemeinde P eine Trafostation oder ein elektrisches Betriebsmittel oder eine elektrische Anlage unzulässigerweise hergestellt oder errichtet worden sei. Die Behörde stelle im angefochtenen Bescheid selbst dar, dass aufgrund der Beeinträchtigung der Trafostation die Strafe ausgesprochen würde. Diese sei jedoch durch die Gemeinde P weder hergestellt noch errichtet worden.

 

Sowohl in der Errichtung als auch im Betrieb des Liftes könne daher keinerlei Übertretung des Elektrotechnikgesetzes gesehen werden. Es handle sich bei der Errichtung des Liftes um keinerlei Errichtung, Herstellung oder Instandhaltung eines elektrischen Betriebsmittels oder einer elektrischen Anlage im Sinne des § 3 Elektrotechnikgesetz.

 

Die Behörde erster Instanz stelle in ihrer Entscheidung auch nicht auf unzulässige Herstellung oder Errichtung einer Anlage ab, sondern auf eine wesentliche Änderung. In der Bestimmung des § 3 Abs.1 Elektrotechnikgesetz seien wesentliche Änderungen definiert. Abgesehen davon, dass die Anlage nicht von der Gemeinde P oder dem ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde P errichtet worden sei, sei diese auch nicht geändert worden. Zudem sei auch ausgeführt, dass die Bestimmung des § 17 Abs.1 Z 1 lit.a Elektrotechnik­gesetz bei einer Änderung einer elektrischen Anlage nicht von einem strafbaren Verhalten ausgehe. Nur die Herstellung und Errichtung sei mit Strafsanktion belegt. Die Gemeinde P habe einen Lift errichtet. Durch diesen seien auch keine wesentlichen Änderungen der elektrischen Anlage im Sinne des § 1 Abs.3 Elektrotechnikgesetz durchgeführt worden. Eine Verletzung der Bestimmungen des Elektrotechnikgesetzes liege daher nicht vor.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 18. Februar 2009 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 17 Abs.1 Z 1 lit.a Elektrotechnikgesetz 1992 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde (Berghauptmannschaft) mit Geldstrafe bis zu 25.435 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer ein elektrisches Betriebsmittel oder eine elektrische Anlage, die (das) den Bestimmungen des § 3 oder den Bedingungen einer gemäß § 5 Abs.3 oder § 11 erteilten Bewilligung nicht entspricht, herstellt bzw. errichtet.

 

Gemäß § 1 Abs.2 Elektrotechnikgesetz 1992 ist eine elektrische Anlage im Sinne dieses Bundesgesetzes eine ortsfeste betriebsmäßige Zusammenfassung elektrischer Betriebsmittel, soweit diese Zusammenfassung nicht nach Abs. 1 als Betriebsmittel zu betrachten ist. Als ortsfest gelten auch elektrische Anlagen auf Fahrzeugen, transportablen Bauwerken und fliegenden Bauten. Anlagen zum Potentialausgleich, Erdungsanlagen, Blitzschutzanlagen und Anlagen zum kathodischen Korrosionsschutz sind ebenfalls elektrische Anlagen.

 

Nach § 1 Abs.3 Elektrotechnikgesetz 1992 liegt eine wesentliche Änderung einer elektrischen Anlage vor, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

1.    Die Stromart(en) (Gleichstrom, Drehstrom, Wechselstrom) wird (werden) geändert.

2.    Die Nennspannung(en) der Anlage wird (werden) um mehr als 20% geändert, es sei denn, die Anlage wurde so errichtet, daß diese Änderung bei ihrer Konstruktion berücksichtigt wurde und höchstens eines bereits bei der Auslegung vorgesehenen Austausches einzelner Betriebsmittel bedarf.

3.    Durch Änderungen der Schutzmaßnahme bei indirektem Berühren in einem Anlagenteil werden Auswirkungen in anderen Anlagenteilen ausgelöst.

4.    Durch andere Maßnahmen werden die Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gegen direktes oder bei indirektem Berühren beeinträchtigt.

 

5.2. Der Tatvorwurf der Erstinstanz ist darauf gerichtet, dass seitens der Gemeinde Pasching ein Personenlift errichtet wurde, wodurch die elektrizitätsrechtlich bewilligte elektrische Anlage/Trafostation geändert wurde, wobei auf die Bestimmungen des § 3 Abs.1 und § 3 Abs.2 Elektrotechnikgesetz 1992 näher eingegangen wird. Ein Bezug auf die im § 1 Abs.3 Elektrotechnikgesetz 1992 gelisteten wesentlichen Änderungen wird nicht vorgenommen

 

Nach § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn

a)    im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b)    der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe dazu Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, S. 1521).

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, S.1522).

 

Der Berufungswerber ist mit seinem Vorbringen grundsätzlich im Recht. Weder von der Gemeinde P noch vom Bürgermeister selbst wurde eine elektrische Anlage hergestellt oder errichtet, sondern wurde vielmehr ein baubehördlich genehmigter Personenlift im Rathaus der Stadtgemeinde P eingebaut.

 

Die als Grundlage des gegenständlichen Strafverfahrens herangezogene Bestimmung des § 17 Abs.1 Z 1 lit.a Elektrotechnikgesetz 1992 stellt nur die Herstellung und die Errichtung einer elektrischen Anlage entgegen den Vorschriften des § 3 leg.cit. unter Strafe. Der Tatvorwurf im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses steht mit dem Inhalt der angegebenen verletzten Verwaltungsvorschrift nicht im Einklang. Das dem Bw vorgeworfenen Verhalten ist nach der genannten Verwaltungsvorschrift nicht strafbar. Die Herstellung oder Errichtung einer elektrischen Anlage entgegen den Vorschriften des § 3 Abs.1 und Abs.2 wurde dem Bw aber nicht angelastet, sondern – wie bereits erwähnt – die Herstellung eines Personenliftes, wodurch es zu einer Änderung an der elektrischen Anlage gekommen ist. Hinsichtlich der Änderung wird kein Bezug zur Definition des § 1 Abs. 3 Elektrotechnikgesetz 1992 hergestellt.

 

Unter Bezugnahme auf § 44a VStG bedeutet dies, dass dem Bw nicht sämtliche Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind, angelastet wurden. Der Spruch des Straferkenntnisses entspricht somit nicht den Erfordernissen des § 44a Abs.1 Z 1 VStG. Festzuhalten ist, dass es dem Unabhängigen Verwaltungssenat aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht möglich gewesen ist, entsprechende Konkretisierungen vorzunehmen. Aus diesen Gründen war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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