Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 23.06.2009

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerden (Haftbeschwerden gemäß   §§ 82 FPG in eventu Maßnahmenbeschwerden gemäß §§ 67a Abs. 1 Z. 1, 67c AVG) 1. der D S, geboren am , 2. der D T, geboren am , 3. der D T A, geboren am  und 4. des D A, geboren am , (2 bis 4) vertreten durch D S, diese vertreten durch Mag. Dr. W F und Mag. Dr. B G, Rechtsanwälte in L, G, wegen Anhaltung in Schubhaft vom 24. bis 25. März 2009 in eventu wegen Anhaltung vom 24. bis 25 März 2009 im PAZ Wien Roßauer Lände durch den Polizeidirektor von Linz zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Maßnahmenbeschwerden werden als unbegründet abgewiesen und die denselben Anhaltezeitraum betreffenden "Haftbeschwerden gemäß §§ 82f FPG" als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.     Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Verfahrenspartei Polizeidirektor von Linz) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 1704,80 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 82, 83, 39, 46, 74 und 77 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl.Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009); §§ 67c und 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der Gegenschrift in Verbindung mit den eingebrachten Beschwerden von folgendem Sachverhalt aus:

 

1.1. Die Beschwerdeführer D S, geboren am , D T, geboren am , D T A, geboren am , D A, geboren am , alle Staatsbürger der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe (im Folgenden: Bf) reisten laut eigenen Angaben am 2. Oktober 2008 mit einem Pkw illegal in das Bundesgebiet ein und stellten noch am selben Tag einen Asylantrag im Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West (im Folgenden: BAA EAST-West).

 

1.2. Mit Bescheiden des BAA EAST-West vom 10. November 2008, AZ 08 09.407, 08 09.408, 08 09.409 und 08 09.411 wurden die Asylanträge gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und die Ausweisungen nach Polen gemäß § 10 AsylG verfügt.

 

Die dagegen eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes GZ S3 403.006-1/2008/4E, GZ S3 403.007-1/2008/2E, GZ S3 403.008-1/2008/2E und GZ S3 403.009-1/2008/2E als unzulässig zurück­gewiesen und für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 16 Abs. 1c der VO EG Nr. 343/2003 des Rates Polen für zuständig erklärt. Die Ausweisungsentscheidungen sind am 22. Jänner 2009 in Rechtskraft erwachsen.

 

1.3. Auf Grund der durchsetzbaren Entscheidungen des Bundesasylamtes leitete der Bezirkshauptmann von Perg die Abschiebung der Bf nach Polen in die Wege. Die Abschiebungen sollten am 22. Dezember 2008 über den Flughafen Wien-Schwechat erfolgen. Am Abend des 21. Dezember 2008 klagte die Erstbeschwerdeführerin über Schmerzen. Nach der Einlieferung in das Klinikum Mostviertel in Amstetten wurde dem Vertreter der zuständigen Fremdenpolizeibehörde von der untersuchenden Ärztin mitgeteilt, dass die Erstbeschwerdeführerin stationär aufgenommen worden sei, da noch weitere Untersuchungen ausstünden; eine vorzeitige Entlassung in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember 2008 sei nicht möglich. In Kenntnis des Gesundheitszustandes der Erstbeschwerdeführerin nahm die Fremdenpolizeibehörde vorerst von der Abschiebung Abstand.

 

In der Folge plante die zuständige Fremdenpolizeibehörde die Abschiebung der Bf am 13. Jänner 2009. Nach Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen (u.a. der Flugtauglichkeitsuntersuchung) weigerten sich die Bf in Wien-Schwechat das Flugzeug zu besteigen. Die Abschiebung musste daher neuerlich abgebrochen werden. Um weitere Überstellungen nicht zu gefährden, wurden die Bw am 14. Jänner 2009 in Linz untergebracht und der Fremdenakt der Bundespolizeidirektion Linz übermittelt.

 

1.4. Mit Bescheid vom 22. Jänner 2009, AZ 1062193/FRB, AZ 1062196/FRB,    AZ 1062197/FRB und AZ 1062198/FRB, nahm die nunmehr örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand und ordnete zur Sicherung der Zurückschiebung ein gelinderes Mittel an. Danach wurden die Bf verpflichtet, sich täglich in der Zeit von 06.00 bis 22.00 Uhr bei der PI Landhaus, Linz, Theatergasse 1, persönlich zu melden. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

1.5. Mit Schreiben vom 12. Februar 2009 trug die belangte Behörde den Bf gemäß § 77 Abs. 5 FPG auf, sich zum Zwecke der Überstellung nach Polen im PAZ Linz, Nietzschestraße 33, und in weiterer Folge im PAZ Wien Roßauer   Lände aufzuhalten.

 

1.6. Am 13. Februar 2009 erteilte die belangte Behörde dem Stadtpolizeikommando Linz den Auftrag, die Bf gemäß § 77 Abs. 5 FPG festzunehmen und in das PAZ Linz einzuliefern. Da sich im Zuge der täglichen Meldung der Erstbeschwerdeführerin in der PI Landhaus der Verdacht ergeben hatte, dass die Kinder der Erstbeschwerdeführerin erkrankt sind, wurde vor der Festnahme und der Einlieferung in das PAZ Linz eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet.

 

1.7. Die in L, A, aufhältigen Bf wurden am 16. Februar 2009 amtsärztlich untersucht. Dabei bestätigte sich, dass die drei minderjährigen Bf erkrankt und nicht transportfähig waren.

 

Auf Grund des Untersuchungsergebnisses nahm die belangte Behörde am 18. Februar 2009 von der beabsichtigten Bus-Abschiebung nach Polen Abstand.

 

1.8. Mit Schreiben vom 19. März 2009 trug die belangte Behörde den Bf neuerlich gemäß § 77 Abs. 5 FPG auf, sich zum Zwecke der Überstellung nach Polen im PAZ Linz, Nietzschestraße 33, und in weiterer Folge im PAZ Wien Roßauer Lände aufzuhalten.

1.9. Am 20. März 2009 erteilte die belangte Behörde dem Stadtpolizeikommando Linz den Auftrag, die Bf am 23. März 2009 gemäß § 77 Abs. 5 FPG festzunehmen und in das PAZ Linz einzuliefern. Weiteres ordnete die belangte Behörde an, dass der Amtshandlung Dr. B R (Dolmetscher für die russische Sprache) und der Amtsarzt Dr. P beizuziehen sind, damit vor der Überstellung in das PAZ Linz der Gesundheitszustand der Bf festgestellt werden kann.

 

1.10. Die Bf wurden am 23. März 2009 in der Wohnung der Schwester der Erstbeschwerdeführerin in L, A, angetroffen und um 06.10 Uhr festgenommen. Da die Erstbeschwerdeführerin vorbrachte, dass es ihr nicht gut gehe und sie schwanger sei, wurde sie vom anwesenden Amtsarzt untersucht. Dieser stellte in der Folge bei allen Bf die Transportfähigkeit fest. Nach Kenntnisnahme der Transportfähigkeit stand die Erstbeschwerdeführerin auf und ließ sich, eine Ohnmacht vortäuschend, auf den Teppich fallen. Der sofort Erste Hilfe leistende Amtsarzt führte nach der Untersuchung aus, dass keine Ohnmacht vorliege. Nachdem die Erstbeschwerdeführerin auf ein Sofa gebettet worden war, gab diese an, dass sie nunmehr Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich der Hüften habe. Da der Amtsarzt eine Verletzung durch den Sturz nicht ausschließen konnte, wurden die "Festnahmen" um 07.15 Uhr aufgehoben und die Erstbeschwerdeführerin mit einem Rettungsfahrzeug in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Linz eingeliefert.

 

1.11. Am 24. März 2009 brachten Polizeibeamte der PI Kleinmünchen in Erfahrung, dass sich die Erstbeschwerdeführerin in der Frauenklinik aufhalte. In Kenntnis des Aufenthaltsortes erteilte die belangte Behörde zum Zwecke der Abschiebung neuerlich einen Festnahmeauftrag gemäß § 77 Abs. 5 FPG, ordnete die Vorführung der Erstbeschwerdeführerin und der weiteren Bf und deren Verbringung in das PAZ Wien Roßauer Lände an.

 

In einer Station der Frauenklinik wurde die Erstbeschwerdeführerin in einem Bett angetroffen. Über Befragen gab die Stationsschwester bekannt, dass die Erstbeschwerdeführerin mit heutigem Tag (24. März 2009) entlassen worden sei, keine Gründe für einen weiteren Aufenthalt vorliegen würden, sich die Erstbeschwerdeführerin jedoch weigern würde, nach Hause zu gehen.

 

Nach längerem Zureden konnte die Erstbeschwerdeführerin zum Verlassen der Frauenklinik bewegt werden. Entsprechend dem behördlichen Festnahmeauftrag wurde die Erstbeschwerdeführerin am 24. März 2009 um 12.30 Uhr festgenommen. Vor der Abholung und Festnahme der weiteren Bf konnte die Erstbeschwerdeführerin noch ihre persönlichen Sachen aus der Unterkunft in L, B, abholen.

 

In Begleitung von Organen der belangten Behörde wurden die Bf in das PAZ Wien Roßauer Lände überstellt. Die Einlieferung und Anhaltung im PAZ Wien Roßauer Lände erfolgte am 24. März 2009 um bzw. ab 16.27 Uhr.

 

1.12. Am 25. März 2009 um 03.05 Uhr bestiegen die Bf den Bus (Sammeltransport) und wurden auf dem Landweg über Tschechien nach Polen abgeschoben. Zwischen 08.30 und 09.00 Uhr wurden die Bf von 5 tschechischen Polizeibeamten am österr.-tschechischen Grenzübergang übernommen.

 

2.1. Mit Schriftsatz vom 30. April 2009 (Postaufgabe am 5. Mai 2009), beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 8. Mai 2009 eingelangt, erhoben die Bf durch ihren Rechtsvertreter "1. Haftbeschwerde gemäß   §§ 82 FPG 2. in eventu Maßnahmenbeschwerde gemäß §§ 67a Abs. 1    Z. 1, 67c AVG" mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der "Anhaltung in Schubhaft vom 24. bis 25.3.2009; in eventu  der Rechtswidrigerklärung der auf Grund des Auftrages der BPD Linz vom 19.3.2009 zu AZ 1062193/FRB und 1062196/FRB bis 1062198/FRB gemäß § 77 Abs. 5 FPG erfolgten Anhaltung in PAZ Wien, Roßauerlände vom 24. bis 25.3.2009" und beantragten den Ersatz der Verfahrenskosten in der Höhe von 3.003,20 Euro.

 

Der ausgeführte Sachverhalt deckt sich im Wesentlichen mit den unter Punkt 1 getroffenen Feststellungen.

 

2.1.1. Die "Haftbeschwerde" richtet sich in erster Linie gegen "die Anhaltung in Schubhaft vom 24.3. bis 25.3.2009 im PAZ Roßauerlände im Auftrag der belangten Behörde vom 19.3.2009" und ist mit dem Antrag verbunden, "der UVS OÖ möge die Anhaltung in Schubhaft vom 24. bis 25.3.2009 für rechtswidrig erklären".

 

Dazu führt der Beschwerdevertreter aus, dass für den Zeitraum der Anhaltung kein Schubhaftbescheid vorgelegen, die Anhaltung titellos erfolgt und damit per se rechtswidrig sei. Die belangte Behörde gehe selbst davon aus, dass sich die Bf im fraglichen Zeitraum in Haft befunden hätten. Schubhaft dürfe allerdings ausschließlich auf Basis eines Schubhaftbescheides vollzogen werden. Mangels Schubhaftbescheides sei die Verhaftung und Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig.

 

2.2.2. Für den Fall, dass "man" sich auf den Standpunkt stellen sollte, dass formal keine Schubhaft vorgelegen ist, erhob der Beschwerdevertreter in eventu Maßnahmenbeschwerde gegen die im Auftrag der belangten Behörde vom 19.3.2009 zu den genannten Aktenzeichen erfolgten Anhaltung vom 24. bis 25.3.2009 im PAZ Wien Roßauer Lände und stellte den Antrag, "der UVS OÖ möge unsere Anhaltung im PAZ Roßauerlände vom 24. bis 25.3.2009 als Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklären."

 

Begründend führte der Beschwerdevertreter dazu aus, dass § 77 Abs. 5 FPG jedenfalls nicht Grundlage für eine Haft sei. Die genannte Bestimmung enthalte nur die Möglichkeit, die Anweisung zu erteilen, dass sich die betreffenden Personen in Befolgung dieser Anordnung (in Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt) an einem bestimmten Ort aufhalten. § 77 Abs. 5 FPG sei keinesfalls Grundlage für eine Verhaftung bzw. Aufrechterhaltung einer Haft.

 

Auch beinhalte § 77 Abs. 5 FPG entgegen den Gesetzeserläuterungen keine Basis dafür, einen – wenn auch freiwilligen – Aufenthalt in einem Polizeianhaltezentrum anzuordnen. Bei einem Aufenthalt in einem Polizeianhaltezentrum handle es sich materiell immer um Haft und daher könne ein behördlicher Befehl zur "freiwilligen" Haft nicht erteilt werden.

 

Die Haft stelle eine Maßnahme dar, die nur auf Grund der gesetzlichen Vorgaben und innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen mit den dafür vorgesehenen gesetzlichen Mitteln verhängt bzw. angeordnet werden dürfe. Ein Verstoß dagegen bedeute eine Verletzung des persönlichen Freiheitsgesetzes und des Art. 5 EMRK. Auch unter diesem Aspekt, abgesehen davon, dass der Aufenthalt ohnehin nicht freiwillig erfolgt sondern mit behördlicher Zwangsgewalt durchgesetzt worden sei, wäre die Anordnung für rechtswidrig zu erklären. Eine Anordnung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten, könne sich jedenfalls nicht auf einen Haftort beziehen. Haft könne im Rahmen des FPG nur durch Schubhaftbescheid angeordnet werden. Jede andere Anordnung sei rechtswidrig und somit auch (im materiellen Sinn) die darauf basierende Haft.

 

2.3. Nach Übermittlung des Beschwerdeschriftsatzes durch den Oö. Ver­waltungssenat am 20. Mai 2009 hat die belangte Behörde die Bezug habenden Akten vorgelegt, eine ausführliche Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Beschwerden beantragt.

 

Im Anschluss an die umfassende Sachverhaltsdarstellung und Wiedergabe der einschlägigen Bestimmungen des FPG wies die belangte Behörde auf den gesetzlichen Auftrag und den Erlass des BMI vom 19.03.2009 (Erlass für die zentral organisierte Dublin Überstellung nach Polen), Zl. BMI-FW1410/0071-II/3/2009 hin. Im zitierten Erlass sei auf die Möglichkeit der Festnahme von bereits im gelinderen Mittel befindlichen Personen gemäß § 77 Abs. 5 FPG hingewiesen worden.

 

2.3.1. Zur behaupteten Anhaltung in Schubhaft brachte die belangte Behörde vor, dass keiner der Bf in Schubhaft genommen worden sei und die belangte Behörde gegen die Bf auch keine Schubhaftbescheide erlassen habe.

 

2.3.2. Die Ausführungen in der Eventualbeschwerde sah die belangte Behörde als unzutreffend an.

 

Nach Ansicht der belangten Behörde handle es sich bei der Anordnung des gelinderen Mittels (z.B. bei der täglichen Meldepflicht) um einen "Auftrag", dessen Nichtbefolgung "durch die obligatorische Verhängung der Schubhaft  sanktioniert" sei.

 

Bei der Einhaltung des gelinderen Mittels während der gesamten Dauer der Anordnung sei keine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt notwendig. Bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für eine Abschiebung müsse die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung bestehen. Während der erste Satz des § 77 Abs. 5 FPG den Grundsatz formuliere, dass die Anwendung des gelinderen Mittels der Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt zur Durchsetzung der Ab-, Zurückschiebung oder Durchbeförderung nicht entgegen stehe, konkretisiere der darauf Bezug nehmende zweite Satz (.... zur Abwicklung dieser Maßnahmen ....) diesen Grundsatz, indem er (als eine Maßnahme der zuvor angesprochenen Befehls- und Zwangsgewalt) den Auftrag bezeichne, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten. Der Auftrag gemäß § 77 Abs. 5 FPG, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten, um letztendlich die Abschiebung durchführen zu können, stelle ein spezielles "Abschlussstück" des Instrumentariums des gelinderen Mittels dar. Letztendlich sei die mögliche Anhaltedauer von 72 Stunden der gesetzlich möglichen Schubhaftdauer (§ 80 FPG) gegenüber zu stellen. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Anhaltung gemäß § 77    Abs. 5 FPG im konkreten Fall in der Dauer von 15 Stunden verhältnismäßig. Sollte der Auftrag gemäß § 77 Abs. 5 FPG nicht durch unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt durchgesetzt werden können, würde es sich um eine völlig inhaltsleere Bestimmung handeln, da § 77 FPG keine Sanktion bei Nichtbefolgung des Auftrages (Aufenthalt an einem bestimmten Ort) vorsehe. Eine solche Ansicht könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. § 77 Abs. 4 FPG sehe lediglich dann die obligatorische Schubhaft vor, wenn der Fremde seinen Verpflichtungen nach § 77 Abs. 3 FPG nicht nachkomme. In diesem Zusammenhang sei auch die RV zu BGBl. I Nr. 100/2005 zu beachten, wonach § 77 Abs. 5 FPG gewährleisten solle, dass die Verhängung eines gelinderen Mittels nicht zur Vereitelung der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme führe. Die Unterbringung könne zweckmäßigerweise auch in einem Anhaltezentrum (Polizeianhaltezentrum) erfolgen. "Die zum Fremdengesetz 1997 (§ 66 FPG) erweiterte Frist von 72 Stunden sei unbedingt erforderlich, da in der Praxis mit der Frist von 24 Stunden bei weitem nicht das Auslangen gefunden werden könne."

 

Abschließend gab die belangte Behörde einen Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung bekannt und beantragte die Beschwerden zurück- bzw. abzuweisen und die pauschalierten Kosten für den Vorlage- und Schriftsatzaufwand zuzusprechen.

 

2.4. Mit Schreiben vom 12. Juni 2009 wurde dem Beschwerdevertreter die Gegenschrift der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht und diesem die Möglichkeit zu einer Äußerung binnen einer Woche ab Zustellung eingeräumt.

 

2.5. Der Beschwerdevertreter hat von der Abgabe einer Stellungnahme Abstand genommen (siehe AV vom 22. Juni 2009).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit den eingebrachten Beschwerden der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

4.1.2. Die Bf wurden am 24. März 2009 um 12.30 Uhr in Oberösterreich auf Grund eines Festnahmeauftrages der belangten Behörde nach den Bestimmungen des FPG festgenommen.

 

4.1.3.1. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.1.3.2. Unbestritten steht fest, dass die belangte Behörde keinen Schubhaftbescheid erlassen und über die Bf auch nicht die Schubhaft verhängt hat. Selbst der Beschwerdevertreter ist in der Begründung des Erstantrages der Beschwerde davon ausgegangen, dass für die Anhaltung kein Schubhaftbescheid vorgelegen ist. Entgegen dem auch von ihm nicht in Frage gestellten Sachverhalt hat er jedoch die Haft als Anhaltung in Schubhaft qualifiziert und diese auf Grund des fehlenden Schubhaftbescheides als rechtswidrig angesehen.

 

Die Anhaltung in Schubhaft setzt unabdingbar die Anordnung der Schubhaft mit Bescheid voraus (siehe § 76 Abs. 3 FPG).

 

Da die belangte Behörde keine Schubhaftbescheide erlassen hat, konnten die Bf auch nicht in Schubhaft angehalten werden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdevertreters kann die "Haft" (Anhaltung) der Bf sehr wohl auf Bestimmungen des FPG gestützt werden (siehe Punkt 4.3.). Die Erstanträge waren daher spruchgemäß zurückzuweisen.

 

4.2. Sowohl aus dem Beschwerdevorbringen als auch aus dem Vorlageakt und der Gegenschrift geht im Wesentlichen übereinstimmend hervor, dass die Bf in der Zeit vom 24. März 2009, ca. 12.30 Uhr bis 25. März 2009, 03.05 Uhr zum Zwecke der Abschiebung nach Polen auf Grund der Bestimmungen des FPG im PAZ Wien Roßauer Lände angehalten worden sind. Entsprechend den Beschwerdevorbringen (Eventualanträgen) erstreckt sich die Prüfung des Unabhängigen Verwaltungssenates ausschließlich auf die Rechtmäßigkeit der Anhaltung im PAZ Wien Roßauer Lände.

 

4.2.1. Gemäß Art 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl. O, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz. 610).

 

Im vorliegenden Fall geht die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt aus der Aktenlage eindeutig hervor. Die Erstbeschwerdeführerin wurde am 24. März 2009 gegen 12.30 Uhr in der Frauenklinik in Linz und in der Folge die weiteren Bf in L, A, auf Grund des Festnahmeauftrages der belangten Behörde zum Zwecke der Abschiebung festgenommen und in das PAZ Wien Roßauer Lände überstellt. Die Aufnahme im PAZ Wien Roßauer Lände erfolgte am 24. März 2009 um 16.25 Uhr.

 

4.2.2. Nach Art. 5 Abs. 1 EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den Fällen des Absatz 1 lit. a) bis f) und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

 

Art. 1 des BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit (PersFrSchG), BGBl Nr. 684/1988, gewährleistet dieses Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) ebenfalls. Nach Art. 1 Abs. 2 PersFrSchG darf niemand aus anderen als den in diesem BVG genannten Gründen oder auf andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden. Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nach Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG nur vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist. Er ist nur zulässig, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

 

Gemäß Art. 2 Abs. 1 Z. 4 PersFrSchG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, um die Befolgung einer rechtmäßigen Gerichtsentscheidung oder die Erfüllung einer durch das Gesetz vorgeschriebenen Verpflichtung zu erzwingen.

 

Nach Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies notwenig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

 

Die Gesetzesvorbehalte des Rechts auf persönliche Freiheit (Art. 5 EMRK, Art. 2 PersFrSchG) bieten für sich genommen noch keine ausreichende Grundlage für Eingriffe in die persönliche Freiheit. Diese bedürfen der näheren Konkretisierung durch das Gesetz. Fehlt eine gesetzliche Grundlage, ist der Freiheitsentzug verfassungswidrig. Einschränkungen des Grundrechtes der persönlichen Freiheit anzuordnen ist ausschließlich Sache des Gesetzgebers und nicht der Behörden. Der Freiheitsentzug muss gesetzlich vorgesehen (Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG) bzw. rechtmäßig (Art. 5 Abs. 1 EMRK) sein, und er darf nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise erfolgen (Art. 1 Abs. 2; Art. 2 Abs. 1 PersFrSchG; Art 5 Abs. 1 EMRK). Darin liegt nicht nur ein Gebot an die Vollziehung, sich gesetzeskonform zu verhalten, sondern auch eine Verpflichtung des Gesetzgebers, entsprechende Gesetze zu erlassen und diese inhaltlich ausreichend bestimmt zu formulieren (siehe. Kopetzki. R 51 zu Art. 1 PersFrSchG in: K.Korinek - M. Holoubek, Hrsg, Bundesverfassungsrecht 1999).

 

Nach Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG darf ein Freiheitsentzug vorgesehen werden, wenn dieser notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung zu sichern. Die Formulierung weicht von jener des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK ab. Danach ist die Festnahme oder Haft eines Menschen zulässig, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist. Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG und Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK bilden die Grundlage für freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Fremdenpolizei. Der Begriff der Ausweisung in Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG ist weit zu verstehen und umfasst nach VfSlg 13.039/1992 und 13.300/1992 alle fremdenpolizeilichen Maßnahmen, die darauf abzielen, dass der Fremde das Land verlasse. Zu den freiheitsentziehenden Maßnahmen im Sinne dieser Bestimmung gehört daher "insbesondere" die Schubhaft zur Sicherung einer Abschiebung (siehe Kopetzki.  R 75 und 77 zu Art. 2 PersFrSchG in: K.Korinek - M. Holoubek, Hrsg, Bundesverfassungsrecht 1999).

 

Für die Zulässigkeit des Freiheitsentzuges genügt nach dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG bereits die Ausweisungsabsicht. Auch wenn das PersFrSchg weniger streng formuliert zu sein scheint als Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK ist ein – letztlich auf die Außerlandesschaffung abzielender – behördlicher Akt (z.B. Festnahmeersuchen) jedenfalls erfasst. Wesentlich ist, dass mit einem auf Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG (Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK) gestützten Freiheitsentzug kein anderes Ziel als die Sicherung der Ausweisung verfolgt werden darf (vgl. VfSlg 13.300/1992).

 

Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung. Die Verhaftung (Festnahme) ist ein einmaliges Ereignis, sozusagen der Eintritt einer Freiheitsbeschränkung, der vom Willensakt eines Organs (Menschen) getragen wird. Dagegen stellt die Anhaltung die Fortdauer, die Aufrechterhaltung des einmal eingetretenen Zustands der Festgenommenheit dar (vgl Ermacora, Grundriss der Menschenrechte in Österreich [1988] Rz. 364 ff). Auch dieses Verhalten eines Organs muss von dessen Willen getragen sein. Damit müssen jeweils zwei Elemente vorliegen, nämlich ein tatsächliches Verhalten und der Wille zur Freiheitsbeschränkung. Dieser Wille, durch den das bloße Verhalten erst zum normativen Akt - hier: zum Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt - wird, kann etwa dadurch ausdrücklich erklärt werden, dass jemand durch ein Organ "für verhaftet erklärt" wird. Andererseits kann ein Organverhalten auch dann eine Freiheitsentziehung bedeuten, wenn das Organ den Willen nicht ausdrücklich erklärt hat, dieser aber aus seinem Verhalten erschlossen werden muss.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann von einem Eingriff in die persönliche Freiheit nur gesprochen werden, wenn der behördliche Wille primär auf eine Freiheitsbeschränkung gerichtet war, diese sich also nicht bloß als sekundäre Folge anderer Maßnahmen, mit denen Bewegungsbehinderungen verbunden sind, darstellt (vgl etwa VfSlg 5280/1966, 5570/1967, 8327/1978, 7298/1974, 12.017/1989, 12.792/1991). Im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1998, B 1341/97, wurde in diesem Zusammenhang aber auch zum Ausdruck gebracht, dass eine nach Art und Umfang überschießende Amtshandlung eine einer Festnahme gleichkommende Beschränkung der persönlichen Freiheit darstellen kann.

 

4.3. Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 FPG sind Organe des öffentlichen Sicherheits­dienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 74 Abs. 1 oder 2) besteht, um ihn der Behörde vorzuführen.

 

Nach § 39 Abs. 5 leg. cit. ist die zuständige Fremdenbehörde ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen des Abs. 1 bis zu 24 Stunden und in den Fällen des Abs. 2 und 3 bis zu 48 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur in Schubhaft möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

 

Unter den gesetzlich determinierten Voraussetzungen kann die Behörde gemäß  § 74 Abs. 1 FPG die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen (Festnahmeauftrag).

 

Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG kann ein Festnahmeauftrag gegen einen Fremden auch dann erlassen werden, wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll.

 

Nach § 46 Abs. 1 FPG können u.a. Fremde, gegen die eine Ausweisung (§§ 53, 54 FPG und § 10 AsylG) durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde zur Ausreise im Wege der Abschiebung verhalten werden, wenn

1.      die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig erscheint oder

2.      sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise (§ 67 FPG, § 10 AsylG) nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder

3.      auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder

4.      sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

 

4.3.1. Wie aus dem unter Punkt 1.11. dargestellten Sachverhalt hervorgeht, wurden die Bf von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 FPG festgenommen, in das PAZ Wien Roßauer Länder überstellt und in diesem in der Zeit vom 24. März 2009, 16.25 Uhr bis 25. März 2009, 03.05 Uhr zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angehalten.

 

Die belangte Behörde hat sich sowohl bei der Erteilung des Festnahmeauftrages  als auch bei der Anhaltung auf § 77 Abs. 5 FPG gestützt. Zu Recht hat der Beschwerdevertreter vorgebracht, dass diese Gesetzesstelle weder eine Festnahme- noch eine Haftbestimmung darstellt. Dazu siehe die Ausführungen unter Punkt 4.4.

 

4.3.2. Im Hinblick auf den unstrittigen Sachverhalt hat sich die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung der Bf an den Bestimmungen der §§ 39 Abs. 2, 46 Abs. 1 und 74 Abs. 2 FPG zu orientieren.

 

Wie aus § 74 Abs. 1 FPG zu ersehen ist, kann die Festnahme der Bf auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides angeordnet werden. Diese Anordnung hat der Gesetzgeber mit der Bezeichnung "Festnahmeauftrag" umschrieben.

 

Die erteilten Festnahmeaufträge der belangten Behörde finden im § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG eine rechtliche Deckung. Diese wurden erschließbar deshalb erlassen, um gegen die Bf einen Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen zu können. Wie auch von den Bf nicht bestritten, zielte die fremdenpolizeiliche Maßnahme ausschließlich darauf ab, die Bf auszuweisen und nach Polen abzuschieben.

 

Verbunden mit dem Festnahmeauftrag hat die belangte Behörde die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes angewiesen, die Bf zum Zwecke der Vornahme der Abschiebung in das PAZ Wien Roßauer Lände zu überstellen.

 

Unabhängig davon, dass sich die belangte Behörde einer (wie nachfolgend dargelegt) unzutreffenden Rechtsgrundlage bediente, haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Bf gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 FPG festgenommen und in das PAZ Wien Roßauer Lände überstellt.

 

Die Festnahme, die der Anhaltung im PAZ Wien Roßauer Lände vorangegangen ist, hat der Rechtsvertreter nicht als rechtswidrig angesehen bzw. diese behördliche Maßnahme nicht bekämpft. Unabhängig davon ist auf Grund der Aktenlage die Festnahme, gestützt auf § 39 Abs. 2 Z. 1 FPG, als rechtmäßig zu betrachten.

 

Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebotes (Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG) und der Formulierung des Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG kann auch die Ausweisungsabsicht zur Rechtfertigung eines Freiheitsentzuges nur dann hinreichen, wenn die Verhängung der Haft (§§ 39 Abs. 1 und 2, § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG) tatsächlich notwendig ist, um die Abschiebung zu sichern. Würden andere Mittel zur Verfügung stehen, so wäre jene Maßnahme zu wählen, die am wenigsten in die Rechtsphäre der Bf eingreift. Daraus wird unter anderem ein verfassungsrechtlicher Vorrang der "Direktabschiebung" des Fremden abgeleitet. Erst wenn zu befürchten ist, dass ohne vorherige Haft die Abschiebung gefährdet würde, darf zur Sicherung des angestrebten Zwecks mit Freiheitsentzug vorgegangen werden (siehe Kopetzki. R 82 zu Art. 2 PersFrSchG in: K.Korinek - M. Holoubek, Hrsg, Bundesverfassungsrecht 1999).

 

Wie bei Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK ist die durch Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG gebotene Zielorientierung nicht nur auf die Festnahme als solche, sondern auch auf die Dauer der weiteren Anhaltung zu beziehen. So hat der Verfassungsgerichtshof vergleichsweise zur Schubhaft die Auffassung vertreten, dass ein Fremder im Hinblick auf Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG nur dann in Haft genommen und angehalten werden darf, wenn es zu einer alsbaldigen Abschiebung kommen kann (siehe VfSlg 13.958/1994).

 

Unstrittig lagen gegen die Bf durchsetzbare Ausweisungsentscheidungen vor (siehe Punkt 1.2.: Rechtskraft der Erkenntnisse des Asylgerichtshofes seit dem 22. Jänner 2009). Auf Grund dieser Entscheidungen wären die Bf gehalten gewesen, ihrer Ausreiseverpflichtung zeitgerecht nachzukommen.

 

Zu Recht konnten daher die Bf von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der belangten Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), da der festgestellte und nachfolgend zusammengefasste Sachverhalt aufzeigt, dass sich die Bf der Abschiebung widersetzt haben und somit ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sind.

 

Auf Grund der durchsetzbaren Entscheidungen des Bundesasylamtes hat die zuständige Behörde für den 22. Dezember 2008 erstmals die Flugabschiebung der Bf nach Polen vorgesehen. Bedingt durch die Erkrankung der Erstbeschwerdeführerin am 21. Dezember 2008 mussten die bereits in die Wege geleiteten Abschiebungen abgebrochen werden. Am 13. Jänner 2009 lagen sämtliche Voraussetzungen für die Flugabschiebungen vor. Die Abschiebungen scheiterten deshalb und mussten wiederum abgebrochen werden, da sich die Erstbeschwerdeführerin geweigert hat, in das Flugzeug einzusteigen. Da eine neuerliche Flugabschiebung nicht tunlich erschienen ist, hat die belangte Behörde Vorbereitungen getroffen, um die Bf am 18. Februar 2009 mit dem Bus nach Polen abzuschieben. Infolge der Erkrankung der minderjährigen Bf musste die belangte Behörde neuerlich von der Abschiebung Abstand nehmen. Beim Versuch, die Bf am 23. März 2009 in Linz festzunehmen und diese in das PAZ Wien Roßauer Lände zu überstellen, äußerte die Erstbeschwerdeführerin krankheitsbedingte Beschwerden und wies auf ihre Schwangerschaft hin, die einer Abschiebung entgegenstünde. Nachdem der anwesende Amtsarzt die Transportfähigkeit der Bf festgestellt hatte, täuschte die Erstbeschwerdeführerin eine Ohnmacht vor, ließ sich auf den Boden fallen und behauptete anschließend Kopf- und Hüftschmerzen. Da der Amtsarzt eine innere Verletzung nicht ausschließen konnte, wurden die Festnahmen aufgehoben und die Erstbeschwerdeführerin zur medizinischen Abklärung vorerst in das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Linz eingewiesen. Obwohl die ärztliche Untersuchung keine Verletzungen der Erstbeschwerdeführerin ergaben und ihre Entlassung aus der Frauenklinik angeordnet wurde, weigerte sich die Erstbeschwerdeführerin das Stationsbett und somit auch das Krankenhaus zu verlassen. Erst nach längerem Zureden konnte die Erstbeschwerdeführerin zum Verlassen des Krankenhauses bewegt werden.

 

Besonders das Verhalten der Erstbeschwerdeführerin zeigt auf, dass sie keinesfalls bereit war, aus freien Stücken der rechtskräftigen Ausweisung Folge zu leisten und nach Polen auszureisen.

 

Um die Abschiebung zu sichern, musste die belangte Behörde die Ausreise der Bf in Begleitung von Organen der öffentlichen Sicherheit vorsehen.

 

Als Instrumentarien standen der belangten Behörde grundsätzlich die Anordnung der Schubhaft, des gelinderen Mittels und des Festnahmeauftrages zur Verfügung. Aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgebotes war die belangte Behörde verpflichtet, jene Maßnahme zu wählen, die am wenigsten stark in die Rechtsphäre der Bf eingreift.

 

Im Vorfeld der Abschiebung und auch nach den fehlgeschlagenen Abschiebeversuchen hat die belangte Behörde zu Recht von der Verhängung einer Schubhaft Abstand genommen und vorerst ein gelinderes Mittel angeordnet. Da die Bf eindeutig zum Ausdruck gebracht haben, dass sie nicht freiwillig nach Polen ausreisen werden und sich einer Abschiebung nach Polen, die vorerst unbegleitet beabsichtigt war, erfolgreich widersetzt haben, hat die belangte Behörde vertretbar die zwangsweise Abschiebung geplant. Um dem Verhältnismäßigkeitsgebot zu entsprechen und die Haft kurz zu halten, hat die belangte Behörde auch weiterhin von der Verhängung einer Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung abgesehen und einen Abschiebemodus gewählt, der einer "Direktabschiebung" nahekommt.

 

Gemäß § 39 Abs. 5 FPG war in den vorliegenden Fällen die Anhaltung der Bf bis zu 48 Stunden zulässig. Die Zeitspanne, während der die Bf zum Zwecke der Abschiebung angehalten wurden, hat weniger als 15 Stunden betragen und die Zeit von der Festnahme bis zur Abfahrt des Sammeltransportes umfasst.

 

Dass die Anhaltedauer dem Verhältnismäßigkeitsgebot nicht entsprochen habe, haben nicht einmal die Bf behauptet.

 

Die belangte Behörde hat das den Freiheitsentzug rechtfertigende Ziel (Sicherung der Abschiebung) mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Raschheit verfolgt. Sowohl die Festnahmen als auch die Anhaltungen waren gesetzlich vorgesehen, zur Sicherung der Abschiebung geeignet, unumgänglich und im zeitlichen Ausmaß verhältnismäßig. Auch wenn die belangte Behörde die Festnahme und Anhaltung auf eine Norm gestützt hat, die weder eine Festnahme- noch eine Anhaltevorschrift darstellt, war der Unabhängige Verwaltungssenat bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des behördlichen Verhaltens (Anhaltung im PAZ Wien Roßauer Lände) nicht auf diese Norm beschränkt, da die Vorgangsweise und die unverändert gebliebene Intention der belangten Behörde, bezogen auf den unbestritten und unverändert gebliebenen relevanten Sachverhalt, im FPG ihre Deckung finden.

 

Zusammenfassend ist daher von der Rechtmäßigkeit des behördlichen Handelns auszugehen. Spruchgemäß waren die Eventualanträge (Punkt II 2. der Beschwerden) als unbegründet abzuweisen.

 

4.4. Ergänzend ist zu den Überlegungen der belangten Behörde zu § 77 Abs. 5 FPG auszuführen:

 

Sowohl bei der Anordnung der Festnahme (und der anschließenden Anhaltung) als auch in der Gegenschrift stützt sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf § 77 Abs. 5 FPG und den Erlass des BMI-FW1440/Rechtliche Angelegenheiten/0033-II/3/2007 vom 31. August 2007 und begründet damit ihre Vorgangsweise.

 

Zu Recht hat auch der Rechtsvertreter vorgebracht, dass § 77 Abs. 5 FPG "jedenfalls keine Grundlage für eine Verhaftung bzw. Aufrechterhaltung einer Haft" darstellen kann.

 

Im § 77 FPG hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die (zuständige Fremdenbehörde) ein gelinderes Mittel anordnen "kann" bzw. unter den genannten Voraussetzungen ein solches anzuwenden "hat". Schon im Abs. 1 kommt klar zum Ausdruck, dass ein "gelinderes Mittel" gerade keine (Schub)Haft und somit kein Freiheitsentzug sein soll. Aus der Überschrift und dem Normentext ist abzuleiten, dass mit der Anordnung des gelinderen Mittels lediglich eine – noch nicht in das Grundrecht der persönlichen Freiheit eingreifende – Freiheitsbeschränkung beabsichtigt ist.

 

§ 77 Abs. 3 FPG sieht als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung vor, in "von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen" oder sich in "periodischen Abständen" zu melden. Reichen diese "Anordnungen" in zeitlicher Nähe zu einer bevorstehenden Abschiebung, bei der die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt erforderlich ist, nicht aus, kann die Behörde, wenn dies zur Abwicklung der Maßnahme erforderlich ist, den Betroffenen "auftragen, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten".

 

Der behördliche "Auftrag", der im Rahmen des gelinderen Mittels ergeht, richtet sich ausschließlich an die Betroffenen und ist von der begrifflichen Bedeutung her als Anweisung zu sehen, ein bestimmtes Verhalten zu setzen. Aus der Formulierung ist nicht abzuleiten, dass der Gesetzgeber damit die Bewegungsfreiheit umfassend in der Art einschränken wollte, dass der "Aufenthaltsort" als "Ort der Anhaltung" anzusehen sei, an dem im Wege des physischen Zwanges persönliche Ortsveränderungen unterbunden und ausgeschlossen sind. Hätte er dies gewollt, wäre der "Auftrag" wohl an die Behörden und deren Organe in Form einer entsprechenden Ermächtigung ergangen.

 

Eine Rechtsfolge für ein "auftragswidriges" Verhalten hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen und eine solche scheint auch nicht erforderlich zu sein. Erachtet die Behörde das gelindere Mittel unmittelbar vor der bevorstehenden Abschiebung zu deren Sicherung für nicht ausreichend an, kann sie bei Vorliegen des Sicherungsbedarfes und unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgebotes (Vorrang der nicht so zeitintensiven "Direktabschiebung") wie unter Punkt 4.3 ausgeführt vorgehen oder die Schubhaft verhängen. Im Hinblick auf die klare und schlüssige gesetzliche Regelung ist auf die von der belangten Behörde angesprochene Regierungsvorlage nicht abzustellen und diese auch nicht zur Auslegung heranzuziehen.

 

Wie bereits erläutert, muss der Freiheitsentzug ausdrücklich gesetzlich vorgesehen werden. D.h. der Gesetzgeber ist verpflichtet, entsprechende Gesetze zu erlassen und diese inhaltlich ausreichend bestimmt zu formulieren.

 

Nach Ansicht der belangten Behörde, die von einer im Wege der Auslegung erschließbaren Fest- und Anhaltebestimmung ausgeht, soll § 77 Abs. 5 FPG eine lex specialis zu § 74 Abs. 2 Z. 3 FPG darstellen und entgegen der Beschränkung der Haftzeit durch § 39 Abs. 5 FPG (im vorliegenden Fall wäre eine Anhaltung nur bis zu 48 Stunden möglich; eine darüber hinausgehende Freiheitsentziehung wäre nur in Schubhaft zulässig) eine Anhaltung in Haft bis 72 Stunden ermöglichen. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er mit der vorgenommenen Regelung "Auftrag an die Betroffenen an einem bestimmten Ort Aufenthalt zu nehmen" eine Fest- und Haftbestimmung schaffen wollte, die nur über den Umweg der Auslegung erschlossen werden kann und die - versteckt in den Bestimmungen über das gelindere Mittel – trotz ihrer Unbestimmtheit über die ausdrücklich und abschließend geregelten Festnahme- und Anhaltebestimmungen hinausgehen soll.

 

5. Gemäß § 79a Abs. 1 AVG 1991 idF BGBl Nr. 471/1995 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG). Nach § 79a Abs. 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.  

 

Nach § 79a Abs. 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde als obsiegender Partei antragsgemäß nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 1 und 3 AVG iVm.  § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008) je Beschwerde für den Vorlageaufwand 57,40 Euro und für den Schriftsatzaufwand 368,80 Euro (insgesamt 1704,80 Euro) zuzusprechen.

 

Analog dem § 59 Abs. 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 52,80 Euro (4 x 13,20 Euro) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 


 

 

 

 

Rechtssatz:

 

VwSen-401002/8/SR/Sta                                                                             

VwSen-401003/3/SR/Sta

VwSen-401004/3/SR/Sta

VwSen-401005/3/SR/Sta

VwSen-420585/8/SR/Sta

VwSen-420586/2/SR/Sta

VwSen-420587/2/SR/Sta

VwSen-420588/2/SR/Sta vom 23. Juni 2009

 

Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG;

Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK, Art. 1, Art. 2 Abs. 1 Z. 4 und Z. 7 PersFrSchG ;

§ 76 Abs. 3 FPG;

§§ 39 Abs. 2 und 5, 46 Abs. 1, 74 Abs. 2 Z.3 und 77 Abs. 5 FPG..

 

1) Die Anhaltung in Schubhaft setzt unabdingbar die Anordnung der Schubhaft mit Bescheid voraus (siehe § 76 Abs. 3 FPG).

 

2) Für die Zulässigkeit des Freiheitsentzuges genügt nach dem Wortlaut des   Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG bereits die Ausweisungsabsicht. Auch wenn das PersFrSchg weniger streng formuliert zu sein scheint als Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK ist ein – letztlich auf die Außerlandesschaffung abzielender – behördlicher Akt (z.B. Festnahmeersuchen) jedenfalls erfasst. Wesentlich ist, dass mit einem auf Art. 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrSchG (Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK) gestützten Freiheitsentzug kein anderes Ziel als die Sicherung der Ausweisung verfolgt werden darf (vgl. VfSlg 13.300/1992). Die Freiheitsentziehung im Sinne des PersFrSchG und der EMRK umfasst sowohl die Verhaftung (Festnahme) als auch die Anhaltung.

 

Um dem Verhältnismäßigkeitsgebot zu entsprechen und die Haft kurz zu halten, hat die belangte Behörde eine Direktabschiebung vorzunehmen oder, falls eine solche faktisch unmöglich ist, einen Abschiebemodus zu wählen, der einer "Direktabschiebung" nahekommt.

 

Gemäß § 39 Abs. 5 FPG ist die Anhaltung der Bf bis zu 48 Stunden zulässig. Die Zeitspanne, während der die Bf zum Zwecke der Abschiebung angehalten wurden, hat weniger als 15 Stunden betragen und die Zeit von der Festnahme bis zur Abfahrt des Sammeltransportes umfasst. Das den Freiheitsentzug rechtfertigende Ziel (Sicherung der Abschiebung) wurde mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Raschheit verfolgt. Sowohl die Festnahmen als auch die Anhaltungen waren gesetzlich vorgesehen, zur Sicherung der Abschiebung geeignet, unumgänglich und im zeitlichen Ausmaß verhältnismäßig.

 

Auch wenn die belangte Behörde die Festnahme und Anhaltung auf eine Norm gestützt hat, die weder eine Festnahme- noch eine Anhaltevorschrift darstellt, war der Unabhängige Verwaltungssenat bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des behördlichen Verhaltens nicht auf diese Norm beschränkt, da die Vorgangsweise und die unverändert gebliebene Intention der belangten Behörde, bezogen auf den unbestritten und unverändert gebliebenen relevanten Sachverhalt, im FPG ihre Deckung finden.

 

3) Im § 77 FPG hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass die (zuständige Fremden­behörde) ein gelinderes Mittel anordnen "kann" bzw. unter den genannten Voraussetzungen ein solches anzuwenden "hat". Schon im Abs. 1 kommt klar zum Ausdruck, dass ein "gelinderes Mittel" gerade keine (Schub)Haft und somit kein Freiheitsentzug sein soll. Aus der Überschrift und dem Normentext ist abzuleiten, dass mit der Anordnung des gelinderen Mittels lediglich eine – noch nicht in das Grundrecht der persönlichen Freiheit eingreifende – Freiheitsbeschränkung beabsichtigt ist.

 

Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er mit der vorgenommenen Regelung "Auftrag an die Betroffenen an einem bestimmten Ort Aufenthalt zu nehmen" eine Fest- und Haftbestimmung schaffen wollte, die nur über den Umweg der Auslegung erschlossen werden kann und die - versteckt in den Bestimmungen über das gelindere Mittel – trotz ihrer Unbestimmtheit über die ausdrücklich und abschließend geregelten Festnahme- und Anhaltebestimmungen hinausgehen soll.

Beachte:

Der angefochtene Bescheid wurde, soweit er "Haftbeschschwerden gemäß §§ 82f FPG" als unzulässig zurückwies und im Kostenpunkt, auf Grund der Bescherde II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und im Übrigen auf Grund beider Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

VwGH vom 19.05.2011, Zl.: 2009/21/0214, 0224-7

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