Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-164147/10/Ki/Jo

Linz, 30.06.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des M S, O, vom 28. April 2009, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 16. April 2009, VerkR96-2373-1-2008-Hof, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 25. Juni 2009 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG;

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 16. April 2009, VerkR96-2373-1-2008-Hof, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 29.08.2008 um 21:55 Uhr in der Gemeinde A auf der B 127 zw. Strkm. 45.800 bis 40.400, Fahrtrichtung Linz,

1)  den PKW behördliches Kennzeichen jäh und für Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abgebremst, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert hätte, wodurch andere Straßenbenützer behindert oder gefährdet wurden.

2) bei der unter Ziffer 1) angeführten Fahrt als wartepflichtiger Lenker des angeführten Fahrzeuges durch Einbiegen auf der Kreuzung vor der sich das Vorschriftszeichen "HALT" befindet einem im Vorrang befindlichen Fahrzeug den Vorrang nicht gegeben und dieses dadurch zu unvermitteltem Bremsen genötigt und ist es dadurch zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit gekommen.

 

Er habe dadurch 1) § 21 Abs.1 StVO 1960, 2) § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 (Punkt 1)) bzw. gemäß § 99 Abs.2c Z5 StVO 1960 (Punkt 2)) wurden Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Außerdem wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Leistung von Kosten für das Strafverfahren im Ausmaß von 10 % der verhängten Geldstrafen verpflichtet.

 

1.2. Der Rechtsmittelwerber hat gegen dieses Straferkenntnis per E-Mail am 29. April 2009 Berufung erhoben und beide Tatvorwürfe bestritten.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 30. April 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung, verbunden mit einem Augenschein, am 25. Juni 2009. An dieser Berufungsverhandlung nahmen der Berufungswerber sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach teil. Als Zeugen wurden einvernommen P S und P P. Weiters wurde der Verhandlung der verkehrstechnische Amtssachverständige des Amtes der Oö. Landesregierung, Dipl. Ing. (HTL) TOAR R H beigezogen.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach durch die Polizeiinspektion Neufelden am 26. September 2008 zur Anzeige gebracht. Laut einer Aussage des in der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen P P sei dieser mit einem LKW von Öpping kommend auf der B 127 Richtung St. Ulrich gefahren. In Rohrbach, Höhe Shell-Tankstelle, sei plötzlich von Haslach kommend ein deutscher PKW Richtung Linz eingebogen, wobei er genötigt worden sei, den schweren LKW stark abzubremsen. Er habe daraufhin mit der Lichthupe auf- und abgeblendet. Der PKW habe in der Folge angezogen, sei jedoch etwa auf Höhe Lagerhaus S, seiner Meinung nach unbegründet, wieder langsamer geworden, wodurch er erneut abbremsen habe müssen. In der gleichen Fahrweise habe ihn der PKW-Lenker erneut im Baustellenbereich Neundling/Arnreit provoziert. In weiterer Folge habe er deshalb in Arnreit angehalten und dem PKW-Lenker, welcher gerade vom Ort Arnreit Richtung B 127 einbiegen habe wollen, angehalten und zur Rede gestellt. Der PKW-Lenker habe die Provokation vehement bestritten.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat zunächst ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Bei seiner Einvernahme in der mündlichen Berufungsverhandlung bestritt Herr S die Tatvorwürfe, er habe den LKW-Lenker einerseits durch sein Einbiegen nicht behindert bzw. zum Abbremsen genötigt und auch in weiterer Folge habe er kein Fahrmanöver durchgeführt, welches den LKW-Lenker beeinträchtigt hätte, jedenfalls habe er keine Bremsmanöver durchgeführt. Er sei mit seinem 200 PS starken PKW normal fahrend auf die B 127 eingebogen, habe dann auf ca. 80 km/h und in weiterer Folge auf 100 km/h beschleunigt. In einem folgenden Baustellenbereich habe er seine Geschwindigkeit dann entsprechend auf ca. 40 km/h reduziert. Der LKW-Lenker habe nach dem Einbiegevorgang die Lichthupe betätigt, in Folge der höheren Geschwindigkeit habe sich der Abstand zum LKW dann in der Folge vergrößert. Nachdem er seine Geschwindigkeit wiederum reduzieren musste, sei der LKW-Lenker nachgekommen und ihm ziemlich knapp aufgefahren, dabei sei auch wieder die Lichthupe zum Einsatz gekommen. Zu dem Zeitpunkt, als er bei der besagten Kreuzung nach links eingebogen ist, sei der LKW noch ca. 200 m entfernt gewesen.

 

Der im PKW des Berufungswerbers mitfahrende Zeuge P S gab zu Protokoll, dass ihm beim Einbiegemanöver nichts aufgefallen sei, er habe auch den LKW nicht wahrgenommen. Er sei auf die Situation erst aufmerksam geworden, als ihm der Lenker andeutete, dass der LKW hinter ihnen ziemlich knapp aufgefahren sei und habe dann danach Ausschau gehalten und feststellen können, dass der LKW-Lenker tatsächlich knapp aufgefahren ist und auch die Lichthupe verwendete. Er sei der Meinung, dass der LKW-Lenker nicht behindert wurde.

 

Der Lenker des besagten LKW, P P, gab zu Protokoll, dass er sich mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h der gegenständlichen Kreuzung näherte, als der Berufungswerber nach links eingebogen ist. Er habe wegen dieses Fahrmanövers des Berufungswerbers sein Fahrzeug abbremsen müssen, allerdings gestand er zu, dass keine abrupte Abbremsung bzw. Notbremsung erforderlich war. Er gestand auch zu, die Lichthupe verwendet zu haben. In der Folge habe ihn dann der Berufungswerber im Bereich der in der Anzeige angeführten Strecke mehrmals durch Reduzierung der Geschwindigkeit zur Verminderung seiner Geschwindigkeit genötigt, er habe aber auch in diesen Fällen keine abrupten Abbremsmanöver durchführen müssen.

 

Unter Zugrundelegung dieser Aussagen stellte der verkehrstechnische Amtssachverständige fest, dass weder durch das Einbiegemanöver, noch durch die Geschwindigkeitsverminderungen im Zuge der folgenden Fahrtstrecke der LKW-Lenker zu einem unvermittelten Abbremsen bzw. Ablenken seines Fahrzeuges genötigt war. Demnach war das Fahrverhalten des nunmehrigen Berufungswerbers lediglich kausal für eine Anpassung der Geschwindigkeit gewesen, eine Gefährdung kann daraus nicht abgeleitet werden.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass aufgrund der Aussagen der Zeugen bei der mündlichen Berufungsverhandlung bzw. der Feststellungen des verkehrstechnischen Amtssachverständigen, welche unter Berücksichtigung des Augenscheines vorgenommen wurden, der entscheidungswesentliche Sachverhalt abschließend festgestellt werden konnte.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 21 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker das Fahrzeug nicht jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abbremsen, wenn andere Straßenbenützer dadurch gefährdet oder behindert werden, es sei denn, dass es die Verkehrssicherheit erfordert.

 

Diesbezüglich hat das durchgeführte Berufungsverfahren nunmehr ergeben, dass die vom Berufungswerber vorgenommene Geschwindigkeit im Bereich der verfahrensrelevanten Tatstrecke zwar eine Anpassung der Geschwindigkeit des LKW´s erforderlich machte, von einem jähen bzw. überraschenden Abbremsen kann jedoch konkret keine Rede sein, weshalb dieser Tatbestand durch den Berufungswerber nicht verwirklicht wurde.

 

3.2. Gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige) durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

Diesbezüglich hat das Berufungsverfahren ergeben, dass durch das Einbiegemanöver des Berufungswerbers der Lenker des LKW weder zu einem unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt war. Auch in diesem Falle war allenfalls eine Anpassung der Geschwindigkeit im vertretbaren Ausmaß erforderlich, weshalb dieser Tatbestand nicht verwirklicht wurde.

 

3.3. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Das Berufungsverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber im vorliegenden Falle die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat. Der Berufung konnte daher Folge gegeben werden, das angefochtene Straferkenntnis war zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Alfred Kisch

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum