Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390257/2/WEI/Se

Linz, 02.07.2009

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der P K, Geschäftsführerin der M M GmbH, L, vertreten durch Dr. A H, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg, vom 6. Mai 2008, Zl. BMVIT-635.540/0401/08 wegen fünf Verwaltungsübertretungen nach dem Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003 (BGBl I Nr. 70/2003 idF BGBl I Nr. 133/2005) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 2 VStG eingestellt.

Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (im Folgenden Bwin) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben es als Geschäftsführerin und damit als zur Vertretung der Fa. M M GmbH, L, berufene Person zu verantworten, dass

1)     am 17.03.2008 um ca. 16:00 Uhr die Fa. M einen Anruf zu Werbezwecken unter der Telefonnummer     ohne vorherige Einwilligung der Teilnehmers A B, Komfortcampingplatz B, D oder einer anderen Person, welche mit Zustimmung des Teilnehmers den Anschluss benützt hat, durchgeführt hat, indem ein Mitarbeiter (angeblich Hr. H von der Fa. g) eines von der Fa. M vertraglich beauftragten Unternehmens ein Gespräch bezüglich Werbung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel der Fa. M geführt hat, und

2)    am 19.03.2008 um ca. 12:20 Uhr

3)    am 20.03.2008 um ca. 16:25 Uhr

4)    am 27.03.2008 um ca. 16:20 Uhr, sowie

5)    am 08.04.2008 um ca. 15:16 Uhr"

weitere Anrufe durch die Fa. M zu Werbezwecken, ebenfalls ohne eine vorherige Einwilligung durch eine einwilligungsfähige Person unter oben angeführter Rufnummer durchgeführt wurden."

 

Dadurch habe die Bwin zu den Spruchpunkten 1) bis 5) jeweils die Rechtsvorschriften des § 107 Abs 1 iVm § 109 Abs 3 Z 19 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005, verletzt, weshalb über sie gemäß "§ 109 Abs 1 Z 19 TKG" (richtig: Strafrahmen des § 109 Abs 3 TKG) je eine Geldstrafe in Höhe von 1.850 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt wurde. An Kosten der Strafverfahren hat die belangte Behörde der Bwin den einheitlichen Betrag von 925 Euro (10 % aller Geldstrafen) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, welches der Bwin am 9. Mai 2008 zu Händen ihres Rechtsvertreters zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 23. Mai 2008 per Telefax eingebrachte und gegen drei ähnlich gelagerte Straferkenntnisse gerichtete Berufung vom 23. Mai 2008, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

2.1. Mit E-Mail vom 20. März 2008 übermittelte das Fernmeldebüro für Steiermark und Kärnten der belangten Behörde zuständigkeitshalber eine mittels E-Mail erstattete Anzeige des A B (Büro office...) vom 19. März 2008 zum Betreff "Unerbetene Anrufe von 'M' und 'G'", die wie folgt lautet:

 

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wir verfügen auf unserem Campingplatz über mehrere Betriebshandys der Firma One. Am Montag klingelte unser Rezeptionshandy     (liegt ausschließlich in der Rezeption, um untereinander zu telefonieren) und unser Herr P meldete sich mit 'Camping B, P'. Ein Mann erklärte ihm, er habe gewonnen, er bräuchte jetzt seine Bankverbindung. Herr P hat sie natürlich nicht gegeben, sondern ihn ausgefragt, wer er ist. Er wäre von der Firma G in Linz.

Zwischenzeitlich läutet das Telefon mehrmals täglich mit "Unbekannt", wir sind dann nicht mehr dran gegangen, weil ständig jemand um Herrn P fragte. Heute kam der Anruf schließlich mit der Nummer      und ich bin wieder dran gegangen. Es war eine Frau, die den Herrn P wollte, nachdem ich sie fragte, was sie von ihm will, erklärte sie mir, das ginge mich nichts an, sie will den Herrn P. Ich erklärte ihr, dass mich das sehr wohl was anginge, wenn ich der Chef bin und er mein Angestellter und dies meine Telefonnummer. Sie sagte, sie bräuchte Daten von ihm. Ich fragte sie welche Daten, sie erklärte wieder, das ginge mich nichts an. Sie wurde dann ziemlich frech und ich habe dann aufgelegt.

Ca. eine halbe Stunde später kam der nächste Anruf mit "Unbekannt" mit einer anderen Dame, wieder mit "Den Herrn P bitte!" Der weitere Dialog spielte sich dann ungefähr gleich ab, wie bei der anderen Dame.

Beim Rückruf auf die Telefonnummer meldet sich übrigens ein Band mit "Firma M".

 

Nun erzählte mir meine Frau, daß sie auf der     vor einiger Zeit den gleichen Anruf bekommen hätte mit dem gleichen Trick. Sie hätte gewonnen und nach 10-minütigem Monolog wollte der Mann ihre Kontodaten – sie fragte ihn, für wie blöd er sie halte. Er meinte, sie soll sich nicht so anstellen, die Kontodaten wären eh überall zu finden. Sabine sagte ihm, dann könne er sie sich ja gerne selber suchen und legte auf.

 

1.) können wir jetzt beim 010er-Handy bei unbekannten Teilnehmern nicht mehr dran gehen, weil es sich wahrscheinlich um den zwischenzeitlich teilweise im Stundentakt stattfindenden Telefonterror dieser Firma handelt.

 

2.) finde ich, daß derartige Machenschaften ein Riegel vorgeschoben gehört – wer weiß wie viele Leute auf solche Firmen hereinfallen und geschädigt werden ...

 

Ich bitte daher die Fernmeldebehörde, hier einzuschreiten bzw. mir mitzuteilen, wie ich gegen derartige Anrufe rechtlich vorgehen kann und wo und wie Anzeige gegen diese Firma zu erstatten ist, was ich auf jeden Fall gerne machen würde. (Die Wirtschaftskammer hat je kürzlich mitgeteilt, daß ungebetene Werbeanrufe strafbar sind.)

 

Danke und mfG,

 

A B

Komfort-Campingpark B

D

Tel.    

 

In einem weiteren E-Mail vom 1. April 2008 teilte der Anzeiger der belangten Behörde zu den Anrufzeiten ergänzend mit, dass das betroffene Handy (   ) die unbekannten Teilnehmer leider nicht speichern würde. Nur die Minderheit der nicht unterdrückten Nummer     wäre gespeichert worden. Zu den insofern angegebenen Zeiten am 21. und 25. März 2008 wurde allerdings handschriftlich von der belangten Behörde vermerkt "Anrufe nicht angenommen".

 

Auf dem Ausdruck des E-Mails vom 19. März 2008 sind einzelne handschriftliche Vermerke der belangten Behörde offenbar aus Telefonaten mit dem Anzeiger betreffend Anrufdaten vorhanden, die allerdings für den erkennenden Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar sind, weil eine zusammenhängende schlüssige Darstellung fehlt. Dabei werden die im Tatvorwurf angelasteten Anrufe vom 20. und 27. März 2008 angeführt, deren Inhalt vom Anzeiger aber in keinem E-Mail dargestellt wurde. Die belangte Behörde verweist nur auf das oben erwähnte E-Mail vom 1. April 2008, aus dem allerdings auch keine weitere Aufklärung hervorgeht. Der Anzeiger gibt darin nur sein E-Mail vom 19. März 2008 wieder. Weitere Erhebungen dazu sind auch nicht aktenkundig.

 

Einer aktenkundigen Firmenbuchinformation vom 27. Mai 2008 betreffend die Fa. M M GmbH, L (http:// www.; e-mail:) ist zu entnehmen, dass Frau P K, geb.     , als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin seit 26. November 2005 fungiert.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. April 2008 lastete die belangte Behörde der Bwin an, als Geschäftsführerin der Fa. M M GmbH, L, für "Anrufe zu Werbezwecken (Werbung für Teilnahme an einem Gewinn-Spiel, bzw. damit zusammenhängende Datenerhebung)" zu den im angefochtenen Straferkenntnis angeführten fünf Zeitpunkten ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers A B unter der Rufnummer      verantwortlich zu sein.

 

In der rechtsfreundlich eingebrachten Rechtfertigung vom 25. April 2008 zu insgesamt drei anhängigen Verfahren wird grundsätzlich auf andere Verwaltungsstrafverfahren verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass Frau S ihren gesamten Adressdatensatz, beinhaltend Anschrift und Telefonnummer sowie Kontonummer und Bankinstitut bekannt gegeben habe und ein nicht zustimmungslos erfolgter Anruf vorliege. Ferner wird bekannt gegeben, dass keinerlei Datensätze die Herren B und S betreffend vorliegen und diese Personen nicht bekannt seien. Es sei sohin auch kein Anruf an diese Personen erfolgt.

 

2.3. In der Begründung des Straferkenntnisses bezieht sich die belangte Behörde zum Sachverhalt auf die Anzeige des Herrn B, dass Werbeanrufe eingegangen wären. Sein Angestellter P habe den Erstanruf am 17. März 2008 entgegen genommen. Der Anrufer, angeblich von der Fa. g in Linz, hätte ihm erklärt, dass er gewonnen hätte und seine Bankverbindung bräuchte. Am 19. März 2008 und zu weiteren Zeiten seien Anrufe von der Nummer      aus erfolgt. Herr P wäre mit der Begründung verlangt worden, das man noch Daten bräuchte. Bei einem Rückruf unter der angeführten Nummer habe sich ein Band der Fa. M gemeldet.

 

In den in der Rechtfertigung verwiesenen Verfahren habe sich die Beschuldigte im Wesentlichen damit gerechtfertigt, dass die Anrufe nicht durch die Fa. M, sondern durch eine Vertragsfirma "D T" von Spanien aus durchgeführt wurden. Auf Grund eines Vertrags akquiriere dieses Unternehmen Kunden für die Fa. M. Die Beschuldigte habe auf die Durchführung der Werbeanrufe angeblich keinen Einfluss. Zum Ablauf der Werbeanrufe habe die Bwin angegeben, dass nach einem Erstanruf durch die Fa. D T, in dem Daten erhoben werden, ein zweiter Anruf durch die Fa. M erfolge, in dem die Daten noch einmal geprüft und allfällige sonstige Fragen mit dem Angerufenen geklärt werden.

 

Auf der Grundlage dieses Sachverhalts bezieht sich die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung auf § 9 Abs 1 VStG und zitiert zunächst Leitsätze aus diversen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, in denen es um die betriebliche Überwachung und um Maßnahmen von verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen im Rahmen eines sog. wirksamen Kontrollsystems geht. Eine wiedergegebene Entscheidung befasst sich mit den Voraussetzungen für die Annahme eines fortgesetzten Delikts.

 

Auf Grund der bisherigen Anzeigen und der glaubwürdigen Angaben des Anzeigeerstatters bestehe für die Fernmeldebehörde kein Zweifel das die Anrufe, in denen der Angerufene zur Teilnahme an einem Gewinnspiel bewegt werden sollte, so stattgefunden hätten, wie es der Anzeiger beschrieben hat. Die Fa. M betriebe laut Homepage ein Wettstudio und ein Lottostudio und bei "g" handle es sich laut Internetseite www offensichtlich um eine Marke der Fa. M.

 

Es bestünde außerdem kein Zweifel, dass es sich um Werbeanrufe handelte, sollte doch der Angerufene zur Teilnahme an einem Lottogewinnspiel bei "g" bewegt werden. Der Angerufene wäre auch unaufgefordert angerufen worden und hätte keine vorherige Zustimmung erteilt, was die Beschuldigte auch nicht behauptete.

Dass bei Herrn B kein Anruf erfolgte und dieser auch nicht im Datenbestand der Fa. M aufscheint, sei nachvollziehbar, weil den Erstanruf dessen Angestellter P entgegen genommen habe. In der Aufforderung zur Rechtfertigung sei auch nicht vorgeworfen worden, dass Herr B angerufen wurde, sondern dass ein Anruf ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers A B unter dessen Telefonnummer durchgeführt worden sei. Die Rechtfertigung gehe daher am Tatvorwurf vorbei.

 

Dass es sich beim Erstanruf und den Folgeanrufen um Werbeanrufe gehandelt hab, wäre offensichtlich., da diese Anrufe zu dem Zweck durchgeführt worden wären, den Angerufenen zur Teilnahme an einem Lottospiel zu gewinnen.

 

Durch die Folgeanrufe der Fa. M wäre auch die bisherige Behauptung widerlegt, dass in einem Zweitanruf nur solche Personen angerufen würden, welche ihre Zustimmung durch Bekanntgabe von Anschrift, Kontonummer und Bankinstitut erteilt hätten. Abgesehen davon, dass herausgelockte Bankdaten keine vorherige Einwilligung zu einem Werbeanruf darstellten, hab Herr P seine Daten nicht bekannt gegeben. Trotzdem wäre von der Fa. M wiederholt und hartnäckig versucht worden, mit ihm in Kontakt zu treten, um die Daten zu erhalten. Es wäre daher als erwiesen anzunehmen, dass in objektiver Hinsicht gegen den § 107 Abs 1 TKG verstoßen wurde.

 

Die belangte Behörde hält die Bwin gemäß § 9 Abs 1 VStG gleichermaßen für verantwortlich, egal ob nun die Fa. M selbst oder ein anderes Unternehmen (zB D T) einen unerbetenen Werbeanruf veranlasste.

 

Die Gesetzesverletzung sei der Bwin auch subjektiv zuzurechnen und von ihr strafrechtlich zu verantworten, da sie als Geschäftsführerin der Fa. M durch entsprechende Aufsicht und Kontrollmaßnahmen dafür zu sorgen gehabt hätte, dass beim Betrieb ihres Unternehmens die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Die Aufsichts- und Kontrollpflichten seien auch dann wahrzunehmen, wenn Aufgaben "außer Haus" durchgeführt würden. Die Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit auf andere sei ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Der Geschäftsführer der D T könne nicht verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 und 4 VStG sein.

 

Die Bwin unternehme nichts Wirksames, um die Durchführung unzulässiger Werbeanrufe, sei es durch Mitarbeiter des eigenen Unternehmens oder durch Mitarbeiter eines Vertragsunternehmens, abzustellen. Die Rechtfertigung der Bwin, sie habe keinen Einfluss auf die Anrufe, weil diese von einem Partnerunternehmen durchgeführt worden wären, gehe ins Leere, da der Beschuldigten sehr wohl Möglichkeiten zur Verfügung stünden, wie z.B. eine grundsätzliche Vorab-Überprüfung, ob eine vorherige Zustimmung des Teilnehmers vorliege, oder letztlich eine Kündigung der Zusammenarbeit mit der Fa. D T, damit derartige Anrufe unterbleiben würden. Im Wissen um die Anrufpraxis des Partnerunternehmens wäre die Bwin verpflichtet gewesen, sich darüber zu vergewissern, ob die erforderlichen Einwilligungen zu Werbeanrufen auch gegenüber der Fa. M tatsächlich vorliegen. Die Überprüfung der Einwilligung eines Teilnehmers wäre in Anbetracht der Umstände Rechtspflicht der Bwin, welche sich aus der Geschäftsführertätigkeit ergäbe. Indem die Bwin ihre Aufsichts- bzw. Kontrollpflichten nicht bzw. nicht im erforderlichen Umfang wahrnehme, nehme sie in Kauf, dass durch Erfüllungsgehilfen der Fa. M bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen werde.

 

Durch die Beauftragung eines Partnerunternehmens erweitere die Fa. M ihren Tätigkeitsbereich. Der Bwin sei bekannt, dass durch dieses Unternehmen wiederholt Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung und damit rechtswidrig durchgeführt worden sind. Diese Gesetzesverletzungen seien daher der M als Auftraggeber der Werbeanrufe zuzurechnen und von der Bwin zu verantworten. Die Bwin nehme es durch mangelhafte Wahrnehmung ihrer Aufsichtspflicht in Kauf, dass durch die Fa. D T als Erfüllungsgehilfe der Fa. M gegen Gesetze verstoßen wird. Es sei davon auszugehen, dass die Bwin die unzulässigen Anrufe dulde und sich mit den Gesetzesverletzungen abfinde. Als Verschuldensgrad sei also zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen.

 

2.3. In der rechtsfreundlich vertretenen Berufung wird ausgeführt, dass die M M GmbH (im Folgenden nur M) eine Lotterieanbieterin mit diversen Lottospielmöglichkeiten sei. Zum Beispiel werden Spiellose für Lotto 6 aus 45 oder Euromillionen angeboten. Die Betriebstätigkeit der Fa. M sei vor allem über die eigene Homepage ausgerichtet und werde über Links und Buttons auf anderen Internetseiten für die eigene Homepage Werbung gemacht. Die Kontaktwerbung erfolge zum überwiegenden Teil über Internetportale.

 

Seit November 2005 stehe die Fa. M in Geschäftsbeziehung zur Fa. D T s.l. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung verkaufe die Fa. D T als Verkäuferin Adressdatensätze an die Fa. M. Diese Adressdatensätze müssten aus Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum, Geschlecht, Telefonnummer, E-mail (sofern vorhanden) und Bankverbindung bestehen. Voraussetzung für den Ankauf bzw. zur Berechtigung der Übermittlung solcher Adressdatensätze an die M sei die ausdrückliche Zustimmungserklärung des/der im Adressdatensatz Genannten. Aktivitäten und Akquisitionen, insbesondere das Ersttelefonat mit einem Kunden, würden von der D T selbständig und von Spanien aus geführt. Die M habe darauf keinen Einfluss und sei in die Kundenakquirierung nicht involviert. Die M habe im Rahmen der geschäftlichen Verbindung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass vermittelte Adressdateien unbedingt unter Einhaltung der in den jeweiligen Ländern herrschenden Gesetze, daher legal erhoben sein müssen. Sofern der Kunde die ausdrückliche Zustimmung erteilt, dass die Fa. D T Adressdatensätze an Dritte, wie z.B. die Fa. M, weitergibt, erhalte die M eine vollständig ausgefüllte Kundendatei, beinhaltend vor allem auch die Kontoverbindung des Kunden. Erst zu diesem Zeitpunkt und nur unter der Voraussetzung, dass der Fa. M ein vollständiger Adressdatensatz mit Kundendaten und der ausdrücklichen Zustimmung zur weiteren Verwendung durch den Kunden vorliege, werde ein Zweitanruf durch die Fa. M vorgenommen. Dass bei Übermittlung eines vollständigen Adressdatensatzes auch von der Zustimmung des Kunden zu einem Zweitanruf ausgegangen werden darf, ergäbe schon der Umstand, dass der Kunde widrigenfalls seine Daten, insbesondere auch die Kontoverbindung, sicherlich nicht bekannt gegeben hätte. Sofern jedoch der Kunde keine ausdrückliche Zustimmung zu einem Zweitanruf gegenüber der Fa. D T abgegeben hat, erfolge von der Fa. M kein Anruf.

 

Der Bwin lägen lediglich hinsichtlich Frau S vollständige Datensätze vor und sei diese in Folge Zustimmung zu einem Anruf durch die Fa. M auch angerufen worden. Die übrigen in den Straferkenntnissen angeführten Personen seien der Bwin unbekannt, es lägen diesbezüglich keine Datensätze vor und wären diese Personen auch nicht von der Fa. M angerufen worden.

 

In rechtlicher Hinsicht (Punkt V.) wird gerügt, dass die Straferkenntnisse der belangten Behörde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet seien.

 

Unter A. wird in der Berufung als auffallend kritisiert, dass die belangte Behörde ihre Straferkenntnisse auf vier unterschiedliche Weisen zu begründen versuche, obwohl die Behörde vorwegnehme, dass es sich inhaltlich im wesentlichen um gleichartige Causen handle.

 

In den Straferkenntnissen zu den Zlen. BMVIT-635.540/0080, 0081 und 0082/07 sollte die Bwin zunächst noch als unmittelbare Täterin haften, in der folgenden Berufungsvorentscheidung sei die Behörde plötzlich zu einer Verantwortlichkeit wegen Bestimmungs- und Beitragstäterschaft übergegangen, obwohl eine Kumulierung dieses Vorwurfs nicht denkbar sei.

 

Die Straferkenntnisse vom 14. April 2008, Zlen. BMVIT-635.540/0290, 0304 und 0347/08 habe die Strafbehörde mit einer Verletzung der Aufsichtspflicht begründet, weshalb § 9 VStG einschlägig wäre. Am 15. April 2008 und damit nur einen Tag später hätte die belangte Behörde in den Straferkenntnissen zu Zlen. BMVIT-635.540/0115, 0144, 0252, 0254, 0265, 0266 und 0448/08 die Bwin als Anstiftungstäterin angesehen.

 

Als unmittelbare Täterin komme die Bwin nunmehr offensichtlich auch für die belangte Behörde nicht mehr länger in Betracht. Auch die Ansicht der belangten Behörde, dass im Ankauf von Adressdatensätzen von einer anderen Unternehmung eine Bestimmungs- oder Beitragstäterschaft liege, sei bereits im Vorlageantrag an den unabhängigen Verwaltungssenat vom 29. Mai 2007 ausführlich widerlegt worden und erlaube sich die Bwin darauf zu verweisen.

 

Die nunmehrigen Straferkenntnissen zu den Zahlen BMVIT-635540/0401, 0477 und 0478/08 begründe die belangte Behörde mit einer Verletzung der Aufsichtspflicht, weshalb § 9 VStG einschlägig sei. Zu diesem Vorwurf der Verletzung der Aufsichtspflicht bringt die Bwin vor, dass sie als Geschäftsführerin der Fa. M dafür sorge, dass beim Betrieb ihres Unternehmens die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch des Verwaltungsrechts, eingehalten werden. Soweit von der M Anrufe getätigt werden, erfolgten diese nur in jenen Fällen, in denen eine Zustimmung der Anzurufenden und ein vollständiger Adressdatensatz vorliegen.

 

Der belangten Behörde sei Recht zu geben, dass die Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist. Der Geschäftsführer der D T könne demnach nicht verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 bzw. 4 VStG sein. Die Berufung wirft dann die rhetorische Frage auf, ob dem gegenüber (nach Meinung der belangten Behörde) die Geschäftsführerin der Fa. M verantwortliche Beauftragte für eine andere Firma wie die D T sein könne und zwar allein auf Grund der Tatsache des Ankaufs von Adressdatensätzen. Solche würde im Übrigen auch von einigen anderen Unternehmen angekauft. Die Schranken der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Beschuldigte als Geschäftsführerin der Fa. M würden dabei verkannt werden.

 

Sofort nach Bekanntwerden des ersten bei der belangten Behörde anhängigen Falles sei mit der D T Kontakt aufgenommen und auf die Einhaltung der Geschäftsvereinbarung nachdrücklich hingewiesen worden. Im gesamten Zeitraum von März bis September 2007 sei keine einzige Anzeige an die belangte Behörde herangetragen worden. Selbst bei Zugrundelegung der irrigen Rechtsansicht, die Bwin habe ihre Aufsichtspflicht verletzt, wäre dieser Umstand als Entlastung der Bwin zu beurteilen gewesen.

 

Im Punkt B. tritt die Berufung der belangten Behörde auch insoweit entgegen, als sie im Ergebnis die vorgeworfenen Gesetzesverletzungen auch für subjektiv zurechenbar hält. Die belangte Behörde versuche seitenlang zu begründen, dass die Bwin zumindest in Kauf genommen hätte, dass durch Erfüllungsgehilfen der Fa M und durch die M selbst bei jeder sich bietenden Gelegenheit die gesetzlichen Bestimmungen verletzt würden. Schon aus dieser Formulierung ergebe sich, dass die belangte Behörde nicht zwischen einer zivilrechtlichen Haftung im Sinne einer Erfüllungsgehilfenhaftung und einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für fremdes Handeln differenziert. Durch keinerlei Feststellungen sei belegt, dass die Fa. M bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoße. Auch sei nicht ersichtlich, wie die belangte Behörde zu dieser Feststellung komme. Es sei bezeichnend für das Verfahren, wenn die Behörde aus dieser von ihr aufgestellte Behauptung das Vorliegens eines bedingten Vorsatzes der Bwin zu begründen versuche.

 

Sofern tatsächlich in einigen Fällen ein Irrtum über das Vorliegen einer Zustimmung des Angerufenen vorliege, so wäre dies allenfalls als Fahrlässigkeit der Bwin zu beurteilen. In diese Richtung habe die belangte Behörde jedoch keine Ermittlungen angestellt. Keinesfalls habe die Bwin Gesetzesverletzungen durch ihre Unternehmung in Kauf genommen.

 

Auffallend sei, dass die belangte Behörde zur Frage der Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit auf andere Personen insgesamt 9 Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs anführt, die alle nicht auf den gegenständlichen Sachverhalt zutreffen würden. Die Verpflichtung zur Überwachung eines rechtsgeschäftlich "außer Haus" beauftragten Dritten können entgegen der belangten Behörde gerade nicht angenommen werden. Denn es sei nicht so, dass die D T auf Grund eines Vertrags für die Bwin akquiriert. Diese habe keinen Auftrag zu akquirieren. Vielmehr würden lediglich bestehende Datensätze von der D T so wie auch von anderen Unternehmen angekauft. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die D T einen Auftrag zu einem Tun im Sinne des Akquirierens von Datensätzen hätte. Es handle sich lediglich um einen Kaufvertrag mit einem dritten Unternehmen, weshalb eben nicht Aufgaben rechtsgeschäftlich außer Haus durchgeführt werden würden.

 

Unter Punkt C. wird vorgebracht, dass es der Bwin überdies auch an dem erforderlichen Unrechtsbewusstsein mangle. Diese Voraussetzung der Vorwerfbarkeit sei im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde nicht schon dadurch erfüllt, dass der Bwin der Tatbestand des § 107 Telekommunikationsgesetz bekannt ist. Jeder Rechtsunterworfene habe die Gesetze zu kennen und könne sich auch nicht mit deren Unkenntnis entlasten. Die Bwin halte sämtliche Verwaltungsvorschriften ein und sei der Ansicht, dass sie nicht für allfällige Gesetzesverletzungen anderer Unternehmungen einzustehen habe, auf welche sie gar keinen Einfluss habe.

 

2.4. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben ohne weitere Argumentation behauptet, dass in der Berufung keine Gründe angeführt worden wären, die ein Abgehen von der getroffenen Entscheidung erforderlich gemacht hätte.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt. Nach dessen Durchsicht war im Hinblick auf das unwiderlegte Berufungsvorbringen und die in gleichgelagerten Berufungsverfahren ergangenen Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenats (vgl VwSen-390258 und 390259 vom 14.01.2009; VwSen-390243 vom 27.05.2009, VwSen-390245 vom 28.05.2009 und VwSen-390246 vom 29.05.2009) festzustellen, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 107 Abs 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) sind Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

 

Nach dem § 109 Abs 3 Z 19 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen,

 

wer entgegen § 107 Abs 1 Anrufe zu Werbezwecken tätigt.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk. verst. Senate VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.3. In vorangegangenen Straferkenntnissen (Zlen. BMVIT-635540/0080, 0081 und 0082/08), die vom erkennenden Verwaltungssenat aufgehoben wurden (vgl h. Erk. VwSen-390193 vom 19.05.2008; VwSen-390194 vom 20.05.2008 und VwSen-390195 vom 21.05.2008), hatte die belangte Behörde zunächst eine rechtswidrige Werbeanrufpraxis der Fa. M vermutet und die Bwin dafür im Wege des § 9 Abs 1 VStG verantwortlich gemacht. Auf Grund des damals wie heute gleichen Berufungsvorbringens, wonach der erste telefonische Kontakt durch Bedienstete des Unternehmens D T hergestellt werde und die Fa. M daraufhin Adressedatensätze erhalte, führte die belangte Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung durch, in der sie schließlich selbst davon ausging, dass das Werbetelefonat durch die Fa. D T von Spanien aus geführt wurde und die Daten der angerufenen Personen an die Fa. M weitergeleitet wurden, welche dann in einem Zweitanruf Kontakt aufnimmt, um einen Vertrag zur Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft abzuschließen.

 

Die belangte Behörde ist daraufhin von der ursprünglich angenommenen Verantwortung der Bwin gemäß § 9 Abs 1 VStG als Geschäftsführerin der Fa. M abgegangen und nahm nachträglich eine Beteiligung gemäß § 7 VStG an den Übertretungen von Mitarbeitern der Firma D T an. Dementsprechend tauschte sie den Tatvorwurf in der Berufungsvorentscheidung einfach aus. Die Fernmeldebehörde hatte es verabsäumt, vor der Erlassung des Straferkenntnisses eine Rufdatenerhebung durchzuführen, obwohl ihr bereits aus anderen gleichgelagerten Verfahren bekannt sein musste, dass derartige Werbeanrufe nicht von der Firma M, sondern von der Firma D T von Spanien aus durchgeführt worden waren. Die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen wurden von der Fernmeldebehörde nicht durchgeführt.

 

Die Berufungsvorentscheidung mit dem unzulässiger Weise ausgetauschten Tatvorwurf war schon gemäß § 64a Abs 3 AVG durch den Vorlageantrag ex lege außer Kraft getreten. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher nur mehr festzustellen, dass die Bfin nicht nach § 9 Abs 1 VStG verantwortlich sein könne, weil feststand, dass kein Mitarbeiter der Fa. M den angelasteten Werbeanruf tätigte.

 

4.4. Im vorliegenden Fall geht aus der per E-Mail erstatteten Anzeige des A B hervor, dass am Montag, dem 17. März 2008, am Rezeptionshandy      seines Campingplatzes ein Werbeanruf einging, den sein Angestellter P entgegennahm. Ein Mann, dessen Name nachträglich mit Hr. H bekannt gegeben wurde, stellte sich als Mitarbeiter der Fa. "G" in Linz vor und erklärte Herrn P, er hätte gewonnen und man bräuchte jetzt seine Bankverbindung. Diese habe ihm P aber nicht gegeben. Danach wären noch mehrere Telefonate mit unbekannter Nummer eingegangen, in denen immer wieder nach Herrn P gefragt worden wäre. Man wäre dann nicht mehr ans Telefon gegangen.

 

Die belangte Behörde hat zu diesem Telefonat vom 17. März 2008 im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses darauf abgestellt, dass ein Mitarbeiter eines Vertragsunternehmens der Fa. M diesen Anruf mit der Werbung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel der Fa. M durchführte. Im Gegensatz dazu hat sie in der Begründung vermutet, dass es sich bei "g" offensichtlich nur um eine "Marke" der Fa. M handle. Diesen Schluss zieht die belangte Behörde allein aus den auf die Fa. M hinweisenden Kontaktdaten auf der Homepage "www. Ein konkretes Beweisergebnis gibt es dazu im vorgelegten Verwaltungsstrafakt freilich nicht, weshalb die belangte Behörde offenbar im Spruch selbst von einem Werbeanruf am 17. März 2008 um ca. 16:00 Uhr durch einen Mitarbeiter eines Vertragsunternehmens der Fa. M ausging.

 

Der erkennende Verwaltungssenat kann sich nicht auf Spekulationen einlassen. Vielmehr ist im Zweifel entsprechend der Rechtfertigungslinie der Bwin anzunehmen, dass ein Vertragsunternehmen (Fa. "g") eingeschaltet war. Nach der Rechtsansicht der belangten Behörde zu § 9 Abs 1 VStG brauchte dazu nicht weiter differenziert werden, zumal sie die Bwin gleichermaßen für verantwortlich hält, egal ob nun die Fa. M selbst oder ein Vertragsunternehmen (zB D T) den unerbetenen Werbeanruf durchführte.

 

Wie im Folgenden noch näher darzulegen sein wird, enthält das angefochtene Straferkenntnis keinen rechtlich schlüssigen Tatvorwurf. Auch wenn die belangte Behörde, tendenziell wohl in Richtung der Beteiligungsregelung des § 7 VStG schielend, zur Begründung ausführt, die Bwin hätte unter Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflichten als Geschäftsführerin "in Kauf (genommen), dass durch Erfüllungsgehilfen der Fa. M bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen die ... gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wird", vermag dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich derartige Formulierungen auf keine ausreichenden Beweisergebnisse stützen konnten, um der Bwin ein allenfalls strafwürdiges Verhalten im Gesamtzusammenhang unter dem Aspekt des § 7 VStG nachzuweisen.

 

4.5. Die belangte Behörde bringt im Spruch zum Ausdruck, dass die Bwin als Geschäftsführerin der Fa. M einen Anruf zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers zu verantworten habe, "indem ein Mitarbeiter eines von der Fa. M vertraglich beauftragten Unternehmens ein Gespräch bezüglich Werbung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel der Fa. M geführt hat.". Diese aus der Geschäftsführertätigkeit abgeleitete Aufsichts- und Kontrollverantwortlichkeit der Bwin für "Erfüllungsgehilfen der Fa. M" wird von der belangten Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses noch vertiefend dargestellt.

 

Die belangte Behörde überdehnt mit ihrer Argumentation die Reichweite des § 9 VStG deutlich. Sie versucht auf den Punkt gebracht, den § 9 Abs 1 VStG einerseits im Wege der Analogie (strafrechtliche Geschäftsführerhaftung für Erfüllungsgehilfen wie für eigene Mitarbeiter) auszudehnen und andererseits als Mittel zur Umgehung der strengeren Haftungsvoraussetzungen der Beteiligungsregelung des § 7 VStG zu instrumentalisieren, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. Diese Vorgangsweise ist mit dem im Strafrecht herrschenden Grundsatz "nullum crimen sine lege" grundsätzlich nicht vereinbar. Im Einzelnen ist dem entgegen zu halten:

 

4.5.1. Verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Pflichten können bei juristischen Personen nicht in gleicher Weise wie bei natürliche Personen durchgesetzt werden, weil im geltenden Schuldstrafrecht die Schuld des Täters für Strafe vorausgesetzt wird. Der Gesetzgeber hat deshalb mit § 9 VStG eine Regelung getroffen, die dennoch die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen und die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Zuwiderhandlungen gewährleistet. Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist grundsätzlich nach § 9 Abs 1 VStG strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Der Verfassungsgerichtshof ist in VfSlg 15.200/1998 davon ausgegangen, dass die einschlägigen verfassungsrechtlichen Garantien ( Art 90 ff B-VG, Art 6 und Art 7 EMRK) ganz selbstverständlich und daher unausgesprochen auch den Grundsatz voraussetzten, dass strafrechtliche Verantwortlichkeit nur an eigenes Verhalten angeknüpft sein darf. Die Verfassungskonformität eines als "Unternehmensstrafrecht" konstruierten Geldbußensystems hängt somit davon ab, inwieweit dabei echte "Strafen" verhängt werden und Verhalten sanktioniert wird, das der juristischen Person selbst zurechenbar ist (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 1557).

 

Soweit eine juristische Person Adressat einer Verwaltungsstrafnorm ist, treten an ihre Stelle die zur Vertretung nach außen berufenen Personen oder allfällige verantwortliche Beauftragte. Dabei ist das Organ auch dann verantwortlich, wenn das Tatbild durch andere Personen verwirklicht wird, weil es nicht genügend Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. Es kann aber nur für solche Verhaltensweisen Dritter bestraft werden, die der juristischen Person zurechenbar sind (vgl näher Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000], Anm 3 zu § 9 VStG).

 

Die Bestrafung des verantwortlichen Organs setzt zwar die vom unmittelbaren Täter begangene Tat voraus, gründet sich aber auf Seiten des verantwortlichen Organs auf ein anderes Verhalten. Wie Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3 [2004], 405, zutreffend ausführt, darf § 9 VStG nicht in verfassungswidriger Weise als strafrechtliche Verantwortung für fremdes Verhalten verstanden werden. Vielmehr folgt aus dieser Vorschrift ein spezifisches Unterlassungsdelikt, das bei der Pflicht der Organe der juristischen Person ansetzt, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln sicherzustellen. Die Strafbarkeit des verantwortlichen Organs gründet auf dem Vorwurf, dass dieses schuldhaft keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hat, um die Tat des unmittelbaren Täters zu verhindern.

 

Die gegenständliche Frage, ob der Außenvertretungsbefugte einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft gemäß § 9 Abs 1 VStG für ein tatbestandsmäßiges Verhalten von Dienstnehmern anderer juristischer Personen oder Personengesellschaften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann, ist demnach schon aus verfassungsrechtlichen Gründen zu verneinen.

 

Diese besondere Verantwortung von Organen nach § 9 VStG ist naturgemäß auf den Rahmen der juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft beschränkt und kann daher nur zum Tragen kommen, wenn andere Personen innerhalb der Organisation der juristischen Person den strafbaren Tatbestand verwirklichen (vgl bereits die Erkenntnisse VwSen-390241 und 390242/5/SR/Sta sowie VwSen-390258 und 390259/5/SR/Sta je vom 14. Jänner 2009)

 

4.5.2. Im Gegensatz zu den bisherigen Darlegungen hat die belangte Behörde ganz allgemein eine Aufsichtspflicht und strafrechtliche Verantwortlichkeit angenommen, die die Geschäftsführung eines Unternehmens auch für fremde Dienstnehmer von Vertragsunternehmen und für Erfüllungsgehilfen treffe. Die Bwin hätte sich daher nach Ansicht der belangten Behörde vergewissern müssen, ob die vorherige Zustimmung zum Werbeanruf des vom Vertragsunternehmen angerufenen Teilnehmers tatsächlich vorliegt.

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis Leitsätze aus insgesamt 9 Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage eines sog. wirksamen Kontrollsystems wiedergegeben (beispielsweise VwGH vom 14.12.1998, 98/17/0309: "Die Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit auf andere Personen ist ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich"). Die belangte Behörde hat verkannt, dass diese zum Kontrollsystem ergangene Judikatur immer von Aufsichts- und Kontrollpflichten ausgeht, die einen Unternehmer oder ein Organ einer juristischen Person im Rahmen der eigenen Organisation unzweifelhaft selbst treffen. Diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, die auf den vorliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden ist, verfolgte nicht das verfassungsrechtlich bedenkliche Ziel, die Reichweite des § 9 VStG auszuweiten. In dem Zusammenhang kann dem Verwaltungsgerichtshof nicht unterstellt werden, dass er mit seinen Ausführungen zum Kontrollsystem auch eine Strafbarkeit des zur Vertretung nach außen berufenen Organs für das Fehlverhalten von Dienstnehmern eines Dritten begründen wollte. Wie bereits dargelegt, würde dies im Ergebnis zu einer unzulässigen Ausweitung der Strafnorm führen und letztlich auch einen Verstoß gegen den Grundsatz "nullum crimen sine lege" bedeuten.

 

Bereits in den einschlägigen Erkenntnissen des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich VwSen-390241 und 390242/5/SR/Sta und VwSen-390258 und 390259/5/SR/Sta je vom 14. Jänner 2009 wurde der belangten Behörde Folgendes entgegen gehalten:

 

"Zur Verdeutlichung ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof den Aufbau eines entsprechenden Kontrollsystems in solchen Fällen gefordert hat, in denen "rechtsgeschäftliche Aufgaben `außer Haus´ durch Dritte durchgeführt werden sollen". Eingeschränkt ist die Überwachungspflicht aber auf die Dritten übertragene Aufgaben, die eine Voraussetzung für die Erfüllung eigener Verpflichtungen sind (dazu VwGH vom 14.12.1998, Zl. 98/17/0309: Mit der rechtsgeschäftlichen Weitergabe vorbereitender Tätigkeiten kann dem Dritten nicht auch eine dem Übertragenden selbst von Gesetzes wegen treffende Verpflichtung [z.B.: Erstattung der Anzeigenabgabe] überbunden werden.). Unbestritten können eigene gesetzliche Verpflichtungen rechtsgeschäftlich nicht delegiert werden.

 

Telefonmarketing stellt innerhalb des gesetzlichen Rahmens eine erlaubte Tätigkeit dar. Die vertragliche Beauftragung eines selbständig und eigenverantwortlich tätigen Dritten, Kunden für ein bestimmtes Unternehmen oder einen bestimmten Zweck zu werben, kann weder als eine Weitergabe vorbereitender Tätigkeiten noch als die Übertragung von einem selbst treffende gesetzliche Verpflichtung angesehen werden."

 

Deshalb trifft nicht einmal die schon auf verbotener Analogie beruhende These der belangten Behöre zu, dass die Fa. M strafrechtlich verantwortlich sein könnte, weil sie mit Erfüllungsgehilfen arbeite, um eigene Verpflichtungen zu erfüllen. Denn nach der Bestimmung des § 1313a ABGB haftet auch schadenersatzrechtlich nur für Verschulden der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient (sog. Erfüllungsgehilfenhaftung), wer einem anderen zu einer Leistung verpflichtet ist. Wie in der Berufung ausgeführt wird und nach der vorliegenden Aktenlage auch unbestritten erscheint, betreibt die Fa. M aber selbst keine "Kundenakquirierung" mittels Telefonmarketing, sondern hat diese unternehmerische Tätigkeit auf selbständige Unternehmen wie zB die spanische Fa. D T s.l. ausgelagert, die für die Beschaffung von vollständigen Adressdatensätzen einschließlich der Zustimmung des Kunden zur Datenverwendung bezahlt werden (Ankauf von Datensätzen). Nur in diesem Fall finde nach der Darstellung der Berufung, die von der belangten Behörde noch nicht generell widerlegt werden konnte, ein Zweitanruf durch die Fa. M statt. Es geht demnach nicht um die Erfüllung eigener Verpflichtungen mit Hilfe eines Subunternehmers, sondern um die Auslagerung des gesamten Bereichs "Telefonmarketing" auf eigenverantwortlich tätige Unternehmen als Geschäftspartner, von denen nach der unwiderlegten Berufungsdarstellung auch die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gefordert wird.

 

Deshalb ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Werbeanrufe zur Kundenakquisition ausschließlich von Dienstnehmern von vertraglich beauftragten Unternehmen getätigt werden, auf die die Fa. M keinen direkten Einfluss nehmen kann. Auch gegenüber der Fa. D T könnte die Fa. M bei fehlender Zustimmung von Telefonteilnehmern zum Werbeanruf und zur Datenverwendung nur die Bezahlung der jeweiligen Adressdatensätze verweigern und allenfalls eine Vertragsauflösung betreiben. Andere rechtliche Einflussmöglichkeiten, vor allem aber unmittelbare Durchgriffsmöglichkeiten sind nicht ersichtlich.

 

4.6. Unmittelbarer Täter einer Verwaltungsübertretung nach § 109 Abs 3 Z 19 iVm § 107 Abs 1 TKG ist der Anrufer, der ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers Anrufe (einschließlich das Senden von Fernkopien) zu Werbezwecken vornimmt. Nur an diesem Tatbild kann sich der Tatvorwurf orientieren.

 

Nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist die belangte Behörde beim Erstanruf am 17. März 2008 durch einen Mitarbeiter der Fa. "G" selbst nicht davon ausgegangen, dass der gegenständliche Werbeanruf von einem Dienstnehmer der Fa. M durchgeführt wurde. Da nach der Aktenlage der Nachweis eines Werbeanrufs durch einen Dienstnehmer der Fa. M nicht erbracht wurde und der Bwin unter Hinweis auf ihre Stellung als ein zur Vertretung der Fa. M nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs 1 VStG ein gesetzwidriges und strafbares Verhalten von Dienstnehmern anderer Unternehmen, die das Telefonmarketing eigenverantwortlich wahrnehmen, nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, ist das Straferkenntnis inhaltlich rechtswidrig. Eine Haftung für fremdes Fehlverhalten ist im Schuldstrafrecht schlechthin ausgeschlossen und im Zivilrecht auch nur unter den Voraussetzungen der Schadenersatzregelungen der §§ 1313a und 1315 ABGB möglich.

 

4.7. Hinsichtlich der im E-Mail des Anzeigers vom 19. März 2008 erwähnten Folgeanrufe, ging die belangte Behörde ohne nähere Begründung und eindeutige aktenkundige Beweise ganz allgemein davon aus, dass diese Folgeanrufe alle von der Fa. M stammten. Dementsprechend wurden die in den Spruchpunkten 2) bis 5) angegebenen Telefonate ohne inhaltliche Konkretisierung pauschal als Werbeanrufe der Fa. M angelastet.

 

Aus dem E-Mail des Anzeigers vom 19. März 2008 ist aber gesichert nur abzuleiten, dass am 19. März 2008 auch ein Anruf mit der nicht unterdrückten Telefonnummer 0732/908500 der Fa. M einlangte, bei dem eine Frau, deren Name unbekannt blieb, Herrn P verlangte. Diese Frau wollte zunächst Herrn B über den Grund des Telefonats nichts sagen und erklärte ihm auf seine Nachfrage, dass ihn das nichts anginge. Erst als er sich damit nicht begnügte und als Chef des Herrn P vorstellte, sagte sie, dass sie Daten von Herrn P bräuchte. Das Gespräch wurde dann von B beendet, weil die Frau dessen weitere Fragen nicht beantwortete und angeblich frech wurde.

 

Dieses Telefonat, mag es auch unerbeten und dem Anzeiger lästig gewesen sein, kann nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats noch nicht als Anruf zu Werbezwecken iSd § 107 Abs 1 TKG gedeutet werden, weil es der Anruferin nur darum ging, Herrn P zu erreichen und mit ihm zu sprechen. Eine Werbung für eine Firma, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung war tatsächlich nicht Inhalt des Gesprächs mit Herrn B. Erst wenn das Gespräch zwischen dieser Frau und Herrn P über dessen erwünschte Teilnahme an einem Gewinnspiel der Fa. M zustand gekommen wäre, hätte man begrifflich von einem Werbeanruf sprechen können. Ein inhaltlich neutral gebliebener Versuch, jemanden telefonisch zu erreichen, mit dem man dann ein Werbegespräch führen will, ist selbst noch kein solches Gespräch mit verbotenem Werbeinhalt, sondern eine strafrechtlich neutrale Vorbereitungshandlung. An diesem sachlogischen Befund vermag auch die in den Materialien zum TKG 2003 (vgl RV 128 BlgNR 22. GP, 20 "Zu § 107:") vertretene Ansicht, wonach der Begriff der "Direktwerbung" weit auszulegen sei und jeden Inhalt umfasse, der für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Idee oder ein politisches Anliegen wirbt, nichts zu ändern.

 

Die im E-Mail vom 19. März 2008 erwähnten weiteren Anrufe erfolgten dann wieder mit unbekannter (unterdrückter) Nummer und sind somit der Fa. M nicht zuzuordnen. Außerdem meldete sich eine andere Dame, die den Herrn P verlangte. Auch wenn der Dialog mit ihr ähnlich gewesen sein mag, kann der Anruf nicht ohne weitere Indizien der Fa. M zugerechnet werden. Aus der ungenauen Darstellung des Anzeigeerstatters kann jedenfalls nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit abgeleitet werden, dass die Folgeanrufe von der Fa. M kamen. Auch dem weiteren E-Mail des Anzeigers vom 1. April 2008, das der ergänzenden Aufklärung hätte dienen sollen, ist nur zu entnehmen, dass Anrufe der unbekannten Teilnehmer, wobei pauschal angemerkt wird: "(die Mehrzahl der Mondino-Anrufe)", nicht gespeichert wurden. Hinsichtlich der nicht unterdrückten Telefonnummer 0732/908500 wurden meist auch Anrufzeitpunkte genannt, bei denen laut Vermerk der belangten Behörde gar kein Gespräch zustande kam, weil der Anruf nicht angenommen wurde.

 

Für den erkennenden Verwaltungssenat sind die Anrufdaten zu den Spruchpunkten 3) bis 5), die möglicherweise auf nicht dokumentierten Telefonaten der belangten Behörde beruhen, aus der Aktenlage bzw den handschriftlichen Vermerken der belangten Behörde nicht in schlüssiger Weise nachvollziehbar (vgl dazu schon die Feststellungen unter Punkt 2.1.). Außerdem wurde der Inhalt der der Fa. M zugerechneten Telefonate nach den Spruchpunkten 3) bis 5) vom Anzeigeerstatter in keinem der aktenkundigen E-Mails vom 19. März und 1. April 2009 dargestellt. Insgesamt hat das erkennende Mitglied den Eindruck gewonnen, dass der belangte Behörde zu den angelasteten Anrufen laut Spruchpunkten 3) bis 5) überhaupt eine gesicherte Beweisgrundlage fehlte. Deshalb ist auch über den Ablauf und Inhalt dieser Telefonate nichts Konkretes aktenkundig geworden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass wesentliche Tatsachen in Bezug auf die Spruchpunkte 3) bis 5) von der belangten Behörde überhaupt nicht aufgeklärt und deshalb auch nicht iSd § 44a Z 1 VStG konkretisiert worden sind. Die diesbezüglichen Tatvorwürfe sind rechtlich nicht ausreichend angelastet und erscheinen schon in tatsächlicher Hinsicht als nicht erwiesen.

 

In Bezug auf den Spruchpunkt 2) geht auch der erkennende Verwaltungssenat nach der Aktenlage von einem Telefonat zwischen Herrn B und einer Mitarbeiterin der Fa. M aus, weil sich beim Rückruf des Anzeigers ein Band der Fa. M meldete und die Telefonnummer      dieser Firma zuzuordnen ist. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wird damit die bisherige Rechtfertigungslinie der Bwin zwar noch nicht schlechthin widerlegt, aber immerhin ein Einzelfall bescheinigt, in dem es offenbar um den Versuch eines sog. Zweitanrufs der Fa. M ging, der entgegen der bisher wiederholt vorgetragenen Rechtfertigung der Bwin (vgl etwa Niederschrift vom 13.04.2007, Zlen. BMVIT-635.540/0080 bis 0082/07; vorliegende Berufung) getätigt wurde, obwohl die persönlichen Daten von Herrn P jedenfalls noch nicht vollständig vorlagen und von dessen Zustimmung zum Zweitanruf daher nicht ausgegangen werden konnte.

 

Wie bereits oben näher ausgeführt, ist aber ein Telefonat, in dem bloß versucht wird, jemanden zu erreichen, wenn auch in der Absicht mit ihm dann ein unerbetenes Werbegespräch zu führen, selbst noch kein solches Gespräch mit verbotenem Werbeinhalt. Deshalb kann der von der belangten Behörde schon nicht iSd § 44a Z 1 VStG ausreichend konkretisierte Tatvorwurf im Spruchpunkt 2) auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen Fakten bei richtiger rechtlicher Bewertung begrifflich noch nicht als ein strafbarer Werbeanruf angesehen werden.

 

5. Im Ergebnis steht daher schon nach der Aktenlage fest, dass die beschuldigte Bwin die im Straferkenntnis angelasteten Taten so nicht begangen haben konnte. Deshalb war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und mangels erwiesener und rechtlich zutreffend vorgeworfener Verwaltungsübertretungen waren die Strafverfahren nach dem § 45 Abs 1 Z 1 und Z 2 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

Rechtssatz zu VwSen-390257 vom 2. Juli 2009

 

§ 107 Abs 1 TKG 2003

 

Ein Telefonat, in dem bloß (vergeblich) versucht wird, jemanden telefonisch zu erreichen, um mit dieser Person dann ein unerbetenes Werbegespräch zu führen, ist selbst noch kein solches Gespräch mit verbotenem Werbeinhalt, sondern eine strafrechtlich neutrale Vorbereitungshandlung. An diesem sachlogischen Befund vermag auch die in den Materialien zum TKG 2003 (vgl RV 128 BlgNR 22. GP, 20 "Zu § 107:") vertretene Ansicht, wonach der Begriff der "Direktwerbung" weit auszulegen sei und jeden Inhalt umfasse, der für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Idee oder ein politisches Anliegen wirbt, nichts zu ändern.

 

 

Im Übrigen Rechtssatz wie VwSen-390258 und 390259 vom 14. Jänner 2009

 

 

 

 

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