Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530835/11/Bm/Ba

Linz, 30.06.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der S.K. I u. H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G L, L S,  M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6.8.2008, Ge20-88-2008-P/GRO, betreffend die Untersagung einer nach § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994 angezeigten Anlagenänderung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 10.12.2008 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6.8.2008, Ge20-88-2008-P/GRO, wird mit der Maßgabe bestätigt, als der im Spruch enthaltenen Wortfolge: "... die gesetzlichen Voraussetzungen ..." angefügt wird: "des § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994...".

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d  Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG); §§ 359a und 81 Abs.2 Z 9 und 345 Abs.5 und 6 GewO 1994 idgF (GewO 1994)

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6.8.2008, Ge20-88-2008-P/GRO, wurde die Durchführung der von der Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) mit Eingabe vom 14.7.2008 angezeigten Änderungen der bestehenden Betriebsanlage im Standort M, I, im Grunde des § 345 Abs. 5 GewO 1994, untersagt.

 

Dies im Wesentlich mit der Begründung, dass auch in diesem Verfahrenstypus die wahrzunehmenden Schutzinteressen des § 74 Abs.2 GewO 1994 zu beachten seien. Die für die Prüfung erforderlichen Unterlagen seien in § 353 GewO 1994 definiert und fordere die Bestimmung des § 345 Abs.6 GewO im Anzeigeverfahren die Belege in der Qualität und im Umfang des § 353 leg.cit. Da die der Anzeige vom 14.7.2008 angeschlossenen Beilagen nicht einmal in Ansätzen diesem Erfordernis entsprechen würden, sei die beabsichtigte Maßnahme bzw. Tätigkeit zu untersagen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die S.K. I und H durch ihren Rechtsvertreter innerhalb offener First Berufung eingebracht und diese im Wesentlichen damit begründet, die Bw habe in ihrer Anzeige ausdrücklich vorgebracht, dass die geplanten Änderungen der genehmigten Betriebsanlage das Emissionsverhalten der genehmigten Betriebsanlage nicht nachteilig beeinflussen würden.   

 

Gemäß § 345 Abs.3 2. Satz GewO sind den Anzeigen die zum Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen für die Maßnahme oder Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, erforderlichen Belege anzuschließen. Es sind also keineswegs immer alle in § 353 GewO angeführten Unterlagen vorzulegen.

 

Gesetzliche Voraussetzung der verfahrensgegenständlichen Anzeige sei, dass die geplanten Änderungen der genehmigten Betriebsanlage das Emissionsverhalten der genehmigten Betriebsanlage nicht nachteilig beeinflussen.

 

Die zur Beurteilung dieser einzigen entscheidungswesentlichen Frage erforderlichen Angaben und Unterlagen habe die Bw gleichzeitig mit ihrer Anzeige gemacht bzw. vorgelegt. Dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, weshalb die vorgelegten Unterlagen zur Beurteilung dieser Frage nicht ausreichen sollten. Selbst wenn die mit der Anzeige gemachten Beschreibungen und Unterlagen entgegen dem Standpunkt der Bw zur Beurteilung des Emissionsverhaltens der geplanten Änderung nicht ausreichen sollten, hätte die Verwaltungsbehörde erster Instanz dies der Bw detailliert mitteilen und Gelegenheit zur Verbesserung der Anzeige geben müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt.

 

Es werden die Anträge gestellt, die Verwaltungsbehörde zweiter Instanz möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die mit Schriftsatz vom 14.7.2008 erstattete Anzeige gemäß § 81 Abs.3 GewO zur Kenntnis genommen wird, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Verwaltungsbehörde erster Instanz zurückverweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oö. durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994 iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-88-2008 sowie durch Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 10.12.2008, zu welcher der Rechtsvertreter der Bw erschienen ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Am Standort I, M, befindet sich eine gewerbebehördliche Betriebsanlage, welche von der M L C GmbH betrieben wird.

 

Die Betriebsanlage besteht aus acht Hallen, einem Bürogebäude, einem Waschplatz, einer Reparaturwerkstätte und einem Lager- und Abstellplatz.

Mit Bescheid vom 6.12.2004, Ge20-92-2004, wurde die Änderung der bestehenden gewerbebehördlich genehmigten Halle 1 durch Errichtung eines Bremsprüf­standes anstelle der in der Halle betriebenen Schlosserei genehmigt.

Die M L C GmbH hat nunmehr an die S.K. I und H die Halle 1 sowie das Bürogebäude vermietet.

 

Nunmehr soll in dieser Halle die Montage von Hydraulikbestandteilen und im Bürogebäude die Planungstätigkeit hiefür erfolgen.

 

Von der Bw wurde der beabsichtigte betriebliche Ablauf wie folgt beschrieben:

 

"Der Betrieb gliedert sich in zwei Bereiche: Die Zylinderfertigung und die Anlagenmontage. Die benötigten Einzelteile und Komponenten werden nach der Warenannahme eingelagert. Sind alle Zylinderteile vorhanden, werden diese teilweise mit Bohrungen versehen. Nach dem Aufschweißen von Boden, Befestigung und Anschluss auf das Rohr werden die Teile zur Montage weitergeleitet. Das Rohr wird innen gereinigt. Auf die Stange werden Führungen, Kolben und Dichtungen montiert. Danach werden Stange und Rohr zusammengebaut. Nach der Dichtheitsprüfung wird eine Grundierung aufgetragen und der Zylinder wird zum Lackieren versandt. Die fertigen Zylinder werden verpackt zum Ausliefern oder Einlagern. Die Stahlbaukonstruktionen für die Anlagen werden vorbereitet (bohren, Gewinde schneiden) und zum Lackieren geschickt. Danach werden alle Komponenten montiert; Rohrleitungen zugeschnitten und gebogen. Nach dem Probelauf wird die Anlage verpackt und ausgeliefert. Auf der Drehmaschine werden fallweise kleine Korrekturen an diversen Teilen durchgeführt."

 

Weiters sollen  nach Aussage der Bw folgende Maschinen in der Halle verwendet werden:

Hydraulikaggregate, Metallsäge, Drehbank, Bandsäge, Bohrmaschinen, Schweißgerät, Biegemaschine, Kräne und Kompressor.

 

Die entsprechenden Maschinenteile werden einmal täglich mittels Lkw angeliefert bzw. abgeliefert. Ebenso installiert werden soll eine Absauganlage für Schweiß- bzw. Schleifstaub.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 77 Abs.1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Nach § 81 Abs.1 leg.cit. bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmung der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Nach § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls dann nicht gegeben, wenn Änderungen das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen.

 

Nach § 345 Abs.6 GewO 1994 hat die Behörde Anzeigen gemäß § 81 Abs.3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, wenn die geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Der Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, hat die Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige einen Bescheid im Sinne des Abs.5 zu erlassen. Für die den Anzeigen gemäß § 81 Abs.3 anzuschließenden Belege gilt § 353.

 

Nach Abs.5 dieser Bestimmung hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist, wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind – unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff – dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

 

5.2. Abs.2 des oben zitierten § 81 GewO 1994 nennt Ausnahmen von der allgemeinen Regel des § 81 Abs.1 GewO 1994, nämlich Tatbestände, bei deren Vorliegen eine Genehmigungspflicht der Änderung entfällt.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof in VfSlG 16.874/2003 ausgeführt hat, handelt es sich dabei überwiegend um – "an sich der Genehmigungspflicht gemäß Abs.1 unterliegende – Änderungen, bei denen aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen (z.B. §§ 79 und 82 GewO 1994 etc.) die Änderung der Betriebsanlage angeordnet wird bzw. vorgesehen ist, um eine Verbesserung der Emissionssituation zu bewirken".

 

Die vorrangig zu beurteilende Frage, nämlich ob überhaupt eine Änderung einer bestehenden gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage im Sinne des § 81 vorliegt, ist nur über den im Betriebs­anlagengenehmigungsverfahren vorherrschenden Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage zu beantworten.

 

Der Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage bedeutet, dass es sich bei gewerblichen Betriebsanlagen nicht um einzelne Maschinen oder Geräte handelt, sondern bestehen diese regelmäßig aus einer Vielzahl von Objekten, Einrichtungen, Maschinen und Geräten ("Anlagenteile"). Eine Betriebsanlage kann sich aus mehreren Einrichtungen oder aus mehreren Objekten, aber auch aus mehreren Gebäuden oder sonstigen Baulichkeiten zusammensetzen, die – für sich genommen – zum Teil der Genehmigungspflicht nicht unterliegen, zum anderen Teil der Genehmigungspflicht unterliegen (siehe hiezu S-W-Z, die gewerbliche Betriebsanlage, RZ ).

 

Als gewerbliche Betriebsanlage ist daher die Gesamtheit jener Einrichtungen anzusehen, welche dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und stellt eine Betriebsanlage daher, soweit der örtliche, sachliche und funktionelle Zusammenhang all dieser Einrichtungen gegeben ist, ein gewerberechtlich einheitliches Objekt dar (VwGH 17.5.1988, 488/04/0011). Nur durch eine derartige Gesamtbetrachtung kann das gegenseitige Ineinanderwirken der einzelnen Anlagenteile in ihren Auswirkungen auf die Umwelt umfassend beurteilt und damit der vom Gesetz angestrebte umfassende Nachbarschutz bewirkt werden.

 

Der Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage findet seine Grenze dort, wo entweder kein örtlicher Zusammenhang besteht oder der sachliche Zusammenhang nicht mehr gegeben ist.

 

Erst wenn feststeht, dass die in einer Anzeige nach § 81 Abs. 3 beschriebenen Maßnahmen eine Änderung der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage darstellen, die in einem örtlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, ist weitergehend zu prüfen, ob diese Änderungen das Emissionsverhalten nachteilig beeinflussen.

 

Zur Frage, ob eine Änderung einer bestehenden Betriebsanlage oder vielmehr eine Gesamtumwandlung vorliegt, ist auch insofern von Relevanz, als die Beurteilung, ob eine Anlagenänderung das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflusst wird, nur aus einem Vergleich zwischen der genehmigten Betriebsanlage und der beabsichtigten Änderung erfolgen kann.

 

Vorliegend wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6.12.2004, Ge20-92-2004 der G Fahrzeugbau und Containertechnik GmbH die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung einer bestehenden Betriebsanlage in M, I, erteilt. Gegenstand dieser Genehmigung und für das gegenständliche Verfahren relevant ist die Errichtung eines Bremsprüfstandes in der Halle 1 und die Errichtung eines Waschplatzes vor dieser Halle.

 

Die Bw, die mit der damaligen Konsenswerberin nicht ident ist, beabsichtigt nun in dieser Halle 1 die Montage von Hydraulikbestandteilen durchzuführen. Hiezu werden nach Angabe der Bw vom ursprünglichen Genehmigungsumfang nicht umfasste Maschinen und Anlagenteile aufgestellt.

Ein sachlicher Zusammenhang mit der bisherigen genehmigten Betriebsanlage und der darin vorgenommenen Tätigkeit besteht nicht.

In Zusammenschau dieser Umstände, nämlich Betriebszweck und Betriebsgegenstände, liegt nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates keine Änderung der ursprünglich mit Bescheid vom 6.12.2004 genehmigten Betriebsanlage vor, sondern ist vielmehr von einer Gesamtumwandlung auszugehen.

 

In diesem Fall liegt jedoch kein Anwendungsfall des § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994 vor und wurde von der Erstbehörde zu Recht die den Gegenstand der Anzeige der Bw bildende Tätigkeit bescheidmäßig untersagt.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1.     Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

2.     Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.


VwGH vom 06.10.2009, Zl.: 2009/04/0246-3

 

 

 

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