Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252155/2/Gf/Mu

Linz, 09.07.2009

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des Finanzamtes Grieskirchen-Wels, Dragonerstraße 31, 4601 Wels, vertreten durch das Finanzamt Gmunden-Vöcklabruck, Ferdinand Öttl-Straße 12, 4840 Vöcklabruck (mitbeteiligte Partei: H B, G , 4... G), gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5. Mai 2009, GZ 32917/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als anstelle von Ermahnungen eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 500 Euro und eine
Ersatz­freiheitsstrafe in Höhe von 77 Stunden verhängt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5. Mai 2009, GZ 32917/2008, wurden über die mitbeteiligte Partei drei Ermahnungen verhängt, weil es diese als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu verantworten habe, dass von jener zumindest am 19. Februar 2008 drei Personen als Arbeiter mit Innenputzarbeiten in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt gewesen seien, die mit falschen Angaben – nämlich als bloß geringfügig Beschäftigte – beim zuständigen Krankenver­sicherungsträger zur Pflichtver­sicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden seien, obwohl sie tatsächlich als Vollzeitkräfte tätig gewesen seien. Dadurch habe die mitbeteiligte Partei drei Übertretungen des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb sie nach § 111 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die der mitbeteiligten Partei angelastete Tat auf Grund entsprechender Feststellungen eines Kontrollorganes des anzeigenden Finanzamtes als erwiesen anzusehen und ihr insoweit zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei, das Verschulden jedoch geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen seien, weshalb mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden habe werden können.

1.2. Gegen dieses der Abgabenbehörde am 7. Mai 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. Mai 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Begründend bringt die beschwerdeführende Amtspartei vor, dass die Anmeldung zur Pflichtversicherung um beinahe drei Wochen zu spät und ohnehin nur aus Anlass der am 19. Februar 2009 durchgeführten Kontrolle erfolgt sei. Die Ausführungen zur Strafbemessung könnten daher nicht geteilt werden, weil im gegenständ­lichen Fall sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand zweifelsfrei erfüllt sei und die Milderungs- die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen würden, da im Hinblick auf die Anzahl der Dienstnehmer weder das Verschulden geringfügig noch die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen seien. Nach § 111 Abs. 1 ASVG könne nämlich nur bei einem erstmaligen ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe dann auf 365 Euro herabgesetzt werden, wenn tatsächlich sowohl ein geringes Verschulden vorliege und zudem die Folgen der Übertretung unbedeutend seien.

Daher wird die Aufhebung des Ausspruches der Ermahnung und die Verhängung einer Geldstrafe im Sinne des § 111 ASVG beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 32917/2008; da sich bereits aus
diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist nach § 111 Abs. 2 ASVG mit einer Geld­strafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der als Dienstgeber eine von ihm beschäftigte, in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

3.2. Im gegenständlichen Fall wurden im angefochtenen Straferkenntnis drei Ermahnungen ausgesprochen.

3.2.1. Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" in § 111 Abs. 2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs. 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen.

Konträr dazu ordnet jedoch diese Vorschrift im Weiteren an, dass die Geldstrafe im Falle eines geringfügigen Verschuldens und unbedeutender Tatfolgen bis auf 365 Euro herabgesetzt, damit also die Strafuntergrenze bis zur Hälfte unterschritten werden kann.

Insgesamt würde dies systematisch bedeuten, dass selbst dann, wenn die Voraussetzungen des § 21 VStG vorliegen, nicht vollständig von der Verhängung einer Strafe abgesehen, sondern lediglich eine außer­ordentliche Strafmilderung vorgenommen werden könnte. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (77 BlgNR, 23. GP, S. 4) einerseits sowie unter offenkundig gleichzeitig gebotener Zugrundelegung einer im Hinblick auf die Bedarfskompetenz des Art. 11 Abs. 2 B-VG (von der nur bei einer entsprechend begründeten Erforderlichkeit abgewichen werden könnte) verfassungskonformen Interpre­tation insgesamt ergibt, ist diese Anordnung jedoch nicht im Sinne eines echten Widerspruches – der im Ergebnis die Anwendbarkeit der §§ 20 und 21 VStG ausschließen würde – gemeint, sondern vielmehr dahin zu verstehen, dass der Strafbehörde hiedurch (in überflüssiger Weise, weil bei geringfügigem Verschulden und unbedeutenden Tatfolgen schon gemäß § 21 VStG nicht bloß die Strafuntergrenze zu unterschreiten, sondern vielmehr zwingend [vgl. z.B. VwGH v. 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0163; v. 19. September 2001, Zl. 99/09/0264] überhaupt von der Verhängung einer Strafe abzusehen ist) lediglich eine dritte Handlungsalternative eingeräumt werden sollte.

Aus all dem folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs. 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist.

3.2.2. Im gegenständlichen Fall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung unbedeutend sind und von einem geringen Verschulden auszugehen ist.

Der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs. 1 ASVG positivierten Meldepflicht eine weit­reichende Beispielswirkung nach sich ziehen könnte, die in Dienstgeberkreisen zu einer generellen Gleichgültigkeit bis hin zu einer prinzipiellen Missachtung dieser Obliegenheit solange, bis eine behördliche Beanstandung erfolgt, führen könnte. Unter diesem generalpräventiven Gesichtspunkt kann daher nicht die Rede davon sein, dass die hier mindestens über drei Wochen währende Fehlanmeldung von drei Dienstnehmern – wobei hinzukommt, dass der gesetzwidrige Zustand offenkundig ohnehin nur aus Anlass der behördlichen Kontrolle beendet wurde – keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätte.

Damit kommt aber im gegenständlichen Fall eine Heranziehung des § 21 VStG und somit ein gänzliches Absehen von einer Strafe nicht in Betracht.

3.2.3 Im Zuge der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze geboten ist, sind zudem die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

Im vorliegenden Fall ist die Vertreterin der beschuldigten mitbeteiligte Partei bereits 44 Jahre alt und nach Ausweis des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes bislang verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten, was unter spezialpräventiven Aspekten angesichts des fortgeschrittenen Lebensalters zu ihren Gunsten als besonders mildernd zu berücksichtigen ist. Dazu kommt, dass lediglich ein sehr kurzer Zeitraum einer Beschäftigung auch tatsächlich festgestellt werden konnte (nämlich: bloß 1 Tag) und zudem insoweit ein bloß geringes persönliches Verschulden der mitbeteiligten Partei selbst vorliegt, weil in erster Linie deren Steuerberater die ordnungsgemäße Anmeldung verabsäumt hatte. Schließlich ist sie auch geständig, wobei die konkret angelastete Tat im Ergebnis zumindest keine sehr gravierenden Folgen nach sich gezogen hat.

3.3. Daher kommt der Oö. Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass im Hinblick darauf, dass drei Arbeitnehmer während drei Wochen hindurch nicht pflichtgemäß angemeldet wurden und dieser Umstand unter generalpräventiven Aspekten nicht als eine unbedeutende Folge zu qualifizieren ist, weshalb eine Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe unter Erteilung einer bloßen Ermahnung) nicht zum Tragen kommen kann, hier lediglich eine Heranziehung des § 20 VStG – also eine Herabsetzung der gesetzlichen Mindeststrafe von 730 Euro auf die Hälfte – als vertretbar erscheint.

Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher im vor­liegenden Fall als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, unter Berücksichtigung des generalpräventiven Aspektes die Geldstrafe in einer Höhe von insgesamt 500 Euro und gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation die Ersatzfreiheitsstrafe in einer Höhe von 77 Stunden festzusetzen.

3.3. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung der Amtspartei gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Trotz dieses Verfahrensergebnisses war der mitbeteiligten Partei weder ein Kostenbeitrag für das Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben, weil Derartiges für den Fall einer Berufung durch eine Amtspartei weder in den §§ 64 bis 66 VStG noch in einer sonstigen (Spezial-)Vorschrift vorgesehen ist (vgl. in diesem Sinne auch VwGH v. 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0031).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

 

 

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