Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252152/11/BP/Se

Linz, 13.07.2009

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des M H, W, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Mai 2009, GZ.: 0059079/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. Juli 2009, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Mai 2009, GZ.: 0059079/2008, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma A O GmbH, W, – welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt habe, – und somit nach § 9 VStG als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, und als Dienstgeber zu verantworten habe, dass von dieser Firma als Dienstgeberin zumindest am 22. Juli 2008 Herr G J auf der Baustelle des Sonnenstudios in P, mit Aufräumarbeiten im Zuge von Bauarbeiten im Sonnenstudio und somit als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt worden sei, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei und von dieser Versicherungspflicht auch nicht ausgenommen sei.

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 33 Abs. 1 und 1a iVm § 111 ASVG genannt.

Begründend führt die belangte Behörde aus, dass von einem Organ des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr bei einer Kontrolle am 22. Juli 2008 der im Spruch angeführte Sachverhalt festgestellt worden sei. Beigeschlossen sei der Anzeige ein Personenblatt, eine SV-Anfrage sowie eine Niederschrift der beschäftigten Person gewesen.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. Dezember 2008 sei gegen den Bw wegen der im Spruch dargelegten Verwaltungsübertretung das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Der Bw habe mit Schriftsatz vom 23. Dezember 2008 im Wesentlichen vorgebracht, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Es sei richtig, dass Herr G zu besagter Zeit und am besagten Ort anwesend gewesen sei. Er sei aber keinesfalls als Dienstnehmer beschäftigt gewesen; es sei auch nie beabsichtigt gewesen, dass er eine Dienstnehmerstellung im Unternehmen einnehmen solle. Er habe dem Bw völlig unentgeltlich geholfen. Es sei auch nicht vereinbart gewesen, dass er hiefür irgendeine Entlohnung erhalte. Herr G stehe zum Bw bzw. zu seiner Ehegattin in einem freund- bzw. verwandtschaftlichem Verhältnis. Mit der Tochter von Herrn G seien der Bw und seine Gattin aufs Engste befreundet.

Mangels der Erfüllung der Voraussetzungen des § 33 ASVG sei daher keine Anmeldung vorzunehmen gewesen. Ebenso wenig habe der Bw diese Norm verletzt. Er sei für seine Ehegattin und seine beiden schulpflichtigen Kinder unterhaltspflichtig. Es werde daher um Verfahrenseinstellung ersucht.

Der von der belangten Behörde zur Stellungnahme aufgeforderte Anzeigende habe geäußert, dass vom Bw nicht bestritten werde, dass Herr G zum fraglichen Zeitpunkt anwesend gewesen sei und dort auch die in der Anzeige beschriebenen Arbeiten verrichtet habe. Das behauptete Freund- bzw. Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Bw und dem Beschäftigten sei aus Sicht des Finanzamtes nicht zu berücksichtigen, da es sich im vorliegenden Fall um eine Beschäftigung bzw. um ein Dienstverhältnis im Rahmen eines Gewerbebetriebes gehandelt habe, welches nicht von der Versicherungspflicht gemäß § 4 ASVG ausgenommen sei. Zur angeführten Unentgeltlichkeit sei zu bemerken, dass Herr G jedenfalls für seine geleisteten Dienste eine Entlohnung nach dem entsprechenden Kollektivvertrag gebühre und damit verbunden auch Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Somit seien nach Ansicht des Finanzamtes die Voraussetzungen des § 33 ASVG erfüllt.

In der Folge sei der Bw vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt worden und habe dazu nicht Stellung genommen.

Für die erkennende Behörde sei der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen.

Nach Anführung der einschlägigen Rechtsgrundlagen stellt die belangte Behörde fest, dass der dem Bw zur Last gelegte Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

Zur subjektiven Tatseite führt die belangte Behörde unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 VStG aus, dass der Bw keinen Schuldentlastungsbeweis im Sinne eines Ungehorsamsdelikts habe erbringen können.

Zur Strafhöhe sei festzustellen, dass mit der gesetzlichen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden könne.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der rechtsfreundlichen Vertretung des Bw am 29. Mai 2009 nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, rechtzeitige Berufung vom 12. Juni 2009.

Darin wird ausgeführt, dass über das Vermögen der Firma A O GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Bw gewesen sei und bei der auch die Ehegattin des Bw beschäftigt gewesen sei, am 26. Juni 2009 (gemeint wohl 2008) der Konkurs eröffnet worden sei, da mangels Aufträgen Zahlungsunfähigkeit eingetreten sei. Der Bw sei daher wie auch seine Gattin jetzt arbeitslos. Die beiden hätten zwei gemeinsame minderjährige Kinder. Aufgrund offener Forderungen der Konkursmasse gegen den Bw stehe dieser einem riesigen Schuldenberg gegenüber, den er kaum werde abdecken können.

Zum Zeitpunkt der angeblichen Tat sei ohnehin nichts mehr da gewesen, um Arbeiter zu bezahlen. Der Bw habe die Baustelle in der Herrenstraße aber fertig machen müssen, damit er irgendeinen Werklohn erhalte. Da Herr G ein Freund der Familie sei, habe er diese nicht hängen lassen wollen und unentgeltlich in dieser schwierigen Lage geholfen. Es sei absolut nicht einzusehen, warum jemand zur Kassa gebeten werde, wenn er Freunden in schwieriger Lage beistehe. Von einem Beschäftigungsverhältnis könne im vorliegenden Fall keine Rede sein. Ein entsprechendes Entgelt sei Herrn G niemals ausbezahlt worden.

Sohin werde ersucht, die beantragten Beweise (Einvernahme des Bw und von Herrn G) aufzunehmen und der Antrag gestellt, das Strafverfahren einzustellen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 15. Juni 2009 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Zusätzlich wurde am 13. Juli 2009 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat durchgeführt.

2.2. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

Der Bw war zum fraglichen Zeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens. Am 22. Juli 2008 führte Herr G Kehrarbeiten auf der Baustelle des Sonnenstudios durch. Motivation war das enge Verhältnis zwischen dem Bw und Herrn G. Beide Herren gingen von Unentgeltlichkeit aus.

2.3.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung war einzig zu klären, ob zwischen dem Bw und Herrn G ein Entgelt für die von letzterem geleisteten Arbeiten vereinbart war und ob wirtschaftliche und persönliche Abhängigkeit bestand.

2.3.2. Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass sowohl bei den verschiedenen Stellungnahmen des Bw widersprüchliche Angaben hinsichtlich des Umstandes vorliegen, der zur Tätigkeit des Zeugen G auf der Baustelle geführt hat, als auch hinsichtlich der von diesem Zeugen dazu gemachten Angaben. So wird aus Sicht des Oö. Verwaltungssenates davon ausgegangen, dass zwischen dem Bw und dem Zeugen – nicht wie nunmehr in der mündlichen Verhandlung behauptet - schon vorab die Kehrarbeiten vereinbart waren, die der Zeuge G ja auch unstrittig ausführte.

2.3.3. Dass im vorliegenden, am Tattag mit dem Bw aufgenommenen Protokoll der Bw von dem Zeugen G als "Chef" tituliert wurde, gibt keinen Hinweis darauf, dass er ihn als "seinen" Chef betrachtete, sondern eher als den Firmenchef des in Rede stehenden Unternehmens. Aufgrund des offensichtlich bestehenden engen Verhältnisses zwischen dem Bw und dem Zeugen G, kann davon ausgegangen werden, dass er ihn tatsächlich nicht als seinen Chef betrachtete.

2.3.4. Wenn auch vor allem in der Berufung darauf hingewiesen wurde, dass der Zeuge G, der von der wirtschaftlich schwierigen Lage des Unternehmens gewusst haben soll, von vornherein von Unentgeltlichkeit ausgegangen sei und dieser Umstand in der mündlichen Verhandlung negiert vom Bw als auch von ihm selbst wurde, ist das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates doch zu dem eindeutigen Schluss gekommen, dass wohl beide (der Bw und Herr G) absolut davon ausgegangen sind, dass hier keinerlei Entgelt zu vereinbaren sei.

Zum einen gründet sich diese Annahme darauf, dass allein schon das – hinsichtlich des Verwandtschaftsgrades zwar weitschichtige – dennoch aber offensichtlich enge Verhältnis glaubhaft erscheint, wie auch die daraus resultierende Haltung, dass kleinere Aushilfen jedenfalls keiner Entgeltlichkeit bedürfen. Andererseits vermittelte der Zeuge G in der mündlichen Verhandlung – zumindest in diesem Punkt – sehr glaubhaft, dass "Zusammenkehren" in seinen Augen eine derart unbedeutende Tätigkeit ist, für die Entgeltlichkeit überhaupt nicht anzudenken wäre. Aus seiner Sicht wäre erst eine Tätigkeit, wie z.B. am Boden zu arbeiten oder Fließen zu legen entlohnenswert, was aber aufgrund seines lädierten Knies ohnehin nicht in Frage komme.

Deshalb wird davon ausgegangen, dass nicht nur über Geld nicht gesprochen wurde, sondern auch konkludent vereinbart war, dass für diese Tätigkeit des Kehrens keinerlei Entgeltsanspruch bestehe oder überhaupt geltend gemacht werden könne.

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl Nr. I 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 31/2007, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs. 1a leg. cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs. 1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. "Zuständiger Krankenversicherungsträger“ i.S.d. § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretungen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Übertretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde i.S.d. § 27 Abs. 1 VStG.

3.3. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von von seinem Unternehmen beschäftigten Personen trifft.

 

3.4. Für den vorliegenden Fall ist entscheidend, ob Herr G bei der in Rede stehenden Firma tatsächlich als Dienstnehmer beschäftigt war. Dass er beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht angemeldet war, bedarf keiner weiteren Feststellungen.

 

3.4.1. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/08/0101, knüpft dieser die Anmeldepflicht nach § 33 ASVG an das Vorliegen der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG und die dort angeführten Kriterien. Eine Entscheidung nach § 33 iVm § 111 leg. cit. kann demnach nur unter genauer Erörterung dieser Kriterien erfolgen.

Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, [].

3.4.2.1. Was die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) anlangt, so sind nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer im Regelfall auch vorliegender Umstände wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. 

3.4.2.2. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. VwGH vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Das Angewiesensein dessen, der nicht über die Produktionsmittel verfügt, auf die Ware "Arbeitskraft" erstreckt sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Sphäre des Arbeitenden (vgl. VwGH vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0349).

3.4.2.3. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. November 1990, Zl. 89/08/0178, genügt es für die Annahme persönlicher Abhängigkeit – in Übereinstimmung mit dem zu beurteilenden Gesamtbild der Beschäftigung –, wenn die konkrete – wenn auch nur in Form einer Teilzeitbeschäftigung – übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, sodass er über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde.

3.4.2.4. Die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung kommt im Wesentlichen in zwei (von einander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht: in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits, das arbeitsbezogene Verhalten andererseits.

Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung erweitert. Deshalb ist das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032).

Die Erteilung von Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242). In solchen Fällen lässt sich die Weisungsgebundenheit in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedoch in Form "stiller Autorität des Arbeitgebers" feststellen (vgl. VwGH vom 25. Mai 1987, Zl. 83/08/0128).

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs u. a. vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ist wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

3.4.4. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG (vgl. u.a. VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0003). Unter dem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit grundsätzlich das entgeltliche (und nicht unentgeltliche) Beschäftigungsverhältnis gemeint, an das Voll- und Teilversicherungspflicht in differenzierender Weise anknüpft (vgl. VwGH vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083).

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst (Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst (Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Überdies ist hier wohl auch § 1152 ABGB einschlägig, wonach für den Fall, dass vertraglich kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

3.5. Im hier zu beurteilenden Fall war, wie im Sachverhalt und der Beweiswürdigung festgehalten, weder vom Bw ein Entgelt in Aussicht gestellt, noch von Herrn G ein solches erwartet worden. Beide gingen offensichtlich konkludent von einem unentgeltlichen Verhältnis aus, da sie die Tätigkeit des bloßen "Zusammenkehrens" auf der Baustelle einerseits gar nicht als entsprechende entlohnungsfähige Arbeit betrachteten und andererseits aufgrund des engen freundschaftlichen Verhältnisses für diese aus ihrer Sicht unbedeutende Tätigkeit Entgeltlichkeit ausschlossen. Deutlich wurde dies vor allem aus der vehementen Aussage des Zeugen G, der meinte: "Was hätte ich denn dafür überhaupt verlangen sollen?".

Im Sinne des ABGB muss daher die wenn auch nur konkludent bedungene Unentgeltlichkeit im vorliegenden Fall bejaht werden. Ein näheres Eingehen auf die weiteren oa. Kriterien erübrigt sich also, da die Strafbarkeit schon bei Fehlen der Voraussetzung eines entgeltlichen Dienstverhältnisses auszuschließen ist.

3.6. Es war daher der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsverfahren einzustellen.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

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