Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-390261/2/WEI/Se

Linz, 10.07.2009

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der P K, Geschäftsführerin der M M GmbH., L, vertreten durch Dr. A H, Rechtsanwalt in L, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg, vom 9. Juni 2008, Zlen. BMVIT-635.540/0138/07 wegen zwei Verwaltungsübertretungen nach dem Telekommunikationsgesetz 2003 - TKG 2003 (BGBl I Nr. 70/2003 idF BGBl I Nr. 133/2005) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (im Folgenden Bwin) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"1) Sie haben als Geschäftsführerin der Fa. M GmbH, L, durch den von Ihnen mit der Fa. D T S.L., A, S, (weiterhin kurz: D T) am 01.11.2205 (Anm: richtig 2005) abgeschlossenen Vertrag mit der Bezeichnung "Ankauf von Adressdateien", in welchem Sie mit der Fa. D T vereinbart haben, dass durch dieses Unternehmen Adressdatensätze von Personen entgeltlich zur Verfügung gestellt werden, welche gegenüber der Fa. D T eine ausdrückliche Zustimmung abgegeben haben, dass sie durch die Fa. M direkt kontaktiert werden können, in Kenntnis der Bestimmungen des § 107 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz 2003 und somit zumindest bedingt vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begangen hat, indem

     am 06.03.2007 um 14:23 Uhr durch eine Mitarbeiterin der Fa. D T, welche sich als Frau Falk von der Fa. M ausgab, ein Anruf zu Werbezwecken (Werbung für die Teilnahme an einem Lottospiel) bei Hrn. Dr. Z, W, ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers, oder einer Person, die vom Teilnehmer zur Benutzung seines Anschlusses ermächtigt wurde, unter dessen Telefonnummer     durchgeführt worden ist.

 

2)  Weiter haben Sie als Geschäftsführerin und damit gem. § 9 Abs. 1 VStG als zur Vertretung der Fa. M GmbH berufenes Organ zu verantworten, dass

     am 07.03.2007 um 13:40 Uhr durch die Fa. M ein weiterer Anruf zu Werbezwecken bei Herrn Dr. Z ohne dessen vorherige Einwilligung, oder der Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benutzung des Anschlusses ermächtigt gewesen wäre, unter seiner Rufnummer      durchgeführt wurde.

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1) den § 7 VStG iVm § 107 Abs 1 und 109 Abs 3 Z 19 Telekommunikationsgesetz (TKG), BGBl. I Nr. 70/2003, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 133/2005, und zu Spruchpunkt 2) den § 107 Abs 1 iVm § 109 Abs 3 Z 19 TKG 2003 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen zu 1) gemäß "7 VStG iVm § 107 Abs. 1 und § 109. Abs 3. Zif. 19 TKG" eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, und zu 2) gemäß "§ 107 Abs. 1 iVm § 109 Abs. 3 Zif. 19 TKG" eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag. An Kosten der Strafverfahren wurde der Bwin der Betrag von 200 Euro (10 % der Geldstrafen) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, welches der Bwin am 11. Juni 2008 zu Händen ihrer Rechtsvertreter zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 25. Juni 2008 per Telefax eingebrachte Berufung vom 25. Juni 2008, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

2.1. Mit E-Mail vom 7. März 2007 zeigte Dr. P Z der Obersten Post und Fernmeldebehörde zwei Werbeanrufe an, die er von der Fa. M erhalten hätte. Die nur rudimentär ausgeführte Anzeige wurde an die belangte Behörde weitergeleitet, welche dann per E-Mail vom 27. März 2007 ergänzende Fragen an den Anzeiger Dr. Z stellte.

 

Im Antwortmail vom 28. März 2007 machte der Anzeiger zu den Zeiten und dem Inhalt der Gespräche, die er über sein Mobiltelefon 0664 1970812 erhalten hatte, nähere Angaben.

 

Beim ersten Anruf vom 6. März 2007 (um 14:23 Uhr) mit unterdrückter Nummer habe ihn eine Dame mit Namen Falk nach seiner Kenntnis über "Euromillionen" gefragt. Diese Kenntnis bestätigte er. Daraufhin sei ihm erklärt worden, dass er aus irgendwelchen Gründen zu einer Auswahl von Personen zähle, für die es bedeutende Gewinnchancen in diesem Spiel gäbe (es folgten lange Erklärungen über diese mehrfachen und geradezu sicheren Gewinnaussichten). Es wäre ein Betrag von 50 Euro zu entrichten, der dem Anzeiger samt Übersendung von Unterlagen vorgeschrieben werden würde, sobald er entweder eine Kreditkartennummer oder eine Kontonummer bekannt gäbe, was auch wegen der Überweidung der Gewinne wesentlich wäre.

 

Der Anzeiger wäre bis dahin den Erläuterungen schweigend gefolgt und äußerte dann aber, dass er eventuell an eine derartige Einzahlung herangehen könnte, sobald ihm jene Unterlagen zur Durchsicht zugegangen wären. Aus seiner dann erfolgten Überweisung wäre seine Kontonummer ohnehin ersichtlich. Vorher wäre eine Bekanntgabe seiner Daten zu erwarten. Die Dame hätte ihm erklärt, dass das nicht ginge, weil ohne Kenntnis dieser Karten- oder Kontonummern könnten die Unterlagen nicht ausgefertigt werden. Dann würde er wohl auf dieses Angebot verzichten müssen, hätte er zum Unmut der lange und wortreich argumentierenden Dame mitgeteilt. Das Telefonat habe nach den Speicherdaten seines Mobiltelefons 12:14 Minuten gedauert. Ein "sicherstellender" Zweitanruf sei in diesem Erstgespräch erwähnt worden, jedoch habe der Anzeiger keine Zustimmung erteilt, weil er auf das Angebot nicht eingegangen sei.

 

Am Folgetag, dem 7. März 2007 (um 13:40 Uhr), hätte ihn ein Telefonat von der Nummer     (korrigiert auf     ) erreicht. Eine andere Dame, an deren Namen sich der Anzeiger nicht mehr erinnerte, verwies auf den Anruf vom Vortag, ging von einem erteilten Auftrag aus und vermutetet die Bekanntgabe der Karten- und Kontendaten. Der Anzeiger hätte widersprochen, was dem Anruf ein rasches Ende setzte.

 

Der Anzeiger habe keine Zustimmung zu derartigen Werbeanrufen erteilt und auch weder Kontakt noch Kenntnis von den Firmen gehabt.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. April 2007, zugestellt am 17. April 2007, lastete die belangte Behörde der Bwin als Geschäftsführerin der Fa. M M GmbH, L, an, für folgende Verwaltungsübertretungen verantwortlich zu sein:

 

"1) Anruf zu Werbezwecken (Werbung für Teilnahme an einem Lottospiel der Fa. M) durch eine unbekannte Person ohne vorherige Einwilligung des Herrn Dr. P Z, W, auf dessen Handy mit der Rufnummer 0664/1970812 am 06.03.2007 um 14:23 Uhr, begangen in Form der Anstiftungstäterschaft nach § 7 VStG.

2)  Anruf zu Werbezwecken (Werbung für Teilnahme an einem Lottospiel) durch einen Mitarbeiter der Fa. M ohne vorherige Einwilligung des Herrn Dr. P Z am 07.03.2007 um 13:40 Uhr."

 

In der rechtsfreundlich eingebrachten Stellungnahme vom 8. Mai 2007 verweist die Bwin zu ihrer Rechtfertigung auf die bereits bei der Fernmeldebehörde anhängigen Verwaltungsstrafverfahren und bringt zum gegenständlichen Tatvorwurf ergänzend vor:

 

"1. Der M M GmbH liegt ein vollständig ausgefüllter Adressdatensatz betreffend Herrn Dr. P Z vor.

 

     Herr Dr. Z hat seine Zustimmung zu einem Anruf durch die M M GmbH abgegeben. Dies ergibt sich aus dem Umstand der internen Telefonnotiz, wonach Dr. Z erst ab 13.30 Uhr angerufen werden soll, da er im Zeitpunkt des Anrufes am 07.03.2007 auf Erholung war.

 

     Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Erstanruf am 06.03.2007 nicht durch die M M GmbH erfolgte. Die M M GmbH hat lediglich den Anruf am 07.03.2007 um 13.40 Uhr getätigt.

... "

 

Mit E-Mail vom 10. Mai 2007 hat die belangte Behörde Herrn Dr. Z über die Rechtfertigung der Bwin und insbesondere die interne Telefonnotiz betreffend Zweitanruf berichtet, mit der seine Zustimmung zum Zweitanruf begründet wurde. Der Anzeiger wurde um Aufklärung ersucht.

 

Mit Antwortmail vom 11. Mai 2007 berichtete Herr Dr. Z, dass er anlässlich des Anrufes am 6. März 2007 (auch um das Gespräch zu beenden) abwehrend erwähnt hätte, dass er sich nicht an seinem Wohnsitz befände und daher über die geforderten Kenndaten zu Konto oder Kreditkarte nicht verfüge. Weiters habe er es abgelehnt, solche Daten überhaupt fernmündlich mitzuteilen, und die schriftliche Übersendung des Spielangebotes vorgeschlagen. Dies sei als nicht gangbar abgelehnt worden.

 

Es wäre in der umfangreichen Erklärung des geplanten Vorganges wohl erwähnt worden, dass aus für den Anzeiger unklaren Gründen der Sicherheit ein zweiter Anruf am Folgetag vorgesehen wäre, den er für überflüssig hielt. Er hätte sicher keine Zustimmung erteilt. Die mitgeteilte Telefonnotiz hätte mit seiner Position nichts zu tun. Allerdings habe die Dame des Zweitanrufes am 7. März 2007 so getan, als wäre am Vortag alles ganz im Sinne des Spielangebotes gelaufen. Seine Erklärung, dass er die gewünschten Daten nicht übermittelt habe und auch nicht werde, beendete das Gespräch in Kürze.

 

2.3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. Mai 2007, zugestellt am 16. Mai 2007, wurde die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13. April 2007 in Bezug auf die Anstiftungstäterschaft (Tatvorwurf 1) ergänzend wie folgt konkretisiert:

 

"Es wird Ihnen als Geschäftsführerin der Fa. M M GmbH, L, - in Kenntnis der Bestimmungen des § 107 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz 2003 – zur Last gelegt,

 

1)     durch den von Ihnen mit der Fa. D T S.L., A, (weiterhin kurz: D T) am 01.11.2005 abgeschlossenen Vertrag mit der Bezeichnung: 'Ankauf von Adressdateien', in welchem Sie mit der Fa. D T vereinbart haben, dass durch dieses Unternehmen Adressdatensätze von Personen entgeltlich zur Verfügung gestellt werden, welche gegenüber der Fa. D T eine ausdrückliche Zustimmung abgegeben haben, dass sie durch die Fa. M direkt kontaktiert werden können, zumindest bedingt vorsätzlich veranlasst zu haben, sowie

 

2)     dadurch, dass Sie – seit 30.12.2005 in Kenntnis der durch die Fa. D T durchgeführten Werbeanrufe – keine Maßnahmen ergriffen haben, um diese rechtswidrigen Werbeanrufe abzustellen, zumindest bedingt vorsätzlich erleichtert zu haben,

 

dass am 06.03.2007 um ca. 14:23 Uhr durch einen unbekannten Anrufer, welcher sich als Mitarbeiter der Fa. M ausgab, ein Anruf zu Werbezwecken (Werbung für die Teilnahme an einem Lottospiel) bei Herrn Dr. P Z, W, ohne dessen vorherige Einwilligung unter der Telefonnummer     durchgeführt worden ist."

 

Dadurch erachtet die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG iVm § 107 Abs 1 und § 109 Abs 3 Z 19 TKG 2003 als gegeben.

 

2.4. Die Bwin erstattete durch ihre Rechtsvertreter mit Schreiben vom 23. Mai 2007, das per Telefax am 24. Mai 2007 eingebracht wurde, eine ergänzende Rechtfertigung.

 

Zum gegenständlichen Strafverfahren BMVIT-635.540/0138/07 wird auf das E-Mail vom 11. Mai 2007 des Dr. Z Bezug genommen, in dem er angab, dass er "keineswegs die gewünschten Daten übermittelt hatte und dies auch nicht beabsichtige ...".

 

Tatsächlich hätte Herr Dr. Z jedoch die betreffenden Kontodatensätze bekanntgegeben und lägen diese wie folgt vor:

 

Erste Bank, BLZ    , Kto.Nr.:     

 

Die Angabe von Herrn Dr. Z, er habe keine Zustimmung zu einem Anruf durch die M M GmbH erteilt, sei daher ebenso wenig nachvollziehbar, wie die Angabe, er habe seine Kontodaten keineswegs bekannt gegeben.

 

Die Telefonnotiz sei von Frau S F erstellt worden, welche keine Mitarbeiterin der M M GmbH sei. Eine Adresse von Frau Falk sei der Fa. M nicht bekannt.

 

Zu den Vorwürfen der Beitrags- bzw Anstiftungstäterschaft wird vorgebracht, dass die Fa. M glaubhaft gemacht habe, dass die von ihr geführten Telefonate, bei denen es sich um Zweitanrufe handle, von der nach dem Telekommunikationsgesetz erforderlichen Zustimmung des Angerufenen getragen seien. Anrufe, bei denen die Fa. M nicht davon ausgehen konnte, dass eine Zustimmung des Kunden vorliegt, wären auch nicht getätigt worden. Dies wäre zwischenzeitig auch von der Fernmeldebehörde anerkannt.

 

Es sei nicht ersichtlich, worin eine Anstiftungs- und/oder Beitragstäterschaft auf Seiten der Fa. M liegen soll. Zwischen der Fa. M und der Fa. D T bestehe eine im Geschäftsverkehr übliche und zulässige Ankaufvereinbarung. Keinesfalls könne darin aber eine Anstiftung oder ein Beitrag gesehen werden, Werbeanrufe ohne Zustimmung des Angerufenen vorzunehmen.

 

Die Fa. M habe nichts von der Vermittlung von Datensätzen, welche nicht von der Zustimmung des Kunden zu einem Zweitanruf getragen sind, da bei diesen Personen ohnedies nicht davon auszugehen sei, dass diese am M-Los teilnehmen wollen. Sie habe sohin auch gar keine Veranlassung, die D T darin zu fördern, solche Adressdatensätze zu übermitteln.

 

Die Geschäftsverbindung bzw weitere Zusammenarbeit mit der D T 25 s.l. werde ohnedies derzeit eine Prüfung unterzogen.

 

2.5. Nach Ausweis der Aktenlage unternahm die belangte Behörde keine weiteren Verfahrensschritte. Sie erließ in der Folge nur das angefochtene Straferkenntnis vom 9. Juni 2008.

 

2.5.1. In der Begründung des Straferkenntnisses bezieht sich die belangte Behörde zum Sachverhalt auf die oben Wgegebene Anzeige des Dr. Z, der angab, keine Einwilligung zu den gegenständlichen Werbeanrufen erteilt zu haben. Der Rechtfertigung zum Zweitanruf der Fa. M vom 7. März 2007, dass ein vollständiger Adressdatensatz vorlag und der Anzeiger nach einer internen Telefonnotiz erst ab 13.30 Uhr angerufen werden sollte, hielt die belangte Behörde entgegen, dass zwar auch nach Dr. Z ein zweiter Anruf angekündigt worden war, dieser aber sicher keine Zustimmung erteilt hätte. Die belangte Behörde referiert dann noch kurz den weiteren Verfahrensgang (Aufforderung zu ergänzenden Stellungnahme nach ergänzender Konkretisierung und ergänzende Rechtfertigung).

 

Auf Grund des Ermittlungsverfahrens und der Niederschrift mit der Bwin vom 13. April 2007 in den Verfahren BMVIT-635.540/0080 bis 0082/07 ergebe sich zwischen der Fa. D T und der Fa. M folgendes Werbeschema:

 

Die Fa. M habe am 1. November 2005 mit der Fa. D T einen Vertrag abgeschlossen, demzufolge sie von dieser Adressdatensätze ankauft. Die von der D T angeworbenen Kunden haben einen ausdrückliche Zustimmungserklärung abzugeben, dass sie durch die Fa. M kontaktiert werden können (Allgemeines/Pkt. 2.). Im Widerspruch zu dieser Vertragsklausel sei es der Fa. D T jedoch untersagt, im Rahmen der Kundenakquisition auf die Fa. M hinzuweisen bzw. deren Namen zu verwenden (Allgemeines/Pkt. 3.). Die Fa. D T werbe auf der Grundlage dieses Vertrags für die Fa. M Kunden in Österreich an, indem sie von S aus Werbeanrufe in Österreich durchführe und die von den Angerufenen erhaltenen Daten an die Fa. M weiterleite.

 

In den Erstanrufen würden die Teilnehmer bedrängt, persönliche Daten und jedenfalls auch die Kontoverbindung bekannt zu geben. Die Tatsache, dass diese Daten vorliegen, werde von der Fa. M als Zustimmung zu einem weiteren Werbeanruf gewertet, der in der Folge von der Fa. M durchgeführt werde. Bei diesem Zweitanruf würden die von der Fa D T übermittelten Daten überprüft werden und gleichzeitig würde mit dem Teilnehmer ein Vertrag über die Teilnahme an einem Gewinnspiel (Lottogemeinschaft) abgeschlossen.

 

2.5.2. Auf der Grundlage des angeführten Sachverhalts führt die belangte Behörde in ihrer rechtlicher Hinsicht zur Begründung des Tatvorwurfs 1) aus:

 

Die Beschuldigte habe mit Vertrag vom 1. November 2005 mit der Fa. D T vereinbart, Adressdatensätze bestehend aus Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum, Geschlecht, Email und Bankverbindung anzukaufen. Aus der Vertragsklausel unter Allgemeines/Pkt. 2 (Der Kunde hat die ausdrückliche Zustimmung abzugeben, dass er durch den Käufer – die Fa. M - direkt kontaktiert werden kann) ergebe sich, dass es eigentlicher Zweck des Vertrages sei, dass die D T als vertraglich beauftragtes Unternehmen für die Fa. M Kunden akquirieren soll. Nach Ansicht der belangten Behörde sei der Vertrag über den Ankauf von Adressdateien daher– auch wegen Widersprüchlichkeit unter Allgemeines/Punkte 1 und 2 – ein Scheinvertrag nach § 916 Abs 1 ABGB. Der Vertrag sei deshalb seiner wahren Beschaffenheit nach zu beurteilen, wonach primärer Vertragsinhalt die Gewinnung von Neukunden für die Fa. M (mit nachfolgender Übermittlung von Daten der Angeworbenen) sei. So betrachtet sei der Vertrag daher als Bestimmungshandlung im Sinne des § 7 VStG zu sehen. Entsprechend den Ausführungen im Handbuch von Hauer/Leukauf zu § 7 VStG könne eine Bestimmung zu einem rechtswidrigen Verhalten auf vielfältige Art erfolgen. Daher sei jedenfalls auch ein Vertrag, der darauf abzielt, dass Kunden durch rechtswidrige Werbeanrufe akquiriert werden, als Bestimmungshandlung geeignet.

 

Die belangte Behörde führt rechtlich begründend weiter aus, dass, obwohl der Beschuldigten eigenen Angaben zufolge bekannt sei, dass Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung rechtswidrig sind, sie es in Kauf nehme, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit  durch einen Dritten Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung durchgeführt werden und dadurch bei jedem Anruf gegen die angeführte Bestimmung verstoßen werde, und finde sich offensichtlich damit ab.

 

Mit der Vertragsklausel in Allgemeines/Pkt. 2 (richtig: Pkt 3), wonach der Käufer (gemeint Verkäufer) ausdrücklich bestätige, die gesetzlichen Bestimmungen im Akquisitionsland eingehalten zu haben, könne sich die Beschuldigte nicht vom Verschulden befreien, da ihr seit langem bekannt sei, dass die Fa. D T diese Bestimmung, die nur eine Scheinbestimmung sei, nicht beachten würde. Auch auf die der Beschuldigten bekannte Aussendung der Arbeiterkammer Kärnten vom 9. März 2006 (Warnung vor Lottogemeinschaft M) wird hingewiesen.

 

Es sei somit erwiesen, dass die Bwin zumindest bedingt vorsätzlich die Fa. D T zu rechtswidrigem Handeln in Form unzulässiger Werbeanrufe angestiftet habe, und diese Rechtsverletzungen billigend in Kauf nimmt.

 

Der Vertragsabschluss sei eine Tathandlung mit Dauerwirkung, das heiße, dass die Verjährungsfrist erst dann beginne, wenn die Anstiftungshandlung beendet werde. Die Bwin habe daher jeden von der Fa. D T durchgeführten unzulässigen Werbeanruf als Anstiftungstäterin zu verantworten und unterliege daher der gleichen Strafdrohung wie unmittelbare Täter.

 

2.5.3. Zur Begründung des Tatvorwurfs nach Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus:

 

Die Ansicht der Beschuldigten, wonach die Bekanntgabe von persönlichen Daten eine Einwilligung zu einem weiteren Werbeanruf durch die Fa. M sei, teilt die belangte Behörde nicht. Wie einem Gesprächsmitschnitt im Verfahren BMVIT-635.540/0082/07 und Schilderungen vieler Anzeigeerstatter zu entnehmen sei, werde in den Anrufen der Fa. D T hartnäckig, zum Teil auch aggressiv, versucht, die entsprechenden Daten von Angerufenen herauszulocken. Auch im gegenständlichen Fall habe der Anzeigeerstatter berichtet, dass die Anruferin lange und wortreich argumentiert hätte. Dies sei auch nachvollziehbar, weil nur vollständige Datensätze zu einer Vergütung führen und daher vom Erstanrufer die vertraglich festgelegten Daten auf welche Weise immer in Erfahrung gebracht werden müssten.

 

Bei dieser Art von "Datenerhebung" könne von einer Einwilligung durch den Angerufenen keine Rede sein, und zwar auch dann nicht, wenn er tatsächlich seine Bankkontodaten bekannt gegeben hat, von einem Zweitanruf in Kenntnis gesetzt wurde und im Erstanruf angeblich angab, dass er erst nach 13.30 Uhr erreichbar wäre.

 

Es sei durchaus verständlich, dass jemand nach einem über 12 Minuten dauernden Werbegespräch seine Kontodaten möglicherweise nur in der Absicht bekannt gibt, den unerwünschten Anrufer endlich los zu werden. Daraus könne keinesfalls eine Einwilligung für einen weiteren Werbeanruf abgeleitet werden. Ebenso wenig könne diese darin gesehen werden, dass jemand nach Ankündigung eines Zweitanrufes angibt, nicht zum vorgeschlagenen Zeitpunkt, sondern um 13.30 Uhr erreichbar zu sein. Diese Zeitangabe sei keine Willenserklärung für einen Werbeanruf, sondern Folge der Überrumpelungstaktik des Erstanrufs.

 

Eine Einwilligung sei eine einseitige freiwillige Willensäußerung. Freiwilligkeit könne bei massiver Einflussnahme auf den Angerufenen wie im angeführten Beispiel nicht angenommen werden Zudem könne die belangte Behörde nicht erkennen, wie die Bekanntgabe von Tatsachen (Daten) eine Ersatz für eine Willenserklärung sein soll. Abgesehen, dass eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden zwischen M und D T vereinbart sei, könne bei einer derart langen Einwirkung auf den Angerufenen wie im vorliegenden Fall auch nicht von einer konkludenten Einwilligung ausgegangen werden.

 

Die Bwin könne sich in Kenntnis der Aussendung der Arbeiterkammer Kärnten und der Werbeanrufe der D T auch nicht auf Gutgläubigkeit berufen. Sie habe in Kenntnis der gesetzlichen Bestimmung in Kauf genommen, dass durch einen weiteren Werbeanruf Wum gegen § 107 Abs 1 TKG 2003 verstoßen worden wäre. Dieser Anruf wäre ebenfalls zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt.

 

2.6. In der rechtsfreundlich vertretenen Berufung wird ausgeführt, dass die M M GmbH eine Lotterieanbieterin mit diversen Lottospielmöglichkeiten sei. Zum Beispiel werden Spiellose für Lotto 6 aus 45 oder Euromillionen angeboten. Die Betriebstätigkeit der M sei vor allem über die eigene Homepage ausgerichtet und werde über Links und Buttons auf anderen Internetseiten für die eigene Homepage Werbung gemacht. Die Kontaktwerbung erfolge zum überwiegenden Teil über Internetportale.

 

Seit November 2005 stehe die Firma M in Geschäftsbeziehung zur Fa. D T s.l. Im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung verkaufe die Fa. D T als Verkäuferin Adressdatensätze an die Fa. M. Diese Adressdatensätze müssten aus Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum, Geschlecht, Telefonnummer, E-mail (sofern vorhanden) und Bankverbindung bestehen. Voraussetzung für den Ankauf bzw. zur Berechtigung der Übermittlung solcher Adressdatensätze an die M sei die ausdrückliche Zustimmungserklärung des/der im Adressdatensatz Genannten. Aktivitäten und Akquisitionen, insbesondere das Ersttelefonat mit einem Kunden, würden von der D T selbständig und von S aus geführt. Die M habe darauf keinen Einfluss und sei in die Kundenakquirierung nicht involviert.

 

Die M habe im Rahmen der geschäftlichen Verbindung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass vermittelte Adressdateien unbedingt unter Einhaltung der in den jeweiligen Ländern herrschenden Gesetze, daher legal erhoben sein müssen. Sofern der Kunde die ausdrückliche Zustimmung erteilt, dass die Fa. D T Adressdatensätze an Dritte, wie z.B. die Fa. M, weitergibt, erhalte die M eine vollständig ausgefüllte Kundendatei, beinhaltend vor allem auch die Kontoverbindung des Kunden. Erst zu diesem Zeitpunkt und nur unter der Voraussetzung, dass der Fa. M ein vollständiger Adressdatensatz mit Kundendaten und der ausdrücklichen Zustimmung zur weiteren Verwendung durch den Kunden vorliege, werde ein Zweitanruf durch die Fa. M vorgenommen. Dass bei Übermittlung eines vollständigen Adressdatensatzes auch von der Zustimmung des Kunden zu einem Zweitanruf ausgegangen werden darf, ergäbe schon der Umstand, dass der Kunde widrigenfalls seine Daten, insbesondere auch die Kontoverbindung, sicherlich nicht bekannt gegeben hätte. Sofern jedoch der Kunde keine ausdrückliche Zustimmung zu einem Zweitanruf gegenüber der Fa. D T abgegeben hat, erfolge von der Fa. M kein Anruf.

 

Der Bwin lägen lediglich hinsichtlich Dr. P Z vollständige Datensätze vor. Die Bwin sei deshalb davon ausgegangen, dass der Angerufenen seine Zustimmung zu dem Anruf durch die Fa. M gegeben hat.

 

In rechtlicher Hinsicht (Punkt V.) wird gerügt, dass die Straferkenntnisse der belangten Behörde mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet seien.

 

Unter A. wird als auffallend kritisiert, dass die belangte Behörde ihre Straferkenntnisse auf vier unterschiedliche Weisen zu begründen versuche, obwohl die Behörde vorwegnehme, dass es sich inhaltlich im wesentlichen um gleichartige Causen handle.

 

In den Straferkenntnissen zu den Zlen. BMVIT-635.540/0080, 0081 und 0082/07 sollte die Bwin zunächst noch als unmittelbare Täterin haften, in der folgenden Berufungsvorentscheidung sei die Behörde plötzlich zu einer Verantwortlichkeit wegen Bestimmungs- und Beitragstäterschaft übergegangen, obwohl eine Kumulierung dieses Vorwurfs nicht denkbar sei.

 

Die Straferkenntnisse vom 14. April 2008, Zlen. BMVIT-635.540/0290, 0304 und 0347/08 habe die Strafbehörde mit einer Verletzung der Aufsichtspflicht begründet, weshalb § 9 VStG einschlägig wäre. Am 15. April 2008 und damit nur einen Tag später hätte die belangte Behörde in den Straferkenntnissen zu Zlen. BMVIT-635.540/0115, 0144, 0252, 0254, 0265, 0266 und 0448/08 die Bwin als Anstiftungstäterin angesehen.

 

Als unmittelbare Täterin komme die Bwin nunmehr offensichtlich auch für die belangte Behörde nicht mehr länger in Betracht. Auch die Ansicht der belangten Behörde, dass im Ankauf von Adressdatensätzen von einer anderen Unternehmung eine Bestimmungs- oder Beitragstäterschaft liege, sei bereits im Vorlageantrag an den unabhängigen Verwaltungssenat vom 29. Mai 2007 (BMVIT-635.540/0082/07) ausführlich widerlegt worden und erlaube sich die Bwin darauf zu verweisen.

 

Zum Vorwurf der Verletzung der Aufsichtspflicht sei anzuführen, dass die Bwin als Geschäftsführerin der Fa. M dafür sorge, dass beim Betrieb ihres Unternehmens die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch des Verwaltungsrechts, eingehalten werden. Soweit von der M Anrufe getätigt werden, erfolgten diese nur in jenen Fällen, in denen eine Zustimmung der Anzurufenden und ein vollständiger Adressdatensatz vorliegen.

 

Der belangten Behörde sei Recht zu geben, dass die Abwälzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist. Der Geschäftsführer der D T könne demnach nicht verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 bzw. 4 VStG sein. Die Berufung wirft die rhetorische Frage auf, ob dem gegenüber (nach Meinung der belangten Behörde) die Geschäftsführerin der Fa. M verantwortliche Beauftragte für eine andere Firma wie die D T sein könne und zwar allein auf Grund der Tatsache des Ankaufs von Adressdatensätzen. Solche würden im Übrigen auch von einigen anderen Unternehmen angekauft. Die Schranken der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Beschuldigte als Geschäftsführerin der M würden dabei verkannt werden.

 

Sofort nach Bekanntwerden des ersten bei der belangten Behörde anhängigen Falles sei mit der D T Kontakt aufgenommen und auf die Einhaltung der Geschäftsvereinbarung nachdrücklich hingewiesen worden. Im gesamten Zeitraum von März bis September 2007 sei keine einzige Anzeige an die belangte Behörde herangetragen worden. Selbst bei Zugrundelegung der irrigen Rechtsansicht, die Bwin habe ihre Aufsichtspflicht verletzt, wäre dieser Umstand als Entlastung der Bwin zu beurteilen gewesen.

 

Im Punkt B. tritt die Berufung der belangten Behörde auch insoweit entgegen, als sie im Ergebnis die vorgeworfenen Gesetzesverletzungen auch für subjektiv zurechenbar hält. Die belangte Behörde versuche seitenlang zu begründen, dass die Bwin zumindest in Kauf genommen hätte, dass durch Erfüllungsgehilfen der Fa. M und durch die Fa. M selbst bei jeder sich bietenden Gelegenheit die gesetzlichen Bestimmungen verletzt würden. Schon aus dieser Formulierung ergebe sich, dass die belangte Behörde nicht zwischen einer zivilrechtlichen Haftung im Sinne einer Erfüllungsgehilfenhaftung und einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit für fremdes Handeln differenziert.

 

Sofern tatsächlich in einigen Fällen ein Irrtum über das Vorliegen einer Zustimmung des Angerufenen vorliege, so wäre dies allenfalls als Fahrlässigkeit der Bwin zu beurteilen. In diese Richtung habe die belangte Behörde jedoch keine Ermittlungen angestellt. Keinesfalls habe die Bwin Gesetzesverletzungen durch ihre Unternehmung in Kauf genommen.

 

Unter C. wird vorgebracht, dass es der Bwin überdies auch an dem erforderlichen Unrechtsbewusstsein mangle. Diese Voraussetzung der Vorwerfbarkeit sei im Gegensatz zur Ansicht der belangten Behörde nicht schon dadurch erfüllt, dass der Bwin der Tatbestand des § 107 Telekommunikationsgesetz bekannt ist. Jeder Rechtsunterworfene habe die Gesetze zu kennen und könne sich auch nicht mit deren Unkenntnis entlasten. Die Bwin halte sämtliche Verwaltungsvorschriften ein und sei der Ansicht, dass sie nicht für allfällige Gesetzesverletzungen anderer Unternehmungen einzustehen habe, auf welche sie gar keinen Einfluss habe.

 

2.7. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben die Ansicht vertreten, dass in der Berufung keine gründe angeführt worden wären, die ein Abgehen von der getroffenen Entscheidung erforderlich gemachte hätte.

 

Im vorgelegten Verwaltungsstrafakt befindet sich auch ein Ausdruck der Niederschrift über die Einvernahme der Bwin als Beschuldigte vom 13. April 2007 in den gleichgelagerten Verwaltungsstrafverfahren der belangten Behörde zu den Zlen. BMVIT-635.540/0080, 0081 und 0082/07, die bereits Gegenstand von Berufungsverfahren vor dem erkennenden Verwaltungssenat waren (vgl h. Erk. vom 19. Mai 2008, Zl. VwSen-390193/2/WEI/Eg, vom 20, Mai 2008, Zl. VwSen-390194/2/WEI/Eg und vom 21. Mai 2008, Zl. VwSen-390195/2/WEI/Eg).

 

Da die belangte Behörde im Straferkenntnis auch diese Niederschrift erwähnt, wird der Vollständigkeit halber aus dem h. Berufungserkenntnis vom 19. Mai 2008 zu VwSen-390193 zitiert:

 

"2.3. Durch Auswertung der Rufdaten konnte festgestellt werden, dass das Telefongespräch von S, Mallorca, aus geführt wurde. Die Bwin wurde von der belangten Behörde zur Prüfung, ob die Berufung allenfalls durch eine Berufungsvorentscheidung zu erledigen sei, zu einer Verhandlung am 13. April 2007 um 09:00 Uhr geladen. Sie erschien zu diesem Termin mit ihrem Rechtsvertreter. Zum Gegenstand wird angeführt, die Verhandlung erfolge zur weiteren Klärung des Sachverhalts mit dem Ziel, ob auf Grund der eingebrachten Berufung eine Berufungsvorentscheidung durch die Fernmeldebehörde zu erlassen sei. Außerdem wird vermerkt, dass der Tatvorwurf auf die Anstiftertäterschaft nach § 7 VStG erweitert werde.

 

Bei dieser Einvernahme als Beschuldigte vom 13. April 2007 gab die Bwin zu ihrer Rechtfertigung an, dass sie Geschäftsführerin der Firma M sei, die ein Lotto-Spielgemeinschaften in Österreich organisiere. Kunden werden einerseits über die eigene Homepage, andererseits durch die Firma D T angeworben. In der M arbeiteten 15 Angestellte im festen Dienstverhältnis und hin und W beschäftige man auch freie Mitarbeiter. Derzeit sei ein freier Mitarbeiter tätig.

 

Der Bwin sei bekannt, dass Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung sowie Werbeanrufe aus dem Ausland unzulässig seien. Auch die Aussendung der Arbeiterklammer Kärnten vom 9. März 2006 betreffend "Lottogemeinschaft M geht mit unerlaubten Methoden auf Mitspielfang" sei der Bwin bekannt.

 

Kontakt zur Firma D T bzw zu Herrn Brand bestünde seit 3 bis 4 Jahren. Schon bevor die Bwin Geschäftsführerin der M wurde, hätte sie mit Herrn Brand zusammen gearbeitet. Am 1. November 2005 habe die Bwin den im Akt liegenden Vertrag (vgl Beilage in ON 11) mit Herrn Brand abgeschlossen, welcher nach wie vor gültig sei. Zu diesem Vertrag gäbe es Zusatzvereinbarungen (Provisionsabkommen), darüber hinaus aber keine mündlichen Vereinbarungen.

 

Die Bwin gab an, dass sie nicht wisse, wie sich die Firma D T bei den Akquisitionsanrufen vorstellt. Laut Vertrag sei es ausgeschlossen, dass sich diese Firma als Firma M ausgibt. Für den Fall, dass sich der Angerufene für ein Produkt der Firma D T interessiere, welches von der Firma M angeboten werde, werde auf deren Webseite verwiesen und den Angerufenen mitgeteilt, dass sie einen Anruf der Fa. M erhalten werden.

 

Zu der nach dem Vertrag ausdrücklich geforderten Zustimmungserklärung gab die Bwin an davon auszugehen, dass der Angerufene seine Einwilligung im Telefongespräch erklärt. Sie könne allerdings nicht ausschließen, dass die M von der D T auch Datensätze bekomme, bei denen nur eine konkludente Zustimmungserklärung vorliegt.

 

Weiters wurde der Behörde ein E-Mail vom 3. April 2007 an Herrn Brand, den Geschäftsführer der D T, übergeben, in dem die M auffordert, Punkt 3 der Vereinbarung einzuhalten und keinesfalls in den Akquisitionsgesprächen auf die Firma M hinzuweisen.

 

Zu Widersprüchen in den Schreiben des Herrn Brand vom 12. Februar 2007 und vom 12. März 2007 (vgl ON 11 im vorgelegten Verwaltungsstrafakt), in denen dieser der Fernmeldebehörde einmal mitteilte, dass die D T weder im Namen der M akquiriere, noch Interessenten auf diese Firma hinweise (Schreiben 12.02.2007) und dann kurz darauf (Schreiben vom 12.03.2007) erklärte, die Kunden werden laut dem Gesprächsleitfaden der Firma D T darauf hingewiesen, dass sie in den nächsten Tagen einen Zweitanruf durch die M zum Datenabgleich erhalten würden, gab die Bwin an, dass sie darin keinen Widerspruch sehe. Ein Widerspruch ergebe sich nur scheinbar aus einer schlechten Formulierung.

 

Der Bwin sei nicht bekannt, dass jemand im Namen der Firma M Werbeanrufe durchführt. Zu den Werbeanrufen der Firma D T könne die Bwin keine konkreten Angaben machen und sei ihr auch der Gesprächsleitfaden dieser Firma nicht bekannt. Ein allfälliger Vertrag mit der Fima M werde erst im Rahmen eines Zweitanrufes durch einen Mitarbeiter der M abgeschlossen. Jeder Zweitanruf durch die M werde mit Zustimmung des Angerufenen aufgezeichnet. Falls der Kunde beim Telefonat noch unsicher ist, werde ihm auf Wunsch ein Formular geschickt, mit dem er schriftlich seine Vertragserklärung bekannt geben könne.

 

Zum Anruf des Fernmeldebüros Graz erklärte die Bwin, dass ihr die Anruferin, eine Frau W, nicht bekannt sei Diese sei auch keine freie Mitarbeiterin der Firma M. Die Bwin habe auch keinen Auftrag bzw. ihr Einverständnis zu diesem Anruf erteilt.

 

In der Folge wurde der Bwin ein Gesprächsmitschnitt mit Herrn Patrick Lindner, der das unerwünschte Werbetelefonat aufgezeichnet hatte, vorgespielt und eine CD mit dem Gespräch dem Rechtsvertreter ausgefolgt. Nach Beratung mit ihrem Rechtsvertreter hat die Bwin angegeben, dass sie den Anrufer an der Stimme nicht erkennen könne. Dieser im Namen der M durchgeführte Anruf sei ihr bisher unbekannt gewesen. Es widerspreche ihrer Kenntnis vom Ablauf von Gesprächen, wie dies der M durch die Firma D T mitgeteilt worden sei.

 

Die Bwin konnte ausschließen, dass der verfahrensgegenständliche Telefonanruf durch einen Mitarbeiter der Firma M durchgeführt wurde. Sie habe vom Ablauf dieser Telefonate bisher nichts gewusst und sei davon ausgegangen, dass die bisher an die Firma M übermittelten Adressdatensätze eine Zustimmung zu einem Zweitanruf durch die M enthalten haben.

 

2.4. In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26. April 2007 gab die Bwin an, dass die D T ausschließlich Adressdatensätze an die Bwin verkaufen dürfe, für deren Weitergabe der Kunde seine Zustimmung erklärt habe. Auf die Art und Weise, wie die Berufungswerberin akquiriere, habe die Bwin keinen Einfluss. Sämtliche Anrufer (S L, Herr D oder Frau W) wären in keinerlei Beschäftigungsverhältnis bzw Geschäftsbeziehung welcher Art immer mit der Bwin gestanden.

 

Im gegenständlichen Fall der Frau W hat die belangte Behörde ausfindig gemacht, dass der Anruf aus S erfolgte und sohin nicht durch die Firma M mit Sitz in Linz erfolgen konnte.

 

Zum Vorwurf der Anstiftungstäterschaft wird betont, dass der Firma M die Art und Weise der Kundenakquisition, wie sie nach dem aufgezeichneten Gesprächsmitschnitt im Fall Lindner von der D T betrieben wird, bislang unbekannt gewesen wäre. Die Firma M sei bislang davon ausgegangen, dass die D T im Rahmen der Kundenakquisition die gesetzlichen Bestimmungen einhält. Von der Vorgehensweise im Fall des angerufenen Patrick Lindner habe die M erst im Zusammenhang mit der Berufungsvorentscheidung Kenntnis erlangt. Warum sich die D T als M ausgab, sei nicht nachvollziehbar. Der Geschäftsführer der D T sei diesbezüglich wegen urlaubsbedingter Abwesenheit noch nicht erreichbar gewesen.

 

Da es sich um Anrufe durch die Firma D T handelte, begründe das Verhalten allenfalls eine Strafbarkeit der D T, auf welches die Firma M keinen Einfluss habe. Jedoch sei nunmehr für die Firma M nachvollziehbar, warum die Angerufenen vermeinen, einen Anruf von der M erhalten zu haben. Dieser Zustand sei untragbar und werde die M im Rahmen der zu Gebote stehenden rechtlichen Möglichkeiten solchen Verhaltensweisen entgegenwirken."

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in die zitierten Akten der Strafverfahren erster und zweiter Instanz und nach deren Durchsicht festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 107 Abs 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) sind Anrufe - einschließlich das Senden von Fernkopien – zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Der Einwilligung des Teilnehmers steht die Einwilligung einer Person, die vom Teilnehmer zur Benützung seines Anschlusses ermächtigt wurde, gleich. Die erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden; der Widerruf der Einwilligung hat auf ein Vertragsverhältnis mit dem Adressaten der Einwilligung keinen Einfluss.

 

Nach dem § 109 Abs 3 Z 19 TKG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen,

 

wer entgegen § 107 Abs 1 Anrufe zu Werbezwecken tätigt.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den Erk. verst. Senate VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.3. In den einschlägigen vorangegangenen Berufungsverfahren des erkennenden Verwaltungssenats (vgl dazu Punkt 2.7.) hatte die belangte Behörde zunächst eine rechtswidrige Werbeanrufpraxis der Fa. M vermutet und die Bwin dafür im Wege des § 9 Abs 1 VStG verantwortlich gemacht. Auf Grund des damals wie heute gleichen Berufungsvorbringens, wonach der erste telefonische Kontakt durch Bedienstete des Vertragsunternehmens D T hergestellt werde und die Fa. M daraufhin Adressedatensätze erhalte, führte die belangte Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung durch, in der sie schließlich selbst davon ausging, dass das Werbetelefonat durch die Fa. D T von S aus geführt wurde und die Daten der angerufenen Personen an die Fa. M weitergeleitet wurden, welche dann in einem Zweitanruf Kontakt aufnimmt, um einen Vertrag zur Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft abzuschließen.

 

Die belangte Behörde ist daraufhin von der ursprünglich angenommenen Verantwortung der Bwin gemäß § 9 Abs 1 VStG als Geschäftsführerin der Fa. M abgegangen und nahm nachträglich eine Beteiligung gemäß § 7 VStG an den Übertretungen von Mitarbeitern der Firma D T an. Dementsprechend tauschte sie den Tatvorwurf in der Berufungsvorentscheidung einfach aus. Die Fernmeldebehörde hatte es verabsäumt, vor der Erlassung des Straferkenntnisses eine Rufdatenerhebung durchzuführen, obwohl ihr bereits aus anderen gleichgelagerten Verfahren bekannt sein musste, dass derartige Werbeanrufe nicht von der Firma M, sondern von der Firma D T von S aus durchgeführt worden waren. Die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen wurden von der Fernmeldebehörde nicht durchgeführt.

 

Die Berufungsvorentscheidung mit dem unzulässiger Weise ausgetauschten Tatvorwurf war schon gemäß § 64a Abs 3 AVG durch den Vorlageantrag ex lege außer Kraft getreten. Der Oö. Verwaltungssenat hatte daher nur mehr festzustellen, dass die Bfin nicht nach § 9 Abs 1 VStG verantwortlich sein könne, weil feststand, dass kein Mitarbeiter der Fa. M den angelasteten Werbeanruf tätigte.

 

4.4.1. Gemäß der Beteiligungsregelung des § 7 VStG unterliegt der Strafe einer Verwaltungsübertretung, auch dann wenn der unmittelbare Täter nicht strafbar ist,

 

wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht (Anstifter), oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert (Gehilfe).

 

Der Spruch hat bei diesem Tatbestand der Beteiligung jene Tatumstände zu umschreiben, die die Tat des unmittelbaren Täters umschreiben, als auch die Umstände der Anstiftung oder Beihilfe näher zu konkretisieren (vgl näher Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] Anm 6 und E 2c ff zu § 7 VStG).

 

Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde entsprechend der Berufung bzw der rechtfertigenden Einlassung der Bwin davon aus, dass der Erstanruf von der Fa. D T durchgeführt wurde, die für die Fa. M die Kundenakquisition durchführt. Nach Übermittlung der vom Kunden beim Erstanruf erhobenen Daten an die Fa. M, erfolge dann ein Zweitanruf durch die Fa. M, um die Daten noch einmal zu überprüfen und einen Vertrag zur Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft abzuschließen. In vergleichbaren Verwaltungsstrafverfahren hat die belangte Behörde bisher versucht, im Zusammenhang mit Werbeanrufen eine Kontroll- und Aufsichtspflicht der Bwin und damit ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs 1 VStG für ein Fehlverhalten von Bediensteten von Vertragsunternehmen wie der Fa. D T zu konstruieren. Diese Vorgangsweise hat der erkennende Verwaltungssenat für unzulässig und auch mit dem Grundsatz nullum crimen sine lege unvereinbar gehalten (vgl dazu näher bspw VwSen-390243/2/WEI/Eg vom 27.05.2009 und VwSen-390245/2/WEI/Eg vom 28.05.2009).

 

4.4.2. Nunmehr wird der Bwin im Spruchpunkt 1) ausdrücklich Anstiftung zu einem zeitlich bestimmten Werbeanruf einer Mitarbeiterin der Fa. D T betreffend die Teilnahme an einem Gewinnspiel angelastet, der ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers Dr. Z durchgeführt worden sei.

 

Als Anstiftungshandlung der Bwin, durch die sie zumindest bedingt vorsätzlich veranlasst habe, dass ein anderer (Mitarbeiter der Fa. D T) die im Spruchpunkten 1) geschilderte Verwaltungsübertretung begangen habe, sieht die belangte Behörde den von ihr als Geschäftsführerin der Fa. M mit der Fa. D T s.l. in Arenal (Mallorca) abgeschlossenen Vertrag vom 1. November 2005 mit der Bezeichnung "Ankauf von Adressdateien",

 

"in welchem Sie mit der Fa. D T vereinbart haben, dass durch dieses Unternehmen Adressdatensätze von Personen entgeltlich zur Verfügung gestellt werden, welche gegenüber der Fa. D T eine ausdrückliche Zustimmung abgegeben haben, dass sie durch die Fa. M direkt kontaktiert werden können"

 

In der rechtlichen Beurteilung zum Tatvorwurf 1) spricht die belangte Behörde von einem Scheingeschäft nach § 916 Abs 1 ABGB. Der Vertrag wäre nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen, wonach primärer Inhalt die Gewinnung von Neukunden für die Fa. M mit nachfolgender Übermittlung von Daten der Angeworbenen sei. So betrachtet (wie?) sei der Vertrag als Bestimmungshandlung im Sinne des § 7 VStG zu sehen, wobei darauf hingewiesen wird, dass Bestimmung auf vielfältige Art erfolgen könne.

 

Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats erscheint diese Argumentation, aus der für den Standpunkt der belangten Behörde in Wahrheit nichts zu gewinnen ist, nicht schlüssig nachvollziehbar. Der wahre wirtschaftliche Gehalt kann unzweifelhaft aus dem Vertrag abgeleitet werden. Sein primärer Zweck ist die Kundenakquisition für die Fa. M mit Lieferung eines vollständigen Datensatzes samt Zustimmung des Kunden. Dies wird in der Berufung ohnehin nicht bestritten, sondern sogar näher ausgeführt.

 

Der erkennende Verwaltungssenat hat in seinem Erkenntnis vom 2. Juni 2009, Zl. VwSen-390247/2/WEI/Eg, aus Anlass von gewissen Ungereimtheiten und Formulierungsmängeln, die die belangten Behörde in der Vertragsurkunde und in Stellungnahmen von Herrn Brand von der D T aufzeigte, zum wahren Gehalt des Vertragsverhältnisses zwischen der Fa. D T und der Fa. M Stellung genommen. Dabei erachtete er es als gut nachvollziehbar, dass die Fa. M zwar den (falschen) Eindruck des Einschreitens in ihrem Namen durch die D T beim Erstkontakt mit möglichen Kunden vermeiden will (deshalb Vertragspunkt 3, wonach nicht im Namen der M akquiriert werden darf), dennoch aber Adressdatensätze von interessierten Kunden und deren Zustimmung zu einem Zweitanruf benötigt, damit sie ihrerseits in einem Werbeanruf legal Kontakt aufnehmen kann. Es erscheint naheliegend, dass die Fa. M auf diese Qualität der Leistungen der D T Wert legt, weil ansonsten nur geschäftliche Probleme entstehen. Für die Fa. M macht demnach die Kundenakquisition durch die Fa. D T nur Sinn, wenn ihr interessierte Kunden mit vollständigen Datensätzen gemeldet werden. Wie die belangte Behörde selbst festgestellt hat, will die Fa. M nämlich im Zweitanruf nur noch die Daten überprüfen und gleichzeitig einen Vertrag über die Teilnahme an einem Gewinnspiel (Lottogemeinschaft) abschließen.

 

In ihrer ergänzenden Rechtfertigung vom 23. Mai 2007 hat die Bwin im gegebenen Zusammenhang nachvollziehbar ausgeführt, dass die Fa. M nichts von übermittelten Datensätzen habe, die nicht von der Zustimmung des Kunden zu einem Zweitanruf getragen sind, da diese Personen voraussichtlich auch nicht am M-Los teilnehmen werden.

 

4.4.3. Der oben dargestellte Tatvorwurf ist nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats rechtlich unschlüssig und damit verfehlt. Dies aus folgenden Überlegungen:

 

Anstiftung und Beihilfe nach § 7 VStG können nur vorsätzlich begangen werden. Das vorsätzliche Verhalten des Anstifters muss ursächlich dazu geführt haben, dass eine andere Person als unmittelbarer Täter den objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung verwirklicht hat (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000] Anm 2 und 4 zu § 7 VStG) Strafbare Anstiftung fordert daher eine bewusste Einwirkung auf den Täter, die ihn zu seinem strafbaren Verhalten veranlasst oder in seinem Verhalten bestärkt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch6 E 1 zu § 7 VStG; Thienel, Verwaltungsverfahtrensrecht3 [2004], 401 f mwN).

 

Unter Anstiftung iSd § 7 VStG ist die vorsätzliche Veranlassung eines anderen zu einem tatbestandswidrigen und rechtswidrigen Verhalten und die daran anschließende Ausführung der Tat selbst zu verstehen. Auch wenn für die Anstiftung eine vollständige Individualisierung der Tat nicht erforderlich ist, so kann eine ganz unbestimmte Aufforderung ohne Hinleitung auf eine einzelne, näher bezeichnete Straftat nicht als Anstiftung betrachtet werden. Deshalb genügt eine abstrakte Fundierung der subjektiven Tatseite nicht, sondern werden in der Rechtsprechung konkrete Feststellungen verlangt, aus denen hervorgeht, dass sich der Anstifter bewusst war, dass sein Verhalten andere Personen zu einer Straftat verleiten werde (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 [2000] E 1 zu § 7 VStG).

 

Im Abschluss eines Vertrages mit einem selbständigen Unternehmen über den "Ankauf von Adressdateien" betreffend Personen, die eine ausdrückliche Zustimmung abgeben haben, dass sie in einem Zweitanruf von der Fa. M kontaktiert werden können, kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde kein Verhalten gesehen werden, das als Anstiftung zu Verwaltungsübertretungen betreffend unerlaubte Werbeanrufe qualifiziert werden könnte. Denn ein zivilrechtliches Vertragsverhältnis betreffend die Übertragung (Auslagerung) der Kundenakquisition ist im Geschäftsverkehr grundsätzlich erlaubt und damit zulässig. Ein Konnex zu einer konkreten Verwaltungsübertretung lässt sich aus einem erlaubten Verhalten nicht ableiten, auch wenn die Kundenakquisition im Wege des problematischen "Telefonmarketings" erfolgt. Denn auch dieses stellt grundsätzlich eine erlaubte Tätigkeit innerhalb des gesetzlichen Rahmens dar und in der vertraglichen Auslagerung auf einen selbständigen Dritten, für ein Unternehmen und einen bestimmten Zweck Kunden zu werben, kann keine unzulässige Übertragung von eigenen gesetzlichen Verpflichtungen gesehen werden (vgl auch h. Erkenntnis vom 14.01.2009, Zlen. VwSen-390258 und 259/5/SR/Sta).

 

Die belangte Behörde hat auch die subjektive Tatseite der Bwin nur abstrakt und nicht fallbezogen begründet und dabei entweder bloße Vermutungen zum Nachteil der Beschuldigten zum Ausdruck gebracht oder den nur bei einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Grunde des § 9 Abs 1 VStG schlüssig denkbaren Aspekt der Unterlassung von Aufsichtsmaßnahmen bemüht und damit Vorsatz und Fahrlässigkeit in eigenartiger Weise vermengt.

 

Konkrete Beweisergebnisse und Feststellungen, aus denen der Bwin eine bewusste Verleitung zum rechtwidrigen Werbeverhalten eines anderen nachzuweisen wäre, ist die belangte Behörde schuldig geblieben. Ihre Ausführungen zum Vorsatz der Bwin sind demnach nicht fundiert und bewegen sich häufig auf dem Niveau von unzulässigen Vermutungen und Verdächtigungen zum Nachteil der Bwin. Wenn die Strafbehörde den Eindruck gewonnen hat, dass sprachlich beanstandete Vertragsformulierungen nur den Zweck verfolgten, die Beschuldigte vor Strafverfolgung zu schützen, so handelte es sich dabei nur um die nicht beweisrelevante Äußerung eines Verdachts. Für ebenso wenig überzeugend hält es der erkennende Verwaltungssenat, wenn die belangte Behörde aus Ungereimtheiten in der Vertragsurkunde vom 1. November 2005 und den Schreiben des Herrn Brand, die für die entscheidungswesentliche Sachlage nicht so bedeutend erscheinen, die Gutgläubigkeit der Bwin in Frage stellen möchte, wonach Werbeanrufe der Fa. D T rechtskonform erfolgen.

 

Die von der belangten Behörde aufgezeigten Widersprüche in einzelnen Punkten beruhen tatsächlich eher auf Formulierungsmängeln und erscheinen dem erkennenden Verwaltungssenat nicht so wesentlich, dass die Beweiskraft der Urkunden gemindert wäre. Es ist nämlich gut nachvollziehbar, dass die Fa. M den Eindruck eines Einschreitens in ihrem Namen beim Erstkontakt mit dem Angerufenen durch die D T und damit auch die Verantwortung dafür vermeiden will, gleichzeitig aber für ihre geschäftlichen Zwecke Adressdatensätze von potentiellen Kunden und deren Zustimmung zum Zweitanruf benötigt, damit dann ihrerseits ein legaler Werbeanruf erfolgen kann. Nur wenn diese Qualität der Leistung der Fa. D T stimmt, macht es Sinn für die Kundenakquisition zu bezahlen. Minderleistungen und unzufriedene (getäuschte) Kunden führen nämlich, wie die zahlreichen an die Fernmeldebehörden erstatteten Anzeigen beweisen, zu geschäftlichen Problemen der Fa. M. Demzufolge habe die Fa. M nach dem Berufungsvorbringen auch im Rahmen ihrer geschäftlichen Verbindung darauf hingewiesen, dass die Adressdatensätze unter Einhaltung der in den jeweiligen Länder geltenden Gesetze legal erhoben sein müssten.

 

Wenn die belangte Behörde der Bwin die Unterlassung von wirksamen Maßnahmen gegen die D T vorwirft, die sie aus Anlass der Aussendung der Arbeiterkammer Kärnten vom 9. März 2006 oder der eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren ergreifen hätte müssen, so vermag sie mit diesem Argument, selbst wenn es zuträfe, nicht das Vorliegen eines Anstiftungsvorsatzes bei der Bwin zu begründen. Die Strafbehörde will das Unterlassen gebotener Handlungen aufzeigen und verkennt dabei offenbar, dass dies in erster Linie ein Fahrlässigkeitsproblem darstellt. Anstiftung kann aber bekanntlich nur vorsätzlich begangen werden. Außerdem kann das bloße Untätigbleiben den Tatbestand der vorsätzlich Anstiftung grundsätzlich nicht erfüllen. Nur in besonders gelagerten Fällen und wenn eine Pflicht zum Handeln besteht, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Anstiftung durch Unterlassung für möglich gehalten (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 E 4 zu § 7 VStG). Ein solcher besonderer Fall liegt aber gerade nicht vor. Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bereits in seine Erkenntnissen je vom 14. Jänner 2009, Zlen. VwSen-390241 und 242/5/SR/Sta und Zlen. VwSen-390258 und 259/5/SR/Sta, nachgewiesen hat, kann aus dem § 9 Abs 1 VStG keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit und damit auch keine Handlungspflicht der Bwin als Geschäftsführerin der Fa. M für das Fehlverhalten von Dienstnehmern eines anderen vertraglich beauftragten Unternehmens bei der Kundenwerbung abgeleitet werden.

 

4.5. Die Ansicht der belangten Behörde, dass schon allein der mit der Fa. D T abgeschlossene Vertrag über die Kundenakquisition als Anstiftung zu verbotenen Werbeanrufen angesehen werden könne, wäre nur dann schlüssig, wenn Werbeanrufe als Mittel der Kundenakquisition schlechthin unzulässig und verboten wären. Dies ist aber entgegen der insgesamt zu pauschalen Betrachtungen der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis nach der geltenden Rechtslage nicht der Fall (vgl dazu auch den einschlägigen Art 13 der Richtlinie 2002/58/EG, die im TKG umgesetzt wurde). Es sind nicht Anrufe zu Werbezwecken schlechthin, sondern nur Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung unzulässig und verboten. Deshalb muss es nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats möglich sein, in einem neutral gehaltenen Telefonat, die Zustimmung des Teilnehmers einzuholen, indem er gefragt wird, ob er interessiert und bereit ist, über ein bestimmtes Thema zu sprechen oder nicht. Er kann dann mit Ja oder Nein antworten und bei Interesse gegebenenfalls auch den Zeitpunkt eines künftigen Telefongesprächs bestimmen. Dass nach den Materialien zum TKG 2003 der Begriff der "Direktwerbung" weit auszulegen ist und jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Idee oder ein politisches Anliegen wirbt, umfassen soll (vgl RV 128 BlgNR 22.GP, 20 "Zu § 107:") schadet dabei nicht, zumal der bloße Anruf zur Einholung der Zustimmung zu einem Gespräch zu Werbezwecken selbst noch kein Werbeanruf ist, sondern nur dessen Vorbereitung dient. Diese Form der Belästigung ist jedem zumutbar, der in öffentliche Telefonregister eingetragen ist. Sie ist direkt vergleichbar mit der Situation einer allgemein als zulässig erachteten telefonischen Umfrage eines Meinungsforschungsinstituts, bei der man ebenfalls unerbeten angerufen und zunächst gefragt wird, ob man Fragen zu bestimmten Themen beantworten will oder nicht. Wer als Teilnehmer selbst solche verkehrsüblichen Belästigungen vermeiden will, muss vorkehren, dass er nicht in öffentliche Register kommt. Er hat insofern bei der Mobiltelefonie ein kostenloses Wahlrecht und kann auch beim Festnetz eine Geheimnummer beantragen.

 

Ein generelles Verbot von Werbeanrufen gerät wohl auch in Konflikt mit dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit nach Art 6 StGG, weil dann das Kommunikationsmittel Telefon bzw Telefax für die Erwerbsausübung von Branchen, die in der heutigen Zeit darauf angewiesen sind, schlechthin nicht mehr zur Verfügung stünde und derartig weitreichende Schranken der Erwerbsausübung für den Schutz des Verbrauchers oder den Schutz der Privatsphäre, wie oben schon angesprochen, nicht erforderlich, sondern übertrieben und inadäquat erscheinen. Werbeverbote können auch unter dem weiten Aspekt der Meinungsfreiheit des Art 10 EMRK relevant werden und sind auch insofern auf ihre Verhältnismäßigkeit zu untersuchen. Im Allgemeinen gilt, dass absolute Werbeverbote für bestimmte Medien oder Bereiche oder Berufsgruppen vom Verfassungsgerichtshof schon als unverhältnismäßig angesehen wurden (vgl zum Ganzen mit Nachw Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 1460, 1461 und Rz 1498 ff, 1500).

 

Schließlich ist nach herrschender Auffassung aus dem Art 7 EMRK nicht nur ein besonderes Bestimmtheits- und Klarheitsgebot sowie Rückwirkungsverbot für strafrechtlich Normen abzuleiten, sondern folgt aus diesem Prinzip nullum crimen sine lege (nulla poena sine lege) bei der Anwendung von Straftatbeständen auch der Auslegungsgrundsatz eines Verbots der extensiven Auslegung von Strafgesetzen und das Analogieverbot (vgl mwN Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 1559; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 Anm 8 zu § 1 VStG; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 Anm 4 zu § 1 VStG).

 

Spätestens unter Berücksichtigung des Verbots extensiver Auslegung bei der Anwendung von Strafgesetzen wird klar, dass § 109 Abs 3 Z 19 iVm § 107 Abs 1 TKG 2003 eben nur Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung verbietet und nach seinem Wortsinn keineswegs ausschließt, dass eine solche Einwilligung auch telefonisch eingeholt werden darf. Wie dazu oben bereits dargelegt, muss daher bei verfassungskonformer Auslegung in Bezug auf Telnehmer in öffentlichen Telefonregistern ein neutral gehaltenes Telefonat zulässig sein, um die Zustimmung zu einem allenfalls später zu führenden Werbeanruf einzuholen. Entgegen dem Eindruck den die belangte Behörde in ihrer Begründung mitunter vermittelt, sind demnach Anrufe zu Werbezwecken in rechtskonformer Weise möglich und durchführbar.

 

4.6.1. Beim Tatvorwurf nach Spruchpunkt 2) handelt es sich um einen Zweitanruf der Fa. M, bei dem die anrufende Dame nach Darstellung des Anzeigers im E-Mail vom 28. März 2007 auf den Erstanruf verwies. Sie ging auch "von einem von mir erteilten Auftrag aus und vermutete die erfolgte Bekanntgabe meiner Karten- oder Kontodaten.". Seine Erklärung, dass er die gewünschten Daten keineswegs übermittelt hätte und dies auch nicht beabsichtige, beendete das Gespräch in Kürze (Anzeiger im E-Mail vom 11.05.2007).

 

Aus der Einvernahme der Bwin vom 13. April 2007 und dem von der belangten Behörde Wgegebenen Schreiben des Herrn Brand von der Fa. D T s.l. geht hervor, dass Kunden beim Akquisitionsgespräch nach dem Gesprächsleitfaden der Fa. D T darauf hingewiesen werden, dass sie in den nächsten Tagen einen Zweitanruf durch die Fa. M erhalten. Diese Zustimmung des Kunden zur Datenverwendung und zum Zweitanruf ist für die Fa. M wesentlicher Inhalt des mit der Fa. D T abgeschlossenen Vertrages, zumal ein legaler Zweitanruf sonst nicht möglich wäre und die mangelhafte Kundenakquisition der D T keinen Wert für die Fa. M hätte.

 

In der ergänzenden Rechtfertigung vom 23. Mai 2007 konnte die Bwin eine Bankverbindung des Anzeigers angeben, die dieser angeblich nicht bekannt gegeben hatte. Auch auf die Telefonnotiz einer Frau Falk (die Anruferin im Erstgespräch) wurde hingewiesen, wonach Dr. Z nach seinem Wunsch am 7. März 2007 erst um 13:30 Uhr angerufen werden sollte.

 

Die der Fa. M bekannte Bankverbindung des Anzeigers und die angebliche Telefonnotiz der Frau Falk sprechen vom ersten Anschein her jedenfalls gegen den Anzeiger. Auch sein Vorwand im Rahmen des Erstgesprächs (vgl E-Mail vom 11.05.2007), dass er sich nicht an seinem Wohnsitz befände und daher über die geforderten Kenndaten zu Konto und Kreditkarte nicht verfügte, erscheint überflüssig, wenn er - wie er unter einem betont - ohnehin den festen Standpunkt gehabt habe, eine fernmündliche Mitteilung solcher Daten abzulehnen.

 

Die belangte Behörde hat diese Widersprüche nicht aufgeklärt, sondern sich mit der unter diesen Umständen nicht einleuchtenden allgemeinen Behauptung des Dr. Z, dass er kein Zustimmung erteilt hätte, begnügt. Wie der belangten Behörde beispielsweise aus der ohne Formblatt erstatteten Anzeige in ihrem Strafverfahren BMVIT-635.540/0347/08 (= VwSen-390245-2008), bekannt sein musste, war dort ausdrücklich von der Ankündigung eines Zweitanrufs die Rede. Aus diesen Gründen und, weil auch Dr. Z einen angekündigten Zweitanruf "aus Gründen der Sicherheit" letztlich zugesteht, hält es der erkennenden Veraltungssenat für sehr wahrscheinlich, dass er nur keine ausdrückliche Zustimmung zu dem Zweitanruf äußerte, diesen aber auch nicht ablehnte.

 

Die belangte Behörde referierte die Verantwortung der Bwin nur und ging darauf nicht weiter ein. Dies vor allem auf Grund ihres Rechtsstandpunktes, dass es wegen des lange dauernden und wortreich geführten Erstanrufes, in dem Daten hartnäckig herausgelockt werden würden, auf die Datenbekanntgabe oder einen vorgeschlagenen Zeitpunkt für den angekündigten Zweitanruf durch den Teilnehmer gar nicht ankäme. Dieser hätte nämlich unter diesen Umständen keine freiwilligen Erklärungen abgeben können. Die Bekanntgabe der Kontodaten sei für die belangte Behörde durchaus verständlich, um den unerwünschten Anrufer nach einem über 12 Minuten dauernden Werbegespräch endlich los zu werden.

 

4.6.2. Diese Ansichten der belangten Behörde sind verfehlt. Sie widersprechen schon der allgemeinen Lebenserfahrung. Dr. Z hatte es selbst in der Hand, das Werbegespräch vom 6. März 2007 (Erstanruf) jederzeit zu beenden, indem er sich eindeutig erklärt und nötigenfalls auch ohne weitere Erklärungen auflegt. Es bestand daher für den Anzeiger keinerlei Zwangslage, der er sich nur durch Datenbekanntgabe entziehen hätte können. Die Bekanntgabe von persönlichen Daten und Kontodaten zur Beendigung eines unerwünschten Werbeanrufes erschiene daher alles andere als verständlich. Es besteht nach der aktenkundigen Darstellung des Dr. Z, der gar nicht behauptete, überrumpelt worden zu sein, auch kein Anlass, die Freiwilligkeit seines Verhaltens zu bezweifeln.

 

Eine Einwilligung konnte nach den gegebenen Umständen auch schlüssig erteilt werden (vgl § 863 ABGB).

 

Auch wenn das Erstgespräch unter Hinweis auf einen Gewinn oder eine Gewinnchance geschickt geführt worden sein mag, um den Angerufenen zur Bekanntgabe von persönlichen Daten zu bewegen, vermag ein später allenfalls enttäuschtes Motiv nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats nichts daran zu ändern, dass diese Bekanntgabe von Daten freiwillig erfolgte. Denn von einer volljährigen und geschäftsfähigen Person muss der Rechtsverkehr erwarten können, dass sie die Bedeutung und Tragweite ihres Verhaltens erfassen und sich nach dieser Einsicht richten kann. Ein voll handlungsfähiger Erwachsener muss damit rechnen, dass er im Geschäftsleben nichts geschenkt bekommt und in Aussicht gestellte Vorteile meist auch mit Nachteilen bzw Leistungen des Kunden verbunden sind. Davon zu unterscheiden ist der Umstand, dass unseriöse Geschäftspraktiken zur Irrtumsanfechtung berechtigen können und nach Konsumentenschutzrecht allenfalls auch ein Rücktrittsrecht eingeräumt ist.

 

Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens ist ausschließlich die Frage der Einwilligung zum Werbeanruf der Fa. M an sich und nicht auch die Frage, ob aus zivilrechtlicher Sicht potentielle Kunden mit unerlaubten Methoden zur Teilnahme an Lottospielgemeinschaften gewonnen wurden. Diese Entscheidung bleibt den Zivilgerichten vorbehalten. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind daher konsumentenschutzrechtliche Fragen auch nicht als Vorfragen aufzuwerfen.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist die Fa. M auf Grund der mit der Fa. D T vertraglich vereinbarten Leistung und der Übermittlung eines dementsprechend vollständigen Datensatzes einschließlich der Kontoverbindung des Kunden grundsätzlich zur Annahme berechtigt, dass dieser wenigstens in eine Kontaktaufnahme durch die Fa. M im Wege eines Zweitanrufs eingewilligt hat. Denn nach Bekanntgabe der persönlichen Daten einschließlich der sensiblen Kontodaten betreffend eine Bankverbindung im Erstgespräch besteht kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln (vgl 863 Abs 1 ABGB), dass der potentielle Kunde zumindest so viel Interesse an der Sache gezeigt hat, dass er einem Zweitanruf durch die Fa. M zustimmt und eine Teilnahme an einer Lottospielgemeinschaft nicht von vornherein ausschließt.

 

Ein unüberlegtes Handeln des Teilnehmers oder ein allfälliger Motivirrtum vermag am objektiven Erklärungswert eines Verhaltens nichts zu ändern. Es gilt die Vertrauenstheorie aus der Sicht des Empfängerhorizonts und damit der Erklärungswert, wie ihn ein verständiger Empfänger verstehen durfte (vgl mwN etwa Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 [2006], 105).

 

Die in der Berufung vertretene Ansicht, dass die Fa M bzw die Bwin bei einem vollständigen Adressdatensatz jedenfalls von einer Zustimmung des Kunden zum Zweitanruf ausgehen konnte, weil der Kunde ansonsten nicht seine Daten, insbesondere auch nicht seine Kontoverbindung, bekannt gegeben hätte, erscheint dem erkennenden Verwaltungssenat schlüssig und wird daher grundsätzlich geteilt. Solange im Einzelfall keine gegenteiligen Hinweise vorliegen, die eine solche Zustimmung des Kunden in Frage stellen, kann der Bwin kein Sorgfaltsverstoß angelastet werden. Der Zweitanruf durch die Fa. M dient eben auch der Kontrolle.

 

4.6.3. Im vorliegenden Fall hat sich der Anzeiger auf das unerbetene Werbegespräch beim Erstanruf durch die Fa. D T bewusst eingelassen. Nach seiner Darstellung hörte er den Erläuterungen der wortreich argumentierenden Dame lange zu und, als die Rede von der Kreditkartennummer oder Kontonummer war, äußerte er, dass er an eine Einzahlung "herangehen könnte", sobald ihm die versprochenen Unterlagen zur Durchsicht zugegangen wären. Auf der Überweisung wäre dann seine Kontonummer ersichtlich. Dies wäre aber abgelehnt worden. Auch aus unklaren Gründen der Sicherheit sei ihm ein Zweitanruf am Folgetag angekündigt worden. Diesen habe er für überflüssig gehalten und Zustimmung habe er sicher keine erteilt. Dass er sich allerdings gegen einen weiteren Kontakt tatsächlich ausgesprochen hätte, kann den Angaben Dr. Zs nicht entnommen werden.

 

Selbst aus der Darstellung des Anzeigers ist für den erkennenden Verwaltungssenat abzuleiten, dass bei objektiver Würdigung seines Verhaltens und der Begleitumstände die Anruferin davon ausgehen konnte, dass er grundsätzlich Interesse am Gewinnspielangebot gezeigt hatte und nur mit den Modalitäten nicht ganz einverstanden war. Immerhin ließ er sich rund 12 Minuten lang Erläuterungen geben und stellte noch in Aussicht, nach Prüfung von übersendeten Unterlagen eine Überweisung vorzunehmen. Gerade weil sich der Anzeiger für den Werbeanruf so viel Zeit nahm, konnte die eloquente Dame von seinem grundsätzlichen Interesse ausgehen. Außerdem hat er mit dem behaupteten Vorwand, derzeit über die Daten zu Konto oder Kreditkarte nicht zu verfügen, abermals Interesse bekundet, zumal er damit den Eindruck erweckte, dass er zur Preisgabe dieser Daten unter Umständen bereit sein könnte.

 

Eine Entscheidung über die gewünschte Vorleistung der Übersendung von Unterlagen, konnte im Erstanruf der D T mangels Befugnis der Dame zur Abweichung vom vereinbarten Schema nicht getroffen werden. Diese Vorleistung hätte nur die Fa. M in einem Zweitanruf einräumen können. So gesehen könnte auch der Anzeiger an einem Zweitanruf interessiert gewesen sein. Indem ihm dieser für den Folgetag auch ausdrücklich angekündigt worden ist und er, nachdem er sich wie beschrieben auf das gut 12 Minuten dauernde Werbegespräch eingelassen hatte und dem Zweitanruf nicht widersprach, hat er schlüssig seine Zustimmung zur weiteren Kontaktaufnahme durch die M zum Ausdruck gebracht.

 

Die im gegebenen Zusammenhang unwidersprochen gelassene Ankündigung eines Zweitanrufs lässt darauf schließen, dass der Teilnehmer mit diesem Zweitanruf einverstanden war. Wer sich auf die Sache eingelassen hat, für den gilt der alte lateinische Grundsatz "Qui tacet consentire videtur!". Sein Schweigen ist unter diesen Umständen als Zustimmung zu deuten.

 

Für den erkennenden Verwaltungssenat steht daher als entscheidungswesentliche Tatsache fest, dass nach den gegebenen Umständen das zweite Telefongespräch als solches nicht ohne schlüssige Zustimmung des Anzeigers stattgefunden hat.

 

5. Im Ergebnis steht daher schon nach der Aktenlage und dem von der belangten Behörde angelasteten Sachverhalt fest, dass die beschuldigte Bwin die im Straferkenntnis angelasteten Taten so nicht begangen haben konnte. Deshalb war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und mangels erwiesener und rechtlich zutreffend vorgeworfener Verwaltungsübertretungen waren die Strafverfahren nach dem § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

Rechtssätze wie zu VwSen-390247 vom 2. Juni 2009

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum