Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-164138/5/Zo/Ps

Linz, 20.07.2009

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn T G, geb. , vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. M R, H, F, vom 23. April 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 7. März 2009, Zl. VerkR96-90-2008, wegen mehrerer Übertretungen des Kraftfahrgesetzes (KFG) 1967, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Juli 2009, zu Recht erkannt:

 

I.             Hinsichtlich der Punkte 1) und 3) des Straferkenntnisses wird die Berufung sowohl im Schuldspruch als auch bezüglich der Strafen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die beiden Punkte zu einer Verwaltungsübertretung zusammengefasst werden.

 

II.           Hinsichtlich der Punkte 2) und 4) des Straferkenntnisses wird die Berufung im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die beiden Punkte zu einer Verwaltungsübertretung zusammengefasst werden.

Bezüglich der Strafhöhe wird die Berufung abgewiesen und die von der Erstinstanz verhängten zwei Einzelstrafen werden zu einer Strafe in Höhe von 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 44 Stunden) zusammengefasst.

 

III.        Hinsichtlich Punkt 5) des Straferkenntnisses wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

IV.        Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 22 Euro, für das Berufungsverfahren ist ein Kostenbeitrag in Höhe von 44 Euro zu bezahlen [das sind 20 % der zu den Punkten 2) und 4) bestätigten Geldstrafen].

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 19 und 21 VStG;

zu III.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 45 Abs.1 Z3 VStG;

zu IV.: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

 

Zu I., II. und III.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

 

"1) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen: Es wurde festgestellt, dass Sie das Schaublatt mehr als 24 Stunden, von 16.07.2007, 04.55 Uhr bis 17.07.2007, 07.25 Uhr, verwendet haben.

 

Tatort: Gemeinde Leopoldschlag, Landesstraße Freiland, GPI Wullowitz - Einreise, Mühlviertler Straße, Nr. 310 bei km 55.270.

Tatzeit: 23.07.2007, 11:59 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134/1 KFG iVm. Art. 15/2 EG-VO 3821/85

 

2) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen: Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde. Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 16.07.2007 um 04.55 Uhr. Ruhezeit von 16.07.2007,22.10 Uhr bis 17.07.2007,04.55 Uhr; das sind 6 Stunden 45 Minuten.

 

Tatort: Gemeinde Leopoldschlag, Landesstraße Freiland, GPI Wullowitz - Einreise, Mühlviertler Straße, Nr. 310 bei km 55.270.

Tatzeit: 23.07.2007, 11:59 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134/1 KFG iVm. Art.8/1 u.2 EG-VO 561/2006

 

3) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen: Es wurde festgestellt, dass Sie das Schaublatt mehr als 24 Stunden, von 18.07.2007, 06.45 Uhr bis 19.07.2007, 08.00 Uhr, verwendet haben.

 

Tatort: Gemeinde Leopoldschlag, Landesstraße Freiland, GPI Wullowitz - Einreise, Mühlviertler Straße, Nr. 310 bei km 55.270.

Tatzeit: 23.07.2007, 11:59 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134/1 KFG iVm. Art. 15/2 EG-VO 3821/85

 

4) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen: Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde. Beginn des 24 Stundenzeitraumes am 18.07.2007 um 06.45 Uhr. Ruhezeit von 18.07.2007,23.10 Uhr bis 19.07.2007,06.45 Uhr; das sind 7 Stunden 35 Minuten.

 

Tatort: Gemeinde Leopoldschlag, Landesstraße Freiland, GPI Wullowitz - Einreise, Mühlviertler Straße, Nr. 310 bei km 55.270.

Tatzeit: 23.07.2007, 11:59 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134/1 KFG iVm. Art.8/1 u.2 EG-VO 561/2006

 

5) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im internationalen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie das Kontrollgerät am 19.07.2007 um 16.55 Uhr und 23.00 Uhr vor Ablauf des Arbeitstages geöffnet hatten.

 

Tatort: Gemeinde Leopoldschlag, Landesstraße Freiland, GPI Wullowitz - Einreise, Mühlviertler Straße, Nr. 310 bei km 55,270.

Tatzeit: 23.07.2007, 11:59 Uhr.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134/1 KFG iVm. Art.15/2 EG-VO 3821/85

 

Fahrzeuge:

Kennzeichen , Sattelzugfahrzeug N3, SCANIA A4X2

Kennzeichen , Anhänger O4, Plane und Spriegel SN24

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

 

Geldstrafe von                  Falls uneinbring                         Gemäß

                                      Ersatzfreiheitsst

1) Ermahnung                   ---                                          § 21 VStG

2) 120,00 €                      24 Stunden                              § 134 Abs. 1 KFG 1967

3) Ermahnung                   ---                                          § 21 VStG

4) 100,00 €                      20 Stunden                              § 134 Abs. 1 KFG 1967

5) 40,00 €                        8 Stunden                                § 134 Abs. 1 KFG 1967

 

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

26,00 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 286,00 €."

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass er das Schaublatt nicht mehr als 24 Stunden verwendet habe. Art. 15 Abs.2 der EG-VO 3821/85 beziehe sich lediglich auf die Fahrzeiten und dem Berufungswerber dürfe kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er während der Ruhezeit das Schaublatt nicht entnommen habe. Das bloße Verbleiben des Schaublattes im Kontrollgerät nach dem Abstellen des Fahrzeuges stelle keine Verwendung im Sinne des Gesetzes dar. Er habe daher diese Übertretung überhaupt nicht begangen.

 

Zu den Punkten 2) und 4) führte der Berufungswerber aus, dass Art. 8 Abs.1 und 2 der EG-VO 561/2006 eine "Aufteilung" der Ruhezeit in zwei Teile lediglich bei der regelmäßigen Ruhezeit exakt mit 3 bzw. 9 Stunden vorschreibe. Bezüglich der reduzierten täglichen Ruhezeit gebe es keine entsprechende Regelung, sondern diese reduzierte tägliche Ruhezeit könne auf beliebig viele "Ruhezeiten" aufgeteilt werden. Es müsse keinesfalls eine ununterbrochene Ruhezeit von 9 Stunden genommen werden. Der Berufungswerber habe sowohl am 16. Juli 2007 als auch am 18. Juli 2007 jeweils insgesamt eine Ruhezeit von mehr als 13 Stunden eingehalten. Es liege außerdem maximal nur eine strafbare Handlung vor, weil der Berufungswerber zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf.

 

Beim Öffnen des Kontrollgerätes sowie bei der Entnahme des Schaublattes handle es sich um zwei völlig verschiedene Handlungen und die Auslegung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, wonach ein Öffnen des Kontrollgerätes der Entnahme des Schaublattes "gleichzuhalten" wäre, entspreche nicht dem Gesetz. Es dürfe nicht im Wege einer "Uminterpretation" ein neuer Straftatbestand geschaffen werden. Wenn tatsächlich das bloße Öffnen des Kontrollgerätes bereits strafbar sein sollte, so hätte es der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber in der Hand gehabt, dies sprachlich klar festzulegen. Verboten sei jedoch lediglich das Entnehmen des Schaublattes, was im vorliegenden Fall aber nicht nachgewiesen werden könne.

 

Die Stellungnahme vom 19. Juni 2008 sei kein Gutachten, weshalb auch ein Verfahrensmangel vorliege.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. Juli 2009. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen, der Berufungswerber selbst und die Erstinstanz waren nicht anwesend. Es wurden die im Akt befindlichen Schaublätter ausgewertet.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 23. Juli 2007 um 11.59 Uhr das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug auf der B310. Bei einer Kontrolle im Bereich des Grenzüberganges Wullowitz bei Strkm. 55,270 wurde unter anderem festgestellt, dass er das Schaublatt vom 16. Juli 2007, 04.55 Uhr bis 17. Juli 2007, 07.25 Uhr eingelegt hatte. Dazu ist auszuführen, dass die letzte Lenkzeit um 22.10 Uhr aufgezeichnet ist und der Berufungswerber von 22.10 Uhr bis 07.25 Uhr eine Ruhezeit genommen hat. Das Schaublatt vom 18. Juli 2007 legte er um 06.45 Uhr ein und ließ dieses bis 19. Juli 2007, 08.00 Uhr im Kontrollgerät. Auch hier hielt er zwischen 23.10 Uhr und 08.00 Uhr eine durchgehende Ruhezeit ein.

 

Im 24-Stunden-Zeitraum, welcher am 16. Juli 2007 um 04.55 Uhr begann, hielt der Berufungswerber die (längste) Ruhezeit beginnend ab 22.10 Uhr ein. Innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes verbleibt daher eine Ruhezeit von 6 Stunden und 45 Minuten, wobei festzuhalten ist, dass die gesamte Ruhezeit bis 07.25 Uhr dauerte. Am nächsten Tag hielt der Berufungswerber eine ausreichende Ruhezeit ein, im 24-Stunden-Zeitraum, beginnend am 18. Juli 2007 um 06.45 Uhr, begann der Berufungswerber mit der (längsten) Ruhezeit um 23.10 Uhr. Die Ruhezeit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes beträgt daher nur 7 Stunden und 35 Minuten, insgesamt hielt der Berufungswerber eine Ruhezeit bis 08.00 Uhr ein.

 

Auf dem Schaublatt vom 19. Juli 2007 ist durch zwei entsprechende Markierungen um 16.55 Uhr sowie um 23.00 Uhr ersichtlich, dass der Berufungswerber das Kontrollgerät geöffnet hatte.

 

Diese Umstände ergeben sich aus den im Original im Akt befindlichen Schaublättern, wobei die Auswertung durch das zuständige Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich in der mündlichen Berufungsverhandlung durchgeführt wurde. Dieser ist mit der Auswertung von Schaublättern vertraut, weshalb die Einholung eines Sachverständigengutachtens dazu nicht notwendig ist.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Art. 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter oder Fahrerkarten. Das Schaublatt oder die Fahrerkarte wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Kein Schaublatt oder Fahrerkarte darf über den Zeitraum, für den es bestimmt ist, hinaus verwendet werden.

 

Gemäß Art. 8 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

 

Gemäß Art. 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 muss der Fahrer innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

 

5.2. Zur Verwendung der Schaublätter [Punkte 1) und 3) des Straferkenntnisses]:

 

Entsprechend Art. 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85 müssen die Fahrer ab dem Zeitpunkt der Übernahme des Lkw ein Schaublatt verwenden. Dieses Schaublatt dient dazu, sowohl die Lenkzeiten, die sonstigen Arbeitszeiten, die Bereitschaftszeiten als auch die Ruhezeiten aufzuzeichnen. Das Schaublatt wird daher entgegen dem Vorbringen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers nicht nur während der Arbeitszeiten "verwendet", sondern auch während der Ruhezeiten. Dabei darf das Schaublatt nicht länger als 24 Stunden verwendet werden. Der Berufungswerber hat daher die ihm in den Punkten 1) und 3) vorgeworfenen Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten. Es ist allerdings anzuführen, dass er in beiden Fällen die Schaublätter nur mit Ruhezeit überschrieben hat, sodass die Auswertung der Schaublätter dadurch nicht beeinträchtigt wurde.

 

Zu den Ruhezeiten [Punkte 2) und 4) des Straferkenntnisses]:

 

Aus Art. 8 Abs.2 der Verordnung (EG) 561/2006 ergibt sich, dass die reduzierte tägliche Ruhezeit mindestens 9 Stunden betragen muss. Dies stimmt auch mit den Begriffsbestimmungen in Art. 4 lit.g der angeführten Verordnung überein, wonach eine reduzierte tägliche Ruhezeit eine Ruhepause von mindestens 9 Stunden ist. Unterbrechungen von weniger als 9 durchgehenden Stunden innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes können daher keine ausreichende Ruhezeit darstellen. Der Berufungswerber hat im 24-Stunden-Zeitraum, beginnend am 16. Juli 2007 um 22.10 Uhr, nur eine Ruhezeit von 6 Stunden und 45 Minuten eingehalten. Die Ruhezeit war zwar insgesamt länger als 9 Stunden, allerdings hatte diese eben nicht mehr rechtzeitig begonnen, sodass er sie nicht mehr innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes abschließen konnte. Im 24-Stunden-Zeitraum, beginnend am 18. Juli 2007 um 06.45 Uhr, hat er eine Ruhezeit von 7 Stunden und 35 Minuten eingehalten. Die Ruhezeit dauerte insgesamt bis 08.00 Uhr, sodass sie insgesamt 8 Stunden und 50 Minuten, also nur geringfügig weniger als 9 Stunden, gedauert hat. Auch diese Ruhzeit hat der Berufungs­werber aber zu spät begonnen, sodass er innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes keine ausreichende Ruhezeit mehr einlegen konnte. Es ist richtig, dass die Verordnung (EG) 561/2006 den Fahrern bei der Gestaltung der Ruhezeit mehrere Möglichkeiten einräumt, allerdings muss die kürzeste Ruhezeit innerhalb jedes 24-Stunden-Zeitraumes mindestens 9 durchgehende Stunden betragen. Der Berufungswerber hat daher auch diese Übertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Festzuhalten ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Mängeln in der Führung des Schaublattes, beim Überschreiten von Lenkzeiten bzw. Unterschreiten von Ruhezeiten oder dem Nichteinhalten von Lenkpausen zumindest in den Fällen, in denen diese in einem engen zeitlichen Zusammenhang stehen und diese bei zeitlich aufeinanderfolgenden Fahrten verwirklicht werden, von einem Gesamtvorsatz auszugehen ist. Es liegen daher jeweils fortgesetzte Delikte vor, welche im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu jeweils einem Punkt zusammenzufassen waren.

 

Die gegenständlichen Übertretungen bilden sogenannte Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Das Verfahren hat keine Umstände ergeben, welche das Verschulden des Berufungswerbers ausschließen würden, weshalb von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Zum Öffnen des Kontrollgerätes [Punkt 5)]:

 

Der Berufungswerber hat am 19. Juli 2007 zweimal das Kontrollgerät geöffnet und anschließend wieder geschlossen. Die Erstinstanz hat zutreffend festgehalten, dass mit dem Öffnen des Kontrollgerätes die Aufzeichnungen auf dem Schaublatt unterbrochen werden und das Öffnen daher einer Entnahme des Schaublattes gleichkommt. Der Berufungswerber hat daher – materiell gesehen – auch diese Übertretung begangen.

Allerdings ist hier auch ein formeller Aspekt zu berücksichtigen: Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch einer Verwaltungsübertretung die als erwiesen angenommene Tat zu bezeichnen. Dabei ist die Verwaltungsübertretung möglichst konkret zu bezeichnen. Art. 15 Abs.2 zweiter Satz der Verordnung (EWG) 3821/85 verbietet die Entnahme des Schaublattes während der täglichen Arbeitszeit. Ein dieser Bestimmung entsprechender Tatvorwurf hätte daher lauten müssen, dass der Berufungswerber das Schaublatt vor dem Ende der täglichen Arbeitszeit entnommen hat. Das wurde dem Berufungswerber allerdings im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgeworfen. Der von der Erstinstanz gewählte Tatvorwurf, nämlich das Öffnen des Kontrollgerätes, entspricht jedoch nicht dem Art. 15 Abs.2 der Verordnung (EWG) 3821/85. Im Hinblick auf den bereits lange zurückliegenden Tatzeitraum ist der richtige Tatvorwurf – nämlich die Entnahme des Schaublattes – bereits verjährt, sodass in diesem Punkt bereits Verfolgungsverjährung im Sinne des § 45 Abs.1 Z3 VStG eingetreten ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber hat sowohl vom 16. zum 17. Juli 2007 als auch vom 18. zum 19. Juli 2007 jeweils die erforderliche Ruhezeit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes deutlich unterschritten. Zu seinen Gunsten kann berücksichtigt werden, dass er insgesamt – allerdings erst nach Ablauf des 24-Stunden-Zeitraumes – eine ausreichende Ruhezeit eingehalten hat. Strafmildernd ist auch die aktenkundige Unbescholtenheit des Berufungswerbers und die relativ lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Andererseits darf auch der Regelungszweck der gegenständlichen Bestimmungen nicht zur Gänze unberücksichtigt bleiben. Zu kurze bzw. zu spät eingelegte Ruhezeiten führen zwangsläufig dazu, dass die Konzentration abnimmt. Unaufmerksame Kraftfahrer stellen jedoch im Straßenverkehr eine erhebliche Gefahr dar, weshalb der Berufungswerber gegen diesen Schutzzweck der Regelungen – zumindest abstrakt – verstoßen hat.

 

Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 bis zu 5.000 Euro. Die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen schöpfen den Strafrahmen daher ohnedies nur zu 4,4 % aus, was auch unter Berücksichtigung von eher ungünstigen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers durchaus angemessen ist. Die Erstinstanz ist von einem monatlichen Einkommen von 1.000 Euro bei keinen wesentlichen Sorgepflichten ausgegangen, wobei der Berufungswerber dieser Einschätzung nicht widersprochen hat. Auch generalpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Geldstrafen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Bezüglich des Verwendens der Schaublätter über den 24-Stunden-Zeitraum hinaus ist festzuhalten, dass diese Übertretung keinerlei negative Folgen nach sich gezogen hat. Es ist auch von einer bloß fahrlässigen Begehung auszugehen, weshalb die Verhängung einer Geldstrafe nicht notwendig erscheint. Eine Ermahnung ist jedoch erforderlich, um den Berufungswerber in Zukunft auch in diesem Punkt zu einer genaueren Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen anzuhalten.

 


Zu IV.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum