Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240678/5/Ste

Linz, 20.07.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der W S, vertreten durch S, D, S & Partner, A, L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. Juni 2009, GZ 0009270/2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Behörde erster Instanz wird mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Tatbeschreibung im Spruch im Punkt 1 die Wortfolge „‚Einkaufszentrum L“ durch die Wortfolge „‚Einkaufszentrum A T’“ ersetzt wird.

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 60 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. §§ 66 Abs. 4 und 62 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. Juni 2009, GZ 0009270/2009, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge kurz: Bwin) eine Geldstrafe in der Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden) verhängt, weil sie es als Betreiberin und Inhaberin des Cafés „S“ im Einkaufszentrum A in Linz verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, „dass – mangels Veranlassung der gänzlichen Schließung der Glaswand des Cafés zum Einkaufszentrum – für den als ‚Café S’ bezeichneten Bereich des Teils des Raums des öffentlichen Orts ‚Einkaufszentrum L das Personal nicht in geeigneter Weise informiert und nicht angewiesen wurde, RaucherInnen das Rauchen zu verbieten, auf das Rauchverbot nicht hinreichend hingewiesen wurde sowie teilweise Aschenbecher auf Tischen aufgestellt waren und damit nicht Sorge getragen wurde, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste des Cafés“ zu zwei genau genannten Zeitpunkten nicht geraucht wurde.

Sie habe dadurch §§ 13 Abs. 1, 13c Abs. 1 Z. 2, 13c Abs. 2 Z. 3 iVm. § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes verletzt, weswegen sie bestraft wurde.

Begründend führt die Behörde erster Instanz – nach Schilderung des bis dahin durchgeführten Verfahrens und der gesetzlichen Grundlagen – im Wesentlichen an, dass der Sachverhalt aufgrund einer Anzeige eines Zeugen und aufgrund der dienstlichen Wahrnehmung von Organen der Behörde eindeutig erwiesen sei. Der nunmehrigen Bwin sei Fahrlässigkeit vorzuwerfen, ein Schuldentlastungsbeweis sei ihr mit ihrem Vorbringen im bis dahin geführten Verfahren nicht gelungen. Die Begründung schließt mit Erwägungen zur Strafbemessung, wobei die bisherige Unbescholtenheit strafmildernd gewertet wurde.

1.2. Dieses Straferkenntnis wurde der Bwin am 18. Juni 2009 zugestellt. Daraufhin erhob die Bwin durch ihre nunmehrige Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Berufung, das am 1. Juli 2009 – und somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz eingebracht wurde (vgl. § 24 VStG iVm. § 63 Abs. 5 AVG).

Darin wird das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und gerügt, dass die Bwin die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen habe. Zunächst wird vorgebracht, dass der Bescheid schon deswegen aufzuheben sei, weil im Spruch mit „L“ der Tatort falsch bestimmt sei. Die Bwin betreibe im Einkaufszentrum „L“ kein Kaffeehaus. Im Übrigen sei die Begründung des Bescheids mangelhaft, auf die der Bwin erteilte „Ausnahmebewilligung“ sei nicht eingegangen worden, ein Auftrag zur Schließung der Glaswände sei nie ergangen, dies würde auch zu (weiteren) Geschäftseinbußen führen. Für Sie gelten auch die Übergangsbestimmungen des § 18 des Tabakgesetzes, weswegen § 13c Tabakgesetz nicht anzuwenden sei.

Darüber hinaus werden inhaltliche und formelle Mängel des Verfahrens erster Instanz und des auf dessen Basis erlassenen Bescheids erster Instanz sowie die Strafbemessung gerügt.

Abschließend wird im Ergebnis beantragt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, allenfalls nach § 21 VStG vorzugehen, jedenfalls die Geldstrafe erheblich herabzusetzen.

2.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem dort geführten Verwaltungsakt erster Instanz zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

2.2. Keine Partei stellte einen Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung. Von einer Berufungsverhandlung konnte demnach abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51e Abs. 3 Z. 3 VStG).

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

2.4. Das Rechtsmittel ist – wie bereits im Punkt 1.2 dargestellt – rechtzeitig.

2.5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt sowie durch Durchführung eines Augenscheins am vorgeworfenen Tatort am 10. Juli 2009.

2.6. Daraus ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

Die Bwin ist aufgrund eines Mietvertrags Inhaberin des als „Café S“ bezeichneten Bereichs (der Zone) im Einkaufszentrum A. Das Café ist während der Betriebszeiten zum übrigen Teil des Einkaufszentrums (der Passage) hin an der gesamten Breitseite hin offen, weil in dieser Zeit vorhandene Glas-Elemente weggefaltet (Glas-Faltwand) werden. Außerhalb des durch die Glas-Faltwand potenziell abgegrenzten Bereichs (von der Bwin selbst [vgl. die Berufung] und auch hier in weiterer Folge als „innerer Teil“ des Cafés bezeichnet) werden vom Café noch mehrere Tische und Stehtische im unmittelbaren Passagen-Nahbereich mit betreut (in weiterer Folge als „äußerer Teil“ des Betriebs bezeichnet). Aufgrund der bestehenden Öffnung kann Rauch vom inneren in den äußeren Teil dringen.

Am 28. Jänner und am 5. Februar 2009 wurde im inneren Teil des Lokals Café S jeweils von Gästen geraucht. Die Bwin hat zu diesen Zeiten für den inneren Teil keine Maßnahmen zur Einhaltung des Rauchverbots getroffen. Insbesondere hat sie ihr Personal nicht darüber informiert und nicht angewiesen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten und nicht angewiesen, keine Aschenbecher auf den Tischen aufzustellen. Im äußeren Teil hingegen wurde von ihr sehr wohl (insbesondere auch durch die Anbringung von Rauchverbots-Hinweisen) für die Einhaltung des Rauchverbots gesorgt.

Der Bwin verfügt – entsprechend ihren eigenen Angaben (vgl. die Niederschrift über ihre Vernehmung vom 26. März 2009) – über ein monatliches Netto-Einkommen von rund 1.800 Euro, kein sonstiges wesentliches Vermögen und hat keine Sorgepflichten für Dritte.

2.6. Der festgestellte Sachverhalt, der im Übrigen auch von der Bwin nicht bestritten wird, ergibt sich aufgrund der im Akt enthaltenen Urkunden und sonstigen Unterlagen sowie des am 7. Juli 2009 durchgeführten Augenscheins, dessen Ergebnis den Parteien auch im Rahmen des Parteiengehörs mitgeteilt wurde.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. Nr. 431/1995, in der zu den Tatzeitpunkten (im Zeitraum vom 28. Jänner bis 5. Februar 2009) geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaberin gemäß § 13c Abs. 1 Tabakgesetz gegen eine der im § 13c Abs. 2 Tabakgesetz festgelegten Obliegenheiten verstößt. Solche Verwaltungsübertretungen sind mit Geldstrafen bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

Nach § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz hat jede Inhaberin gemäß Abs. 1 insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Orts nicht geraucht wird, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 Tabakgesetz zum Tragen kommt.

Inhaberin nach § 13c Abs. 1 Z. 2 Tabakgesetz ist die Inhaberin eines öffentlichen Raums gemäß § 13 leg. cit.

Nach § 13 Abs. 1 Tabakgesetz gilt – außer in hier nicht anwendbaren Ausnahmefällen – in Räumen öffentlicher Orte Rauchverbot. Als Ausnahme können gemäß § 13 Abs. 2 Tabakgesetz in jenen öffentlichen Orten, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in den mit Rauchverbot belegten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird.

Die Ausnahme des § 13 Abs. 2 Tabakgesetz kommt nur in Betracht, wenn entsprechende (dauernd abgetrennte) Räume bereits vorhanden sind.

Das Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht daher eine (natürliche oder juristische) Person, die als Inhaberin eines Raums eines öffentlichen Orts nicht dafür Sorge trägt, dass in einem solchen Raum – sofern keine gesetzliche Ausnahme besteht – nicht geraucht wird.

3.1.2. Die im Tatbestand verwendeten Begriffe sind zum Teil unbestimmte Gesetzesbegriffe, die der Auslegung bedürfen:

3.1.2.1. Entsprechend dem aus der Einheit der Rechtsordnung zu folgernden Grundsatz der Einheit der Rechtssprache ist bei der Auslegung des Begriffs „Inhaberin“ von jenem Bedeutungsgehalt auszugehen, den die Privatrechtsordnung geprägt hat. Inhaberin ist demnach – entsprechend insbesondere auch § 309 ABGB – diejenige Person, die eine Sache in ihrer Macht oder Gewahrsame hat (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 25. Februar 1993, 92/04/0231). Die Innehabung wird dabei auch als äußere Erscheinung der Herrschaft über den Gegen-stand nach Maßgabe der Verkehrsauffassung verstanden. Ein typisches Beispiel eines Inhabers ist der Mieter einer Sache (vgl. für viele Spielbüchler in Rummel, ABGB, zu § 309, mwN.).

W S ist Mieterin und damit Inhaberin des als Café S bezeichneten Bereichs (der Zone) im Einkaufszentrum A.

3.1.2.2. Öffentlicher Ort ist nach der Legaldefinition des § 1 Z. 11 Tabakgesetz jeder Ort, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann. Nach den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (vgl. die EB zur RV 610 BlgNR, 23. GP, Seiten 3 f und 7 f) umfasst der Begriff beispielsweise auch Einkaufszentren und -passagen.

Das Einkaufszentrum A ist für einen nicht von vornherein beschränkten Personenkreis geöffnet und daher öffentlicher Ort iSd. Tabakgesetzes.

3.1.2.3. Raum iSd. Bestimmungen des Tabakgesetzes ist ein allseits (oben, unten, links, rechts, vorne und hinten – also durch vertikale und horizontale Elemente) abgegrenzter oder umschlossener dreidimensionaler Bereich, Ort oder Platz (vgl. etwa für den Anwendungsbereich der Oö. Bauordnung 1994 das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2000, 2000/05/0081, mwN.).

Das Einkaufszentrum A ist als Teil eines Gebäudes ein allseits umschlossener Bereich (Einkaufspassage mit mehreren Eingängen).

3.1.2.4. Wenn jemandem aufgetragen ist, für etwas Sorge zu tragen (sich zu sorgen), so beinhaltet das nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats eine Bemühungspflicht sowie die Verpflichtung, geeignete Vorkehrungen einschließlich eines wirkungsvollen Kontrollsystems vorzusehen, wobei sich diese Vorkehrungen nicht nur in einmaligen oder gar kurzfristigen Handlungen erschöpfen dürfen, sondern ständig notwendig sind. „Sorge zu tragen“ beinhaltet jedenfalls den nachhaltigen „Versuch“, die Einhaltung der Regeln zu erreichen. Um dem zu entsprechen, hat die Inhaberin ihre Gäste entsprechend zu informieren (hier etwa durch Rauchverbotsschilder auf den Tischen) und, wenn jemand in einem Raum raucht, in dem nicht geraucht werden darf, zunächst die betreffende Person auf das Rauchverbot ausdrücklich hinzuweisen und erforderlichenfalls die Unterlassung des Rauchens einzumahnen, allenfalls auch die Person zum Verlassen des Raums aufzufordern.

Die Bwin hat nach eigenen Angaben ihre Gäste im inneren Teil des Lokals rauchen lassen (vgl. die Niederschrift über ihre Vernehmung vom 26. März 2009). Für diesen Bereich hat sie weiters überhaupt keine Anstrengungen zur weiteren Information der Gäste sowie zur Durchsetzung und Kontrolle der Einhaltung des gesetzlichen Rauchverbots unternommen; insbesondere hat sie das vor Ort befindliche Personal nicht informiert und nicht angewiesen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten sowie keine Aschenbecher auf den Tischen aufzustellen. Sie hat daher überhaupt keine Sorge für die Einhaltung des Rauchverbots für den von ihr zu verantwortenden Bereich getragen.

Im Gegenteil: die Bwin hat auf den Tischen des inneren Teils des Cafés Aschenbecher aufstellen lassen oder aufgestellt. Dies gilt nach allgemeiner Verkehrsauffassung zweifellos als Zeichen dafür, dass an diesen Tischen und in diesem Bereich eines Lokals geraucht werden darf.

3.1.3. Die Bwin hatte – im Ergebnis auch von ihr selbst unbestritten – keine wie immer gearteten Handlungen zur wirkungsvollen Durchsetzung des gesetzlichen Rauchverbots in dem ihrer Verantwortung unterliegendem äußeren Teil als Teil des öffentlichen Raums, den das Einkaufszentrum darstellt, gesetzt.

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts hat die Bwin zweifelsfrei den objektiven Tatbestand verwirklicht.

3.1.4. Die Tat bildet nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung und ist auch nicht nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht, jedenfalls wurde – soweit ersichtlich – weder ein Verfahren bei Gericht, noch ein anderes Verwaltungsstrafverfahren wegen der Tat eingeleitet (vgl. § 30 VStG).

3.1.5. Die Bwin führt in ihrer Berufung ua. ins Treffen, dass sie eine bauliche Abtrennung eines Raucherbereiches angezeigt habe, sodass schon aus diesem Grund eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung ausscheide.

Vorweg ist klarzustellen, dass der Schutzzweck der §§ 12 ff Tabakgesetz der Schutz vor unfreiwilliger Tabakrauchexposition in näher bezeichneten Räumen ist.

Vor diesem Hintergrund kommt die Ausnahmebestimmung des § 13a iVm. § 18 Abs. 6 und 7 Tabakgesetz – auf die die Bwin mit ihrem Vorbringen abzielt –vorliegend deshalb nicht zur Anwendung, weil es sich beim „Café S“ um einen Bereich handelt, der vom übrigen Einkaufzentrum als öffentlichen Ort iSd. § 1 Z 11 Tabakgesetz (jedenfalls während der Betriebszeiten) baulich nicht abgetrennt ist, ja nach eigenen Angaben der Bwin das „gänzliche Schließen der Glaswände […] unmöglich“ ist (vgl. so in der Berufung).

Somit verfügt dieser Gastgewerbebetrieb nicht „nur über einen Raum“ iSd. § 18 Abs. 7 Z 1 Tabakgesetz (die Gesetzesmaterialien sprechen mit Blick auf § 13a Abs. 3 Z 1 Tabakgesetz von „Einraum-Lokalen“, vgl. die EB zu RV 610 BlgNR, 23. GP, Seite 7), sondern er nutzt im Grunde bloß einen (allgemeinen) Teil des Einkaufszentrums zur Erbringung seiner Dienstleistungen mit, ohne selbst einen „eigenen“ Raum zur Verfügung zu haben. Mit anderen Worten: Der in Rede stehende Gastgewerbebetrieb verfügt über keine – von der Gesamtbetriebsanlage des Einkaufszentrums iSd. Zielsetzung des Tabakgesetzes räumlich klar abgrenzbare – Betriebsanlage, dh. der Betrieb umfasst insgesamt keinen allseits umschlossenen selbstständigen Bereich (Raum) iSd. § 18 Abs. 7 Z 1 Tabakgesetz.

Dazu kommt, dass es sich beim „Café S" um eine gegenüber dem Betrieb des Einkaufszentrums untergeordnete Dienstleistungseinrichtung handelt, die mit diesem eine funktionelle Einheit bildet (vgl. dazu § 2 Z 15 Oö. Bautechnikgesetz, § 24 Abs. 1 Oö. Raumordnungsgesetz 1994, § 77 Abs. 5 Gewerbeordnung 1994 sowie Fußnote 4 des Anhangs 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000). Bei derartigen Konstellationen, in denen verschiedene Betriebszwecke zusammen bestehen, ist – auch vor dem Hintergrund des grundsätzlichen Gesetzeszwecks – für das Gesamtobjekt die jeweils strengere Regelung anzuwenden.

Daher findet die begünstigende Bestimmung des § 18 Abs. 6 Tabakgesetz, die eine Ausnahme vom grundsätzlich bestehenden Rauchverbot anordnet, hier keine Anwendung, wobei diese Auslegung der zitierten Ausnahmebestimmung auch nicht ihren grundsätzlichen Anwendungsbereich entzieht (im Übrigen sind Ausnahmebestimmungen schon von ihrer Natur her einschränkend auszulegen; vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 24. Oktober 2008, 2008/02/0257, oder vom 9. September 2008, 2008/06/0087, jeweils mwN.).

Aus demselben Grund liegen sachverhaltsbezogen auch die Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 sowie des § 13a Abs. 3 Tabakgesetz nicht vor.

Dieses Ergebnis steht auch mit dem erkennbaren Regelungszweck des § 18 Abs. 6 Tabakgesetz im Einklang: Für die Übergangszeit soll bei Vorliegen der dort näher umschriebenen Voraussetzungen das Weiterbestehen von „reinen Raucherlokalen“ zeitlich befristet bis 1. Juli 2010 ermöglicht werden, um die Folgen der Einführung des Rauchverbots auf solche Gastgewerbebetriebe zu mildern und um diesen Betrieben Zeit zur Durchführung der notwendigen baulichen Maßnahmen zu geben (vgl. die EB zu RV 610 BlgNR, 23. GP, zu § 18 Abs. 6 und 7, Seite 8). Der Gesetzgeber hatte dabei offensichtlich schon bestehende, bereits in sich abgeschlossene und selbstständige Betriebe des Gastgewerbes vor Augen.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Ausnahmebestimmung sind aufgrund des oben Gesagten nicht entstanden, weil der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes das grundsätzliche Rauchverbot durch das System „Regel – Ausnahme“ an Hand sachlicher Kriterien durchbrochen hat und es sich im Übrigen (bloß) um Übergangsrecht handelt. Selbst wenn man vorliegend von einem „Härtefall“ sprechen wollte, handelte es bei Gastgewerbebetrieben in Einkaufszentren, die in Ermangelung einer baulichen Abtrennung nicht „nur über einen Raum“ verfügen und daher nicht in den Genuss der Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 6 Tabakgesetz kommen, um zahlenmäßig vernachlässigbare, weil atypische und bloß ausnahmsweise auftretende Einzelfälle (vgl. für viele die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 14 703/1996, mwN.).

Schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen ist der hier zu beurteilende Gastgewerbebetrieb nicht mit sogenannten „Einraum-Lokalen“ zu vergleichen. Schließlich ist es dem Einzelnen überlassen, ein solches, entsprechend zu kennzeichnendes „Einraum-Lokal“, in dem Rauchen vorerst noch erlaubt ist, aufzusuchen oder eben nicht. Hingegen hat schon die Anzeige, die letztlich zur Bestrafung der Bwin geführt hat, gezeigt, dass Kundinnen und Kunden des Einkaufszentrums durch die Nichteinhaltung des Rauchverbots belästigt wurden, ohne selbst Gäste im Café S gewesen zu sein. Die Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 6 Tabakgesetz erweist sich daher auch unter diesem Gesichtspunkt – nämlich dem Schutz vor unfreiwilliger Tabakrauchexposition – als gerechtfertigt.

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Ver­schulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat die Bwin initiativ alles darzu­legen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

Die Bwin hat die Tat an sich nicht geleugnet, verantwortet sich aber damit, dass sie das Rauchen zur Vermeidung weiterer Umsatzeinbußen gestattete und auch deswegen, weil ihr die Kosten für Umbaumaßnahmen zu hoch wären; dies obwohl sie über die gesetzlichen Bestimmungen informiert war und ihr klar war, dass „das eine rechtswidrige Situation“ war (vgl. die Niederschrift über ihre Vernehmung vom 26. März 2009). Damit gesteht sie im Ergebnis ein, das Gesetz vorsätzlich verletzt zu haben.

Die Strafbarkeit der Bwin ist daher gegeben.

3.3. Die von der Bwin in der Berufung im Übrigen vorgebrachten Bedenken werden – soweit sie überhaupt Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind – vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt.

3.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Die festgelegte Geldstrafe von 300 Euro ist ohnehin im unteren Bereich angesiedelt (15 % des vorgesehenen Strafrahmens) und damit durchaus milde bemessen, da nach § 14 Abs. 4 Tabakgesetz Geldstrafen bis 2.000 Euro – im Wiederholungsfall bis 10.000 Euro – verhängt werden können. Gerade auch vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Notwendigkeit des Nichtraucherschutzes und der Tatsache, dass im vorliegenden Fall das Verhalten und die Einstellung der Bwin offenbar durch die bewusste In-Kauf-Nahme einer Gesetzesübertretung aus wirtschaftlichen Gründen gekennzeichnet war, ist die Strafhöhe gerechtfertigt.

Zu berücksichtigen ist dabei auch der Gesichtspunkt der „Wirtschaftlichkeit“. Letztlich muss durch entsprechend hohe Strafen verhindert werden, dass es für die Täterin wirtschaftlich attraktiver ist, Strafen in Kauf zu nehmen, als für die Einhaltung des gesetzlichen Rauchverbots zu sorgen oder einen gesetzmäßigen Zustand herbei zu führen (nach eigenen Angaben der Bwin wäre die Abtrennung eines Raucherbereichs iSd. § 13 Abs. 2 Tabakgesetz durchaus „kostspielig“ und wird unter Umständen vor dem Hintergrund der nahen Beendigung ihres Betriebs einen Umbau gar nicht mehr durchführen; vgl. die Niederschrift über ihre Vernehmung vom 26. März 2009).

Im Rahmen der Gesamtabwägung zur Strafhöhe war strafmildernd lediglich zu berücksichtigen, dass es sich um die erste Verwaltungsübertretung der Bwin nach dem Tabakgesetz handelt.

Im Übrigen hat die Bwin auch keine konkreten Gründe vorgebracht, die gegen die Annahmen zur Strafhöhe durch die Behörde erster Instanz sprechen.

Abgesehen davon wären die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd § 34 Abs. 1 Z 10 StGB zu berücksichtigen. Eine solche „drückende Notlage“ wurde von der Bwin auch selbst nicht behauptet und wäre bei der gegebenen Einkommenssituation und der konkreten (geringen) Strafhöhe auch nicht nachvollziehbar. Im Übrigen haben die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse im Zusammenhang mit der Wertung der Milderungs- und Erschwerungsgründe außer Betracht zu bleiben (vgl. z.B. die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs vom 3. November 2005, 2005/15/0106, vom 15. April 2005, 2005/02/0086, und vom 20. September 2000, 2000/03/0074).

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die belangte Behörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

3.5. Aufgrund der demnach jedenfalls berechtigten Höhe der verhängten Strafe und auch aufgrund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen (vgl. bereits Punkt 3.4) kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten der Bwin gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafe gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

3.6. Die vorgenommene Berichtigung des Spruchs stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht. Abgesehen davon, dass sie nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenats eine bloße Berichtigung eines Schreibfehlers oder eine diesem gleichzuhaltenden, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit betrifft (vgl. § 62 Abs. 4 AVG – vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz. 54 ff zu § 62 mwN.), war sie auch zulässig, da bereits mit dem Tatvorwurf in der Aufforderung zur Rechtfertigung der Behörde erster Instanz eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde und der Bwin zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens unmissverständlich klar war, welcher Sachverhalt ihr vorgeworfen wird und sie sich deshalb jeder Zeit in jede Richtung verteidigen konnte und sie dies auch getan hat.

3.7. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass die Bwin nicht in ihren Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

4. Bei diesem Ergebnis war der Bwin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 60 Euro, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

Rechtssatz:

 

VwSen-240678/5 vom 15. Juli 2009

 

gleicher Rechtssatz wie 240668/22

 

 

 

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