Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100274/18/Fra/Ka

Linz, 18.03.1992

VwSen - 100274/18/Fra/Ka Linz, am 18. März 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des K G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. September 1991, A.Z. VU/P/900/91-R, hinsichtlich des Faktums 2 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) nach der am 11. März 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.1 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 400 S (20 % der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 24. September 1991, A.Z. VU/P/900/91 R über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) und 2.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt, weil er am 29. Jänner 1991 um ca. 18.00 Uhr in A, A Bezirksstraße, ca. Straßenkilometer 3,945, 1.) den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt hat und 2.) es als Lenker unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten. Gleichzeitig wurde der Beschuldigte zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren verpflichtet.

Begründend führt die Erstbehörde zum Faktum 2 aus, daß der Beschuldigte in seiner Stellungnahme vom 27. Mai 1991 im Wesentlichen angab, daß es richtig sei, daß er an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Er hätte kurz nach der Unfallstelle in einer Bucht angehalten. Das Fahrzeug des Unfallgegners hätte er nicht sehen können. Ein weiteres Verweilen an der Unfallstelle sei ihm nicht sinnvoll erschienen, da vom Unfallgegner nichts zu sehen war. Er hätte selbst angegeben, erst an einer geeigneten Stelle angehalten zu haben. Der Zeuge M habe jedoch angegeben, der Beschuldigte sei an einer Bushaltestelle kurz stehengeblieben und als er ihm nachgelaufen sei, sei der Beschuldigte vor dem Eintreffen des Zeugen weitergefahren. Aufgrund des durchgeführten Verfahrens sei der ihm zur Last gelegte Tatbestand erwiesen. Das an einem Verkehrsunfall beteiligte Fahrzeug müsse unmittelbar nach Kenntnisnahme am Unfallsort angehalten werden und nicht erst in einiger Entfernung davon § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 sei auch dann verwirklicht, wenn der mit einem Verkehrsunfall in einem ursächlichen Zusammenhang stehende Lenker kurz anhält, dann aber sofort weiterfährt, ohne seinen weiteren Pflichten nach einem Verkehrsunfall nachzukommen.

I.2. In der fristgerecht gegen das o.a. Straferkenntnis eingebrachten Berufung bestreitet der Beschuldigte nicht, daß er an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursächlich beteiligt war, wobei es sich um eine leichte Streifung zwischen seinem PKW und dem Anhänger eines entgegenkommenden PKW's gehandelt habe. Er verweist diesbezüglich auf seine Stellungnahme vom 27. Mai 1991. Er habe auch seinem PKW zum Stillstand gebracht. Aufgrund der ungünstigen Lichtverhältnisse habe er jedoch zunächst an seinen PKW keinen Schaden feststellen können. Das Stehenbleiben des Unfallgegners habe er nicht bemerkt. Dieser sei nämlich unverzüglich nach der Kollision weitergefahren. Im Verfahren des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung sei auch ein Gutachten des KFZ-Sachverständigen M S eingeholt worden. Aus demselben habe sich ergeben, daß einerseits nicht festgestellt werden konnte, welcher Unfallslenker tatsächlich die Fahrbahn überschritten habe und andererseits die geringfügige Berührung keine Bewegungsänderung nach sich zog. Insbesondere habe er einen konkreten Anstoß nicht bemerken können. Er beantrage daher zum Beweise seines Vorbringens, daß er die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht zu verantworten habe, die Einvernahme des gerichtlich beeideten Sachverständigen M S und die Beischaffung des bezirksgerichtlichen Aktes. Im übrigen sei auch die über ihn verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht. Er sei Pensionist und habe lediglich eine geringfügige Pension.

Die über ihn verhängte Geldstrafe sei in keinem Verhältnis zu seinem Einkommen bzw. zu seinen Vermögensverhältnissen. Zusammenfassend beantrage er die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe auf die Hälfte.

I.3. Da hinsichtlich des Faktums 1 (§ 5 Abs.1 StVO 1960) eine 10.000 S übersteigende und hinsichtlich des Faktums 2 (§ 4 Abs.1 lit.a StVO 1960) eine unter 10.000 S liegende Geldstrafe verhängt wurde, ist hinsichtlich des 1. Faktums eine Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates und hinsichtlich des 2. Faktums ein Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidung zuständig (§ 51c VStG). Hinsichtlich des Faktums 1 hat der unabhängige Verwaltungssenat bereits entschieden (siehe Erkenntnis vom 4. Februar 1992, VwSen-100170/13/Fra/Ka).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. März 1992, durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt sowie durch Einsichtnahme in das beantragte Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen M S sowie in den bezirksgerichtlichen Akt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand wird als erwiesen angenommen. Dies ergibt sich einerseits insbesondere aus der Aussage des Zeugen J M und andererseits aus dem Gutachten des Amtssachverständigen Ing. A K zu der Frage, ob der Beschuldigte die bei der gegenständlichen Kollision allenfalls wahrgenommenen Geräusche oder die dabei entstehenden Krafteinwirkungen auch im Wageninneren bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen.

Der Zeuge hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß er mit seinem PKW von Altenberg in Richtung Linz gefahren sei. Er habe gesehen, wie der vor ihm fahrende PKW über die Fahrbahnmitte gekommen sei und etwa in Höhe des Gasthauses Notmühle mit einem entgegenkommenden PKW zusammengestoßen sei. Er sei dann selbst beim Gasthaus Notmühle stehengeblieben und sei dem Lenker, der ebenenfalls ca. 50 m nach der Kollisionsstelle sein Fahrzeug angehalten hat, nachgelaufen. Noch bevor er diesen erreichen konnte, stieg jedoch diese Person wieder in sein Fahrzeug ein und fuhr in Richtung Linz weiter. Er habe ihm zugerufen, daß er einen Unfall verursacht habe und daher stehenbleiben müsse. Dieser zeigte jedoch keine Reaktion. Er notierte sich das Kennzeichen und habe sodann bei der Polizei Linz den Unfall gemeldet.

Der Zeuge machte bei seiner Vernehmung einen anständigen und glaubwürdigen Eindruck. Es besteht keine Veranlassung, diese unter Wahrheitspflicht abgelegte Aussage in Zweifel zu ziehen, zumal sich die Aussage auch inhaltlich mit der am 14. Februar 1991 vor dem Gendarmerieposten A abgelegten Aussage inhaltlich deckt.

Der Amtssachverständige Ing. K hat in seinem Gutachten überzeugend dargelegt, daß der Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit die gegenständliche Kollision mit dem entgegenkommenden Fahrzeug als Anstoßgeräusch und als Stoßreaktion bemerken hätte müssen.

In rechtlicher Hinsicht ist festzustellen, daß aufgrund des oben geschilderten Sachverhaltes zweifellos ein Verkehrsunfall vorlag, an dem der Beschuldigte ursächlich beteiligt war, und der die Verpflichtung im Sinne des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 ausgelöst hat. Der Beschuldigte hat zwar sein Fahrzeug verlassen, jedoch nicht die für die Einleitung der nach § 4 Abs.1 lit.b und c und Abs.5 StVO 1960 vorgesehenen Maßnahmen erforderlichen Schritte, nämlich Prüfung der Folgen des Verkehrsunfalles, gesetzt. Damit ist er nicht dem in § 4 Abs.1 lit.a leg.cit. normierten Gebot nachgekommen, weshalb er den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten hat.

Die Durchführung eines Lokalaugenscheines erwies sich als entbehrlich, zumal der Sachverhalt aufgrund des Verhandlungsergebnisses eindeutig als erwiesen angenommen werden kann, weshalb der diesbezügliche Beweisantrag abgelehnt wird. Auch aus dem Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen M S läßt sich für den Beschuldigten nichts gewinnen, da im Verwaltungsstrafverfahren nicht das Verschulden an dem gegenständlichen Unfall zu klären ist, sondern lediglich der Umstand der ursächlichen Beteiligung an diesem Verkehrsunfall.

Zur Strafbemessung: Die Erstbehörde hat zum gegenständlichen Faktum ausgeführt, keine mildernden oder erschwerenden Umstände gewertet zu haben. Die verhängte Geldstrafe erscheine auch aus präventiven Gründen geeignet, den Beschuldigten in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Übertretung abzuhalten. Mangels Angaben des Beschuldigten zu seinen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen sei ein durchschnittliches Monatseinkommen von 9.000 S, das Nichtvorhandensein von Sorgepflichten sowie Vermögenslosigkeit angenommen worden. Somit hat die Erstbehörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aufgezeigt, daß sie bei der Strafbemessung die Kriterien des § 19 VStG zugrundegelegt hat. Der Einwand des Beschuldigten, daß die über ihn verhängte Geldstrafe in keinem Verhältnis zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen stehe, ist nicht verständlich, zumal die Erstbehörde ohnehin - wie erwähnt - von der Vermögenslosigkeit sowie von einem geringen Einkommen ausgegangen ist. Der Beschuldigte hat es im übrigen unterlassen, seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse bekanntzugeben. Mildernde oder erschwerende Umstände sind weiters im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht hervorgekommen. Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens (500 S bis 30.000 S). Es kann nicht erkannt werden, daß die Erstbehörde den Ermessensspielraum überschritten hätte.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmunge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r