Linz, 28.07.2009
E R K E N N T N I S
I. Der Berufung wird im Punk 1.) keine Folge gegeben; das Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt; im Punkt 2.) wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
II. Dem Berufungswerber werden im Punkt 1.) zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten insgesamt 20 Euro (20% der verhängten Geldstrafen) auferlegt; zu Punkt 2.) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.5 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 20/2009 VStG.
Zu II.: § 64 Abs.1 u. 2 u. § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat über den Berufungswerber mit dem o.a. Straferkenntnis wegen der Übertretung nach § 7 Abs.1 u. § 26 Abs.5 StVO 1960, jeweils iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von je 100 Euro, und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 42 Stunden verhängt, wobei dem Inhalt nach zur Last gelegt wurde, er habe am 07.09.2007 um 12.52 Uhr bis mind. 12.56 Uhr in den Gemeindegebiete von Weibern, Haag im Hausruck und Pram, Bezirk Grieskirchen, auf der Innkreisautobahn A 8 von Strkm 36,169 bis Strkm. 44,310 in Fahrtrichtung Suben, als Lenker des Kraftfahrzeuges der Marke Saab mit dem behördlichen Wechselkennzeichen
1) insoferne nicht so weit rechts gefahren, wie ich dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, indem er ständig den linken Fahrstreifen (Überholspur) dieser Autobahn benutzt habe, obwohl der rechte Fahrstreifen frei war bzw. ein Zufahren zum rechten Fahrstreifen mehrfach ohne Gefährdung und Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer möglich gewesen wäre;
2) habe er auf dieser Fahrt als Straßenbenützer einem herannahenden und gezwungenermaßen unter Verwendung des Blaulichtes und Folgetonhornes nachfahrenden Einsatzfahrzeug nicht Platz gemacht, zumal er auf einer Strecke von 8.141 km auf dem linken Fahrstreifen (Überholspur) verblieben, obwohl der rechte Fahrstreifen mehrfach frei war und ein Wechseln ohne Gefährdung und Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer auf den rechten Fahrstreifen möglich gewesen wäre.
2. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:
Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen."
3. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine Rechtsvertreter wie folgt ausgeführten Berufung:
4. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates wurde damit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung schien vorerst wegen der Bestreitung der zur Last gelegten Übertretungen in Wahrung der iSd Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG). Nach abgesonderter Zeugeneinvernahme der beiden Meldungsleger und der Übermittlung des Videos wurde letztlich nach Kenntnisnahme des Beweisergebnisses seitens des Berufungswerber auf eine Berufungsverhandlung verzichtet (Mitteilung vom 28. Juli 2009).
5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen und durch abgesonderte zeugenschaftlichen Vernehmung des Meldungslegers, RI G, im Einvernehmen mit dem Rechtsvertreter. Von der Berufungsbehörde wurde das über die gesamte Nachfahrt aufgenommene Video gesichtet.
Vorerst wurde für den 3. Juni und schließlich über Vertagungsbitte ein weiterer Verhandlungstermin auf den 22. Juni verschoben. Auch dieser konnte aus beruflichen Gründen vom Berufungswerber persönlich nicht wahrgenommen werden. Letztlich wurde auch der zweite Beamte von der Berufungsbehörde zeugenschaftlich vernommen und des Ergebnis mit dem Beweisvideo dem Berufungswerbervertreter zur Kenntnis gebracht. Letztlich konnte eine Berufungsverhandlung unterbleiben (§51e Abs.5 VStG).
6. Erwiesener Sachverhalt:
Der Berufungswerber lenkte zum o.a. Zeitpunkt seinen Pkw mit einer Fahrgeschwindigkeit überwiegend im Bereich von 120 bis 130 km/h auf der A 8 in Richtung Suben. Dabei benützte er von 12.48 Uhr bis 12.56 Uhr ausschließlich die linke Fahrspur, obwohl bei objektiver Betrachtung einem Umspuren nach rechts mehrfach nichts im Wege gestanden wäre bzw. dies bei sachgerechter Beurteilung der Verkehrslage geboten gewesen wäre. Dieses Faktum wird zuletzt vom Berufungswerber nicht mehr in Abrede gestellt.
6.1. Diese Feststellungen stützen sich vor allem die lückenlose Videoaufzeichnung und die damit in Einklang stehende Zeugenaussagen der Funkstreifebesatzung.
Auf der Wegstrecke von Haag am Hausruck bis nach der Ausfahrt Ried im Innkreis fuhr demnach der Berufungswerber permanent den linken Fahrstreifen wobei seine Fahrgeschwindigkeit überwiegend im Bereich von 130 lag. Immer wieder taten sich für ihn Verkehrslücken auf die ihm ein Umspuren nach rechts ermöglicht hätten. Das nachfahrende Dienstkraftfahrzeug spurte im Gegensatz zum Berufungswerber immer wieder in größere Lücken in bzw. auf die rechte Fahrspur um.
Dieses Fahrverhalten des Berufungswerbers mag umgangssprachlich durchaus als selbstherrlich oder egozentrisch bezeichnet werden.
Damit ist das auf Punkt 1.) bezogene bestreitende Berufungsvorbringen widerlegt.
Während der Zeuge RI G die Nachfahrt mit Blaulicht über die gesamte Strecke in Erinnerung zu haben glaubte, vermeinte der Polizeibeamte B das Blaulicht erst "im Zuge der Anhaltung" in Verwendung gehabt zu haben. In den von den Polizeibeamten vorgelegten Handaufzeichnungen findet sich etwa auch kein Hinweis auf die Blaulichtfahrt, sondern nur die Fahrzeug- u. Lenkerdaten und auch nur der Übertretungstatbestand gemäß § 7 Abs.1 StVO mit der Verantwortung des Berufungswerbers, die ebenfalls nur auf diese Bestimmung Bezug nimmt, festgehalten. Diese Tatsachen unterstützen die Verantwortung des Berufungswerbers betreffend den Punkt 2.) des Straferkenntnisses durchaus nachhaltig. Nicht zuletzt spricht gegen eine Fahrt mit Blaulicht auch das mehrfache Umspuren des Dienstkraftfahrzeuges auf die rechte Fahrspur. Auch in der Anzeige findet kein Vorwurf nach § 26 Abs.5 StVO.
Zu bemerken ist ferner, dass die Meldung in Form einer sogenannten Gendis-Anzeige erst etwa fünf Wochen nach dem Vorfall erstattet wurde, was wiederum zur Anzeigeverfassung aus dem Gedächtnis heraus mit entsprechenden Ungenauigkeiten und Fehlerquellen mit sich brachte.
Auch die Angaben des Zeugen B lassen sich besser mit der Aussage der im erstinstanzlichen Verfahren einvernommenen Beifahrerin (Ehegattin des Berufungswerbers) und dessen Tochter vom 8.10.2008 als mit der Darstellung in Punkt 2.) des Straferkenntnisses in Einklang bringen. Der Zeuge B bezeichnete die Blaulichtfahrt gegenüber der Berufungsbehörde mit einer Länge von zwei Kilometern, wobei "kurze Zeit später" schon das Folgetonhorn eingeschaltet worden sei, was der Berufungswerber dann befolgt habe. Auch dies lässt den Schluss zu, dass der Berufungswerber bereits kurz nach dem Einschalten des Folgetonhorns umspurte, wie auf dem Video die Anhaltung sichtbar ist. Daher ist es durchaus logisch hier nur von einer eher kurzen Blaulichtfahrt und damit von keiner substanzierbaren Behinderung des Einsatzfahrzeuges auszugehen bzw. eine solche vielmehr als eher unwahrscheinlich anzunehmen.
Im Videomaterial ist die Verwendung des Blaulichtes naturgemäß nicht ersichtlich, wobei es dem Berufungswerber nicht zugesonnen werden will, dass er über mehr als acht Kilometer das Einsatzfahrzeug tatsächlich willkürlich am Überholen hätte behindern wollen bzw. das Blaulicht die ganze Zeit über schlichtweg zu ignorieren bereit gewesen wäre.
Es war daher jedenfalls im Zweifel dem Berufungswerber in seiner Verantwortung zu folgen, dass er dem Punkt 2.) nicht zu verantworten hat.
7. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Die Fahrgeschwindigkeit war durch Verordnung mit 100 km/h (52a Z10a StVO) festgelegt.
Nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 728 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, Abs.1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.......
Nach § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. .......
Bei der Auslegung des Rechtsfahrgebotes ist die Fahrgeschwindigkeit und das herrschende Verkehrsumfeld an sich in Beziehung zu setzen, wobei unter dem gesetzlich normierten Gebot auch die "Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, sowie auch die Fahrgeschwindigkeit mit einzubeziehen ist.
Dies bedeutet aber für den konkreten Fall sehr wohl, dass ein permanentes Linksfahren innerhalb einer Wegstrecke von zumindest acht Kilometer, selbst wenn dies überwiegend mit der maximal erlaubten Fahrgeschwindigkeit geschah, selbst wenn sich auf dem rechten Fahrstreifen reger Verkehr herrschte, sich aber auch größeren Lücken ergeben haben, als Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot zu qualifizieren ist.
Diesbezüglich wird auf den Aufsatz von Terlitza über Richtiges Fahrverhalten im Straßenverkehr, ZVR 1981, 227, der durchaus weittragende Ansätze von Verkehrsproblemen anspricht, deren Lösung er im Ergebnis vielfach in der Vernunft jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers erblickt, verwiesen.
6.3.1. Der Verfahrensgrundsatz betreffend die von Amtswegen voran zu treibenden Beweiserhebung (§ 24 VStG iVm § 39 Abs.2 AVG, § 25 Abs.1 VStG), befreit die Partei nicht von ihrer Verpflichtung zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen, wobei diese Mitwirkungspflicht auch den Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren trifft. So löst etwa das bloße globale Bestreiten des Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem durch eine Meldung eines Sicherheitswachebeamten eingeleiteten Verfahren grundsätzlich keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutete dies selbst dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).
Letztlich verzichtete hier der Berufungswerber auf die unmittelbare Beweisaufnahme im Rahmen einer in seinem Beisein abzuführenden Berufungsverhandlung.
Im Punkt 2.) war demnach nach sorgfältiger und objektiven Würdigung der Beweislage das Verwaltungsstrafverfahren auf § 45 Abs.1 Z1 VStG gestützt einzustellen.
8. Zur Strafzumessung:
Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
8.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung, ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Mit Blick auf diese Grundsätze kann unter Hinweis auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen in Verbindung mit einem durchaus als überdurchschnittlich anzunehmende Einkommen des Berufungswerbers, allenfalls einer Sorgepflicht für die Gattin, der mit 100 Euro bemessenen Geldstrafe nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.
Nach § 21 Abs.1 VStG könnte die Behörde nur dann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Von keinem dieser gesetzlichen Voraussetzungen kann hier ausgegangen werden.
Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss ‑ von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen ‑ jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220,00 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r