Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281088/37/Py/Ba

Linz, 30.07.2009

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn H O, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K, Mag. H, M, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. März 2008, Ge96-73-2007-Do, wegen Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20. Mai 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. März 2008, Ge96-73-2007-Do, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 35 Abs.1 Z 5 und Abs.3 Z 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF iVm § 130 Abs.1 Z 16 ASchG eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma 'F O Gesellschaft m.b.H.' (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN), unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma 'F O GmbH. & Co' (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter FN), mit Sitz in G, L, und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 Abs. 2 VStG 1991 idgF.) und Arbeitgeber zu verantworten, dass im Zuge einer am 22. März 2007 von einem Organ des Arbeitsinspektorates S im Beisein des Betriebsleiters Herr M

 

auf der Baustelle H-O, S,

durchgeführten Unfallerhebung festgestellt wurde, dass die gesetzlichen Bestimmungen der Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht erfüllt waren.

 

Am 21. März 2007 um 8.00 Uhr arbeiteten A J, B O, Z J und B M, sämtlich Monteure der Firma O, im Bereich der Halle 4 am Bau einer Entladestation.

 

Dabei wurde ein Rahmen aus Stahlträgern, ca. 8m mal 2m, ca. 600 kg schwer, mit insgesamt 4 Spanngurten (Belastung je Gurt bis 1500 kg) umschlungen und jeweils 2 Enden der Spanngurte in den Haken der Anschlagkette (Belastung bis 4500 kg auf 45° Neigung) des Hallenkrans gelegt. Die Spanngurte wurden von Partieführer A am Kranhaken befestigt.

 

Anschließend steuerte A mit Fernbedienung den Hallenkran. Der Stahlrahmen wurde ca. 20 bis 30 cm angehoben und von den drei übrigen Arbeitern in der Halle ausgerichtet. Aufgrund einer defekten Hakenmaulsicherung an einem der beiden Kettenhaken der Anschlagkette rutschte ein Spanngurt aus dem Haken, der Stahlträger ging auf einer Ecke zu Boden und B auf den linken Fuß, obwohl gemäß § 35 Abs. 1 Z. 5 ASchG Arbeitsmittel nicht benutzt werden dürfen, wenn Beschädigungen festzustellen sind, die die Sicherheit beeinträchtigen können, oder die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionstüchtig sind und gemäß § 35 Abs. 3 Z. 1 ASchG Arbeitgeber durch entsprechende Informationen, Anweisungen und sonstige geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen haben, dass Arbeitnehmer vor Benutzung der Arbeitsmittel prüfen, ob diese offenkundige Mängel aufweisen.

Bei der gegenständlichen Anschlagkette handelt es sich um ein sogenanntes Arbeitsmittel im Sinne des oben zitierten Gesetzes;

Die Hakenmaulsicherung stellt eine Sicherheitseinrichtung dar."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass der bloße Auftrag an eine Fremdfirma die Arbeitsmittel auf ihre Funktionsfähigkeit hin zu überprüfen, ohne dies auch mit einem Kontrollsystem nachvollziehbar überprüfen zu können, nicht ausreiche, um den Bw von dem im Spruch genannten Schuldvorwurf zu entlasten.

 

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, dass als straferschwerend gewertet werde, dass bereits Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz vorliegen, Milderungsgründe hätten nicht festgestellt werden können.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 22. April 2008.

 

Darin führt der Bw aus, dass der Spruch der Erstbehörde nicht den Bestimmtheitserfordernissen des § 44a VStG entspreche. Weiters habe die erkennende Behörde ihren Bescheid nicht hinreichend begründet und bestehe darin ein wesentlicher Verfahrensmangel. Die belangte Behörde habe gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheit verstoßen, da sie den Bw nicht aufgetragen habe, die in der Begründung des Straferkenntnisses angeführten Unterlagen und Belege vorzulegen. Auch sei dem Bw nicht aufgetragen worden, den für die gegenständliche Baustelle zuständigen Baupolier bekannt zu geben, damit auch dieser hinsichtlich der ergangenen Unterweisungen einvernommen hätte werden können. Zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes  wäre die Einvernahme zusätzlicher Zeugen erforderlich gewesen, was aber gegenständlich unterblieben sei und damit einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle. Weiter sei das gegenständliche Straferkenntnis nicht unterfertigt und bereits aus diesem Grund als nichtig anzusehen.

 

Inhaltlich führt der Bw aus, dass aus den Aussagen des Zeugen DI M das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Kontrollsystems für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften hervorgehe. Den Bw treffe daher kein Verschulden an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung und habe dieser glaubhaft dargelegt, dass im Unternehmen ein Kontrollsystem eingerichtet ist.

 

3. Mit Schreiben vom 14. Mai 2008 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51 VStG).

 

3.1. Zum Berufungsvorbringen, wonach das gegenständliche Straferkenntnis mangels Unterschrift als nichtig anzusehen ist, ist auf die Übergangsbestimmung des § 82a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I 2008/5, zu verweisen, mit dem der Übergangzeitraum für die breitflächige Anwendung der elektronischen Signatur zur Fertigung von Erledigungen über den 31. Dezember 2007 hinaus verlängert wurde. Gemäß § 82a AVG bedürfen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2010 schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen keiner Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur. Wie dem erstbehördlichen Verfahrensakt zu entnehmen ist, weist der im Akt einliegende Bescheidentwurf die Unterschrift des Genehmigenden auf. Schon aus der Art und Form, in der das Schriftstück ausgedruckt wurde, wie auch aus der aus dem Schriftstück ersichtlichen DVR-Nummer ist erkennbar, dass diese Erledigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung hergestellt wurde (vgl. VwGH 21.11.2005, Zl. 2002/10/0232, 31.3.2004, Zl. 2000/13/0073). Die Behauptung, es liege kein Bescheid vor, trifft somit nicht zu. Gemäß § 82a AVG in der zum Zeitpunkt der Erledigung geltenden Fassung ist für diese weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung oder Amtssignatur erforderlich.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteineinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am
20. Mai 2009. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw, eine Vertreterin der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates S als Parteien teil. Als Zeugen wurden die Arbeitnehmer J Z und O B sowie der Arbeitsinspektor Ing. P S einvernommen. Die ebenfalls als Zeugen zur Verhandlung geladenen Mitarbeiter im vom Bw vertretenen Unternehmen DI W P, J A und M B sind zur Verhandlung nicht erschienen, nachdem der Rechtsvertreter des Bw der Verhandlungsleiterin telefonisch angekündigt hatte, dass die Teilnahme der geladenen Arbeitnehmer als Zeugen voraussichtlich nicht möglich ist, da sie in dieser Anzahl im Unternehmen nicht entbehrlich sind. Auf ihre Einvernahme wurde vom Rechtsvertreter des Bw in der mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F O GmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der Firma F O GmbH & Co. mit Sitz in  G, L, ist.

 

Am 21. März 2007 um 8.00 Uhr arbeiteten die Arbeitnehmer des vom Bw vertretenen Unternehmens J A, O B, J Z und M B auf der Baustelle  H-O, S, im Bereich der Halle 4 am Bau einer Entladestation. Dabei wurde ein Rahmen aus Stahlträgern, Maße ca. 8 m mal 2 m, Gewicht ca. 600 kg, mit insgesamt vier Spanngurten (Belastung je Gurt bis 1500 kg) umschlungen und jeweils zwei Enden der Spanngurte in die Haken der Anschlagketten (Belastung bis 4500 kg auf 45o Neigung) des Hallenkrans gelegt. Die Spanngurte wurden von Herrn J A am Kranhaken befestigt. Einer der Haken wies einen erkennbaren Defekt an der Hakenmaulsicherung auf. Herr A steuerte anschließend mit der Fernbedienung den Hallenkran. Der Stahlrahmen wurde ca. 20 bis 30 cm angehoben und von den drei übrigen Arbeitern in der Halle ausgerichtet. Aufgrund des Defekts an der Hakenmaulsicherung rutschte ein Spanngurt aus dem Haken. Dadurch ging der Rahmen aus Stahlträgern auf einer Ecke zu Boden und stürzte Herrn O B auf den linken Fuß. Dieser zog sich dadurch einen Trümmerbruch am linken Vorfuß sowie einen Bänderriss zu und ist nach wie vor aufgrund des Unfalls etwa bei Sport in seiner Bewegung eingeschränkt.

 

Im vom Bw vertretenen Unternehmen wurde nicht durch entsprechende Informationen, Anweisungen und sonstige geeignete Maßnahmen dafür gesorgt, dass Arbeitnehmer vor Benützung der Arbeitsmittel prüfen, ob diese offenkundige Mängel aufweisen.

 

4.2. Diese Feststellungen stützen sich auf den vorliegenden Verwaltungsstrafakt sowie die schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen und die in der Berufungsver­handlung vorgelegte Strafanzeige der Polizeiinspektion H vom 8. Mai 2007 mit den darin einliegenden Niederschriften und Fotoaufnahmen.

 

Sowohl der Arbeitsinspektor, der nach dem Vorfall die gegenständliche Unfall­erhebung durchführte, als auch die beiden Zeugen O B und J Z gaben übereinstimmend an, dass aufgrund der vorliegenden Unfallfotos der Defekt an der Hakenmaulsicherung offensichtlich erkennbar gewesen ist.

 

Die beiden im vom Bw vertretenen Unternehmen tätigen Arbeitnehmer Z und B brachten in ihren Zeugenaussagen übereinstimmend zum Ausdruck, dass im Unternehmen des Bw keine entsprechenden Anweisungen bestanden, wonach Arbeitsmittel vor deren Benützung auf offenkundige Mängel zu überprüfen sind. Auch konnte vom Bw nicht nachvoll­ziehbar dargelegt werden, durch welche organisatorischen Maßnahmen im Unternehmen die Einhaltung der Arbeitnehmerschutz­vorschriften sichergestellt wird. Der Bw blieb insbesondere auch den Nachweis darüber schuldigt, wann, wie oft und auf welche Weise Kontrollen vorgenommen werden und durch welche Maßnahmen im Fall von eigenmächtigen Handlungen von Mitarbeitern die Einhaltung der Vorschriften sichergestellt wird.

 

5. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 35 Abs.1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF haben Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass bei der Benützung von Arbeits­mitteln folgende Grundsätze eingehalten werden:

 

1.     Arbeitsmittel dürfen nur für Arbeitsvorgänge und unter Bedingungen benützt werden, für die sie geeignet sind und für die sie nach den Angaben der Hersteller oder In-Verkehr-Bringer vorgesehen sind.

2.     Bei der Benützung von Arbeitsmitteln sind die für sie geltenden Bedienungsanleitungen der Hersteller oder In-Verkehr-Bringer sowie die für sie geltenden elektrotechnischen Vorschriften einzuhalten.

3.     Arbeitsmittel dürfen nur mit den für die verschiedenen Verwendungszwecke vorgesehenen Schutz- und Sicherheitseinrichtungen benützt werden.

4.     Die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen sind bestimmungsgemäß zu verwenden und

5.     Arbeitsmittel dürfen nicht benützt werden, wenn Beschädigungen festzustellen sind, die die Sicherheit beeinträchtigen können, oder die Schutz- und Sicherheitseinrichtungen nicht funktionsfähig sind.

 

Gemäß § 35 Abs.3 Z 1 ASchG haben Arbeitgeber durch entsprechende Informationen, Anweisungen und sonstige geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer vor Benutzung der Arbeitsmittel prüfen, ob diese offenkundige Mängel aufweisen.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z 6 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 bis 7.260, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die durchzuführenden Schutzmaßnahmen nicht festlegt oder nicht für deren Einhaltung sorgt.

 

5.2. Vom Bw wird nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma F O GmbH, die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma F O GmbH & Co. ist, für die Einhaltung der Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist.

 

Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes ist der objektive Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten. Es kommt bei einer Übertretung gemäß § 35 Abs.1 Z 5 ASchG nicht darauf an, dass eine Beschädigung in concreto unfallkausal ist, sondern lediglich darauf, dass feststellbare Beschädigungen die Sicherheit beeinträchtigen können, somit eine abstrakte Gefahr darstellen. Das offensichtliche Vorliegen einer defekten Hakenmaulsicherung, die dafür Sorge zu tragen hat, dass der am Haken befestigte Gurt sich nicht selbstständig aus dem Haken löst und somit ein sicheres Anschlagen der Last gewährleistet ist, ist aufgrund der vorgelegten Fotoaufnahmen und der Zeugenaussagen in der Berufungsverhandlung unmittelbar einsichtig. Dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ist auch zu entnehmen, dass es sich dabei um eine offensichtliche Beschädigung an einem Sicherungselement des verwendeten Arbeitsmittel gehandelt hat, wodurch eine Beeinträchtigung der Sicherheit des verwendeten Arbeitsmittel verbunden ist. Die Aussagen der Zeugen Z und B haben auch eindeutig ergeben, dass im Unternehmen des Bw keine Informationen, Anweisungen oder sonstige geeignete Maßnahmen bestanden, die dafür Sorge getragen haben, dass die Arbeitnehmer vor Benutzung der Arbeitsmittel prüfen, ob diese offenkundige Mängel aufweisen. Dies geht sowohl aus der Aussage des Zeugen O B hervor, der zum Unfallzeitpunkt bereits vier Monate im Unternehmen tätig gewesen ist, ohne in dieser Zeit entsprechende Anweisungen oder Schulungen erhalten zu haben, sowie auch aus der Aussage des Zeugen J Z, der selbst angab, er wisse nicht genau, was zu tun ist, wenn man erkenne, dass ein verwendetes Arbeitsmittel einen Defekt aufweist.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens macht der Bw geltend, dass ein wirksames Kontrollsystem zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften vorgelegen sei.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, ist für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems darzulegen (VwGH vom 9.9.2005, Zl. 2005/02/0018). Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Allerdings kann der Bw den ihm nach § 5 Abs.1 VStG obliegenden Entlastungsbeweis nicht allein dadurch erbringen, dass er die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 13.12.1990, 90/09/0141 ua.). Es ist Aufgabe des Unternehmers, konkret in jedem Einzelfalls darzulegen, wie es trotz angeblich erfolgten Unterweisungen zu den Verstößen kommen konnte, insbesondere bedarf ein wirksames Kontrollsystem der Überwachung der erteilten Weisungen auf ihre Befolgung (vgl. VwGH vom 30.1.1996, 93/11/0088 mit Vorjudikatur). Das Kontrollsystem hat auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Mitarbeitern gegen die einschlägigen Vorschriften Platz zu greifen (VwGH vom 23.7.2004, 2004/02/0002 ua.). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus.

 

Im vorliegenden Verfahren konnte vom Bw nicht dargelegt werden, durch welche konkreten, an seine Mitarbeiter gerichteten Anweisungen für die Einhaltung der Bestimmungen der Arbeitnehmerschutzvorschriften Sorge getragen wurde und wie die Einhaltung dieser Anweisungen überprüft wurde. Es ist nicht Aufgabe der Behörde, Anleitungen zu geben, wie ein funktionierendes Kontrollsystem aussehen müsste. Die Behörde hat lediglich zu überprüfen, ob das behauptete Kontrollsystem ausreichend gestaltet ist, um mangelndes Verschulden darzulegen (vgl. VwGH vom 20.4.2004, 2003/02/0243); insbesondere obliegt es nicht der Behörde, von Amts wegen diesbezügliche Ermittlungen vorzunehmen (VwGH vom 17.6.2004, 2002/03/0200). Im vorliegenden Verfahren wurde vom Bw zwar das Vorliegen eines entsprechenden Kontrollsystems behauptet, konkrete Angaben, die für die Einhaltung der an die Mitarbeiter gerichteten Anweisungen Sorge getragen wurde, blieb der Bw jedoch ebenso schuldig, wie den Nachweis darüber, in welcher Form er für die Vermeidung von eigenmächtigen Handlungen der Arbeitnehmer Vorsorge getroffen hat.  Indem der Bw das Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems nicht darlegen konnte, ist es ihm nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft.

 

Welche Maßnahmen ("betriebsorganisatorische Vorkehrungen") ein Arbeitgeber setzt, um die Nichtbenützung von Arbeitsmitteln mit funktionsunfähiger Schutz- und Sicherheitseinrichtung sicherzustellen, unterliegt der Dispositionsfreiheit des Arbeitgebers, das Gesetz stellt dafür keine Regeln auf. Die Behörde hat im Einzelfall nur zu beurteilen, ob die Maßnahmen, die der Arbeitgeber behauptet, getroffen zu haben, zur Erreichung des genannten Zieles tauglich sind.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht darauf hingewiesen, dass durch die dem Bw zur Last gelegte Tat eine erhöhte Gefährdung von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer hervorgerufen wurde. Zudem ist der Bw verwaltungsstrafrechtlich nicht unbescholten.

 

Als mildernd ist die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Als erschwerend ist jedoch zu werten, dass es durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu einer nicht unerheblichen Verletzung des Arbeitnehmers gekommen ist, die diesen offensichtlich nach wie vor in seinen Lebensabläufen einschränkt. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint daher die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe angemessen und gerechtfertigt, um den Bw künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. An eine Anwendung des § 20 VStG war ebenso wenig wie an ein Vorgehen nach § 21 VStG in Betracht zu ziehen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorlagen.

 

7. Da der Berufung keine Folge gegeben wurde, ist gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat im Ausmaß von 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

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