Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252191/2/Gf/Mu/Bu

Linz, 04.08.2009

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des K und des R F, beide vertreten durch RA Dr. J W, P. , 9... V, gegen die Straferkenntnisse des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. Jänner 2009, GZ 23120/2008, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes zu Recht erkannt:

I.     Den Berufungen wird stattgegeben; die angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren werden eingestellt.

II.   Die Berufungswerber haben weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit jeweils auf ihren Namen lautenden, ansonsten jedoch inhaltsgleichen, allerdings getrennt zugestellten Straferkenntnissen des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 14. Jänner 2009, GZ 23120/2008, wurde über die Rechtsmittelwerber jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 56 Stunden) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführer einer GmbH zu verantworten hätten, dass von dieser am 7. Mai 2008 eine Person als Produktpräsentatorin beschäftigt gewesen sei, ohne dass diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenver­sicherungsträger zur Pflichtver­sicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden sei. Dadurch hätten sie eine Übertretung des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb sie nach § 111 ASVG zu bestrafen gewesen seien.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihnen zur Last gelegte Sachverhalt von einem Organ des zuständigen Finanzamtes im Zuge einer Kontrolle festgestellt worden sowie auf Grund der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit jeweils als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; mangels entsprechender Mitwirkung seien ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen diese ihnen am 6. Februar 2009 bzw. am 19. Februar 2009 zugestellten Straferkenntnisse richten sich die vorliegenden, am 20. Februar 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufungen.

Darin bringen die Beschwerdeführer übereinstimmend vor, dass nach der unternehmensinternen Zuständigkeitsaufteilung – die der belangten Behörde im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben worden sei –  nicht die Rechtsmittelwerber selbst, sondern ein Prokurist der GmbH für die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich (gewesen) sei. Außerdem sie die Werbepräsentatorin nicht als Angestellte, sondern auf Grund eines Werkvertrages, der ebenfalls vorgelegt wurde, tätig geworden. Dass diese Präsentatorin unstrittig nicht über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügte, berechtige hingegen die Erstbehörde noch nicht zu dem Schluss, dass kein Werkvertrag, sondern vielmehr ein Dienstverhältnis vorgelegen sein müsse.

Daher wird die Aufhebung der angefochtenen Straferkenntnisse und die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 23120/2008; da sich bereits aus
diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit den angefochtenen Straferkenntnissen eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist nach § 111 Abs. 2 ASVG mit einer Geld­strafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der als Dienstgeber eine von ihm beschäftigte, in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet.

3.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Prokurist nicht als außenvertretungsbefugtes Organ einer GmbH anzusehen; soweit er darüber hinaus jedoch gemäß § 9 Abs. 2 VStG zum verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen bestellt wurde, müsste ein dementsprechender, aus der Zeit vor der Tatbegehung stammender Nachweis bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens bei der Erstbehörde eingelangt sein, um eine entsprechende Rechtswirksamkeit entfalten zu können (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, S. 1282 und 1289).

Da die von den Rechtsmittelwerbern vorgelegte Bestellungsurkunde jedoch erst vom 20. Februar 2009 – und somit aus der Zeit nach der Tatbegehung (7. Mai 2008) – stammt, vermag diese sohin (ungeachtet der Frage, ob diese inhaltlich überhaupt den Anforderungen des § 9 Abs. 4 VStG entspricht) hier keine wirksame Bestellung eines verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen zu belegen.

Die persönliche Verantwortlichkeit der Beschwerdeführer ist somit im vorliegenden Fall grundsätzlich gegeben.

3.3. Allerdings folgt aus dem zwischen den Rechtsmittelwerbern und der Werbepräsentatorin abgeschlossenen Vertrag, dass es sich hiebei tatsächlich nicht um einen Dienstvertrag, sondern um einen Werkvertrag handelte.

Denn in diesem ist u.a. explizit vorgesehen, dass die Werkunternehmerin die Werbemaßnahmen eigenverantwortlich und selbständig durchzuführen hatte, dass sie hiebei an keine fixe Zeiten gebunden war (sondern die Werbemaßnahmen lediglich im Zeitraum zwischen dem 7. und 9. Mai 2008 in einem Großmarkt in Linz durchzuführen hatte), dass sie hiefür ein Pauschalentgelt von 80 Euro pro Tag erhielt und dass sie sämtliche aus der Durchführung des Auftrages entstehenden Kosten ebenso wie alle anfallenden Steuern (insbesondere Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Gewerbesteuer) selbst zu tragen hatte.

Dass sich dies tatsächlich nicht so verhalten hätte, insbesondere, dass anstelle eines Werkvertrages vielmehr de facto ein Dienstverhältnis vorlag, lässt sich aber im vorliegenden Fall weder aus der Anzeige des Finanzamtes Rohrbach vom 19. Mai 2008, GZ 46/74097/4/2008, (die sich mit diesem Aspekt überhaupt nicht auseinandersetzt) noch sonst anhand der Ergebnisse des erstbehördlichen Ermittlungsverfahrens nachvollziehen. Insbesondere wurde dieser Darstellung der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde im Zuge der Berufungs- und Aktenvorlage nicht widersprochen und allein aus dem Nichtvorliegen einer allenfalls erforderlichen gewerberechtlichen Bewilligung kann nicht auf das tatsächliche Nichtbestehen eines Werkvertrages geschlossen werden.

Damit ist aber im Ergebnis davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall kein Dienstverhältnis gegeben war.

3.4. Da es somit in der Folge auch an der Dienstgebereigenschaft der beiden Rechtsmittelwerber und sohin am Vorliegen eines essentiellen Tatbestandsmerkmals i.S.d. § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG mangelte, war daher den gegenständlichen Berufungen gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG mit der Wirkung stattzugeben, dass die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben und die Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen waren.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war den Beschwerdeführern gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252191/2/Gf/Mu/Bu vom 3. August 2009:

 

§ 33 ASVG; § 111 ASVG

 

Aufhebung des Straferkenntnisses wegen Nichtvorliegen der Dienstgebereigenschaft bzw. wegen fehlender Ermittlungsergebnisse dahin, dass tatsächlich kein Werkvertrag (als selbständige Werbepräsentatorin), sondern vielmehr ein Dienstvertrag vorlag.

 

 

 

 

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