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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100280/16/Sch/Ka

Linz, 08.09.1992

VwSen - 100280/16/Sch/Ka Linz, am 8. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des S K vom 10. Dezember 1991 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. November 1991, VU/S/1070/91 W, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG. zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 22. November 1991, VU/S/1070/91 W, über Herrn S K, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 11 Abs.1 StVO 1960, 2.) § 4 Abs.5 StVO 1960 und 3.) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S, 2.) 2.000 S und 3.) 3.000 S sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) einem Tag, 2.) drei Tagen und 3.) vier Tagen verhängt, weil er am 13. März 1991 um 11.30 Uhr in L, vor dem Haus Nr., stadteinwärts, 1.) als Lenker des PKW's mit dem Kennzeichen den Fahrstreifen vom rechten auf dem linken Fahrstreifen gewechselt hat, ohne sich vorher zu überzeugen, ob dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich war. 2.) Weiters hat er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten unterblieben ist. 3.) Hat er als Lenker des PKW's mit dem Kennzeichen S 920 AV, somit als Person, deren Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt, indem er noch vor dem Eintreffen der Polizei mit seinem Kraftfahrzeug die Stelle (Tankstelle in der Mstraße, nach der Kreuzung Wstraße/Bplatz) verlassen hat, an der der am Verkehrsunfall mit Sachschaden zweitbeteiligte Lenker das Einschreiten eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausdrücklich verlangt hat.

Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 600 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Mitglied zu entscheiden.

Am 2. September 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Da vom Berufungswerber sowohl im erstbehördlichen Verfahren als auch in der Berufungsschrift bestritten wurde, die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen zu haben, kam der Frage besondere Bedeutung zu, ob zweifelsfrei von der Täterschaft des Berufungswerbers ausgegangen werden konnte. Es war also zu klären, ob der Berufungswerber mit jenem Fahrzeuglenker identisch war, der die Übertretung des § 11 Abs.1 StVO 1960 begangen und hiedurch den Verkehrsunfall verursacht hat. Außer Streit wurde im Rahmen des Berufungsverfahrens gestellt, daß der Berufungswerber der Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen S 920 AV zur Tatzeit am Tatort war. Auch blieb unbestritten, daß der Zeuge D und der Berufungswerber im Bereich der "ÖMV Tankstelle" B einen Wortwechsel gehabt haben, bei welchem der Berufungswerber auf Schäden am Fahrzeug des Zeugen aufmerksam gemacht wurde, die vom Zeugen auf das angebliche Fehlverhalten des Berufungswerbers zurückgeführt wurden. Zur Klärung der eingangs angeführten strittigen Frage kommt den Angaben des Zeugen V D im Hinblick auf Marke und Farbe des angeblich vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges wesentliche Bedeutung zu. Das unfallbeteiligte Fahrzeug wurde vom Zeugen im Rahmen der am 2. September 1992 abgeführten mündlichen Berufungsverhandlung als "roter Toyota" bezeichnet. Tatsächlich wurde vom Berufungswerber jedoch zur Tatzeit am Tatort ein PKW der Marke Citroen XMD mit der Farbe "grau-metallic" gelenkt. Diese Angaben des Berufungswerbers sind durch die Ausführungen in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Verkehrsunfallkommando, vom 13. März 1991 untermauert, sodaß sie als gegeben angenommen werden können. Es kann daher das Vorbringen des Berufungswerbers, nämlich daß er zwar der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei, der aufgrund entsprechener Blinkzeichen des Zeugen V D letztlich angehalten und sich mit diesem auseinandergesetzt hat, nicht aber jener Fahrzeuglenker, der den Verkehrsunfall verursacht hat, nicht widerlegt werden. Das gleiche gilt für die Behauptung des Berufungswerbers, nachdem ganz offensichtlich dem Zeugen das Ablesen des Kennzeichens erst nach der Anhaltung möglich war, er fälschlicherweise den Schluß gezogen hat, beim Fahrzeug des Berufungswerbers habe es sich um das Tatfahrzeug gehandelt.

Eine solche Diskrepanz zwischen Marke und Farbe des Fahrzeuges kann im Rahmen der Beweiswürdigung nicht zum Nachteil des Berufungswerbers gewertet bzw. ignoriert werden.

In diesem Zusammenhang wurde neuerlich im Rahmen des Berufungsverfahrens die Erfahrung gemacht, daß für die Feststellung des Sachverhaltes und damit für die Wahrheitsfindung ein entsprechend präzises und die wesentlichen Fragen behandelndes erstbehördliches Verwaltungsstrafverfahren oftmals unentbehrlich ist. Im erstbehördlichen Verfahren wurde der Zeuge V D nicht nach Marke und Type des zweitbeteiligten Unfallfahrzeuges befragt. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, daß solche Fragestellungen aufgrund des geringeren zeitlichen Zusammenhanges mit der Tat zu einem zweckdienlichen Ergebnis führen, wovon im Berufungsverfahren oft nicht die Rede sein kann. Im vorliegenden Fall war zur konkreten Frage nicht einmal der Vorhalt einer entsprechenden Zeugenaussage an den Zeugen im Rahmen des § 51i VStG, möglich. Obwohl schon aus den im Rahmen der Anzeige der Sicherheitswache vom 13. März 1991 eingeholten Angaben des Berufungswerbers ersichtlich war, daß die Abführung eines Verwaltungsstrafverfahrens erforderlich sein würde, hat die Erstbehörde vorerst eine Strafverfügung erlassen und auch dadurch einen entsprechenden Zeitablauf vor Aufnahme des Beweisverfahrens in Kauf genommen. Abgesehen davon, muß es als zweifelhaft angesehen werden, ob im konkreten Fall überhaupt die Voraussetzungen für die Erlassung einer Strafverfügung im Sinne des § 47 Abs.1 VStG vorlagen.

Es kann somit zusammenfassend festgestellt werden, daß der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht mehr mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit erhoben werden konnte, sodaß das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" einzustellen war.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n

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