Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281123/5/Kl/Rd/Hu

Linz, 30.07.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des M C, B L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18.9.2008, Ge96-45-5-2008-Bd/Fr, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeit­nehmer­Innenschutzgesetz (ASchG),  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten   Geldstrafen auf jeweils 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 23 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf    insgesamt 100 Euro, ds 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen.

         Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages         zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18.9.2008, Ge96-45-5-2008-Bd/Fr, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von jeweils 700  Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 32 Stunden (Fakten 1 und 2), wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 2) § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG sowie § 87 Abs.2 BauV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der C F und F GmbH im Standort B L, und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten hat, dass anlässlich einer am 13.5.2008 durchgeführten Kontrolle auf der Baustelle Gewerbepark L durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz festgestellt wurde, dass die gesetzlichen Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung nicht erfüllt waren.

Am genannten Tag waren 2 Arbeitnehmer der genannten Firma, und zwar

1. Herr E J, geb. und

2. Herr K C, geb.

auf dem ca 2° geneigten Flachdach des Regallagers 2 bei einer Absturzhöhe von ca. 8-9 m mit dem Flämmen der Dachpappe beschäftigt, wobei zum Teil keine Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß den §§ 7 bis 10 BauV vorhanden waren. Nordseitig war keine wie auch immer geartete Absturzsicherung vorhanden, westseitig betrug die vorhandene Attika nur 40cm, bei 2 Feldern 80 cm. Die beiden Arbeitnehmer waren auch nicht durch eine persönliche Schutzausrüstung gesichert.

Gemäß § 87 Abs.2 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß den §§ 7 bis 10 BauV vorhanden sein.   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung gegen die Strafhöhe eingebracht und begründend ausgeführt, dass der Berufungswerber Alleinverdiener sei, über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro verfüge und sorgepflichtig für 4 Kinder sei.     

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

3.1. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde mit Schreiben vom 16.10.2008 am Verfahren beteiligt und führte dieses in seiner Stellungnahme vom 28.10.2008 aus, dass die beantragte Strafhöhe bei unter 10% der maximalen Strafhöhe liege und im Hinblick auf den Arbeitnehmerschutz eine Strafherabsetzung nicht gerechtfertigt sei. Der Berufungswerber habe auch die Möglichkeit eine Ratenzahlung zu beantragen.  

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da der Berufungswerber seine Berufung auf das Strafausmaß beschränkt hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

So werden durch das Nichtverwenden bzw Nichtanbringen von geeigneten Schutzeinrichtungen Arbeitnehmer gerade jenen Gefahren in hohem Maß ausgesetzt, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegentreten wollen, was auch durch schwerste Unfälle mit teils tödlichem Ausgang immer wieder vor Augen geführt wird.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von jeweils 700 Euro bei einem Strafrahmen von 290 Euro bis 14.530 Euro – aufgrund der Verwaltungsstrafvormerkungen aus dem Jahr 2007 ist von einem Wiederholungsfall auszugehen –, festgesetzt. Milderungsgründe wurden nicht, erschwerend hingegen zwei rechtskräftige einschlägige Verwaltungsstrafvormerkungen sowie die Absturzhöhe von 8 bis 9m gewertet. Darüber hinaus wurde der Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt.

 

Im Zuge der Berufungserhebung wurden die persönlichen Verhältnisse vom Berufungswerber dahingehend revidiert, als er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro verfügt und vier Kindern gegenüber sorgepflichtig ist.  

 

Zumal Verwaltungsstrafen nicht dazu führen sollen, dass Sorgepflichten beeinträchtigt werden könnten, erscheint es nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates vertretbar und geboten unter Berücksichtigung dieses Umstandes, die verhängten Geldstrafen in Höhe von jeweils 500 Euro entsprechend herabzusetzen. Weiters war zu berücksichtigen, dass aufgrund von Vorstrafen von einem Wiederholungsfall und daher einem höheren Strafrahmen auszugehen war, andererseits aber unter Wahrung des Doppelverwertungs­verbotes aber die einschlägigen Vorstrafen nicht mehr als Erschwerungsgrund gewertet werden dürfen.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der Geldstrafen stand allerdings die Tatsache entgegen, dass der Berufungswerber immerhin zwei Arbeitnehmer Dacharbeiten bei einer Absturzhöhe von ca. 8 bis 9 m nur mit teilweise vorhandenen Schutzvorrichtungen hat durchführen lassen, also sehr massiv gegen die relevanten Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen hat. Der Berufungswerber ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer nochmaligen Tatbegehung mit einer empfindlich höheren Strafe zu rechnen wäre.

 

Weil Milderungsgründe nicht gegeben waren und daher ein Überwiegen selbiger nicht festzustellen war, war § 20 VStG mit einer außerordentlichen Milderung nicht anzuwenden. Auch liegt keine Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es lagen daher die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht vor.   

 

Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen waren entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

Im Übrigen wird der Berufungswerber auf die Möglichkeit der Beantragung von Ratenzahlungen zur Abstattung der Geldstrafen bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hingewiesen.

 

6. Weil die Geldstrafen herabgesetzt wurden, war gemäß § 64 VStG der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz zu ermäßigen. Im Grunde der Strafherabsetzung hatte die Berufung teilweise Erfolg und entfällt daher die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Vermögensverhältnisse; Doppelverwertungsverbot bei Wiederholungstat

 

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