Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300886/6/Fi

Linz, 21.07.2009

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Vizepräsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des F P, V, gegen Spruchpunkt 1 des Bescheides des Bezirkshauptmanns des Bezirkes Gmunden vom 6. April 2009, Pol96-171-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tierschutzgesetz, mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, der Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 5 Abs. 2 Z. 13, § 13 Abs. 2, § 33 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 Z. 1 des Tierschutzgesetzes – TSchG

§ 45 Abs. 1 Z. 1, § 51c, § 64 und § 65 des Verwaltungsstrafgesetzes – VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis vom 6. April 2009 – hinterlegt am 9. April 2009 beim Postamt 4... G – wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 des Tierschutzgesetzes i.V.m. § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von 330,-- Euro verhängt.

Zu Spruchpunkt 1 führt die Behörde erster Instanz aus, dass zumindest am 01. Oktober 2007 im Bereich der südlichen Umzäunung des Wildgeheges des Bw in V, ca. 20 cm lange Drahtstücke waagrecht in die Gehegeinnenseite gestanden seien, sodass sich Tiere verletzen hätten können.

Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass der Bw gemäß § 13 Abs. 2 TSchG nicht dafür gesorgt habe, dass die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen den Bedürfnissen der Tiere angemessen gewesen sei. Der Bw habe daher die Unterbringung und Betreuung der von ihm gehaltenen Tiere in einer Weise vernachlässigt, dass für die Tiere Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden waren oder sie in schwere Angst versetzt wurden.

Nach § 38 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. §13 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG wurde über den Bw eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 300,-- Euro verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung des Bw vom 24. April 2009 – persönlich abgegeben bei der Behörde erster Instanz am 27. April 2009.

In der Berufung macht der Bw im Wesentlichen geltend, dass aus dem Umstand, dass lt. Aussage des damals kontrollierenden Amtstierarztes Drahtteile in das Gehege geragt seien, nicht automatisch geschlossen werden kann, dass den Tieren bereits Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt worden seien. Auch seien vom Amtstierarzt keine an den Tieren erkennbaren Schäden festgestellt worden. Insgesamt liege in rechtlicher Hinsicht keinesfalls eine Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG vor.

Zu § 13 Abs. 2 TSchG wurde vom Bw angemerkt, dass Platzangebot, Bewegungsfreiheit, Bodenbeschaffung, bauliche Ausstattung und Haltungsvorrichtungen, Klima, Licht, Temperatur, Betreuung und Ernährung sowie Möglichkeit zu Sozialkontakt den Anforderungen der Anlage 8 der Tierhaltungsordnung entsprochen hätten und diesbezüglich kein Verstoß vorläge.

Zu § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG wurde festgehalten, dass die Unterbringung, Ernährung und Betreuung nicht vernachlässigt worden sei.

Weiters wurde angemerkt, dass bei Wildgehegen nicht auszuschließen sei, dass unbefugte Dritte am Zaun manipulieren könnten.

Zuletzt wurde der Einheitswert der landw. Liegenschaft von 325.000,-- Euro auf 25.000,-- Euro korrigiert.

2.1. Die Behörde erster Instanz hat mit Schreiben vom 27. April 2009, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 30. April 2009, die Berufung samt dem Verwaltungsakt zur Berufung vorgelegt.

2.2. Mit Schreiben vom 4. Mai 2009 teilte der Oö. Verwaltungssenat dem Bw mit, dass vorläufig davon ausgegangen werde, dass die Berufung als verspätet zurückzuweisen sei, da das angefochtene Straferkenntnis bereits am 9. April 2009 beim Postamt hinterlegt worden war.  

Mit Schreiben vom 13. Mai 2009 – eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 14. Mai 2009 und somit rechtzeitig vor dem 15. Mai 2009 - konnte der Bw jedoch nachweisen, dass er sich am 9. April 2009 in Deutschland aufhielt und erst am 15. April 2009 wieder nach Österreich zurückkehrte. Nach § 17 Abs. 3 des Zustellgesetzes konnte der Bw wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig von der Zustellung am 9. April 2009 Kenntnis erlangen; das Dokument galt somit erst am 16. April 2009 als zugestellt, da es an diesem Tag durch den Bw erstmals behoben werden konnte.

Die Berufung des Bw vom 24. April 2009, die am 27. April 2009 bei der Behörde erster Instanz einlangte, ist demnach rechtzeitig erhoben worden.

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt.

2.4.  Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Dem Bw wurde zwar konkret vorgeworfen, seinen Tieren im Wildgehege durch mangelnde bauliche Ausstattung i.S.d. § 13 Abs. 2 infolge der hineinragenden Drahtteile gemäß § 5 Abs. 2 Ziff 13 TSchG Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt zu haben, jedoch hat das Beweisverfahren ergeben, dass dieser Vorwurf im erstbehördlichen Verfahren nicht erwiesen wurde. Im Spruch der bekämpften Entscheidung ist ausdrücklich davon die Rede, dass "sich Tiere verletzen hätten können".

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Tierschutzgesetzes (im Folgenden: TSchG), BGBl. I Nr. 118/2004 (§ 33 Abs. 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2008;  § 5 Abs. 2 Z. 13 in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2007) lauten wie folgt:

 

"Berufungen

 

§ 33. ...

(2) Gegen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsbehörde in Verfahren nach diesem Bundesgesetz kann Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat im Land erhoben werden.

 

 

Grundsätze der Tierhaltung

 

§ 13. ...

(2) Wer ein Tier hält, hat dafür zu sorgen, dass das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit, die Bodenbeschaffenheit, die bauliche Ausstattung der Unterkünfte und Haltungsvorrichtungen, das Klima, insbesondere Licht und Temperatur, die Betreuung und Ernährung sowie die Möglichkeit zu Sozialkontakt unter Berücksichtigung der Art, des Alters und des Grades der Entwicklung, Anpassung und Domestikation der Tiere ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen angemessen sind.

...

 

Verbot der Tierquälerei

 

§ 5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

(2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer...

13. die Unterbringung, Ernährung und Betreuung eines von ihm gehaltenen Tieres in einer Weise vernachlässigt, dass für das Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sind oder es in schwere Angst versetzt wird;

 

Strafbestimmungen

 

§ 38. (1) Wer...

1. einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt begeht, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15 000 Euro zu bestrafen.

...";

 

3.3. Der von der belangten Behörde herangezogene § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG ist als Erfolgsdelikt konzipiert, d.h. dass auch die durch das Verhalten kausal herbeigeführte Folge (Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst) ein (zu beweisendes) Tatbestandsmerkmal darstellt (Binder/Fricks, Das österreichische Tierschutzrecht2 [2008] 47). Diese Voraussetzung ließ sich jedoch nicht erweisen. Vielmehr bestand, wie die Behörde erster Instanz einräumte, nur eine potentielle Gefahr für die sich im Wildgehege befindlichen Tiere.

 

Da keinem dieser Tiere tatsächlich iSd § 5 Abs. 2 Z. 13 TSchG Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt wurden, war das Verwaltungsstrafverfahren (betreffend den Spruchpunkt 1 des bekämpften Straferkenntnisses) gemäß § 45 Abs.1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

3.4. Weiters war dem Bw gemäß § 65 VStG auch kein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

 

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