Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-163783/14/Bi/Se

Linz, 17.08.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau D P, W, vertreten durch Herrn RA Dr. J P, M, vom 7. November 2008 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Vöcklabruck vom 20. Oktober 2008, VerkR96-4375-2008-Hai, wegen Übertretungen des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 4. Juni 2009 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sowie weiterer Erhebungen zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass eine Überladung des Lkw-Zuges um insgesamt 4.340 kg vorliegt; die Geldstrafe wird auf 60 Euro und die Ersatzfrei­heitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt.

     Im Punkt 2) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbe­züglich eingestellt.

 

II. Im Punkt 1) ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag erster  Instanz auf 6 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtmittelverfahren entfällt.

     Im Punkt 2) fällt kein Verfahrenskostenbeitrag an.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 19 VStG

zu II.: § 65f VStG

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 102 Abs.1 iVm 4 Abs.7a und 134 Abs.1 KFG 1967 und 2) §§ 102 Abs.1 iVm 101 Abs.1 lit.a und 134 Abs.1 KFG 1067 Geldstrafen von 1) 80 Euro (108 Stunden EFS) und 2) 40 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil sie sich als Lenkerin des Lkw     mit Anhänger     , obwohl es ihr zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon über­zeugt habe, dass das von ihr gelenkte Fahrzeug den Vorschriften des Kraft­fahrgesetzes entsprochen habe, da am 7. Jänner 2008, 16.05 Uhr, in der Ge­mein­de Frankenmarkt bei km 261.652 der B1 Wiener Straße festgestellt worden sei, dass

1) beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs.7a KFG für Kraftwagen mit Anhängern beim Transport von Rundholz aus dem Wald bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder Ver­arbeitungsbetrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, wenn die hintere Achse des Anhängers mit Doppelbereifung aufgerüstet ist oder beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, von 44.000 kg um 5.900 kg (= 13,4 %) über­schritten worden sei.

2) das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftwagens von 26.000 kg durch die Beladung um 1.620 kg (= 6.2%) überschritten worden sei.

Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 12 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Ge­schäfts­­ver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Juni 2009 wurde eine öffentliche mündlichen Berufungsverhandlung in Anwesen­heit des Meldungslegers AI K W (Ml) durchgeführt. Die Bw war ebenso ent­schul­digt wie ihr Rechtsvertreter und die Vertreterin der Erstinstanz. Das Be­ru­fungs­verfahren wurde nach Einholung eines SV-Gutachtens schriftlich wei­ter­­­ge­führt.  

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, die verwendete öffentliche Brücken­waage beim Lagerhaus Frankenmarkt sei eichpflichtig und der Eichschein bislang nicht beigeschafft worden. Aus der Anzeige ergebe sich auch nicht die Art und Weise der Ver­wiegung des Lkw-Zuges, was aber entscheidungsrelevant sei, weil eine achsweise Verwiegung unzulässig sei. Beim Tatvorwurf einer Überschreitung des höchst zulässigen Gesamtgewichtes um 5,9 t sei die gemäß VwGH-Judikatur 5%ige Messungenauig­keit unberücksichtigt geblieben. Der Vorwurf einer 8,4 %igen Überschreitung sei sachgerecht, sofern die Art und Weise der Verwiegung den technischen Erfordernissen entspreche. Das wirke sich aber wieder auf die Höhe der verhängten Strafe aus – die von der Erstinstanz angenommenen per­sönlichen Verhältnisse würden akzeptiert.

Im Punkt 2) habe die Erstinstanz überdies eine Überschreitung des höchst zuläss­igen Gesamtgewichts des Lkw unter Strafe gestellt, wobei das zu Punkt 1) be­treff­end Messtoleranz Gesag­te auch für diesen Punkt gelte. Diese Bestrafung sei aber unzulässig, weil der Unrechtsgehalt dieser Übertretung schon im Punkt 1) sanktioniert worden sei und daher § 22 VStG keine Anwendung finde, sondern Scheinkonkurrenz vorliege. Dies deshalb, weil sich die Gesamtmasse von laut Anzeige 49,9 t aus dem Gewicht des Lkw und des Anhängers zusammensetze. Der Unrechtsgehalt der 2. Übertretung sei damit von der Bestrafung der ersten mit­um­fasst. Die Bestätigung des Schuldspruchs zu Punkt 1) bedeute eine rechts­kräftige Bestrafung wegen Überschreitung der höchst zulässigen Gesamtmasse des von ihr gelenkten Kfz, eine weitere Bestrafung wegen Überschreitung des höchst zulässigen Gesamtgewichts des Lkw würde sie im verfassungs­ge­setz­lich gewährleisteten Recht, keiner unzulässigen Doppelbestrafung unter­zogen zu wer­den, verletzen. Beantragt wird die Behebung des Straferkenntnisses sowie Ver­fahrens­einstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der der Ml zeugenschaftlich unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde. Der vom Ml vorgelegte Wiege­schein wurde samt Eichbestätigung dem technischen Amtssach­ver­stän­di­gen Dipl. HTL-Ing R H vorgelegt, der das technische Gutachten vom 8. Juli 2009, Verk-210002/159-2009-Hag, erstellte. Dieses wurde samt einer Kopie der Verhandlungsschrift der Bw zu Handen ihres Rechtsvertreters mit der Einla­dung zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Frist zur Kenntnis gebracht. Das Schreiben wurde laut Rückschein am14. Juli 2009 zugestellt, bislang aber keine Stellung­nahme erstattet, sodass ankündigungsgemäß nach der Aktenlage zu entscheiden war.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Bw wurde am 7. Jänner 2008 gegen 16.05 Uhr als Lenkerin der oben ange­führten Lkw-Kombination in Frankenmarkt, B1 bei km 261.652, vom Ml an­ge­halten. Der mit Rundholz beladene Dreiachs-Lkw samt Dreiachs-Anhänger wurde anschließend auf der öffent­lichen Brückenwaage beim Lagerhaus in Fran­ken­markt verwogen, wobei laut Ml auf der einzelnen Brückenwaage erst der Lkw und dann der Anhänger abge­wogen wurden. Bei der Verwiegung wurde keine Abkuppelung vorge­nommen, dh der Lkw und der Anhänger waren bei der Verwiegung über die An­hänge­vorrichtung verbunden.

Der Ml hat in der Verhandlung die Rechnung der K W GesmbH, R, vom 9.10.2006 vorgelegt, auf der vermerkt ist, dass am 3. Oktober 2006 ua die genannte Waage beim Lagerhaus in Frankenmarkt, die A B Brücken­waage L225 30t Nr.20120094, an diesem Tag repariert, gereinigt, mit Gewichten einjustiert und geeicht wurde. Der Ml hat weiters Wiegescheine des Lagerhauses Vöcklabruck vorgelegt, wonach der LKW      am 7. Jänner 2008, 16.15 Uhr, ein Gewicht von 27.620 kg hatte und der Anhänger SL-435HF ein Gewicht von 22.280 kg. Der Ml bestätigte, es sei dort absolut eben, sodass keine Zug­kräfte entstünden; daher sei nichts abgehängt worden. Er habe keine Toleranz­abzüge vorgenommen, nach seiner Kenntnis sei das nicht erforderlich. Er habe auch in der Anzeige genau diese Werte vermerkt. Damit sei der Lkw, nicht aber der Anhänger überladen gewesen; er habe das nach dem Augenschein erwartet.

 

Dazu führt der technische AmtsSV in seinem Gutachten aus: "Da die ggst Waage eine Verkehrs­fehler­­grenze von 30 kg hat, sind pro Wiegung 30 kg vom Anzeige­wert in Abzug zu bringen. Laut Eichbestimmungen gilt die Verkehrsfehlergrenze der Brückenwaage nur dann, wenn ausschließlich Vertikalkräfte übertragen werden. Da im ggst Fall zwischen Zugfahrzeug und Anhänger über die Zugdeich­sel eine Verbindung bestand, können horizontal wirkende Kräfte übertragen worden sein.  Die Übertragung dieser eine Wiegung möglich­er­weise beeinflussen­den horizontal wirkenden Kräfte sind im Hinblick auf die praktisch ebene Umge­bung gering, wenn der Kraftwagenzug bei der Wiegung nicht ge­brem­st und der Motor des Lkw abgestellt war. In diesem Fall würde nur die mögliche Vertikal­komponente des Rollwiderstandes zu einer Erhöhung der Gewichtskraft beitra­gen. Die Größe der Vertikalkomponente hängt von der Neigung der Deichsel, vom Reifen sowie vom Reifendruck ab und ist daher auch bauartabhängig. Der zu­sätz­liche Vertikalanteil wird bei 100 – 150 kg liegen.

Unabhängig vom möglicherweise zusätzlich wirkenden Vertikalanteil der Deich­sel­zugkraft kann das Wiegesystem der Brückenwaage durch den horizontal wir­ken­den Anteil der Deichselkräfte beeinflusst werden. Die Größe dieses Ein­fluss­es kann rechnerisch nicht exakt ermittelt werden. Daher wurden von der Physika­lisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) Braunschweig Versuche durchge­führt, um eine Abschätzung der größtmöglichen Abweichung zu ermög­lichen. Daraus ergibt sich, dass bei Fahrzeugen mit mehr als 2 Achsen bis maxi­mal 3 % des festge­stellten Gesamtgewichtes in Abzug zu bringen sind, um die Summe der mögli­chen Wiegefehler im Sinne der Bw zu berück­sichtigen.

Im ggst Fall ergibt sich daher für den Lkw abgerundet ein Gesamtgewicht von 26.790 kg und für den Anhänger ein Gesamtgewicht von 21.610 kg. Abzüglich des möglichen Verkehrsfehlers von 30 kg pro Wiegung ergibt sich beim Lkw ein Gesamtgewicht von 26.760 kg und beim Anhänger ein solches von 21.580 kg, dh ein Gesamtzuggewicht von 48.340 kg und damit eine Überladung von 4.340 kg oder 9,8 % bzw ein Gesamt-Lkw-Gewicht von 26.760 kg, dh eine Überladung von 760 kg oder 2,9%."

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf ein Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen. 

Gemäß § 4 Abs.7a KFG 1967 darf bei Kraftwagen mit Anhängern die Summe der Gesamtgewichte sowie die Summe der Achslasten 40.000 kg, im Vorlauf- und Nachlaufverkehr 44.000 kg, und beim Transport von Rundholz aus dem Wald bis zum nächstgelegenen technisch geeigneten Verladebahnhof oder zu einem Ver­ar­bei­tungs­betrieb, höchstens jedoch 100 km Luftlinie, wenn die hintere Achse des Anhängers mit Doppelbereifung ausgerüstet ist oder beide Fahrzeuge jeweils mehr als zwei Achsen haben, 44.000 kg nicht überschreiten.

Gemäß § 101 Abs.1 lit.a KFG 1967 ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn a) das höchste zulässige Gesamtgewicht, die höchsten zulässigen Achs­lasten und die größte Breite des Fahrzeuges sowie die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte eines Kraftfahrzeuges mit Anhänger ... durch die Beladung nicht überschritten werden.

 

Das im ggst Fall bei einer aus Rundholz aus dem Wald bestehenden Ladung das höchste zulässige Gesamtgewicht mit 44.000 kg anzunehmen war, steht außer Zweifel und wurde auch von der Bw nicht bestritten.

Auf der Grundlage der vorgelegten Wiegescheine ist davon auszugehen, dass der Lkw ein letztlich zugrundezulegendes Gewicht (nach Abzug von abgerundet 3% des von der Brückenwaage angezeigten Gewichts minus weitere 30 kg Verkehrs­feh­ler­grenze) von 26.760 kg aufwies und der Anhänger ein solches von 21.580 kg, ds zusammen 48.340 kg Gesamtgewicht, was eine Überladung des Lkw-Zuges von 4.340 kg bedeutet.

 

Dem Rechtsvertreter ist letztlich zuzustimmen, wenn er ausführt, eine Über­schrei­tung des Gesamtgewichtes des Lkw-Zuges bedeute zwangsläufig eine Über­­­schreitung jedenfalls des Gewichtes zumindest eines seiner Teile, nämlich im ggst Fall des Lkw. Damit ist der Unrechtsgehalt der Überladung des Lkw vom Unrechtsgehalt der Überladung des Lkw-Zuges mitumfasst und war das ange­fochtene Straferkenntnis in seinem Punkt 2) gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG  einzu­stellen.

Im Punkt 1) war hingegen aus den oben zusammengefassten Überlegungen der Schuldspruch abzuändern und der Tatvorwurf im Ausmaß einzuschränken, wobei jedoch unter Bedachtnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des VwGH im Hinblick auf den Transport im Wald aufgeladenen Holzes kein Zweifel besteht, dass die Bw den ihr nunmehr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal von einer Glaub­haftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede war.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Bw weist eine StVO-Vormerkung aus dem Jahr 2007 auf und ist daher nicht unbescholten. Die Schätzung ihrer finanziellen Verhältnisse (1.200 Euro netto monat­lich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen)  wurde ausdrücklich anerkannt. Auf dieser Grundlage war die Strafe neu zu bemessen, wobei auf die Bestimmun­gen des § 19 VStG Bedacht genommen wurde.

Die Strafe war wegen der längeren Dauer des Berufungsverfahrens zusätzlich zu redu­zieren, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis zur Geldstrafe herab­zusetzen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Toleranzabzug bei Brückenwaage

 

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