Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222264/6/Kl/Hu

Linz, 06.08.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. H R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. März 2009, Ge96-2572-2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. März 2009, Ge96-2572-2008, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 366 Abs.1 Z3, 81 Abs.1 und 74 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil er als Kommanditist und somit als das gemäß § 9 Abs.1  VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der S Cafe Ltd & Co KG mit Sitz in T, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Betriebsart Cafe" am Standort T, (Lokal S), nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung 1994 eingehalten wurde, da Folgendes festgestellt wurde:

 

Das Lokal war am 26.10.2008 zumindest bis 04.25 Uhr geöffnet und haben sich noch ca. 25 Gäste im Lokal aufgehalten, der Zugang zum Lokal war offen, obwohl die Betriebszeit für diesen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Cafe mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.02.1999, Ge20-43-94-01-1999, mit täglich von 06.00 Uhr bis 02.00 Uhr festgesetzt wurde.

 

Sie haben damit die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.02.1999, Ge20-43-94-01-1999, mit einer Betriebszeit von täglich 06.00 bis 02.00 Uhr mit Untermalungsmusik genehmigte Betriebsanlage nach einer Änderung, die geeignet ist, die  Nachbarn durch Lärm zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erlangt zu haben.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafhöhe beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Bescheid die Sperrstunde mit 04.00 Uhr festgelegt sei, diese Zeit nur unwesentlich überschritten worden sei, sich nur ca. 6 Personen im Lokal aufgehalten hätten und der Bw unbescholten sei.  Er sei daher nicht schuldig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Über schriftliche Aufforderung des Oö. Verwaltungssenates vom 27. März 2009 gab der Berufungswerber mit Schreiben vom 31. März 2009 bekannt, dass die Geschäftsführerin der S Cafe Ltd. (nach außen befugter handels- und gewerberechtlicher Director) seit November 2008 Frau V M heißt und in V, lebt. Die vorangegangene Geschäftsführerin Frau A hat mit 31.5.2008 einvernehmlich mit der Firma ihre Tätigkeit eingestellt und gekündigt. In den folgenden Monaten war die Ltd. & Co KG ohne bestellten Geschäftsführer tätig und gezwungen, sich um einen neuen Geschäftsführer umzusehen.

 

4. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4.1. Aufgrund der Aktenlage, insbesondere der eingeholten Auszüge aus dem Firmenbuch und Gewerberegister sowie dem Companies House steht als erwiesen fest, dass die S Cafe Ltd. & Co KG mit dem Sitz in T, seit 9.2.2007 eingetragen ist. Als unbeschränkt haftender Gesellschafter ist die S Cafe Ltd. eingetragen, Kommanditisten sind Ing. H R und A W. Die S Cafe Ltd. & Co KG verfügt über eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Gastgewerbe (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Betriebsart Cafe am Standort in T, und betreibt dort das Lokal S. Als gewerberechtliche Geschäftsführerin ist in der Zeit von 12.3.2007 bis 1.6.2008 Frau E A, ab 22.12.2008 Frau M V eingetragen. In der Zeit vom 1.6.2008 bis 22.12.2008 war demnach kein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt und angezeigt.

 

Die S Cafe Ltd. ist im österreichischen Firmenbuch nicht eingetragen, ist aber in Companies House, dem zentralen englischen Gesellschaftsregister gemeldet und eingetragen. Zustellungs- und Aufbewahrungsort der Gesellschaft (Registered Office) ist in B. Als Director scheinen M G A und M V auf. Der Berufungswerber ist nicht als Director bzw. Geschäftsführender eingetragen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt steht aufgrund der eingeholten Unterlagen als erwiesen fest und deckt sich auch mit den Ausführungen des Berufungswerbers.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist im Fall einer GesmbH & Co KG der Geschäftsführer der "K-GesmbH" als das nach § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ anzusehen (vgl. Hauer Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1293, E16 mit Nachweisen). Der Kommanditist ist nach Gesellschaftsrecht nach außen nicht vertretungsbefugt und haftbar und ist daher auch verwaltungsstrafrechtlich nicht zur Verantwortung zu ziehen.

 

Unbeschränkt haftender Gesellschafter und Komplementär ist nach Firmenbuchauszug unzweifelhaft die S Cafe Ltd. In dieser Gesellschaft hat der Berufungswerber keine Funktion inne, insbesondere ist er nicht Geschäftsführer bzw. Director dieser Gesellschaft. Es stimmen daher die Angaben des Berufungswerbers mit den Eintragungen des Gesellschaftsregisters überein, dass als Director bzw. Geschäftsführerin Frau M V eingetragen ist. Es trifft daher den Berufungswerber keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs.1 VStG.

 

Hinsichtlich der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers aber hat bereits die belangte Behörde im Verfahren erster Instanz festgestellt und wurde im Berufungsverfahren durch den Oö. Verwaltungssenat und die Ausführungen des Berufungswerbers ergänzt, dass zum Tatzeitpunkt ein gewerberechtlicher Geschäftsführer nicht bestellt und angezeigt war. Die ehemalige Geschäftsführerin E A ist mit 31.5.2008 aus dieser Funktion ausgeschieden, die neu bestellte und angezeigte Geschäftsführerin ist erst ab 22.12.2008 als Geschäftsführerin rechtswirksam bestellt. Ist aber ein gewerberechtlicher Geschäftsführer gemäß § 370 GewO 1994 nicht bestellt, so kommt die allgemeine Regelung des § 9 Abs.1 VStG zum Tragen.

 

Weil der Beschuldigte daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 45 Abs.1 Z2 erste Alternative VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Kommanditist ist nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich; Haftung einer englischen Ltd.

 

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