Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222241/17/Bm/Sta

Linz, 18.08.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn J L, vertreten durch J L, S, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 22.8.2008, Ge96-71-1-2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.6.2009, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1951 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 22.8.2008, Ge96-71-1-2008, wurden über den Berufungswerber  (im Folgenden: Bw) in zwei Fällen Geldstrafen von jeweils 50 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 5 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2, § 81 Abs.1 und § 370 Abs.1  Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"(1) Die L H GmbH mit dem Sitz in S,  L, hat im Betriebsstandort in S,  L, in der mit Bescheid vom 11.01.1995, Ge20-158-1994, auf den Grst. Nr.  und , KG. und Gemeinde L, genehmigten Lagerhalle am 10.04., 11.04. und 12.04.2008 Schweißarbeiten und Schraubarbeiten mittels Pressluftschrauber  zum Zwecke der Herstellung diverser Produkte (land- und forstwirtschaftliche Maschinen und Geräte) bei ganztägig geöffneten Toren durchgeführt und somit die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11.01.1995, Ge20-158-1994, genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung der Änderung betrieben.

Die Genehmigungspflicht der Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage ergibt sich daraus, dass durch deren Betrieb die im § 74 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 angeführten Interessen beeinträchtigt werden können. Insbesondere ist diese geänderte Betriebsanlage aufgrund der Verwendung von Schweiß- und Schraubgeräten in der nur zum Zwecke der Zwischenlagerung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten genehmigten Halle geeignet, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

(2) Die L H GmbH mit dem Sitz in S,  L, hat im Betriebsstandort in S,  L, auf dem Vorplatz (außerhalb der Betriebs- bzw. Lagerhallen) des Betriebsgeländes am 14.04.2008 in der Zeit vom 11.50 bis 12.35 Uhr einen Probelauf mit einem Holzladewagen mit hydraulischer Kraneinrichtung bei laufendem Traktor und Betätigung der Kraneinrichtung durchgeführt und somit die mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28.08.1987, Ge-0603-5091, vom 11.01.1995, Ge20-158-1994, vom 23.11.2000, Ge20-64-2000 und vom 11.10.2006, Ge20-153-2003, genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung der Änderung betrieben. Die Genehmigungspflicht der Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage ergibt sich daraus, dass durch deren Betrieb die im § 74 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 angeführten Interessen beeinträchtigt werden können. Insbesondere ist diese geänderte Betriebsanlage aufgrund der Durchführung von Probeläufen im Freien geeignet, Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

 

Als gewerberechtlicher Geschäftsführer der L H GmbH für die Ausübung des Gewerbes "Landmaschinentechniker" im Standort S,  L, sind Sie für die oben angeführten Verwaltungsübertretungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich."

 

 

2. Dagegen wurde vom Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und in dieser im Wesentlichen vorgebracht, dass am 10.4.2008, keinerlei Schweiß-, Schraub- und Staplerarbeiten durchgeführt worden seien. An diesem Tag sei lediglich ein Schulbus mit Schülern aus der Landwirtschaftsschule zur Betriebsbesichtigung im Haus gewesen. Am 11.4.2008 und die darauf folgenden Tage sei das Unternehmen mit der vorgeschriebenen Installation der Rauchbrandmelder in beiden Hallenabschnitten (Bestand und Neubau) begonnen worden. Diese Arbeiten seien großteils mit dem Hauselektriker durchgeführt worden. Keinesfalls seien in diesen Hallen land- und forstwirtschaftliche Produkte hergestellt worden.

 

Keinesfalls seien auch am 14.4.2008 Probeläufe mit einem Holzladewagen im Rahmen einer Kundenführung durchgeführt worden. Es sei richtig, dass an diesem Tag eine Gruppe von Interessenten im Haus gewesen sei, jedoch hätten keine Vorführungen stattgefunden. Diese Vorführung habe bei einem Kunden in 15 km Entfernung stattgefunden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.6.2009, zu welcher der Vertreter des Bw erschienen ist und gehört wurde. Weiters wurde als Zeuge Herr J B unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht  einvernommen. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die L T GmbH betreibt am Standort S,  L, auf den Gst. Nr.  und , KG. L, eine Landmaschinenwerkstätte. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer fungiert Herr J L.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 11.1.1995, Ge20-158-1994, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Lagerhalle (im vorgelegten Lageplan als Lagerhalle 2 bezeichnet) erteilt. Mit Bescheid vom 23.11.2000 wurde die Lagerhalle 1 genehmigt und mit Bescheid vom 11.10.2006 die an Lagerhalle 1 anschließende Produktionshalle.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Zeugen J B angegeben, dass an den Tagen 10.04., 11.04. und 12.04. sowohl in der Lagerhalle 1 als auch in der Lagerhalle 2 Arbeiten wie Schweißarbeiten, Schraubarbeiten etc. beobachtet wurden und die in die Halle führenden Tore an allen drei Tagen offen gestanden sind.

Zum Beweis dafür wurden vom Zeugen auch Fotos (allerdings ohne Datumsanzeige) vorgelegt, aus denen zwar die geöffneten Hallentore ersichtlich sind, tatsächlich durchgeführte Arbeiten lassen sich aus den Fotos jedoch nicht ableiten. Auch nicht, ob die Tore nicht zwecks Beschickung der Lagerhallen geöffnet sind.

Vom Vertreter des Bw wurde in seiner Einvernahme bestritten, dass zu den angeführten Tatzeiten Arbeiten in Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gestanden sind. Vielmehr war zu diesen Zeitpunkten die mit Bescheid aus dem Jahr 2006 genehmigte Produktionshalle in Bau und wurden gleichzeitig auch Adaptierungs- bzw. Sanierungsarbeiten bei den bestehenden Lagerhallen durchgeführt. Wenn überhaupt, könne es sich bei den vorgeworfenen Arbeiten nur um solche Adaptierungsarbeiten (Installation der Rauchbrandmelder) gehandelt haben.

 

Hinsichtlich des vorgeworfenen Probelaufes mit einem Holzladewagen am 14.04.2008 konnte vom Zeugen nicht mehr bestätigt werden, ob der beobachtete Probelauf tatsächlich am 14.04.2008 stattgefunden hat.

 

Sowohl der Bw als auch der Zeuge J B machten bei ihrer Einvernahme einen durchaus glaubwürdigen und überlegten Eindruck. Der Oö. Ver­waltungssenat geht davon aus, dass vom Zeugen B tatsächlich zu den angegebenen Tatzeiten Arbeiten in der Halle festgestellt wurden; die beobachteten Tätigkeiten konnten jedoch vom Zeugen nicht so konkret beschrieben werden, dass mit einer für das Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit die Darstellung des Bw, es habe sich um Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bau der Produktionshalle und Adaptierungsarbeiten die Lagerhallen betreffend, widerlegt wären. Diesbezüglich konnten auch die vorgelegten Fotos keine Aufschlüsse bringen.

Ebenso wenig konnte der in Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltene Tatvorwurf erhärtet werden, da sich der dazu einvernommene Zeuge auf die Aussage zurückgezogen hat, er wisse nicht mehr genau, ob der Probelauf am 14.04.2008 stattgefunden habe.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

 

Wie bereits oben dargestellt, können die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, weshalb nach dem Grundsatz in dubio pro reo das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen ist.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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