Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300846/6/WEI/Ga

Linz, 28.11.2008

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der für E K, von Rechtsanwalt Dr. M H als dem Urlaubsvertreter des Dr. M L, Rechtsanwalt in N, substitutionsweise per Telefax eingebrachten Berufung vom 18. August 2008 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 31. Juli 2008, Zl. Pol 96-64-2008, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Oö. Polizeistrafgesetz beschlossen:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

 

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft (BH) Gmunden vom 31. Juli 2008 wurde E K in den Spruchpunkten 1) und 2) je einer Übertretung des § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG schuldig erkannt und je mit Geldstrafe von 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) bestraft.

 

Im Spruchpunkt 1) wird E K vorgeworfen, dass er es als Halter einer Straußenzucht in R, durch unzureichende Verwahrung zu verantworten hätte, dass am 8. April 2008 um 17:15 Uhr ein Straußenvogel aus dem teilweise mangelhaft umzäunten Gehege entweichen und P P auf dem Weg von der Bushaltestelle zu seinem Elternhaus folgen konnte. Das Kind hätte Angst bekommen und zu laufen begonnen und der Strauß hätte sich bis auf 3 bis 4 Meter genähert. Das Tier wäre zeitweise zwischen den Geleisen gegangen und hätte einen Bahndamm überquert.

 

Im Spruchpunkt 2) wird E K vorgeworfen, dass er es als Halter einer Straußenzucht in R, durch unzureichende Verwahrung zu verantworten hätte, dass am 11. April 2008 gegen 11:00 Uhr ein Straußenvogel aus dem teilweise mangelhaft umzäunten Gehege entweichen, eine Wiese überqueren und auf dem Güterweg H in Richtung Überführung A1 gehen konnte, wo ihn U P sah und umkehren musste, um eine Konfrontation mit dem Tier zu vermeiden

 

2. Das angefochtene Straferkenntnis wurde nach dem aktenkundigen Zustellnachweis (RSa-Brief) dem Rechtsanwalt Dr. M H, S, als Urlaubsvertreter des Dr. M L am 1. August 2008 persönlich zugestellt. Dr. H hatte sich zuvor in einer per Telefax vom 28. Juli 2008 übermittelten Eingabe als Urlaubsvertreter vorgestellt und auf die erteilte Substitutionsvollmacht berufen. Rechtsanwalt Dr. H sendete am 18. August 2008 um 15:01 per Telefax die Berufung für Herrn K gegen das Straferkenntnis vom 31. Juli 2008 an die BH Gmunden, wo sie laut Eingangsstempel auch am 18. August 2008 einlangte.

 

Laut Aktenvermerk des Herrn R K von der BH Gmunden vom 13. August 2008 rief Herr M H an und teilte u.A. mit, dass er die Vertretung des Herrn K übernehmen wolle. Der BH-Bedienstete erklärte ihm, das dies Herr K selbst - am besten schriftlich - mitzuteilen hätte.

 

Daraufhin rief Herr K selbst an und teilte dem BH-Bediensteten mit, dass er die Herrn Rechtsanwalt Dr. L erteilte Vollmacht mit sofortiger Wirkung zurückziehe. Er wolle nunmehr M H eine Generalvollmacht erteilen. Er ersuchte weiter, die offenen Akten und den Akt betreffend Tierhalteverbot an das Gemeindeamt W zu senden, damit M H dort Akteneinsicht nehmen könne.

 

Auf Grund dieses Widerrufs der bisherigen Vollmacht und Bekanntgabe eines neuen Bevollmächtigten übersendete die Bezirkshauptmannschaft Gmunden mit Schreiben vom 14. August 2008 die zum damaligen Zeitpunkt in erster Instanz noch anhängigen Strafverfahrensakten Pol 96-63-2008, Pol 96-64-2008, Pol 96-65-2008 und den Verwaltungsverfahrensakt Pol 20-34-2008 (Tierhalteverbot) an das Marktgemeindeamt W, um dem "bevollmächtigten Vertreter M H", Obmann der "C-S-A-Ö" nachweislich Akteneinsicht zu gewähren. Zur Abgabe einer Stellungnahme im Verfahren Pol 20-34-2008 (Tierhalteverbot) wurde eine letzte Frist von 14 Tagen ab dem Tag der Akteneinsicht gewährt.

 

3. Mit Schreiben vom 12. September 2008, zugestellt am 26. September 2008, ersuchte der Oö. Verwaltungssenat Herrn Rechtsanwalt Dr. L um Stellungnahme zur Frage der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses per 13. August 2008 und übermittelte auch den Bezug habenden Aktenvermerk der BH Gmunden in Ablichtung. Da das Schreiben unbeantwortet blieb, wurde schließlich ein telefonischer Kontakt am 19. November 2008 hergestellt (vgl h. Aktenvermerk vom 19.11.2008). Dr. L gab bekannt, dass er von Herrn K keine ausdrückliche Mitteilung erhalten hätte. Er wisse nur, dass dieser mit seinem Substituten und Urlaubsvertreter Dr. M H vor Einbringung der Berufung vom 18. August 2008 nicht sprechen wollte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs 1 AVG können sich Beteiligte und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

 

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen (§ 10 Abs 2 AVG).

 

Auch die Frage des Erlöschens der Vertretungsbefugnis ist nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Das Vollmachtsverhältnis kann durch übereinstimmende oder einseitige Willenserklärung, nämlich Widerruf des Machtgebers oder Kündigung des Machthabers beendet werden (näher Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 25 f). Da die Vollmacht ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Machtgeber und Machthaber voraussetzt, kann sie jederzeit durch einseitige Willenserklärung aufgehoben werden (vgl Koziol/Welser, Bürgerliches Recht13 I [2006], 210). Gemäß § 1020 ABGB steht es vor allem dem Machtgeber frei, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen. Widerruft eine Partei dem Rechtsanwalt das Mandat bzw die Vollmacht, so besteht gemäß dem § 11 Abs 3 RAO auch keine Pflicht zur Weitervertretung iSd § 11 Abs 2 RAO (vgl VwGH 5.5.2003, Zl. 2000/10/0137).

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs muss zur Außenwirksamkeit der Auflösung des Vollmachtsverhältnisses eine entsprechende Mitteilung gegenüber der Behörde erfolgen (Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 66a ff; Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 26).

 

4.2. Herr K konnte demnach am 13. August 2008 durch einseitige Erklärung gegenüber einem Bediensteten der BH Gmunden in den zu diesem Zeitpunkt noch anhängigen Verfahren seinem bisherigen Rechtsvertreter das Mandat entziehen und die Vollmacht außenwirksam widerrufen. Er gab auch seine Disposition bekannt, für die Zukunft einen anderen Vertreter, nämlich Herrn M H, bestellen zu wollen. Seinen damals auf Urlaub befindlichen Rechtsvertreter Rechtsanwalt Dr. M L hat er zwar nicht mehr extra verständigt, mit dem Urlaubsvertreter und Substituten Dr. M H wollte er aber zur Vorbereitung des Rechtsmittels nicht einmal sprechen, sodass er offenbar auch im Innenverhältnis die Bevollmächtigung schlüssig widerrief.

 

Im Ergebnis stellt sich die Situation im vorliegenden Fall so dar, dass der das Mandat von seinem Kollegen Dr. L ableitende Rechtsanwalt Dr. H die Berufung vom 18. August 2008 wohl im Zweifel ohne Mitwirkung des Herrn K einbrachte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Dr. L infolge des Widerrufs von E K gegenüber der BH Gmunden aber keine Vertretungsbefugnis mehr, weshalb auch die davon abhängige Substitutionsvollmacht im Außenverhältnis nicht mehr wirksam war.

 

Die Berufung vom 18. August 2008 wurde demnach für Herrn E K ohne dessen Zustimmung und ohne ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis eingebracht, weshalb sie unzulässig und zurückzuweisen war.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 24.04.2012, Zl. 2010/09/0088 und 2010/09/0089-9 bzw. 2009/02/0020 und 2009/02/0021

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