Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222187/19/Bm/Rd/Sta

Linz, 24.03.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des H H, pA H B- und V GmbH, S,  F, vertreten durch H W Rechtsanwälte GmbH, R,  G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt  vom 20.12.2007, Ge96-53-2007, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.3.2009, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird hinsichtlich Schuld keine Folge gegeben und das   angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die  Verwaltungsstrafnormen zu lauten haben:

Zu Faktum 1: "§ 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994";

Zu  Faktum 2: "§ 367 Einleitung GewO 1994".

Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen zu Faktum 1 auf 1000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf  4 Tage, zu Faktum 2 auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage,  herabgesetzt werden.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 150 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 20.12.2007, Ge96-53-2007, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 2.000 Euro (Faktum 1) und 1.000 Euro (Faktum 2), Ersatzfreiheitsstrafen von 8 Tagen (Faktum 1) und 4 Tagen (Faktum 2), wegen Verwaltungsübertretungen

zu 1) gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm § 366 Abs.1 Einleitungssatz, § 81 und § 74 Abs.2 der GewO 1994 iVm den Genehmigungsbescheiden der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.6.1976, Ge-306-1976, vom 12.1.1991, Ge-2064-1980, vom 6.8.1984, Ge-06/58-1983, vom 27.8.1085, Ge-06/28-1985/R/G (mit ergänzenden Auflagen durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16.4.1986, Ge-5049/32-1986/Kut/Kai), vom 25.10.1991, Ge01/5/73/1991/R sowie vom 30.4.1998, Ge20-31-1998-R-Wg iVm § 9 VStG,

zu 2) § 367 Z25 GewO 1994 iVm Auflagenpunkt 20 des Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.8.1985, Ge-06/28-1985/R/G iVm dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16.4.1986, Ge-5049/32-1986/Kut/Kai, mit dem Inhalt: "Auf der bestehenden Stützmauer ist eine Lärmschutzwand, welche an der Hausmauer beginnen muss und in einer Entfernung von 20,80 m endet, zu errichten. Die Höhe der Mauer soll 3 m betragen (die ersten 2,20 m werden als Massivmauer bis zur Überdachung ausgeführt). Der Lärmdämmwert der Wand sollte mindestens 20dB betragen. Ein Attest der ausführenden Firma ist der Bezirkshauptmannschaft Freistadt anlässlich der Fertigstellungsanzeige vorzulegen." iVm § 9 VStG, verhängt, weil er als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen befugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der H B- und V GmbH, S, F, zu verantworten hat, wie im Rahmen einer behördlichen Überprüfung des Schlachthofes in  P, B, auf Gst. Nr. , KG P am 20.8.2007 (Dauer der Überprüfung 9.00 bis 12.45 Uhr) von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt erhoben wurde, dass

1.      zum Überprüfungszeitpunkt am 20.8.2007, in der mit den Bescheiden der          Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.6.1976, Ge-306-1976, vom      12.1.1981, Ge-2064-1980, vom 6.8.1984, Ge-06/58-1983, vom        27.8.1985, Ge-06/28-1985/R/G (mit ergänzenden Auflagen durch den        Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16.4.1986, Ge-     5049/32-1986/Kut/Kai), vom 25.10.1991, Ge01/5/73/1991/R sowie vom          30.4.1998, Ge20-31-1998-R-Wg gewerberechtlich genehmigten       Betriebsanlage im Standort  P, B,

         a)      entgegen dem Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft            Freistadt vom 11.6.1976, Ge-306-1976 in dem die Fenster des                      Schlachtstalles mit einer doppelten Fixverglasung genehmigt                       wurden, Fenster mit öffenbaren Kippflügeln (dies entspricht keiner             Fixverglasung) in Verwendung standen,

         b)      entgegen dem Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft            Freistadt vom 30.4.1998, Ge20-31-1998, in dem eine Kühlanlage im              Obergeschoss  genehmigt wurde, die Kühlanlage in Form einer                      sogenannten York-Station an der westlichen Fassade der                             Betriebsanlage auf Geländeniveau betrieben wurde,

         c)      entgegen dem Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft            Freistadt vom 30.4.1998, Ge20-31-1998 der Lärmschutzwall nicht                 wie im Genehmigungsbescheid genehmigt, auch entlang der                        nordöstlich der Betriebsanlage gelegenen Straße und über Eck                         westlich       entlang der Nachbargrundgrenzen bis annähernd zur                Mitte der      Nachbarparzelle Gst. Nr. , sondern nur entlang der                   südlichen Nachbargrundgrenze und entlang der nordöstlich der                          Betriebsanlage gelegenen Straße bis ca. 30 Meter vor der westlichen            Nachbargrundgrenze geführt wurde und in Verwendung stand

         und damit eine konsenslos geänderte Betriebsanlage betrieben wurde,         ohne die dafür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung erlangt zu        haben, wobei die Änderung dazu geeignet ist, die im § 74 Abs.2 der GewO     1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen, insbesondere         Nachbarn durch Lärm zu belästigen.

2)      zum Überprüfungszeitpunkt am 20.8.2007, in der mit den Bescheiden der          Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.6.1976, Ge-306-1976, vom      12.1.1981, Ge-2064-1980, vom 6.8.1984, Ge-06/58-1983, vom        27.8.1985, Ge-06/28-1985/R/G (mit ergänzenden Auflagen durch den        Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16.4.1986, Ge-     5049/32-1986/Kut/Kai) vom 25.10.1991, Ge01/5/73/1991/R sowie vom          30.4.1998, Ge20-31-1998-R-Wg gewerberechtlich genehmigten       Betriebsanlage im Standort  P, B, entgegen den Genehmigungsbescheiden der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.8.1985, Ge-06/28-   1958/R/G iVm dem Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich          vom 16.4.1986, Ge-5049/32-1986/Kut/Kai, die gemäß den Bestimmungen         der §§ 77 bis 83 der GewO 1994 in Auflagenpunkt 20 vorgeschriebene    Auflage mit dem Inhalt: "Auf der bestehenden Stützmauer ist eine       Lärmschutzwand, welche an der  Hausmauer beginnen muss und in einer Entfernung von 20,80 m endet, zu errichten. Die Höhe der Mauer soll 3 m   betragen (die ersten 2,20 m werden als Massivmauer bis zur Überdachung       ausgeführt). Der Lärmdämmwert der Wand sollte mindestens 20 dB         betragen. Ein Attest der ausführenden Firma ist der          Bezirkshauptmannschaft Freistadt anlässlich der Fertigstellungsanzeige          vorzulegen.", nicht eingehalten wurde, indem die in der Auflage          vorgeschriebene Lärmschutzwand nicht errichtet war.      

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin begründend ausgeführt, dass das dem Berufungswerber vorgeworfene Verhalten sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht keine Verwaltungsübertretung begründe. Insbesondere hätten bei der gewerbebehördlichen Überprüfung vom 20.8.2007 keine Konsensverletzungen festgestellt werden können und werde bei Vorhalt selbiger, welche mehr als 6 Monate zurückliegen, Verfolgungsverjährung entgegen gehalten.

Dem Berufungswerber werden Übertretungen der §§ 366 Abs.1 Z3, 367 Z25 und 368 GewO zur Last gelegt. Die genannten Bestimmungen der GewO würden jedoch nur Blankettstrafnormen darstellen, da sie auf den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid verweisen. Der Tatbestand einer Blankettstrafnorm müsse aber mit solcher Deutlichkeit gekennzeichnet sein, dass jedermann ihn als solchen zu verstehen vermag. Die zahlreichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheide seien nicht derart bestimmt worden, dass sie den Grundsätzen des § 1 VStG genügen können. In jedem Fall, dh selbst in einer für den Beschuldigten denkbar schlechtestmöglichen Sichtweise, liege jedoch eine vertretbare Rechtsansicht des Beschuldigten vor, die aufgrund des Umstandes, dass die §§ 366 Abs.1 Z3, 367 Z25 und 368 GewO Blankettstrafnormen darstellen, wiederum dazu führe, dass das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen sei.

In der gewerbebehördlichen Überprüfung vom 20.8.2007 werde großteils auf die bereits mit 19.11.2001 erfolgte gewerbebehördliche Überprüfung verwiesen. Der Überprüfung vom 19.11.2001 folgte die Verfahrensanordnung vom 21.11.2001 zu Ge20-61-2001. In dieser Verfahrensanordnung werde lediglich dazu aufgefordert, eine Lärmschutzwand gemäß Auflagenpunkt 20 des Berufungsbescheides vom 16.4.1996 zu Ge-5049/32-1986 des Landeshauptmannes von zu errichten. In diesem Zusammenhang wurde jedoch keine einstweilige Maßnahme gemäß § 360 GewO erlassen. Der Beschuldigte auch als Geschäftsführer der damaligen Konsensinhaberin, der C F- und E GmbH, habe daher davon ausgehen dürfen, dass sämtliche nunmehr von der Verwaltungsstrafbehörde geltend gemachten angeblichen Konsensverletzungen vom Konsens umfasst seien.

Zu den einzelnen im Straferkenntnis angeführten angeblichen Konsens- und Auflageverletzungen werde wie folgt ausgeführt:

 

Zu den Fenstern des Schlachtstalles:

Dem diesbezüglichen Vorwurf werde entgegengehalten, dass die befundeten Fenster entgegen den Ausführungen des Sachverständigen sehr wohl doppelt verglast seien. Hiezu sei festzuhalten, dass der Genehmigungsbescheid vom 11.6.1976 zu Ge-306-1976 keine Verpflichtung zur Ausführung der Fenster des Schlachtstalles mit einer doppelten Fixverglasung enthalte. Sofern vom gewerbetechnischen Sachverständigen auf den Befund der Verhandlungsschrift vom 25.5.1976 zu Ge-306-1976 Bezug genommen werde, so sei dort keine Rede von einer Fixverglasung, sondern werde auf Seite 2 der Niederschrift lediglich zum Thema der Ausführungen der Fenster wie folgt protokolliert: "Im Schlachthaus gelangen im unteren Teil feststehende Fenster mit darüber liegenden Kippflügeln zur Ausführung". Im Übrigen befinde sich auch in der Betriebsbeschreibung aus dem Jahr 1976 kein Hinweis auf eine doppelte Fixverglasung. Es könne daher nicht nachvollzogen werden, aus welchen Gründen nunmehr eine Konsensverletzung vorliegen solle.

Ausdrücklich sei auch darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der gewerbebehördlichen Überprüfung vom 19.11.2001 auch kein diesbezüglicher Mangel festgestellt worden sei. Es sei auch die Frage der Ausführung der Fenster am 19.11.2001 in keiner Weise aufgeworfen worden. Dies sei umso bemerkenswerter, als sowohl bei der Überprüfung vom 19.11.2001 als auch vom 20.8.2007 der gewerbetechnische Amtssachverständige Ing. S beigezogen worden sei.  Lediglich zu den Bescheiden vom 27.8.1985 bzw 16.4.1986 habe der Amtssachverständige auf Seite 5 der seinerzeitigen Niederschrift vom 19.11.2001 festgehalten, dass im Berufungsbescheid vom 16.4.1986 gefordert werde, dass die Fenster des Stalles geschlossen zu halten seien, solange sich Tiere im Stall befinden. Von einer Fixverglasung sei keine Rede gewesen.

 

Zur Kühlanlage in Form einer sogenannten York-Station an der westlichen Fassade:

Der Sachverständige habe anlässlich der Überprüfung in diesem Zusammenhang auf die Niederschrift vom 19.11.2001 verwiesen. Dort sei der Sachverständige jedoch noch von einer genehmigten Station ausgegangen, da die Auflage 8 des Bescheides vom 30.4.1998 auch richtig zitiert werde: "Sollten, wie im Einreichplan dargestellt, im Obergeschoss die Kühlmaschinen aufgestellt werden, so ist dieser Raum mit einer doppelwandigen Schallschutzwand zu umhausen". Wie dem Auflagenpunkt (vor allem durch die Verwendung des Wortes "Sollten") zwanglos entnommen werden könne, umfasse die gewerbebehördliche Bewilligung die Varianten, wonach die Kühlanlage entweder auf dem Dach oder auf Geländeniveau westlich der Fassade situiert werden könne.

Diesbezüglich werde festgehalten, dass die Immissionssituation für die Nachbarschaft bei einer Situierung auf Geländeniveau naturgemäß wesentlich besser sei, als auf dem Dach, wo sich die Lärmemissionen ungehindert in alle Richtungen verteilen könne. Bei der derzeitigen Situierung der Kühlanlage fungiere das Gebäude natürlich auch als Lärmschutzwand. Die zusätzliche Auflage 8 sei nur für den Fall gedacht gewesen, dass die Kühlanlage nicht an der westlichen Fassade, sondern eben auf dem Dach errichtet werde und seien nur für diesen Fall weitere Vorkehrungen getroffen worden.

Wenn im Übrigen auf Seite 6 der Niederschrift vom 19.11.2001 von Beschwerden der Bevölkerung über Lärm die Rede sei, so sei damals die Lärmbelästigung, welche von den Lkw ausgegangen sei, bemängelt worden. Es bestehe daher auch in diesem Fall keine Konsensverletzung.

 

Zum Lärmschutzwall:

Mit Verfahrensanordnung vom 23.10.2007 zu Ge20-101-2007 werde die Verlängerung des Lärmschutzwalles verlangt. Damit werde jedoch die Errichtung eines Lärmschutzwalles, so wie von der Bevölkerung und von der Stadt P gewünscht, nunmehr entgegen der bisherigen Rechtsansicht der BH Freistadt endgültig als konsensgemäßer Zustand anerkannt.

Im von der BH Freistadt in der Verfahrensanordnung vom 23.10.2007 und in der Aufforderung zur Rechtfertigung in diesem Zusammenhang zitierten Genehmigungsbescheid vom 30.4.1998  sei jedoch nicht vorgeschrieben worden, dass der Lärmschutzwall auch entlang der nordöstlich der Betriebsanlage gelegenen Straße und über das westlich entlang der Nachbargrundgrenze bis annähernd zur Mitte der Nachbarparzelle Grst. Nr.  zu reichen habe. Es liege daher weder eine Konsens- noch eine Auflagenverletzung vor. Durch die Errichtung des Lärmschutzwalles der im Rahmen der Aufforderung zur Rechtfertigung geforderten Errichtung einer Lärmschutzwand sei bereits mehr als Genüge getan worden.

 

Zur Lärmschutzwand:

Wie bereits ausgeführt, sei bereits durch die Errichtung eines Lärmschutzwalles Auflagenpunkt 20 mehr als erfüllt worden. Diesbezüglich werde auch auf den klausulierten Befund in der Verhandlungsschrift vom 23.4.1998 verwiesen, wo diese Vorgangsweise auch festgelegt worden sei. Unabhängig davon werde auf den §82b-Überprüfungsbefund vom Februar 2002 verwiesen und werde unter dem dortigen Punkt 6. bereits auf die Errichtung des Erdwalles hingewiesen. Bereits damals habe die Gewerbebehörde die Errichtung des Erdwalles zustimmend zur Kenntnis genommen. Im Übrigen sei der Lärmschutzwall nicht nur 20,8m sondern vielmehr über 80 m lang. Es könne daher auch keine Verletzung des Auflagenpunktes 20 erblickt werden.

 

Auch sei der Vorwurf, wonach keine wiederkehrende Prüfung gemäß § 82b GewO durchgeführt worden sei, unrichtig, zumal die Frist zur wiederkehrenden Überprüfung nicht 5, sondern 6 Jahre betrage.

 

Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.                      

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, in die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und in die die Genehmigungsverfahren betreffenden Verwaltungsverfahrensakte Ge-306-1976, Ge-2064-1980, Ge-o6/28-1985, Ge-5049/32-1986, Ge-20-31-1998, Ge-20-61-2001 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.3.2009, zu welcher der Rechtsvertreter des Bw erschienen ist und gehört wurde und die Zeugen Dr. B K, N K, F P und Ing. K S unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurden. 

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die H B und V GmbH mit Sitz in  F, S, betreibt im Standort  P, B, auf Gst. Nr. , KG. P, einen Schlachthof.

Die H B und V GmbH war zum Zeitpunkt der gewerbebehördlichen Überprüfung des Schlachthofes am 20.8.2007 Konsensinhaberin und ist diesbezüglich auch eine Anzeige durch die Konsensinhaberin an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt erfolgt.

Nach dem Firmenbuchauszug samt Informationen aus dem Zentralen Gewerberegister, Stichtag 19.3.2009, besitzt die H B und V GmbH mehrere Gewerbeberechtigungen jeweils für den Standort M, W; eine Gewerbeberechtigung für den Standort in  P, B, besteht nach dem Auszug aus dem Zentralen Gewerberegister nicht. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der H B und V GmbH  ist Herr H H.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.6.1976, Ge-306-1976, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung eines Schlachtbetriebes erteilt. Diesem Bescheid zugrunde gelegt und mit dem Klausulierungsvermerk versehen wurden ua. der Einreichplan vom 9.3.1976, die Baubeschreibung, die betriebstechnische Beschreibung; weiterer Bestandteil des Genehmigungsbescheides ist die Verhandlungsschrift vom 25.5.1976.

Im in der Verhandlungsschrift enthaltenen Befund des technischen Amtssachverständigen wird angeführt, dass der Rinderstall bzw. Schlachtstall  mit  feststehenden Fenstern versehen....wird.

Die Baubeschreibung enthält den Passus: "Die Oberlichtfenster des Schlachtstalles erhalten eine doppelte Fixverglasung".

Die Fenster des mit diesem Bescheid vom 11.6.1976, Ge-306-1976, genehmigten Schlachtstalles sind nicht fix verschlossen, sondern öffenbar ausgeführt und waren am Überprüfungstag zwei Kippflügeln geöffnet.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 27.8.1985.1986, Ge-06/28-1985, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung des Schlachtbetriebes durch Zubau des bestehenden Schlachtstalles erteilt; der Einreichplan vom 24.4.1985 bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides und geht aus diesem eindeutig der Genehmigungsgegenstand hervor. In dem dieses Genehmigungsverfahren betreffenden Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurden ua. folgende  Auflagen vorgeschrieben: - "Die Fenster des Stalles sind geschlossen zu halten, solange sich Tiere im Stall befinden. Ausnahmen sind nur gestattet beim Ausfall der Zwangsbelüftung. Der Lärmdämmwert der Fenster hat mindestens 20 dB zu betragen."

 

- "Auf der bestehenden Stützmauer ist eine Lärmschutzwand, welche an der Hausmauer beginnen muss und in einer Entfernung von 20,80 m endet, zu errichten. Die Höhe der Mauer soll 3 m betragen (die ersten 2,20 m werden als Massivmauer bis zur Überdachung ausgeführt). Der Lärmdämmwert der Wand sollte mindestens 20 dB betragen. Ein Attest der ausführenden Firma ist der Bezirkshauptmannschaft Freistadt anlässlich der Fertigstellungsanzeige vorzulegen."

 

Diese Lärmschutzwand wurde nicht errichtet.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 30.4.1998, Ge20-31-1998, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung des Schlachtbetriebes durch Zubau eines Zerlegebetriebes, Errichtung eines Kühlmaschinenraumes samt Aufstellung einer Kühlanlage und Errichtung eines Lärmschutzwalles erteilt; Bestandteil dieses Genehmigungsbescheides ist ua. der Einreichplan vom 27.2.1998 sowie die Verhandlungsschrift vom 23.4.1998.

Aus dem Einreichplan und der Verhandlungsschrift geht der genehmigte Aufstellungsort der Kühlanlage sowie die Situierung des Lärmschutzwalles eindeutig hervor. Weder die Kühlanlage noch der Lärmschutzwall wurde konsensgemäß errichtet: die Kühlanlage befindet sich an der westlichen Fassade der Betriebsanlage auf Geländeniveau, der Lärmschutzwall wurde nicht in voller Länge errichtet.

 

Das obige hier entscheidungsrelevante Beweisergebnis ergibt sich zum einen aus dem eigenen Vorbringen des Bw und zum anderen aus den Wahrnehmungen des Zeugen Ing. S für den Tatzeitpunkt und dessen Aussagen vor dem Oö. Verwaltungssenat. Der Zeuge S hat an der am 20.8.2007 stattgefundenen gewerbebehördlichen Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage als gewerbetechnischer Amtssachverständiger teilgenommen und entsprechend des vom Verhandlungsleiter vorgegebenen Beweisthemas Feststellungen zu Ausführungen von bestimmten Betriebsanlagenteilen und Einhaltung von bescheidmäßig für die in Rede stehende Betriebsanlage vorgeschriebenen Auflagen getroffen.

 

Vom Bw wird die öffenbare Ausführung der Fenster im Schlachtstall (genehmigt mit Bescheid vom 11.6.1976, Ge-306-1976,) die Aufstellung der Kühlanlage nicht im Dachgeschoß, sondern an der westlichen Fassade der Betriebsanlage auf Geländeniveau und die Nichterrichtung der Lärmschutzwand auf der Stützmauer nicht bestritten, jedoch die diesbezüglich vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen aus rechtlichen Überlegungen bestritten (siehe hiezu Punkt 5. des Erkenntnisses). 

Der Zeuge S machte bei seiner Einvernahme einen kompetenten und glaubwürdigen Eindruck und konnte nachvollziehbar darlegen, welche Wahrnehmungen er bei der am 20.8.2007 durchgeführten Überprüfung in seiner Eigenschaft als gewerbetechnischer Amtssachverständiger gemacht hat.

Für den Oö. Verwaltungssenat vermittelte der Zeuge im Rahmen seiner Einvernahme den Eindruck, dass ihm sowohl die Betriebsanlagen(teile) in ihrer Ausführung als auch die Inhalte der Genehmigungsbescheide samt den diesen zugrunde gelegten Projektsunterlagen genauestens bekannt sind, weshalb für den Oö. Verwaltungssenat kein Grund besteht, an den Feststellungen des Zeugen zu zweifeln (auch in Hinblick auf die vom Bw bestrittene nicht konsensgemäße Ausführung des Lärmschutzwalles).

Darüber hinaus wurden die Feststellungen des Zeugen durch die Vorlage von Fotos über die Ausführung der im Verfahren relevanten Anlagenteile bestätigt.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).

 

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den          Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes unterliegenden mittätigen      Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum          oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden.

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in        anderer Weise zu belästigen,

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb        von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb        anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder       Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf    Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer         herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund       wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 367 Z25 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.    

 

5.2. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 ist, dass eine rechtwirksam genehmigte Betriebsanlage vorliegt. Dies ist vorliegend der Fall.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.6.1976, Ge-306-1976, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Schlachthofes im Standort  P, B, erteilt.

 

Ob eine Änderung der Betriebsanlage vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

 

Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzung des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.

 

Die Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen; um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/006).

 

Das Verfahren zur Betriebsanlagengenehmigung ist ein Projektsverfahren, in dem der Beurteilung die in § 353 GewO 1994 genannten Einreichunterlagen zu Grunde zu legen sind. Diese Projektsunterlagen bilden den Gegenstand, über die die Behörde im Genehmigungsverfahren zu entscheiden hat und ist die Behörde an den Inhalt des Ansuchens gebunden.

 

Den Projektsunterlagen kommt unter anderem auch die Bedeutung zu, dass auch in der Folge noch überprüft werden kann, in welcher Ausführung und mit welcher Ausstattung die Anlage genehmigt worden ist. Dadurch, dass die gewerbebehördliche Genehmigung unter Zugrundelegung der Projektsunterlagen, die die entsprechende Ausführung und Ausgestaltung der gewerblichen Betriebsanlage beschreibt, erteilt wurde, erlangt diese Ausstattung insofern normativen Charakter, als damit der Betrieb der Betriebsanlage nur im Rahmen der genannten Ausführung genehmigt ist. Jeder Betrieb über diese beschriebene Ausführung stellt sich als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage dar.

 

Der Bw bestreitet nicht, dass im Schlachtstall die Fenster als öffenbare Kippflügeln ausgeführt sind. Allerdings wird eingewendet, dass die Formulierung "Fixverglasung" nicht bedeute, dass die Fenster nur in nicht öffenbarer Form ausgeführt werden dürfen.

Dem wird die Aussage des (sachverständigen) Zeugen entgegengehalten, wonach "Fixverglasung" eine technische Formulierung im Fensterbau für nicht öffenbare Ausführung bedeutet. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des
Oö. Verwaltungssenates ergibt sich dies aber auch schon aus der allgemeinen Wortbedeutung "fix...".  

Soweit der Bw vorbringt, dass im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16.4.1986 ein Auflagepunkt enthalten sei, wonach die Fenster des Stalles nur dann geschlossen zu halten sind, wenn sich Tiere im Stall befinden und auch in diesem Zusammenhang von einer Fixverglasung keine Rede war, ist auszuführen, dass es sich dabei um die Genehmigung eines Zubaues des ursprünglich mit Bescheid vom 11.6.1976 genehmigten Schlachtstalles handelt und sich dieser Auflagepunkt nur auf diesen Bereich bezieht, da auch nur dieser Teil in Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit einer Beurteilung unterzogen wurde.

 

Wie bereits von der Erstbehörde zutreffend ausgeführt, ist nicht von Entscheidungsrelevanz, ob diese nicht konsensgemäße Ausführung der Fenster im Schlachtstall bereits bei früheren Überprüfungen moniert worden ist.

 

Im Punkt 1.b) des Straferkenntnisses wird dem Bw vorgeworfen, die mit Bescheid vom 30.4.1998 genehmigte Kühlanlage nicht an dem genehmigten Standort aufgestellt zu haben. Vom Bw wird im Berufungsverfahren auch nicht bestritten, dass die Kühlanlage in der Form einer Yorkstation nicht am genehmigten Standort betrieben wird. Eingewendet wird jedoch, dass der nunmehrige Aufstellungsort auch von einer Genehmigung umfasst ist und dies damit begründet, dass im Bescheid vom 30.4.1998 unter Auflage 8. Folgendes angeführt ist: "sollten wie im Einreichplan dargestellt, im Obergeschoss die Kühlmaschinen aufgestellt werden, so ist dieser Raum mit einer doppelwandigen Schallschutzwand zu umhausen". Daraus sei nach Ansicht des Bw klar ersichtlich, dass die Kühlanlage entweder auf dem Dach oder auf Geländeniveau westlich der Fassade situiert werden könne.

Dieser Rechtsansicht kann aus folgenden Gründen nicht zugestimmt werden:

Mit Bescheid vom 30.4.1998, Ge20-31-1998, wurden bestimmte Änderungen des bestehenden Schlachthofes genehmigt; unter anderem auch die Aufstellung einer Kühlanlage. Nach den Projektsunterlagen war beabsichtigt, einen Kältemaschinenraum in Form einer Dachzentrale zu errichten und wurde dies auch dementsprechend beantragt. In den Plandarstellungen und in der Technischen Beschreibung ist diese dementsprechend dargestellt und beschrieben. In dem geplanten Kühlmaschinenraum sollten die Kühlgeräte installiert werden. Dieser Kühlmaschinenraum wurde (wie auch vom Bw ausgeführt) nicht errichtet und dementsprechend auch die Kühlanlage nicht in diesem Raum aufgestellt. Vielmehr wurde diese Kühlanlage an der westlichen Fassade der Betriebsanlage auf Geländeniveau errichtet.

Wenn vom Bw vorgebracht wird, dass die Immissionssituation für die Nachbarschaft bei der nunmehrigen Situierung naturgemäß besser ist als bei einer Situierung auf dem Dach, wird hiezu ausgeführt, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage Gefährdungen, Belästigungen usw. herbeizuführen, die Genehmigungspflicht begründet. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen, Belästigungen usw. bestehen, ist in einem Genehmigungsverfahren und nicht im Strafverfahren zu prüfen.

Unbestritten ist, dass sich im Nahbereich der Betriebsanlage Nachbarn befinden. Das Betreiben einer Kühlanlage ist jedenfalls mit Lärmemissionen verbunden und ist das Betreiben einer solchen Kühlanlage grundsätzlich geeignet, die durch § 74 Abs.2 Z1 bis 5 leg.cit. geschützten Interessen zu gefährden, insbesondere ist durch das Laufenlassen der Kühlanlage eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm nicht auszuschließen. In diesem Zusammenhang wird auf das die gegenständliche Kühlanlage betreffende Verfahren gemäß § 360 GewO 1994 verwiesen. Im diesbezüglichen Berufungsverfahren wurde vom beigezogenen technischen Amtssachverständigen festgestellt, dass die Yorkstation eine erhebliche Schallemission besitzt.

Der vom Bw ins Treffen geführte Auflagepunkt 8. des Bescheides vom 30.4.1988 kann an diesem Ergebnis nichts ändern. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass die Genehmigung einer Kühlanlage erteilt wurde und der Aufstellungsort variabel der Konsensinhaberin überlassen wird. Vielmehr wurde mit dieser Auflage auf die besondere Situation eingegangen. Mit der Formulierung dieses Auflagenpunktes wurde lediglich klargestellt, dass bei Nichtinanspruchnahme des Konsenses für die Kühlmaschinen die doppelwandige Schallschutzwand naturgemäß entfallen kann.

 

Zu Punkt 1.c) des Straferkenntnisses wurde vom Zeugen S in der mündlichen Verhandlung eindeutig unter Bezugnahme auf die vorliegenden Fotos dargestellt, wie der Lärmschutzwall tatsächlich verläuft. Fest steht, dass der errichtete Lärmschutzwall keineswegs den der Genehmigung zu Grunde liegenden Plänen entspricht.

 

Zu Punkt 2. des Straferkenntnisses:

Vom Bw wird  nicht bestritten, dass Auflagepunkt 20. des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16.4.1996, Ge-5049/32-1996, nicht eingehalten wird. Allerdings wird eingewendet, dass anstelle der Lärmschutzwand der Lärmschutzwall errichtet worden sei und dieser auch einen höheren Schutz biete als die Lärmschutzwand.

Dem ist entgegenzuhalten, dass - abgesehen davon, dass schon aus technischer Sicht eine Lärmschutzwand nicht mit einem Lärmschutzwall verglichen werden kann - nicht zu übersehen ist, dass die Errichtung der Lärmschutzwand an einem völlig anderen Ort als der Lärmschutzwall vorgeschrieben wurde und damit auch andere (Schallschutz)Wirkungen zeigt. Schon aus diesem Grund kann die Errichtung des Lärmschutzwalles (die im Übrigen nicht konsensgemäß erfolgt ist) nicht die Erfüllung des oben angeführten Auflagepunktes  bedeuten.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist daher als gegeben zu erachten.

 

Die beantragte Durchführung eines Lokalaugenscheines ist insofern nicht erforderlich, als hinsichtlich der Strafbarkeit des Beschuldigten es auf den Tatzeitpunkt 20.8.2007 ankommt und nicht auf die derzeitige Situation in der Betriebsanlage. Abgesehen davon ist durch die Aussage des Zeugen Ing. S und die beigelegten Fotos der entscheidungswesentliche Sachverhalt ausreichend geklärt.

Zur beantragten Einvernahme des Herrn Hofrat Dr. R zum Beweis dafür, dass die Ausführung der Yorkstation sowie der Lärmschutzwall und die Lärmschutzwand von ihm genehmigt worden sind, ist auszuführen, dass - wie oben bereits erwähnt aus § 353 hervorgehend - Grundlage für die Frage eines bestehenden Genehmigungskonsenses nur die vorliegenden Genehmigungs­be­scheide und die diesen zu Grunde liegenden Projektsunterlagen darstellen. Die Gewerbeordnung kennt im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren keine konkludente Genehmigung. Aus diesem Grund erübrigt sich die Einvernahme des Herrn Hofrat Dr. R.

Dies gilt auch für das Vorbringen des Bw, die Genehmigung sei insofern erteilt worden, da bei bestimmten Überprüfungen keine Einwände gegen die in Rede stehenden Änderungen vorgebracht worden seien sowie für die beantragte Einvernahme des Herrn Ing. W.

 

Wenn vom Bw eingewendet wird, die Niederschrift vom 20.8.2007 über die durchgeführte Überprüfung, könne nicht Grundlage für das abgeführte Verwaltungsstrafverfahren darstelle, da sie nicht formgültig zu Stande gekommen sei, ist dazu festzustellen, dass im Berufungsverfahren der Sachverhalt durch die Zeugenaussagen eindeutig geklärt wurde.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Gesetz kein Verbot der Einvernahme einer im erstinstanzlichen Verfahren als Amtssachverständiger tätigen Person als Zeuge vorsieht (VwGH vom 20.10.2005, 2003/07/0126).

Auch ist ein im Berufungsverfahren beigezogener Amtssachverständiger nicht schon deshalb befangen, weil er bereits am erstinstanzlichen Verfahren mitgewirkt hat.

 

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist  festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder Gefahr nicht gehört und der Tät nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Bw nicht gelungen. Soweit der Bw vorbringt, dass es bei dem gegenständlichen Schlachthof überaus kompliziert sei, den Genehmigungszustand bzw. die einzuhaltenden Auflagen und Bescheidinhalte zu rekonstruieren, ist dem entgegenzuhalten, dass auf Grund bereits von der Behörde vorgenommener Überprüfungen (siehe Überprüfung am 19.11.2001) und Hinweise, dass die in Rede stehenden Änderungen nicht dem Genehmigungszustand entsprechen bzw. Auflagen nicht eingehalten werden, es dem Bw durchaus bewusst sein musste, dass er bei Fortführung dieses Zustandes Verwaltungsübertretungen begeht. Gerade aus diesem Grund wäre es am Bw gelegen, sich über den bestehenden Genehmigungskonsens für die gegenständliche Betriebsanlage bei der zuständigen Behörde zu informieren, zumal (auch wegen zahlreicher Nachbarbeschwerden) regelmäßiger Kontakt mit der Behörde bestanden hat.

 

Die Erstbehörde ist somit zu Recht vom vorsätzlichen Verhalten ausgegangen.

 

5.4. Zur Strafhöhe ist festzustellen:

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Dieser Schätzung wurde vom Berufungswerber nicht entgegentreten. Auch wenn bei der Strafhöhe von der Erstbehörde zu Recht der hohe Unrechtsgehalt durch die mögliche Gefährdung der Nachbarn durch Lärm angenommen wurde, erscheint doch in Anbetracht der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit die Herabsetzung der Geldstrafen wie im Spruch festgesetzt gerechtfertigt.

 

6. Da der Berufung zumindest teilweise stattgegeben wurde, entfällt die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 15.09.2011, Zl. 2009/04/0154-5

 

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