Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522236/17/Bi/Se

Linz, 24.08.2009

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn E P, L, vom 25. März 2009 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 16. März 2009, FE-291-2009, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung, zu Recht erkannt:

 

      Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als der ange­fochtene Bescheid hinsichtlich Gruppe 1 behoben und festgestellt wird, dass der Bw gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F unter der Auflage geeignet ist, dass er beim Lenken solcher Kraftfahrzeuge Kontaktlinsen zu tragen hat und sich für die Dauer von sechs Monaten im Abstand von jeweils zwei Monaten einer ärztlichen Kontrollunter­suchung zu unterziehen und zu diesem Zweck der BPD Linz unauf­gefordert und auf seine Kosten aktuelle Leberfunktions­werte für GGT, GPT, GOT, MCV und CD-Tect vorzulegen hat.   

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 24 Abs.1 FSG die von der BPD Linz am 28. Juni 2006, Zl.06177582, für die Klassen A, B, C und F erteilte Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahr­zeugen ab Verkündung des Bescheides, dh ab 16. März 2009, bis zur behördlichen Feststellung, dass er wieder geeignet sei, entzogen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung die aufschieben­de Wirkung versagt.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, Ausführungen in der verkehrspsycho­logischen Stellungnahme seien unrichtig und stimmten so nicht. Diese Stellung­nahme enthalte Angaben zu seiner Person, die er weder so gesagt noch inhaltlich so gemeint oder willentlich so erklärt habe. Eine "Auszubildende" habe seine An­gaben aufgenommen und willkürlich verdreht wiedergegeben, was ihm vom Ins­ti­­tut bedauernd bestätigt worden sei. Er habe sicher nicht behauptet, er wolle seine Trinkgewohnheiten nicht ändern, sondern habe seine Einstellung zu Alkohol sehr wohl geändert und den Alkoholkonsum fast völlig abgestellt. Er habe aber auch nicht dauernd, regelmäßig und in überdurchschnittlichem Maß Alkohol ge-trun­ken. Lediglich am Unfalltag habe er bei einer Feier etwas getrunken und sei sich des Gefahrenpotentials nicht bewusst gewesen. Er habe den Lkw nur umpar­ken wollen und die Situation verkannt. Er habe mittlerweile den Kontakt zu diesem Freundeskreis abgebrochen und wolle nun neben seiner Vollzeitbeschäf­tigung bei der Telekom Austria ein Studium beginnen, sodass für andere "Aktivi­tä­ten" keine Zeit mehr bleibe. Er habe sich entgegen den Vorwürfen in der Stellung­­nahme sehr wohl mit der Vergangenheit auseinandergesetzt und da­raus gelernt. Beim Test seien auch Fragestellungen bzw Erklärungen zu ungenau gewesen, sodass es zwangsläufig unfreiwillig zu unrichtigen Antworten bzw Auslassungen der Übungen gekommen sei. Dies sei er einzige erklärbare Grund für die schlechtere Bewertung, da seine sonstigen Leistungen beim Test als überdurchschnittlich angesehen worden seien. Beantragt wird, auf eine weitere Entziehung der Lenkberechtigung zu verzichten. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass dem Bw mit Mandatsbescheid der Erstinstanz vom 19. August 2008, FE-964/2008, die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrs­zu­ver­­läss­­ig­­keit für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab 3. August 2008, entzogen wurde, weil er ein Kfz in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand von 1,04 mg/l gelenkt hatte und an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ursäch­lich beteiligt war. Nach eigenen Angaben war der Bw, der seinen Alkohol­konsum mit 12 Halben Bier zwischen 13.00 Mittag und 3.00 Uhr Nacht angab, beim Lenken eines Lkw ein­geschlafen und von der Fahrbahn abgekommen. Der Bw hat im Februar 2009 eine Nachschulung für alkohol­auf­fällige Kraftfahrer absolviert.

Laut Verkehrspsychologischer Stellungnahme vom 22. Jänner 2009 war er zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 nicht geeignet; empfohlen wurde eine Alkoholkarenz und Inanspruchnahme psychologischer Beratungs­stellen. Abgesehen von seinen persönlichen Angaben wurde bei der Beurteilung auf deutliche Leistungsschwächen bei der reaktiven Belastbarkeit als Hinweis auf einen längeren problematischen Umgang mit Alkohol hingewiesen, die übrigen Bereiche waren (über)durchschnittlich. Das Problembewusstsein bezüglich Alko­hol wurde als nicht, die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung als nicht ausreichend gegeben dargestellt. Das amtsärztliche Gutachten vom 16. Februar 2009 war somit negativ. Auf dieser Grundlage erging der angefochtene Bescheid.

 

Der Bw hat nunmehr die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 24. Juni 2009 vorgelegt, wonach die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit derzeit für die Gruppen 1 und 2 gegeben ist und die Bereit­schaft zur Verkehrsanpassung derzeit im eingeschränkten Bereich angenommen wird, sodass von einer Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 mit zeitlicher Befristung ausge­gangen wird. Im Persönlichkeitsbereich zeige sich eine psychisch sehr stabile und ausreichend selbstkontrollierte Persönlichkeit ohne Neigung zu aggressivem oder risikoreichem Verhalten im Straßenverkehr. Er zeige sich gefahrenbewusst hin­sicht­lich alkoholisierter Verkehrsteilnahme, problembewusst zu seinem auffälli­gen Trinkverhalten mit Alkoholtoleranzentwicklung in der Vergangenheit und könne für seine Trunkenheitsfahrt eine selbstreflektierte und einsichtige Haltung vermitteln, wobei eine Verhaltensänderung (massive Alkoholkonsumreduktion seit 10 Monaten) und die motivierte Bereitschaft zu deren Beibehaltung erhoben worden sei.

Laut nervenfachärztlicher Stellungnahme vom 21. Juli 2009 bestehen unter Bedacht­­nahme auf normwertige Leberlaborwerte vom 20. Jänner und 15. Juli 2009 keine Hin­weise auf eine Alkoholkrankheit, sehr wohl aber auf exzessiven Alkoholmiss­brauch, wobei eine Therapie aus psychiatrischer Sicht nicht erfor­derlich und die Wahrscheinlichkeit für einen neuerlichen schweren Alkohol­missbrauch als margi­nal zu betrachten ist. Da der Bw seit 2009 abstinent gewesen sein dürfte, wird eine Befristung auf maximal ein halbes Jahr für ausreichend angesehen.  

Weiters hat der Bw eine augenfachärztliche Stellungnahme vom 6. März 2009 vorgelegt, wonach kein Hinweis für eine beginnende Augenerkrankung und bei guter Verträglichkeit der Kontaktlinsen gegen die Erteilung der Lenkberechtigung kein Einwand besteht. 

Die A Dr. W, A G beim.... , hat im abschließenden Gutachten gemäß § 8 FSG vom 12. August 2009 auf dieser Grundlage und nach Untersuchung des Bw ausgeführt, dass dieser zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 – Klassen A, B und F – unter den Auf­lagen der Verwendung von Kontaktlinsen und Kontrolluntersuchung (MCV, CDT, GammaGT, GOT, GPT) alle zwei Monate geeignet, für die Gruppe 2 – Klasse C – aller­dings nicht geeignet ist, wobei eine Nachuntersuchung in sechs Monaten vorgesehen ist, bei der dann die gesundheitliche Eignung für die Gruppe 2 neu erfolgen kann. In ihrer Begründung führt die Amtsärztin aus, aufgrund der Diagnose "schwerer Alkoholmissbrauch" werde in der nervenfachärztlichen Stellung­nahme eine Befristung auf ein halbes Jahr mit regelmäßigen ärztlichen Kontrollunter­su­chun­gen vorgeschlagen. Aufgrund der erhöhten Lenkerverant­wortung für die Gruppe 2 sei der Nachweis einer kontinuierlichen Abstinenz mittels Laborbe­fun­den für einen längeren Zeitraum erforderlich, sodass eine Neubeurteilung nach Ablauf der Befristung erfolgen solle.      

Der Bw hat telefonisch am 24. August 2009 sein Einverständnis erklärt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies aufgrund des ärzt­lichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erforder­nissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimm­­ten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG ua gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psy­chi­­sche Gesundheit besitzt... Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erfor­derlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimm­un­gen erfüllen. 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist ua Personen, die alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fach­ärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchun­gen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates besteht kein Zweifel an der bedingten gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens. Laut Facharzt-Stellungnahme besteht kein Hinweis auf eine Alkohol­krankheit, dh keinerlei Anhaltspunkt für das Vorliegen einer fortschrei­tenden Erkrankung im Sinne des § 3 Abs.5 FSG-GV hin, sondern es geht lediglich darum, den Bw im Hinblick auf Alkohol zu "beobachten". Die letztlich im Hinblick auf die VwGH-Judikatur nicht schlüssig begründete Empfehlung einer zeitlichen Befristung der Lenkbe­rech­­tigung durch den Facharzt und die Verkehrspsy­cho­login ist nach Auffassung des Unabhän­gigen Verwaltungssenates auch in diesem gesundheits­bezogenen Licht zu sehen. Die kritiklose Übernahme des Begriffs "Befristung" samt den damit verbundenen Folgen würde im ggst Fall jedoch der stän­digen Recht­sprechung des Verwaltungsge­richts­hofes eklatant widersprechen. Laut Facharzt besteht die Diagnose "schwerer Alkoholmiss­brauch", aber beim Bw wurde keine Krankheit diagnostiziert, deren Verschlech­terung nach Ablauf eines halben Jahres "geradezu zu befürchten" wäre. Die Notwendigkeit von Nachunter­suchungen iSd § 8 Abs.3 Z2 FSG ist nur dann gegeben, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Ein­schränkung der Eignung zum Lenken von Kraft­fahr­zeugen führenden Verschlech­terung gerechnet werden muss, was hieße, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für bestimmte Zeit vorhanden ist, aber eine gesund­heitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder ein­schrän­kenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl VwGH 18.1.2000, 99/11/0266; 24.4.2001, 2000/11/0337; 24.11.2005, 2004/11/0121, ua).

All diese Überlegungen sind beim Bw nicht anzustellen, zumal dieser außerdem seine Abstinenz durch Vorlage von Leberlaborwerten bewiesen hat, was darauf hindeutet, dass er seine persönliche Einstellung zu Alkohol und Straßen­verkehr grundsätzlich geändert hat, seine begonnene Abstinenz weitgehend einhalten und auch in Zukunft in der Lage sein wird, Alkoholkonsum und Straßenverkehr auseinanderzuhalten. Die relativ engmaschige Kontrolle durch die Auflage, im nächsten halben Jahr alle zwei Monate im Hinblick auf Alkohol aussagekräftige Leberwerte vorzulegen, lässt das einigermaßen zeitgerechte Erkennen eines all­fäll­igen Auffälligwerdens des Bw erwarten. Bei Beibehaltung der derzeitigen Ein­stellung innerhalb der sechs Monate mit normwertigen Leberwerten wäre eine Wiedererteilung der Lenkbe­rech­ti­gung für die Gruppe 2 (mit der gesetzlich vor­ge­sehenen Befristung) nach erneuter amts­ärzt­licher Begutachtung bei der Erst­instanz möglich; außer­dem wäre der Bw dann im Besitz einer uneingeschränkten Lenk­be­rechtigung für die Gruppe 1.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung aus­schließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschafts­prüfer) einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Gesundheitliche Eignung für Klassen A, B + F unter Auflagen (im nächsten halben Jahr alle 2 Monate Leberwerte), nicht L8 Gr.2

 

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