Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550488/4/Kü/Rd/Ba

Linz, 22.09.2009

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der E W AG, vertreten durch E P Rechtsanwälte GmbH, H, W, vom 15. September 2009 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde K betreffend das Vorhaben "Erweiterung der Straßenbeleuchtung K", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Marktgemeinde K die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 16. November 2009, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 15. September 2009 hat die  E W AG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlags­entscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 900  Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um einen Beschaffungsvorgang im nicht offenen Verfahren ohne vorige Bekanntmachung betreffend Bauaufträge im Unterschwellenbereich handle. Der Ausschreibungsgegenstand umfasse die Auswechslung und Erweiterung der Straßen und Ortsbeleuchtung in der Gemeinde K, konkret umfasse dies die Demontage lt. LV und ggf. deren Entsorgung, das Liefern und Montieren der Steuerschränke, der Leuchten lt. LV, die Überprüfung der durchgeführten Installation, Erdung, das Erstellen der Dokumentation lt. ÖVE EN 8001 P 61 (in den Einheitspreisen eingerechnet) und Grabungs- und Wiederherstellungsarbeiten lt. LV.  Der Zuschlag erfolge nach dem Billigstbieterprinzip. Im Lang-LV wurde die Angebotsfrist mit 27.8.2009, 9.00 Uhr, festgelegt und legte die Antragstellerin innerhalb der Frist jeweils ausschreibungs- und vergaberechtskonform ein Hauptangebot und zwei Alternativangebote. Konkret wurden folgende Nettoangebotssummen unterbreitet: Hauptangebot: Normalausführung: 302.602,47 Euro, Variante 1: 259.629,41 Euro, Alternativangebot 1: Normalausführung: 356.993,89 Euro, Variante 1: 275.132,41 Euro, Alternativangebot 2: Normalausführung: 417.448,02 Euro, Variante 1: 323.753 Euro. Dazu wurde ausgeführt, dass sich die Auftraggeberin zwei Angebotspreise anbieten hat lassen (Lang-LV S. 64). Sowohl in der "Normalausführung" als auch in der "Variante 1" habe die Antragstellerin das preislich günstigste Angebot unterbreitet. Von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde das Hauptangebot: Normal­ausführung: mit 368.214 Euro, Variante 1: mit 325.462 Euro, angeboten.

Am 27.8.2009 erfolgte die Angebotsöffnung und wurden nicht nur die oben angeführten Preise verlesen, sondern auch weitere verlesene Angebots­bestandteile in der Mitschrift dokumentiert. Aus dem Angebotseröffnungs­protokoll ergebe sich nunmehr, dass die Antragstellerin sowohl in Bezug auf das Hauptangebot als auch in Bezug auf die Variante 1, das preislich günstige Angebot gelegt habe.

Am 9.9.2009 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma H, S, den Zuschlag zu erteilen. Die bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung entspreche jedoch nicht den Bestimmungen des § 131 BVergG 2006, da weder die Gründe für die Ablehnung des Angebotes noch die Vergabesumme und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots angeführt worden seien. Der Antragstellerin sei eine Ausscheidensentscheidung hinsichtlich der gelegten Angebote nicht zugegangen. Mit Schreiben vom 11.9.2009 ersuchte die Antragstellerin um Bekanntgabe der Vergabesumme, der Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots und der Begründung für die Ablehnung ihrer Angebote. In der Folge wurde der Antragstellerin die Teilvergabesumme von 90.892 Euro mitgeteilt. Aus der dem Schreiben beigeschlossen Beilage konnten weder die Gründe für die Ablehnung des Angebots noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots abgeleitet werden.

 

Die Antragstellerin bekundet ihr Interesse am Vertragsabschluss dadurch, dass von ihr ein Nachprüfungsantrag und ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt wurde. Zum drohenden Schaden wurde vorgebracht, dass ihr bislang Kosten für die Ausarbeitung der Angebote in Höhe von 2.500 Euro sowie für die Rechtsvertretung in Höhe von 2.000 Euro erwachsen seien. Ebenso drohe der Verlust des entgangenen Gewinns in Höhe von 3% des Auftragswertes und der Verlust eines Referenzprojekts.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin in ihren Rechten auf Gleichbehandlung aller Bieter, auf Beachtung der vergaberechtlichen Selbstbindung der Auftraggeberin an ihre eigenen Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen, auf Beachtung der vergaberechtlichen Selbstbindung der Auftraggeberin an ihre bei der öffentlichen Angebotsöffnung verlesenen Preise, auf Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung samt Begründung, welche die inhaltlichen Vorgaben des § 131 BVergG 2006 erfüllt, darauf, in einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren den Zuschlag zu erlangen und auf Durchführung eines Vergabeverfahrens, das insbesondere den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs sowie des Transparenzgebotes entspricht, verletzt.

 

Zu den festgestellten Vergabeverstößen führte die Antragstellerin näher aus, dass bei der Angebotsöffnung für die präsumtive Zuschlagsempfängerin lediglich Angebotspreise für die Normalausführung (368.214 Euro) und die Variante (325.462 Euro) verlesen wurden. Die nunmehr am 11.9.2009 mitgeteilte Teilvergabesumme: 90.892 Euro sei unbestreitbar nicht verlesen worden. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass es keine schriftliche Mitteilung dahingehend gebe, welche Teile der Leistungen zum Preis von 90.892 Euro vergeben werden sollen. Gemäß § 118 Abs.5 Z2 BVergG 2006 müssen jedoch die Teilgesamtpreise oder Teilangebotspreise verlesen werden, wenn die Vergabe in Teilen der ausgeschriebenen Leistungen erfolgen soll. Der VwGH habe mehrfach klargestellt, dass Fehler bei der Angebotsöffnung und –verlesung nicht sanierbar sind. Die vergaberechtliche Relevanz von Verlesungsfehlern sei bereits dann gegeben, wenn eine Manipulation in einem für den  Ausgang des Vergabeverfahrens wesentlichen Bereich ermöglicht oder erleichtert würde. Auch gehe das BVA zu Recht davon aus, dass ein nicht verlesenes Angebot vergaberechtlich nicht existent ist. Für den vorliegenden Fall sei nochmals festzuhalten, dass für die präsumtive Zuschlagsempfängerin die nunmehr mitgeteilte Teilvergabesumme von 90.892 Euro nicht verlesen wurde, daher folglich überhaupt nicht existent sei und sohin die Zuschlagserteilung zugunsten dieses Angebots keinesfalls zulässig sei. Die erfolgte Zuschlagsentscheidung sei daher jedenfalls vergaberechtswidrig.

 

Weiters sei die mit E-Mail vom 9.9.2009 mitgeteilte Zuschlagsentscheidung vergaberechtswidrig, da darin weder die Gründe für die Ablehnung des Hauptangebotes sowie der beiden Alternativangebote noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots  genannt wurden. Diesbezüglich wurde vom BVA klargestellt, dass die vollständige Begründung im Sinne des § 131 BVergG 2006 bereits unmittelbar in der Zuschlagsentscheidung enthalten sein muss und nicht später nachgeholt werden kann. Würde man einem Auftraggeber zugestehen, die Zuschlagsentscheidung sanktionslos erst nachträglich – etwa im Nachprüfungsverfahren – zu begründen, wäre insbesondere der nach Art.I Abs.1 89/665/EWG gebotene effektive Rechtsschutz verletzt. Die Bieter wären nämlich aufgrund mangelnder Informationen und damit aufgrund der mangelnden Überprüfungsmöglichkeit genötigt, Nachprüfungsanträge "ins Blaue" zu stellen, um einen potentiell bestehenden Anspruch auf Zuschlagserteilung zu sichern. Wenn dann erst nachträglich im Vergabekontrollverfahren eine ausreichende Begründung der Zuschlagsentscheidung durch den Auftraggeber erfolgt und dies von der Vergabekontrollbehörde akzeptiert würde, wären alle vom Bieter getätigten Aufwendungen frustriert, obwohl diese vom Auftraggeber zu verantworten sind. Insbesondere wären etwa die entrichteten Pauschalgebühren verloren. Es würden dann jene Auftraggeber belohnt, welche die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig erst nach Übersendung derselben begründen. Ein Bieter, der die Entscheidung des Auftraggebers nicht überprüfen und damit auch die Erfolgsaussichten eines Nachprüfungsverfahrens nicht einschätzen kann, wird in der Regel davor zurückschrecken, einen Nachprüfungsantrag einzubringen.

Selbst wenn sich ein Bieter entschließt, trotz unzureichender Informationen einen Nachprüfungsantrag einzubringen, würde man ihm – wenn man die nachträgliche Begründung der Zuschlagsentscheidung zuließe – das vom Auftraggeber rechtswidrig herbeigeführte Risiko einer Antragsabweisung samt den damit verbundenen frustrierten Aufwendungen überbinden. Darüber hinaus wird für diesen Bieter auch die Anfechtungsfrist faktisch verkürzt. Der Gesetzgeber geht nämlich bei der Regelung der Anfechtungsfristen, die für den Bieter gleichzeitig Überlegungs- und Überprüfungsfristen darstellen, davon aus, dass die Zuschlagsentscheidung gesetzeskonform begründet ist.

Darüber hinaus bleibe die gesetzliche Vorgabe, wonach die Zuschlags­entscheidung bereits unmittelbar in der Mitteilung zu begründen ist, völlig sanktionslos, wenn eine Begründung vom Auftraggeber stets nachgeliefert werden könnte. Mit anderen Worten: Ein Auftraggeber wäre schlecht beraten, die Zuschlagsentscheidung gesetzestreu bereits bei der Bekanntgabe (Übersendung) zu begründen.

Auch aus diesen Gründen muss die Zuschlagsentscheidung als solches bereits bei der Übersendung gesetzeskonform begründet sein und muss daher insbesondere die Gründe für die Ablehnung sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes enthalten. Andernfalls ist die Zuschlagsentscheidung – mag sie auch allenfalls nachträglich im Vergabekontrollverfahren ausreichend begründet werden – jedenfalls für nichtig zu erklären. In diesem Sinn hat auch der VwGH klargestellt, dass die unterlassene Begründung der Zuschlagsentscheidung rechtswidrig und für den Verfahrensausgang wesentlich ist. Vorliegend kommt noch hinzu, dass die Auftraggeberin nicht einmal mit dem nachträglich übermittelten E-Mail vom 11.9.2009 die gesetzlichen Mitteilungspflichten des § 131 BVergG 2006 erfüllt habe. Es muss nochmals festgehalten werden, dass in diesem E-Mail zum einen weder die Gründe für die Ablehnung der Angebote noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots enthalten waren. Zum anderen wurde in diesem E-Mail nicht bekannt gegeben, welche Teile der ausgeschriebenen Leistungen vergeben werden sollen.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf die Ausführungen im Hauptantrag und führt weiters aus, dass diese zwingend erforderlich sei, weil die Auftraggeberin ohne einstweilige Verfügung unter anderem durch Zuschlagserteilung unumkehrbare Tatsachen schaffen könne.

Der Erlassung der einstweiligen Verfügung würden weder Interessen der Auftraggeberin noch besondere öffentliche Interessen entgegenstehen. Hingegen überwiege das Interesse der Antragstellerin bei weitem.   

   

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde K als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. In ihrer Stellungnahme vom 17.9.2009 verweist die Auftraggeberin zunächst auf den Gemeinderatsbeschluss vom 24.4.2007, in welchem einstimmig die Erneuerung der Straßen- bzw Ortsbeleuchtung im Markt K und gleichzeitig eine Ortsplatzgestaltung beschlossen worden sei. Die Ortsbeleuchtung sei bereits 50 Jahre alt und traten verstärkt Fehler in der Verkabelung auf. Auch sei die Verlegung der Schaltstation der Straßenbeleuchtung vom ehemaligen Gemeindeamt zum derzeitigen Amtsgebäude dringend notwendig, zumal das ehemalige Gemeindeamt, welches die Schaltstation für die Straßenbeleuchtung beinhalte, abbruchreif sei und höchst wahrscheinlich abgetragen werden soll. Um das gegenständliche Projekt realisieren zu können, sei beim Land um die Gewährung von Förderungsmitteln angesucht worden. Zur Dringlichkeit führte die Auftraggeberin weiters aus, dass das Bauvorhaben bis spätestens 22.9.2009 begonnen werden müsse, um den Zeitplan der gesamten Grabung, Demontage der bestehenden desolaten Straßenbeleuchtung und Montage der neuen Leuchten einhalten zu können. Bei einer Verzögerung des Baubeginns von 2 oder 3 Wochen könne das Projekt heuer nicht mehr umgesetzt werden, da erst Ende Dezember oder Anfang Jänner mit einer Fertigstellung zu rechnen sei. In dieser Zeit würde keine Straßenbeleuchtung zur Verfügung stehen, welcher Umstand eine Beeinträchtigung für die Verkehrssicherheit darstelle. Eine Verzögerung würde auch ihren Niederschlag in der geplanten Ortsplatzgestaltung finden. Im Hinblick auf die momentane Wirtschaftskrise erscheine eine rasche Umsetzung wichtig. Es werde um Freigabe des Bauvorhabens ersucht.     

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß  Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

Der Rechtsrichtigkeit der Beschaffungsvorgänge ist der Vorrang gegenüber der Raschheit des Verfahrens einzuräumen.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen.

Die Auftraggeberin verweist in ihrer Stellungnahme darauf, dass die Erneuerung der Straßenbeleuchtung bereits mit Gemeinderatsbeschluss vom 24.4.2007 erfolgte. Die Ausschreibungsunterlagen samt  Leistungsverzeichnis wurden jedoch erst am 12.8.2009, also mehr als zwei Jahre nach dem Beschluss an die potentiellen Bieter versendet. Das Argument der Dringlichkeit des Vorhabens kann daher unter diesem Gesichtspunkt nicht überzeugen, zumal das Nachprüfungsverfahren von Gesetzes wegen mit der Dauer von 2 Monaten begrenzt ist. Die vorgebrachten Gründe der Dringlichkeit beziehen sich nicht auf das eigentliche Vergabeverfahren und wird nicht erwähnt, warum eine Vergabe zum Preis von 90.892 Euro erfolgt und dies in krassem Gegensatz zu den bei der Angebotsöffnung verlesenen Preisen steht. Die Auftraggeberin hat daher im Verfahren darüber hinausgehende konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechts­widrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger 

 

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