Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400822/15/Ste/Wb

Linz, 31.08.2009

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Be­schwerde des K A, vertreten durch Mag. Dr. B R, Rechtsanwalt in S, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

I.                  Der Beschwerde wird, soweit sie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zum 10. Juli 2006 betrifft, stattgegeben und es wird festgestellt, dass die Anhaltung vom 16. Juni 2006 bis zum 10. Juli 2006 rechtswidrig war.

 

II.              Der Beschwerde wird, soweit sie die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 10. Juli 2006 betrifft, stattgegeben und es wird gemäß § 83 Abs. 4 FPG festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft am 10. Juli 2006 nicht vorlagen.

Rechtsgrundlagen:

§ 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1, 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2009) iVm. § 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17. März 2009, 2006/21/0301 und 2007/21/0063 (dem Unabhängigen Verwaltungssenat zugestellt am 9. April 2009), den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS) des Landes Oberösterreich vom 10. Juli 2006, VwSen-400822/4, soweit er über die Zulässigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab 16. Juni 2006 und über den Aufwandersatz abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof an, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Juni 2007, B 1330, 1331/06, festgehalten hat, dass § 80 Abs. 5 FPG dahingehend zu verstehen ist, dass die über einen Asylwerber verhängte Schubhaft nur aufrecht erhalten werden darf, wenn weiterhin ein in § 76 Abs. 2 Z 1 bis 4 FPG geregelter Tatbestand erfüllt ist.

Ab Zulassung des Asylverfahrens und der damit verbundenen Einstellung des zuvor eingeleiteten Ausweisungsverfahrens war dies hier aber nicht mehr der Fall. § 80 Abs. 5 FPG stellt für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage dar, um die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zu begründen (vgl. zur Unzulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft im Falle der Zulassung des Asylverfahrens auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Dezember 2007, 2007/21/0261).

Vor Zulassung des Asylverfahrens konnte allerdings § 76 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich infolge des vom Bundesasylamt eingeleiteten und zu dieser Zeit auch noch anhängigen Ausweisungsverfahrens eine taugliche Grundlage für die Anhaltung in Schubhaft sein.

2. Unter Zugrundelegung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hat der Unabhängige Verwaltungssenat in der Sache erwogen:

2.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 in der Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

Gemäß § 83 Abs. 1 FPG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach § 83 Abs. 4 FPG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer ist Fremder, wurde in Oberösterreich festgenommen und befand sich seit 3. Mai 2006 – wie auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats – in Schubhaft, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen war.

Nachdem sich der Beschwerdeführer am 10. Juli 2006, also am Tag der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates, noch in Schubhaft befand, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist nach § 63 Abs. 1 VwGG bei Erlassung des Ersatzbescheids an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden, die er in seinem Erkenntnis vom 17. März 2009, 2006/21/0301 und 2007/21/0063, auf dessen Begründung im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zum Ausdruck gebracht hat. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsanschauung war der Beschwerde insoweit stattzugeben, als die Anhaltung in Schubhaft ab 16. Juni 2006 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats am 10. Juli 2006 für rechtswidrig zu erklären war. Zudem war festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen am 10. Juli 2006 nicht vorlagen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3. Zu den Kosten ist zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 17. März 2009 den abweisenden Bescheid des UVS vom 10. Juli 2006 bloß teilweise – nämlich ab 16. Juni 2006 – wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob und die Beschwerde „im Übrigen“ als unbegründet abwies.

Nicht vom aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erfasst ist somit die Anhaltung des Beschwerdeführers vom 13. bis zum 16. Juni 2006. Einem neuerlichen Abspruch über diesen Zeitraum steht daher der Grundsatz „ne bis in idem“ entgegen.

Im Anwendungsbereich des § 79a AVG kommt eine analoge Anwendung des § 50 VwGG – der für das verwaltungsgerichtliche Verfahren festlegt, dass in Fällen, in denen ein Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof teilweise aufgehoben wurde, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen ist, wie wenn der Bescheid zur Gänze aufgehoben worden wäre – nicht in Betracht. In diesem Sinne führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. September 2002, 2001/02/0209, aus, dass kein Kostenersatz stattfinde, weil die Beschwerde nur zum Teil zum Erfolg gelangt sei; eine analoge Anwendung des § 50 VwGG komme nicht in Betracht und § 79a Abs. 2 und 3 AVG sei nur bei gänzlichem Obsiegen anzuwenden.

Ein Kostenzuspruch hatte daher in keine Richtung stattzufinden, da kein gänzliches Obsiegen einer Partei vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

 

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